TE OGH 1989/4/26 3Ob27/89 (3Ob28/89)

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Veröffentlicht am 26.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*** S***, vertreten durch

Dr.Rudolf Zitta, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Dr.Othmar W***, Rechtsanwalt, Salzburg, Aigner Straße 21/1, vertreten durch Dr.Rupert Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen

112.875 S, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 5.10.1988, GZ 22 R 441, 442/88-15, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Salzburg vom 6.7.1988, GZ 9a E 58/88-2 und -3, abgeändert wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz dahin abgeändert, daß die Beschlüsse des Erstgerichtes wiederhergestellt werden.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen und der betreibenden Partei die mit 5.657,85 S als Exekutionskosten bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 514,35 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die betreibende Stadtgemeinde beantragte, ihr wider den Verpflichteten zur Hereinbringung eines Straßenausbaukostenrückersatz-Betrages im Sinne des § 17 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl.1968/69 (BGG) von 112.875 S die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung und Zwangsverwaltung mehrerer Liegenschaften und Liegenschaftsanteile zu bewilligen

Als Exekutionstitel nahm die klagende Partei ihren Bescheid vom 29. Oktober 1987 sowie die darin bezogenen Verhandlungsschriften vom 17. August 1987 und 19.Oktober 1987 in Anspruch. Der Exekutionstitel weist folgende Besonderheiten auf:

Im Spruch des Bescheides wird zum Ausdruck gebracht, daß dem Verpflichteten für ein Teilstück eines an der Aignerstraße gelegenen Grundstücks die Bauplatzerklärung gemäß § 14 Abs 2 BGG unter anderem mit der Bestimmung erteilt werde, daß den in den Verhandlungsschriften vom 17.August 1987 und vom 19.Oktober 1987 festgehaltenen Forderungen der vermessungstechnischen und straßenbautechnischen Amtssachverständigen zu entsprechen sei, welche Verhandlungsschriften insoweit einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildeten.

In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, daß für eine näher bezeichnete Teilfläche von 420 m2 der Straßenausbaukostenrückersatz in Höhe von 112.875 S gefordert wurde und daß die dagegen erhobenen Einwendungen des Antragstellers nicht berechtigt seien, weshalb spruchgemäß zu entscheiden und die Bauplatzerklärung unter Vorschreibung ua des Straßenausbaukostenrückersatzes zu erteilen sei. Dem Einwand des Antragstellers, es müsse hierüber im Sinne des § 20 Abs 3 BGG ein gesonderter Bescheid ergehen, wurde das Argument entgegenhalten, daß im Sinne des § 20 Abs 2 BGG die Festsetzung des Ersatzbetrages im Bescheid über die Bauplatzerklärung zu erfolgen habe. In der dem Bescheid angeschlossenen Verhandlungsschrift vom 17. August 1987 stellte der vermessungstechnische Amtssachverständige nur fest, daß ein Grundkostenrückersatz zu leisten sei. Auch der straßenbautechnische Amtssachverständige (AR Ing. Alois R***, Magistratsabteilung VI/4-Straßen- und Brückenamt) wies nur auf den der Höhe nach noch nicht bekannten Grundkostenrückersatz hin. In der ebenfalls angeschlossenen Verhandlungsschrift vom 19. Oktober 1987 wird die schriftliche Stellungnahme der Magistratsabteilung VI/4-Straßen und Brückenamt dargestellt, wonach zusätzlich zum Grundkostenrückersatz ein Straßenausbaukostenrückersatz in Höhe von 112.875 S innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung der Bauplatzerklärung zu erlegen sei.

Der Bescheid erhält auf der Vorderseite den nicht mit einem Rundsiegel, sondern mit einer auf "Magistrat Salzburg, Mag.Abt.VI, Straßen- und Brückenamt" lautenden Stampiglie versehenen Vermerk, daß er keinem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug unterliege. Diese Bestätigung ist nicht vom Bürgermeister der betreibenden Partei oder der Magistratsdirektion gefertigt. Am Ende des Bescheides ist die mit dem Rundsiegel der betreibenden Partei versehene und für den Bürgermeister mit unleserlicher Unterschrift gefertigte Bestätigung enthalten, daß der Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei.

Die betreibende Partei legte den Exekutionstitel in einer durch Vervielfältigung hergestellten Ausfertigung oder Kopie der Ausfertigung vor, auf der die beiden erwähnten Vollstreckbarkeits- bzw Rechtskraftbestätigungen im Originaltext angebracht sind. Dem Bescheid waren nur Kopien der beiden angeführten Verhandlungsschriften angeschlossen.

Der Exekutionsantrag wurde für die betreibende Partei vom Leiter ihres Exekutionsamtes als Vertreter des Bürgermeisters eingebracht, ohne daß eine Vollmacht angeschlossen gewesen wäre. Das Erstgericht bewilligte die Exekution.

Das Gericht zweiter Instanz wies den Exekutionsantrag aus folgenden Gründen ab:

Dem dafür allein maßgeblichen Spruch des Bescheides könne weder die Person des Zahlungspflichtigen noch die Leistungsverpflichtung entnommen werden. Der Verweis auf die Verhandlungsschriften sei insofern undeutlich, als dort keiner der im Spruch angeführten Amtssachverständigen, sondern nur das Straßen- und Brückenamt den strittigen Betrag geltend mache. Die Vorlage einer Kopie des Exekutionstitels sei unzureichend. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung sei im Gegensatz zum Bescheid selbst nur vom Straßen- und Brückenamt der klagenden Partei ausgestellt worden und enthalte nicht das erforderliche Rundsiegel. Fehlerhaft sei auch, daß die beiden Verhandlungsschriften nur in nicht beglaubigten Kopien vorgelegt worden seien. Schließlich fehle eine Vollmacht der betreibenden Partei für den einschreitenden Leiter des Exekutionsamtes der betreibenden Partei. Alle diese Mängel könnten wegen der Bestimmung des § 95 GBG nicht verbessert werden, was zumindest für den Antrag auf Bewilligung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung gelte.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist berechtigt. Ob es zulässig ist, im Spruch eines Bescheides auf Auflagen oder Vorschreibungen einer Verhandlungsschrift zu verweisen und diese so zum "wesentlichen Bestandteil" des Bescheides zu erklären (so zwar die Entscheidung Nr.61 zu § 59 AVG bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens3, gegenteilig jedoch VwGH SlgA 11.683 ua), kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen, weil der maßgebende Inhalt der Verhandlungsschriften, auf den der Spruch des Bescheides verweist, auch in der Begründung des Bescheides genau wiedergegeben wird. Damit reduziert sich das Problem, welchen Inhalt der fragliche Bescheid hat, auf die Frage, ob seine Gründe zur Auslegung des Spruches herangezogen werden können. Hier besteht eine durchaus einheitliche Auffassung des Obersten Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes: Wenn der Inhalt des Spruches eindeutig und vollständig ist, dann gilt nur der Spruch; wenn der Inhalt des Spruches unklar oder unvollständig ist, sind zur Ermittlung des Sinnes des Spruches auch die Gründe heranzuziehen (OGH: ÖBl 1985, 49 mwN; VwGH: E Nr.9 bis 12 und 74 zu § 59 AVG in Hauer-Leukauf, aaO und die bei Walter-Mayer, Grundriß des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4 unter Rz 419 angeführten Nachweise). Im vorliegenden Fall ist der Spruch unvollständig, weil nur ausgesprochen wird, daß den Forderungen der Amtssachverständigen zu entsprechen ist, und "insoweit" auf den Inhalt von Verhandlungsschriften hingewiesen wird. Damit sind aber die Gründe des Bescheides mit zu berücksichtigen. Nach diesen kann jedoch kein Zweifel darüber bestehen, daß die Behörde den immer wieder erwähnten "Antragsteller", als welcher im Kopf des Bescheides der jetzige Verpflichtete angeführt ist, unter anderem zur Leistung des strittigen Straßenausbaukostenrückersatz-Betrages von 112.875 S verpflichtete. Damit mangelt es weder an der Nennung des Leistungspflichtigen noch an dem Ausspruch der Leistungsverpflichtung.

Unklar könnte höchstens bleiben, ob dieser Betrag "unverzüglich nach Rechtskraft des Bescheides" zu leisten sei, wie sich dies aus den in den Gründen des Bescheides angeführten Bestimmungen des § 20 Abs 1 BGG ergeben würde, oder "binnen vier Wochen ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung der Bauplatzerklärung", wie dies in der Verhandlungsschrift vom 19.Oktober 1987 steht. Da die betreibende Partei den Exekutionsantrag aber ohnedies erst lange nach dem Eintritt der Rechtskraft gestellt hat (schon im Schreiben vom 16.3.1988, vorgelegt zu ON 4, bestätigt die verpflichtete Partei den Erhalt des Bescheides), also jedenfalls auch die allfällig längere Leistungsfrist verstrichen ist, spielt diese Unklarheit keine Rolle. Die vom Verpflichteten und vom Gericht zweiter Instanz weiter ins Spiel gebrachte Undeutlichkeit, wonach im Spruch des Bescheides auf die Forderung des "straßenbautechnischen Amtssachverständigen" verwiesen werde, tatsächlich aber nur die Äußerung des Straßen- und Brückenamtes vorliege, kann durch den Hinweis ausgeräumt werden, daß der in der Verhandlungsschrift vom 17.August 1987 sich äußernde straßenbautechnische Amtssachverständige AR Ing.Alfred R*** gemäß der Einleitung derselben Verhandlungsschrift für die Magistratsabteilung VI/4, nämlich das Straßen- und Brückenamt, erschienen war. Straßenbautechnischer Amtssachverständiger und Straßen- und Brückenamt bedeuten also dasselbe, abgesehen davon, daß durch die Gründe des Bescheides ohnedies klargestellt wurde, daß die Behörde die strittige Vorschreibung tätigte.

Der Verpflichtete wurde also mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid zur Zahlung des betriebenen Betrages verpflichtet, und im Zeitpunkt der Einbringung des Exekutionsantrages war die strittige Forderung schon fällig.

Ob der Verpflichtete zur Leistung des strittigen Betrages verpflichtet werden durfte oder ob diese Verpflichtung den jetzigen neuen Eigentümer getroffen hätte, und ob überhaupt die meritorischen Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Leistung eines Straßenausbaukostenrückersatzes bestanden, kann im Exekutionsverfahren nicht überprüft werden, weil alle diese Umstände ausschließlich von der Verwaltungsbehörde zu beurteilen sind. Dem vom Verpflichteten und Gericht zweiter Instanz weiters behandelten Mangel, der Bescheid sei nur in Kopie vorgelegt worden, kommt ebenfalls keine Bedeutung zu. Seit der Novelle des § 18 Abs 4 vierter Satz AVG durch BGBl.1982/199 kann ein Bescheid auch in der Weise ausgefertigt werden, daß eine vervielfältigte Ausfertigung mit Beisetzung des Namens des den Bescheid Genehmigenden ohne Beglaubigung durch die Kanzlei verwendet wird (siehe dazu auch VwGH SlgA 11.983). Diesem Erfordernis entsprach die vorgelegte Kopie, welche sich abgesehen von der Einlaufstampiglie des Straßen- und Brückenamtes der betreibenden Partei von einer solchen Vervielfältigung überhaupt nicht unterschied. Da die Kopie zudem mit original gefertigten Vollstreckbarkeits- bzw Rechtskraftbestätigungen versehen war, konnte an der Identität dieser Kopie und der Originalbescheidausfertigung kein Zweifel bestehen.

Der Widerspruch, daß die Vollstreckbarkeitsbestätigung von einer Magistratsabteilung, die Rechtskraftbestätigung aber durch den Bürgermeister unterfertigt wurde, ist unerheblich, weil es sich in beiden Fällen um die betreibende Partei als titelschaffende Behörde handelt. Ob die Magistratsabteilung berechtigt war, die strittige Bestätigung auszustellen, kann gemäß § 3 Abs 2 VVG und § 7 Abs 4 EO nur im Verwaltungsverfahren überprüft werden.

Den beiden angeschlossenen Verhandlungsschriften kommt nach dem eben Gesagten im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu, weil auch in den Gründen des Bescheides auf die beiden Niederschriften hingewiesen wurde, sodaß es keine Rolle spielt, ob und in welcher Form diese Verhandlungsschriften vorgelegt wurden.

Der Versuch des Verpflichteten, einen weiteren Mangel daraus zu konstruieren, daß kein "besonderer Bescheid" im Sinne des § 20 Abs 3 BGG erlassen worden sei, muß gleichfalls scheitern. Durch diese Bestimmung wird nicht etwa eine im AVG nicht vorgesehene neue Form eines Bescheides geschaffen, sondern nur klargestellt, daß über einen Kostenbeitrag oder eine Vorauszahlung nach § 16 BGG oder einen Kostenersatz nach § 17 BGG gesondert durch Bescheid abzusprechen ist. § 20 Abs 2 BGG stellt hiezu aber klar, daß diese Entscheidung "im" Bescheid über die Bauplatzerklärung zu erfolgen hat (vgl dazu VwGH E 15.10.1987, 85/06/2233, Baurechts-Sammlung Band V Nr.971). Damit verbleibt nur noch das Problem, ob dem Exekutionsantrag eine Vollmacht des Bürgermeisters der betreibenden Partei für den einschreitenden Leiter des Exekutionsamtes, OAR Jörg K***, hätte angeschlossen werden müssen.

Es ist zwar richtig, daß gemäß § 41 Abs 1 des Salzburger Stadtrechtes (Wiederverlautbarung in LBGl Sbg 1966/47) der Bürgermeister die Stadt nach außen vertritt. Daraus folgt aber nicht, daß alle Schriftstücke der Stadt von ihm gefertigt werden müßten oder daß bei Überreichung einer gerichtlichen Eingabe der Stadt zumindest eine Vollmacht des Bürgermeisters für den einschreitenden Magistratsbeamten vorgelegt werden müsse. Statt des Bürgermeisters oder eines von ihm ausdrücklich Bevollmächtigten kann vielmehr auch der nach der inneren Organisation der betreibenden Partei hiefür zuständige Magistratsbeamte einschreiten. Wenn bei der Stadtgemeinde ein eigenes Exekutionsamt eingerichtet ist, dann ist der Leiter dieses Exekutionsamtes schon auf Grund dieser Einrichtung legitimiert und bevollmächtigt, für die Gemeinde einzuschreiten. Nach § 38 Abs 3 der Salzburger Magistratsordnung sind dem Bürgermeister zur Unterfertigung nämlich nur vorbehalten:

a) Urkunden im Sinne des § 42 Abs 2 und 3 des Salzburger Stadtrechts (das sind gemäß Abs 2 Urkunden über Rechtsakte, mit denen grundbücherliche Rechte aufgegeben, beschränkt oder belastet werden, und gemäß Abs 3 Urkunden über Rechtsakte, aus denen der Stadt Verbindlichkeiten erwachsen, sofern der Wert der Verbindlichkeit im Einzelfall eine in der Geschäftsordnung des Magistrats festzusetzende Wertgrenze, das ist gemäß § 38 Abs 9 MGO ein Betrag von 1 Mill.S, überschreitet),

b) die Vorlage von Geschäftsstücken an den Gemeinderat, den Stadtsenat oder einen Ausschuß und

c) die Vollmacht zur Vertretung der Gemeinde als Partei bei Gerichten und Verwaltungsbehörden.

Keiner dieser Fälle lag hier vor. Die betreibende Partei brachte nur einen Antrag ein, nicht etwa eine Vollmacht. Der vorliegende Exekutionsantrag konnte daher auch vom Leiter des Exekutionsamtes unterfertigt werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 74 und 78 EO und die §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E17289

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00027.89.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19890426_OGH0002_0030OB00027_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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