TE OGH 1989/1/26 13Os163/88

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Veröffentlicht am 26.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Jänner 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zeh als Schriftführers in der Strafsache gegen Karl K*** und andere wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 ff. StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Edgar L*** und Werner G*** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 19. Oktober 1988, GZ 7 b Vr 6302/88-59, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Presslauer, sowie der Verteidigerinnen Dr. Wolf und Dr. Mühl, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten Edgar L*** und Werner G*** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (welches auch eine rechtskräftige Verurteilung des Karl K*** und unbekämpft gebliebene Freisprüche enthält) wurden der am 5.Februar 1959 geborene Werkzeugmacher Edgar L*** und der am 24.März 1964 geborene beschäftigungslose Werner G*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt.

Die Angeklagten L*** und G*** bekämpfen den gegen sie ergangenen Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerden. Das Erstgericht stellte fest, daß die Angeklagten K***, L*** und G*** am 26.Juni 1988 in Wien den gemeinsamen Entschluß gefaßt hatten, in die Trafik des N. P*** in der Hüttelbergstraße einzubrechen und dort Geld oder Wertsachen zu stehlen. Sie begaben sich mit Einbruchswerkzeugen zu diesem Geschäftslokal, wo K*** an der Vorderseite aufpaßte, während L*** und G*** sich an der Hintertür der Trafik zu schaffen machten und dabei ein lautes Geräusch verursachten. Da ein Auto vorbeifuhr und die Metalltür mit dem verfügbaren Werkzeug nicht geöffnet werden konnte, teilten L*** und G*** dem K*** mit, daß die Tür "zu hart" sei, worauf die Beteiligten den Einbruchsplan aufgaben. Den Urteilsannahmen zufolge unterblieb der Diebstahl wegen der Widerstandsfähigkeit der Metalltür sowie wegen der Vorbeifahrt eines Autos, nicht jedoch wegen der freiwilligen Abstandnahme der Angeklagten von einem ihnen noch durchführbar erscheinenden Delikt. Zu diesen für den Schuldspruch wegen versuchten Einbruchsdiebstahls maßgebenden Feststellungen gelangte das Schöffengericht auf Grund der Angaben des K***, welcher den Sachverhalt eingestanden und sich schuldig bekannt hatte (S. 254 ff.). Die abweichenden Verantwortungen des L*** und des G***, die zwar übereinstimmend mit K*** den Diebsplan und das Aufsuchen des Tatorts - G*** auch die Unüberwindbarkeit der Metalltür - einräumten, jedoch zusätzlich behaupteten, im Verlauf des Geschehens von dem deliktischen Vorhaben aus freien Stücken und nicht wegen tatwidriger Umstände abgekommen zu sein, werteten die Erstrichter als eine der Wahrheit nicht entsprechende Ausrede (S. 299).

Rechtliche Beurteilung

In seiner Nichtigkeitsbeschwerde macht der Beschwerdeführer L*** die Gründe des § 281 Abs 1 Z. 5, 5 a und "9 lit a - c" StPO. geltend. Soweit L*** die Tatbeurteilung als ausführungsnaher Versuch (§ 15 Abs 2 StGB.) bekämpft und einen in dieser Richtung außerdem unterlaufenen Feststellungsmangel einwendet, liegt sachlich eine Anfechtung nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. vor. Die Rügen sind unbegründet, weil das Erreichen des Tatorts zum Zweck sofortiger Verübung eines Einbruchsdiebstahls auf jeden Fall der Ausführung des Diebstahls unmittelbar vorangeht und damit einen strafbaren Versuch darstellt, ohne daß es hiefür eines weitergehenden Verhaltens bedarf (EvBl 1978/197, 13 Os 48/83). Da für die rechtliche Beurteilung allein das Vorliegen einer Versuchshandlung, nicht aber die Klärung des vorgelagerten Zeitpunkts wesentlich ist, zu welchem die Tatvorbereitung das strafbare Versuchsstadium erreicht hat, erübrigten sich die insoweit vom Beschwerdeführer vermißten Urteilserörterungen (S. 322). Aus dieser rechtlichen Sicht betrifft die gesamte Mängelrüge (Z. 5) des Angeklagten L*** keine entscheidenden Tatsachen, weil es eben nicht darauf ankommt, ob die Täter an der Hintertür der Trafik zielführende oder stümperhafte Manipulationen zu deren gewaltsamen Öffnung vorgenommen haben und ob eine geringfügige Beschädigung des dortigen Mauerwerks (S. 73) auf eine Einbruchsaktivität oder auf eine bloße Spielerei zurückgeht. Eine nähere Befassung mit den Einwänden gegen die Urteilsannahmen, daß sich L*** und G*** unter Geräuschentwicklung an dieser Tür zu schaffen gemacht haben, ist daher entbehrlich.

Die Tatsachenrüge (Z. 5 a) L*** erschöpft sich in der Darlegung, daß seiner als Ausflucht ("Ausrede") angesehenen Verantwortung, den Einbruch zum Schluß gar nicht mehr gewollt zu haben, "unbedingt Glauben" zu schenken gewesen wäre. Darin wird aber nicht die an Hand der Aktenlage konkretisierte Geltendmachung erheblicher Bedenken gegen eine Urteilsannahme erkennbar, sondern bloß eine unbeachtliche Kritik an der plausiblen tatrichterlichen Beweiswürdigung.

Der letztlich noch verbleibende, "vorsichtshalber" erhobene Einwand des Angeklagten L***, es sei ihm Straflosigkeit zufolge eines Rücktritts vom Versuch zuzubilligen (sachlich Z. 9 lit b), stellt angesichts der Urteilskonstatierung, daß der Tatentschluß nicht aus freien Stücken, sondern wegen der einer Tatverübung entgegenstehenden äußeren Umstände am Tatort fallengelassen wurde (siehe oben), keine gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge dar, wird doch darin urteilsfremd die Freiwilligkeit der Abstandnahme von dem deliktischen Vorhaben unterstellt.

Der Angeklagte G*** wendet mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde undifferenziert die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z. 5, 5 a und 9 lit b StPO. ein und bestreitet, daß er und L*** bei ihrem Aufenthalt vor der Hintertür des Geschäftslokals noch den Willen zu einem Einbruchsdiebstahl hatten. Aus dieser Behauptung eines bereits vorher aufgegebenen Tatentschlusses trachtet der Beschwerdeführer die Straflosigkeit der versuchten Tat zufolge freiwilligen Rücktritts vom Versuch abzuleiten.

In diesem Beschwerdevorbringen wird weder ausdrücklich noch dem Sinn nach ein Begründungsmangel (Z. 5) bezeichnet, sondern vielmehr nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die Lösung der Beweisfrage zur subjektiven Tatseite angefochten, wobei der Angeklagte sogar eine gegenüber seiner Einlassung in erster Instanz modifizierte und mit neuen Behauptungen angereicherte Verantwortung entwickelt. Die Darlegungen können weder als prozeßordnungsgemäße Mängelrüge (Z. 5) behandelt werden, noch sind sie unter dem Gesichtspunkt einer Tatsachenrüge (Z. 5 a) geeignet, erhebliche Bedenken gegen Urteilskonstatierungen hervorzurufen. Ferner sei der Beschwerdeführer darauf verwiesen, daß die von ihm bekämpfte Schlußfolgerung, das verursachte Geräusch sei das Motiv des Versuchsrücktritts gewesen (S. 316), urteilsfremd ist. Schließlich kann der Beschwerde auch die gesetzmäßige Darstellung eines materiellen Nichtigkeitsgrunds nicht entnommen werden, weil ein Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz unterbleibt und statt dessen auf Tatsachenbehauptungen abgestellt wird, die das Erstgericht als unrichtig erkannt hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte gemäß § 129 StGB. Freiheitsstrafen im Ausmaß von zehn (L***) und neun (G***) Monaten. Dabei waren erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, die auch dem § 39 StGB. genügten, bei L*** überdies der rasche Rückfall; mildernd war hingegen, daß es beim Versuch blieb.

Die beiden Angeklagten begehren mit ihren Berufungen eine Herabsetzung des Strafmaßes, L*** außerdem die gänzliche oder teilweise bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe.

Keiner der beiden Berufungen kommt Berechtigung zu. Selbst unter mildernder Berücksichtigung des Umstands, daß durch den versuchten Einbruchsdiebstahl kein wesentlicher Schaden verursacht wurde (siehe S. 73), kommt doch das für die Strafbemessung maßgebende Gewicht hier dem einschlägig getrübten Vorleben der Berufungswerber zu, die auch nicht bereit waren, ein Geständnis abzulegen, vielmehr ausdrücklich erklärten, nicht schuldig zu sein (A. 253, 254, 257 f., 261 f.). Bei der Wahrheitsfindung war das Gericht hier weitgehend auf den Mitangeklagten K*** angewiesen (S. 255 ff.). Angesichts des von sechs Monaten bis zu fünf Jahren reichenden, gemäß § 39 StGB. sogar bis auf siebeneinhalb Jahre erweiterbaren Strafrahmens (S. 287, 288) sind die weit in dessen unterem Bereich ausgemessenen Freiheitsstrafen keineswegs überhöht.

Wie schon vom Erstgericht dargelegt (S. 304), ist bei beiden Berufungswerbern eine auch nur teilweise bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafen wegen der Vorstrafen ausgeschlossen (S. 304). Insbesondere bei L***, der mit seiner Berufung auch diese Rechtswohltat anstrebt, steht zudem ein rascher Rückfall einer solchen Maßnahme nachdrücklich entgegen.

Anmerkung

E16126

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0130OS00163.88.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19890126_OGH0002_0130OS00163_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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