TE OGH 1989/1/19 12Os140/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.01.1989
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Jänner 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zeh als Schriftführer in der Strafsache gegen Ing.Alfred N*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22.März 1988, GZ 6 d Vr 12.681/84-54, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwalts Dr. Tschulik, des Vertreters des Finanzamts für Körperschaften und des Finanzamts für den XII., XIII., XIV. und XXIII. Bezirk, Dr. Schmutzer, und des Verteidigers Dr. Bernhauser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ing.Alfred N*** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt. Darnach bewirkte der Angeklagte in Wien vorsätzlich durch Abgabe inhaltlich unrichtiger Einkommensteuererklärungen, mithin unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Einkommensteuer, und zwar

1./ am 18.Juni 1980 für das Jahr 1978 um 263.578 S (richtig: 253.578 S)

und

2./ am 20.Juni (richtig April) 1982 für das Jahr 1979 um 1,016.188 S (strafbestimmender Wertbetrag 1,269.766 S).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe des § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seiner Beweisanträge, soweit sich diese auf das Schuldspruchfaktum bezogen. In der Hauptverhandlung hatte der Angeklagte beantragt, dem als Zeugen vernommenen Betriebsprüfer des Finanzamts für Körperschaften Oberrevident Johann K*** aufzutragen, den Verteidiger Einsicht in seine Unterlagen nehmen zu lassen, weil letzterer keine Möglichkeit hatte, die Buchhaltung der Firma N*** Fertighausbau GesmbH (deren Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Angeklagte zur Tatzeit war) einzusehen, und im Detail alle Fälle (in denen bei Bauaufträgen Entgelte für Leistungen der Firma N*** festgestellt wurden, die von ihm vereinnahmt, jedoch nicht als Betriebseinnahmen verbucht worden sein sollen und von der Finanzbehörde daher als verdeckte Gewinnausschüttungen der Kapitalertragssteuer unterworfen wurden) unter dem Aspekt neu zu ermitteln, "daß in jeder Überweisung der Bausparkasse ein Grundpreis von 350.000 S enthalten ist und ein Haus ebenfalls einen Fixpreis von etwa 750.000 S bis 800.000 S hat, sodaß sich bei den geprüften Objekten der Grundpreis von 6,000.000 S errechnet" (S 349).

Diese Beweisanträge lassen indes nicht erkennen, inwiefern das vom Antragsteller erwartete Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bloß für die Frage der Rechtmäßigkeit der Abgabenschuld, sondern auch für die Beurteilung der tatbildlichen Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenbarungs- oder Wahrheitspflicht und der inneren Tatseite hätte von Bedeutung sein können. Sie zielten vielmehr, wie aus dem Beschwerdevorbringen hervorgeht, ersichtlich darauf ab, die Frage der Abgabenschuldigkeit neu aufzurollen, deren Überprüfung durch das Gericht im Strafverfahren wegen Hinterziehung veranlagter Abgaben vom Einkommen unzulässig ist (§ 55 FinStrG; SSt 48/36 !verstärkter Senat ). Dazu kommt, daß der Berufungssenat VII der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16.September 1985 (Z 6/3-1829/50/83, FA St Nr 841/1921) sich mit den gegen die Höhe der Abgabenschuld vorgebrachten Einwendungen auseinandergesetzt, volle Akteneinsicht gewährt und eine Neuberechnung der Einkommensteuer vorgenommen hat. Gegen diese Berechnungen wurde in den für die Erledigung der Verfahrensrüge maßgebenden Beweisanträgen nichts vorgebracht, sodaß diese auf ihre sachliche Berechtigung nicht überprüft werden konnten. Daraus folgt zudem, daß aus dem Fehlen einer Begründung für das abweisliche Zwischenerkenntnis sowohl im Hauptverhandlungsprotokoll, als auch in den Entscheidungsgründen eine in der Nichtbeachtung des § 238 Abs 2 StPO gelegene (insoweit allerdings nicht ausdrücklich relevierte) Urteilsnichtigkeit nicht abgeleitet werden kann (§ 281 Abs 3 StPO).

Unter den Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO wird gerügt, daß jene Anklagepunkte (A), welche dem Angeklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der N*** Fertighaus GesmbH die Hinterziehung von Umsatzsteuer, Kapitalertragssteuer und Umsatzsteuervorauszahlungen zur Last legten, gemäß § 57 StPO ausgeschieden und nur die ihn persönlich betreffenden Abgabenhinterziehungen (Anklagefaktum B) zum Gegenstand der urteilsmäßigen Erledigung gemacht worden seien. Der Beschwerdeführer übersieht, daß eine allfällige Verletzung der Vorschrift, wonach mehrere Straftaten eines Angeklagten grundsätzlich in einem einheitlichen Verfahren abzuurteilen sind (§ 56 StPO), an sich nicht mit Nichtigkeit bedroht ist und eine Ausscheidung des Verfahrens über einzelne strafbare Handlungen nicht unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels, sondern nur unter den formellen Voraussetzungen des § 281 Abs 1 Z 4 StPO bekämpft werden kann; die Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes ist aber davon ahängig, daß das betreffende Zwischenerkenntnis gegen den Antrag oder Widerspruch des Beschwerdeführers gefällt wurde. Soferne der Verteidiger des Angeklagten keine Möglichkeit zu einer vorherigen Stellungnahme zu der vom Gericht in Aussicht genommenen Ausscheidung gehabt haben sollte, wäre es seine Aufgabe gewesen, nach Verkündung des Ausscheidungsbeschlusses die seinem Standpunkt entsprechenden Anträge zu stellen (Mayerhofer-Rieder2, ENr 54 zu § 281 Abs 1 Z 4 StPO).

Im übrigen macht der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a) mit der Behauptung geltend, ein Schuldspruch hätte nur ergehen dürfen, wenn in Erledigung des Punktes A der Anklage als erwiesen angenommen worden wäre, daß er unkorrekte Umsatzsteuererklärungen, unrichtige Angaben zur Berechnung der Kapitalertragssteuer (der Firma N***), sowie falsche Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und Umsatzsteuervorauszahlungen nicht abgeführt hat. Soweit der Beschwerdeführer damit die mit dem Hinweis auf vom Angeklagten ausgestellte, in der Buchhaltung der Firma N*** jedoch nicht aufscheinende handschriftliche Empfangsbestätigungen und auf Zeugenaussagen begründeten Urteilsannahmen außer Betracht läßt, denen zufolge er auf Grund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung entscheidenden Einfluß auf die Erfassung der Einnahmen der Firma N*** und auf deren Verwendung genommen hat und Entgelte für Leistungen der Firma N***, die als Aufwendungen in der Buchhaltung ihren Niederschlag gefunden haben, zwar vereinnahmt hat, aber nicht als Betriebseinnahmen verbuchen ließ, mangelt es an der prozeßordnungsmäßigen Darstellung der Rechtsrüge. Im übrigen trifft es nicht zu, daß die Wertung der dem Angeklagten zugeflossenen Beträge als der Kapitalertragsbesteuerung unterliegende "verdeckte Gewinnausschüttungen" notwendigerweise voraussetzen würde, daß deren Nichtverbuchung bei der Firma N*** als Betriebseinnahmen und die darauf beruhenden - in gesonderten, die Firma N*** betreffenden rechtskräftigen finanzbehördlichen Bescheiden festgestellten - Verkürzungen der von dieser Firma zu entrichtenden Umsatzsteuer und Kapitalertragsteuer, sowie die Nichtentrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen dem Angeklagten auch subjektiv als Abgabenhinterziehung zuzurechnen sind; insofern kann demnach nicht gesagt werden, daß zwischen sämtlichen anklagegegenständlichen Finanzvergehen ein untrennbarer Zusammenhang besteht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 33 Abs 5 FinStrG eine Geldstrafe von 250.000 S (drei Monate Ersatzfreiheitsstrafe). Dabei war erschwerend nichts, mildernd hingegen waren die abgabenbehördliche Unbescholtenheit des Angeklagten und die Schadensgutmachung.

Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe sowie die bedingte Nachsicht der Geldstrafe anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Selbst unter Bedachtnahme darauf, daß die Tat schon längere Zeit zurückliegt, wäre im Hinblick auf den hohen Verkürzungsbetrag, der einen Strafrahmen bis zu einer Obergrenze von mehr als zweieinhalb Millionen Schilling eröffnete, und die darin verkörperte Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung sowie die davon mitbestimmte, als Grundlage der Strafbemessung essentielle Schuld des Angeklagten eine Herabsetzung weder der Geld- noch der Ersatzfreiheitsstrafe vertretbar.

Der Gewährung einer bedingten Strafnachsicht stehen angesichts des sehr getrübten Vorlebens des Angeklagten (17 Vorstrafen !) vor allem Belange der Spezialprävention entgegen.

Anmerkung

E16715

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00140.88.0119.000

Dokumentnummer

JJT_19890119_OGH0002_0120OS00140_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten