TE OGH 1989/4/18 5Ob24/89

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Veröffentlicht am 18.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes, Dr.Hofmann, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Grundbuchssache betreffen die amtswegige Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 21 Abs 1 GUG, infolge Revisionsrekurses der Marianne W***, geborene T***, Dellach 4, 9082 Maria Wörth, vertreten durch Wolfgang Perko, öffentlicher Notar in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 9.Jänner 1989, GZ 1 R 632/88, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 14.November 1988, GZ TZ 13441/88, ersatzlos aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Text

Begründung:

Die Katastralgemeinde Maria Wörth des Grundbuches des Bezirksgerichtes Klagenfurt wurde am 1.März 1984 auf automationsunterstützte Datenverarbeiten (ADV) umgestellt. Dabei unterblieb die Aufnahme einer Eintragung, und zwar der zu TZ 912/54 bei der damals im Eigentum der Brigitte M***, geborene T*** gestandenen Liegenschaft EZ 13 KG Maria Wörth erfolgten Einverleibung des Vorkaufsrechtes zugunsten der Marianne W***, geborene T***. Der Nachlaß der am 29.März 1984 verstorbenen Brigitte M***)N wurde am 18.Jänner 1985 auf Grund deren Testamentes vom 31.Oktober 1971 deren unbedingt erbserklärtem Sohn Georg M*** zur Gänze eingeantwortet. Zu TZ 12.983/86 wurde zufolge des Beschlusses des Bezirksgerichtes Klagenfurt als Verlassenschaftsgerichtes vom 28.November 1986 (1 A 316/84-15) auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 18.Jänner 1985 und des zwischen Georg M*** und seinem Vater und Witwer der Erblasserin Dr.Heribert M*** am 21.Dezember 1984 geschlossenen Erb- und Pflichtteilsübereinkommens ob der Liegenschaft EZ 13 KG 72141 Maria Wörth das Eigentumsrecht für Georg M*** und das lebenslängliche Wohnungsrecht sowie die Reallast der Pflege und Betreuung zugunsten Dr.Heribert M*** einverleibt. Am 21.Juli 1988 wurde zwischen Georg M*** und Ing.Werner H*** ein verbücherungsfähiger Kaufvertrag hinsichtlich des Ankaufes des Grundstückes 491/1 Wald der Liegenschaft EZ 13 KG 72141 Maria Wörth errichtet und auf Antrag des Georg M*** am 11.August 1988 die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung dieses Grundstückes mit Wirksamkeit bis einschließlich 11.August 1989 bewilligt.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 14.November 1988, TZ 13441/88, wurde von Amts wegen unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 21 GUG die Berichtigung der Eintragung im Lastenblatt der Liegenschaft EZ 13 KG 72141 Maria Wörth durch die Aufnahme des Vorkaufsrechtes der Marianne W*** geborene T*** im Range CLNr. 1 TZ 912/54 angeordnet und dies damit begründet, daß bei der am 1.März 1984 erfolgten Umstellung des Grundbuches der KG 72141 Maria Wörth auf ADV bei dieser Liegenschaft die Aufnahme der Eintragung des Vorkaufsrechtes zugunsten der Marianne W*** offenbar irrtümlich unterblieben sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem von Georg M*** erhobenen Rekurs Folge und hob den erstgerichtlichen Beschluß mit folgender Begründung ersatzlos auf:

Die im § 21 GUG vorgesehene Berichtigung des Grundbuches sei eine Berichtigung von Fehlern bei der Erfassung nach § 19 GUG. Entsprächen die im Zeitpunkt der Eröffnung des umgestellten Grundbuches gespeicherten Eintragungen nicht dem § 19 GUG, so seien sie auf Antrag oder von Amts wegen im Verfahren in Grundbuchssachen zu berichtigen, wobei die Berichtigung im Sinne des Abs 1 des § 21 GUG auch die Aufnahme fehlender Eintragungen umfasse. Der Abs 3 dieser Bestimmung schränke den Schutz des Vertrauens auf das Grundbuch für eine Frist von 6 Monaten ein, um die bücherlichen Berechtigten vor dem Verlust ihrer Rechte infolge falscher Ersterfassung zu schützen. Diesem Zweck diene auch die Bekanntmachung durch Edikt gemäß § 22 GUG. Der Bestimmung des § 21 Abs 3 GUG zufolge sei die Berichtigung nach Ablauf der 6-Monats-Frist unzulässig, wenn sie die Rechte rechtsgeschäftlicher Erwerber berühre. Die Versäumung dieser 6-Monats-Frist schließe die Berichtigung somit mit Wirkung gegen dritte Personen unabhängig von deren guten Glauben aus, da die Frage der Gutgläubigkeit im Grundbuchsverfahren nicht geprüft werden könne. Allerdings sei dieser Ausschluß nur dann gerechtfertigt, wenn diese Personen das der Berichtigung entgegenstehende bücherliche Recht auf Grund eines Rechtsgeschäftes erworben hätten, da nur in diesem Fall ein Schutz des guten Glaubens in Frage komme (EB zu § 21 GUG; Herbert Hofmeister in Aktuelle Probleme des Grundbuchsrechtes 1. Halbband Seite 15). Auf Grund dieser Beschränkung auf rechtsgeschäftliche Erwerber sei zu prüfen, ob Georg M***, dem auf Grund eines Testamentes eingeantwortet worden sei, auch "auf Grund eines Rechtsgeschäftes nach Umstellung des Grundbuches eingetragen worden sei" oder ob sich der Begriff des Rechtsgeschäftes nicht auf Erwerber im Erbwege beziehe. Zweifellos würde es sich bei einer Einantwortung des Nachlasses auf Grund gesetzlicher Erbfolge nicht um einen rechtsgeschäftlichen Erwerb durch den Erben handeln. Anders verhielte es sich aber bei einem Erwerb im Erbwege auf Grund eines Testamentes. Auch ein Testament sei ein - wenn auch einseitiges - Rechtsgeschäft. Da nun § 21 Abs 3 GUG nur von Rechtsgeschäften schlechthin spräche und eine Unterscheidung zwischen einseitigen und zweiseitigen Rechtsgeschäften nicht träfe, sei auch derjenige, der auf Grund eines Testamentes im Erbwege erwerbe, als "rechtsgeschäftlicher Erwerber" im Sinne der Bestimmung des § 21 Abs 3 GUG anzusehen. Daß Georg M*** als Eigentümer der Liegenschaft in seinen bücherlichen Rechten durch die Aufnahme des Vorkaufsrechtes "berührt" werde, unterliege wohl keinem Zweifel, da er die von ihm bereits verkauften Grundstücke zunächst der Vorkaufsberechtigten anbieten müßte. Zusammenfassend ergäbe sich daher, daß Georg M*** auf Grund eines Rechtsgeschäftes (Testament) nach der Umstellung des Grundbuches eingetragen worden sei und durch die Berichtigung in seinen bücherlichen Rechten "berührt" werde, sodaß die vom Erstgericht über 4 Jahre nach Eröffnung des umgestellten Grundbuches amtswegig vorgenommene Berichtigung infolge Ablaufes der 6-Monats-Frist gemäß § 21 Abs 3 GUG unzulässig gewesen sei.

Gegen diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Marianne W***, geborene T***, mit dem Antrag, den rekursgerichtlichen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 126 Abs 2 GBG zulässig und auch berechtigt.

Marianne W*** vertritt in ihrem Revisionsrekurs die Ansicht, die vom Erstgericht vorgenommene amtswegige Berichtigung des Grundbuches sei sowohl auf Grund der teleologischen als auch der grammatikalischen Auslegung des § 21 Abs 3 GUG gesetzlich gedeckt und daher gerechtfertigt gewesen. Eine antragsgemäße oder amtswegige Berichtigung des Grundbuches sei nach § 21 Abs 3 GUG dann zulässig, wenn durch die Berichtigung bücherliche Rechte dritter Personen nicht berührt würden, wenn diese Rechte dritter Personen nicht auf Grund eines Rechtsgeschäftes nach der Umstellung des Grundbuches eingetragen worden seien und wenn die Berichtigung innerhalb von 6 Monaten nach Eröffnung des umgestellten Grundbuches beantragt oder amtswegig vollzogen werde. Dieser der Rechtssicherheit im rechtsgeschäftlichen Verkehr zugunsten gutgläubigen Rechtserwerbes durch Rechtsgeschäft mit einem Dritten dienende Schutzzweck müsse aber denjenigen Berichtigungen weichen, die innerhalb der offenen Ediktalfrist für die Umstellung des Grundbuches einlangten oder vollzogen würden. Da Georg M*** durch die Einantwortung als Gesamtrechtsnachfolger in die Rechtsstellung seiner Mutter in bezug auf das ihr, Revisionsrekurswerberin, zustehende Vorkaufsrecht eingetreten sei, und zwar unabhängig davon, ob er dieses Vorkaufsrecht gekannt habe oder hätte kennen müssen, könne Georg M*** nicht als "Dritter" in dieser Sache angesehen werden, sodaß schon aus diesem Grunde allein die amtswegige Berichtigung gesetzlich gedeckt und gerechtfertigt gewesen sei. Darüber hinaus treffe aber auch die zweite Begründung des Rekursgerichtes nicht zu. Wenngleich die Rechtsordnung auch einseitige Rechtsgeschäfte kenne und § 21 Abs 3 GUG zwischen zweiseitigen und einseitigen Rechtsgeschäften nicht unterscheide, so erwerbe der Erbe innerhalb der todeswegigen Gesamtrechtsnachfolge doch ausschließlich durch die rechtskräftige Einantwortung und damit auf Grund gerichtlicher, also öffentlich-rechtlicher Entscheidung und nicht auf Grund irgendeines Rechtsgeschäftes. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Nach § 21 GUG ist eine Berichtigung von Eintragungen im umgestellten Grundbuch einschließlich der Aufnahme fehlender Eintragungen in dieses innerhalb von 6 Monaten nach der Eröffnung des umgestellten Grundbuchs auf Antrag oder von Amts wegen stets zulässig. Damit wurde - wie das Rekursgericht im Sinn der Erläuternden Bemerkungen zur RV des GUG (334 BlgNR 15.GP) zutreffend ausführte - der Schutz des Vertrauens auf das Grundbuch während der ersten 6 Monate nach der Umstellung außer Kraft gesetzt. Nach Ablauf dieser Frist ist eine solche Berichtigung jedenfalls ausgeschlossen, wenn sie Auswirkungen gegen dritte Personen hätte, die die der Berichtigung entgegenstehenden bücherlichen Rechte auf Grund eines Rechtsgeschäftes erworben haben. Die ratio dieses Ausschlusses der Zulässigkeit einer Berichtigung des umgestellten Grundbuchs liegt - wie ebenfalls den genannten Erläuternden Bemerkungen zu entnehmen ist - darin, daß diesen dritten Personen ja der insoweit nicht mehr ausgeschaltete Schutz ihres Vertrauens auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuches zugute kommen muß. Der Ausschluß der Berichtigungsmöglichkeit nach Ablauf der genannten Frist hat daher zur Voraussetzung, daß dem Vertrauen auf das Grundbuch beim rechtsgeschäftlichen Rechtserwerb entscheidende Bedeutung zukam. Dies ist hier aber nicht der Fall. Mit Eintritt der Rechtskraft der Einantwortung gehen nämlich alle Rechte des Erblassers in die Rechtszuständigkeit des Erben über und wird der Erbe Schuldner der Erbschaftsgläubiger, und zwar bloß unter der Voraussetzung, daß die Rechte dem Erblasser zustanden und der Erbe einen gültigen Erbrechtstitel hat; die Einantwortung bewirkt den Rechtsübergang eo ipso, sodaß es keiner Übertragungsakte, also auch nicht der grundbücherlichen Eintragung bedarf (Koziol-Welser II8 387 und Welser in Rummel, ABGB, Rz 5 bis 7 zu § 797, 798 je samt Rechtsprechungshinweis) und es auf das Vertrauen des Erben auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuches nicht ankommt (vgl. Kralik, Erbrecht 9). Kommt aber ein Schutz des guten Glaubens nicht in Frage, so kann der im § 21 Abs 3 GUG normierte Ausschluß des Berichtigungsrechtes nicht zum Tragen kommen. Der Revisionsrekurswerberin ist daher zuzustimmen, daß der nach Umstellung des Grundbuches erfolgte Eigentumserwerb Georg M*** der vom Erstgericht verfügten Aufnahme der fehlenden Eintragung nicht entgegensteht, auch wenn der Einantwortung des Nachlasses ein Testament und damit ein einseitiges Rechtsgeschäft zugrunde lag. Mit Recht vertritt die Revisionsrekurswerberin aber auch die Rechtsansicht, daß Georg M*** nicht als "dritter Person" im Sinne des § 21 Abs 3 GUG anzusehen ist. Mit der Einantwortung tritt nämlich die Universalsukzession des Erben nach dem Erblasser ein (Weiß in Klang2 III 49; Koziol-Welser, aaO, 381, 387; Welser, aaO, Rz 5 zu § 797, 798). Da durch die Universalsukzession der Erbe die volle Herrschaft über den Nachlaß erhält und Schuldner der Erbschaftsgläubiger wird, also im wesentlichen die Person des Erblassers fortsetzt, kann nicht gesagt werden, daß die hier verfügte Berichtigung der Eintragungen im Lastenblatt der von Georg M*** ererbten Liegenschaft durch Aufnahme des nicht miteingespeicherten Vorkaufsrechtes der Revisionsrekurswerberin ein bücherliches Recht einer dritten Person berührt hätte. Da die vom Erstgericht angeordnete Berichtigung des Grundbuches der KG 72141 Maria Wörth der Sach- und Rechtslage entspricht, erweist sich der Revisionsrekurs als berechtigt, weshalb die Entscheidung des Rekursgerichtes im Sinne der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Berichtigungsbeschlusses abzuändern war.

Anmerkung

E17322

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00024.89.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19890418_OGH0002_0050OB00024_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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