TE OGH 1989/2/22 3Ob203/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.1989
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1) Ö*** A***-K***

Gesellschaft mbH, Wien 11, Schemmerlstraße 66-68, vertreten durch Dr. Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, und 2) R*** B*** Gesellschaft mbH, Wien 13, Wiedner Hauptstraße 94, vertreten durch Dr. Paul Appiano, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Stefan S***, Kaufmann, St. Ulrich am Pillersee 345, vertreten durch Dr. Herwig Grosch ua, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen 1,945.800 S sA und 499.000 S sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 20.September 1988, GZ 1 a R 429/88-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 3.August 1988, GZ E 14/88-15, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Auf der strittigen Liegenschaft haften infolge einer Vorrangeinräumung im besten Rang zwei Pfandrechte von je 1,095.000 S samt 8 % Zinsen und 9 % Verzugs- und Zinseszinsen zugunsten der beigetretenen betreibenden Partei R*** B*** GesmbH und im folgenden Rang ein Pfandrecht im Höchstbetrag von 2,000.000 S für die führende betreibende Partei Ö***

A*** Gesellschaft mbH.

Die verpflichtete Partei beantragte die Einstellung der bewilligten Zwangsverwaltung wegen zu geringer Erträgnisse zu einem Zeitpunkt, als die Zwangsverwaltung nur von der führenden betreibenden Partei betrieben wurde. Das Erstgericht holte eine Äußerung der R*** B*** GesmbH über die Höhe ihrer

offenen Forderungen ein, worauf mitgeteilt wurde, die beiden Pfandrechte hafteten mit jeweils über 1,095.000 S aus. Aus den allfälligen Erträgnissen würden die monatlichen Tilgungsbeträge von je 7.800 S, also zusammen 15.600 S, und die aus dem letzten Jahr vor Bewilligung der Zwangsverwaltung rückständigen Zinsenbeträge in Höhe von 7 % aus 2,063.590,17 S geltend gemacht. Noch vor der Entscheidung über den Einstellungsantrag wurde der R*** B*** für einen Betrag von 499.000 S sA der Beitritt zur Zwangsverwaltung bewilligt. Die führende betreibende Partei sprach sich gegen die Einstellung aus und verwies unter anderem darauf, daß bei entsprechenden Anstrengungen höhere Erträgnisse erzielbar wären und daß die R*** B*** vorerst aufschlüsseln müsse, in welcher Höhe Zinsen anfallen würden, weil die bekanntgegebenen Annuitäten auch Kapitalanteile enthielten. Zumindest die jeweils ein Jahr rückständigen Zinsen der Forderung der führenden betreibenden Partei müßten vor den Kapitalforderungen der vorrangigen R*** B*** befriedigt werden.

Das Erstgericht gab dem Einstellungsantrag zwar nicht gemäß § 39 Abs 1 Z 8 EO, jedoch nach § 129 Abs 2 EO statt und stellte die zugunsten der führenden betreibenden Partei bewilligte Exekution ein ("die .... mit Beschluß vom ... bewilligte ..."). Aus der Zwangsverwaltung seien Erträgnisse in Höhe von etwa 15.000 bis 16.000 S monatlich oder bei entsprechendem Ausbau etwa 20.000 S monatlich zu erzielen. Dem vorrangigen Pfandgläubiger stehe eine schon titulierte Forderung von über 2,000.000 S zu, die erst in etwa acht Jahren getilgt werden könne, während mit einem Erlös für die führende betreibende Partei vorläufig auf Jahre hinaus nicht zu rechnen sei.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Einstellungsantrag abgewiesen wurde. Es vertrat die Auffassung, daß es nicht darauf ankomme, welchem betreibenden Gläubiger die Erträgnisse zugute kämen, es genüge, wenn der beigetretene betreibende Gläubiger Befriedigung fände.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist nicht berechtigt.

Gemäß § 129 Abs 2 zweiter Fall EO ist eine Zwangsverwaltung einzustellen, wenn nach den Verhältnissen die Erzielung von Erträgnissen, welche zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers verwendet werden könnten, überhaupt nicht oder doch für längere Zeit nicht zu erwarten ist. Sind mehrere betreibende Gläubiger vorhanden, so kommt es auf den im maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz im besten Rang stehenden an (Heller-Berger-Stix 1064), also hier auf die R*** B***. Es genügt auch, wenn aus den Erträgnissen jeweils nur ein Teil der Zinsen der Forderung dieses im besten Rang betreibenden Gläubigers berichtigt werden kann (Heller-Berger-Stix 1065), zumal wenn es sich wenigstens um einen nennenswerten Teil dieser Zinsen handelt (SZ 9/115). Selbst wenn hier nicht von den im Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz anzunehmenden Beträgen von monatlich 15.000 bis 16.000 S ausgegangen würde, sondern von den in der Zwischenzeit auf Grund der ersten Abrechnung des Zwangsverwalters hervorgekommenen tatsächlichen Nettoeinnahmen von rund 6.000 S, können davon doch nicht unwesentliche Teile der Zinsenforderung des im besten Rang stehenden betreibenden Gläubigers berichtigt werden. Sobald in diesem Sinne ein vorrangiger betreibender Gläubiger zum Zuge kommt, kann sich der nachfolgende betreibende Gläubiger am Zwangsverwaltungsverfahren beteiligen, auch wenn er erst nach längerer Zeit mit einer Befriedigung rechnen kann (Rangsicherung gegen weitere Gläubiger und für den Fall einer anderweitigen Befriedigung des vorrangigen betreibenden Gläubigers). Es ist daher nicht erforderlich, den im Revisionsrekurs angeschnittenen Fragen, ob die Erhebungen ausreichend waren, ob die Prognose des Zwangsverwalters richtig ausgelegt wurde und ob die Vermutungen über eine Erhöhung der Erträgnisse nach Vornahme von Investitionen zutreffend sind, Stellung zu nehmen, weil die Einstellungsvoraussetzungen auch dann nicht gegeben sind, wenn diese Argumente der verpflichteten Partei richtig sein sollten. Gemäß § 39 Abs 1 Z 8 EO ist eine Exekution einzustellen, wenn sich nicht erwarten läßt, daß die Fortsetzung oder Durchführung der Exekution einen die Kosten dieser Exekution übersteigenden Ertrag ergeben wird. Mit den "Kosten dieser Exekution" sind zwar nicht nur die Kosten eines gerade durchzuführenden nächsten Exekutionsschrittes gemeint, sondern die gesamten bisher im Exekutionsverfahren aufgelaufenen sowie die voraussichtlich noch weiter auflaufenden Kosten zu verstehen (EvBl 1984/102), das sind im vorliegenden Fall bei der führenden betreibenden Partei die Kosten der Exekutionsbewilligung von 11.845,20 S, zuzüglich jährlich 1.887,60 S für die Beteiligung an der Tagsatzung zur Verteilung der Ertragsüberschüsse (ON 24). Wiederum nicht nach den ursprünglich geschätzten, sondern den in den ersten Monaten erzielten Ertragsüberschüssen steht fest, daß die Zwangsverwaltung einen solchen Ertrag erbringen wird. Wem dieser Erlös zukommt, daß er hier einem vorrangigen ebenfalls betreibenden Gläubiger zuzuweisen ist und daher nicht der Abdeckung der Exekutionskosten der führenden betreibenden Partei dienen kann, ist nicht entscheidend (Heller-Berger-Stix 511; JB 27 neu). Schikane liegt in diesem Zusammenhang nicht vor, weil nie von vorneherein feststeht, ob die vorrangigen Pfandrechte zum Tragen kommen werden (vgl EvBl 1967/331). Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78 EO und 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E16565

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00203.88.0222.000

Dokumentnummer

JJT_19890222_OGH0002_0030OB00203_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten