TE Vwgh Erkenntnis 2005/11/7 2005/04/0146

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Veröffentlicht am 07.11.2005
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der H in K, vertreten durch Dr. Alexander Krasser, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 39/EG, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 18. Mai 2005, Zl. 7-G-GRM-33/2/05, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten wurde der Beschwerdeführerin die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, wenn die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, mit Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 24. Februar 2003 sei der Konkurs über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens nicht eröffnet worden. In ihrer Berufung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, die Weiterführung ihres Gewerbes sei im Interesse der Gläubiger gelegen. Im Zuge des Berufungsverfahrens seien sowohl die Wirtschaftskammer Kärnten als auch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Kärnten befragt worden. Während sich letztere für eine Entziehung ausgesprochen habe, habe die Wirtschaftskammer Kärnten keine Stellungnahme abgegeben. Seitens des Bezirksgerichtes K. sei ein Verzeichnis der zahlreichen gegen die Beschwerdeführerin anhängigen Exekutionsverfahren übermittelt worden. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe mit Schreiben vom 25. Juni 2004 mitgeteilt, dass am Beitragskonto der Beschwerdeführerin ein Beitragsrückstand in der Höhe von EUR 6.624,57 aushafte. Laut Mitteilung der Kärntner Gebietskrankenkasse vom 1. Dezember 2004 komme die Beschwerdeführerin ihren Verbindlichkeiten nicht nach und hafte ein Betrag von EUR 14.964,89 unberichtigt aus. Über Aufforderung der belangten Behörde vom 11. Februar 2005, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen, habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, mittlerweile in der Lage zu sein, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Der Aufforderung, geleistete Zahlungen bzw. abgeschlossene Ratenvereinbarungen mittels geeigneter Belege nachzuweisen, sei die Beschwerdeführerin jedoch nicht nachgekommen. Nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger" gelegen und daher gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 von der im Abs. 1 Z. 2 dieser Bestimmung iVm § 13 Abs. 3 leg. cit. vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen sei, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Betroffenen erwartet werden könne, dass er auch den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde. Die Annahme eines Gläubigerinteresses setze jedenfalls voraus, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der Verbindlichkeiten vorhanden seien. Der Gewerbetreibende erfülle nur dann das vorwiegende Gläubigerinteresse, wenn er entweder alle gegen ihn bestehenden Forderungen abgedeckt oder entsprechende Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen habe und diese auch pünktlich erfülle. Mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens korrespondiere eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes, was insbesondere dann der Fall sei, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiellrechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt seien. Dies treffe für die Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 insofern zu, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzten. Zur Eruierung des Gläubigerinteresses sei im gegenständlichen Fall der Schuldenstand durch Anfragen an die Kärntner Gebietskrankenkasse und die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sowie durch Einholung einer Exekutionsliste erhoben worden. Die Beschwerdeführerin habe weder Zahlungen noch Ratenvereinbarungen nachgewiesen. Die von ihr vorgebrachte Behauptung, sie leiste Zahlungen, sei für eine Belassung der Gewerbeberechtigung keinesfalls ausreichend. Die Beschwerdeführerin habe ihre Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass sie trotz behördlicher Aufforderung bis dato keine Bescheinigungen vorgelegt habe, die auf das Vorhandensein der erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der Verbindlichkeit schließen ließen. Da während des gesamten Ermittlungsverfahrens keine Umstände hervorgekommen seien, die ein Absehen von der Entziehung wegen eines Gläubigerinteresses im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 rechtfertigten, sei - zumal der Konkurs betreffend die Beschwerdeführerin mangels Kostendeckung rechtskräftig nicht eröffnet worden und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt werde, noch nicht abgelaufen sei - ex lege ein Entziehungsgrund gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen nach im Recht auf Nichtentziehung ihrer Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so verstandenen Beschwerdepunktes bringt sie vor, die belangte Behörde habe wesentliche Recherchen nicht durchgeführt. "Beispielhaft angegeben" hätte eine Anfrage beim Finanzamt K. ergeben, dass ein beachtlicher Schuldenrückstand von EUR 32.000,-- auf EUR 10.000,-- innerhalb kurzer Zeit durch die alleinige Anstrengung der Beschwerdeführerin habe reduziert werden können. Dies allein sei Nachweis genug, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen nachkomme. Es sei im Interesse der Gläubiger, ihre Forderungen zu 100 % getilgt zu bekommen; eben dies bewerkstellige die Beschwerdeführerin. "Nur beispielhaft angeführt" habe sie ihre Schulden bei einem näher bezeichneten Gläubiger zur Gänze getilgt. Dies schon allein aus dem Grunde, da ihr ansonsten unmittelbar die Delogierung gedroht hätte. Dass sie nicht delogiert worden sei, beweise eindeutig ihre großen, aber auch zielführenden Anstrengungen und Bestrebungen, ihre Schulden abzubauen. Auch habe sie ihre Schulden bei einem weiteren näher genannten Gläubiger zur Gänze getilgt. "Vereinzelt" könne der Formalakt der Einstellung noch nicht durchgeführt worden sein; es sei jedoch für den Nachweis des tatsächlichen Forderungsabbaues nicht ausschlaggebend. Der Vorwurf, sie sei ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, sei schon dadurch entkräftet, dass sie im Verwaltungsverfahren unvertreten gewesen und ihr eine gewisse behördliche Ausdrucksweise nicht geläufig gewesen sei; sie sei auch nicht zusätzlich informiert oder aufgeklärt worden.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende ausgeschlossen, wenn 1. der Konkurs mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet wurde und 2. der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der in § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt. Nach Abs. 2 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen rechtskräftiger Nichteröffnung eines Konkurses mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 leg. cit. vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, geht es ausschließlich darum, dass die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden. Es muss daher die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten erwartet werden können. Die Erfüllung des vorwiegenden Gläubigerinteresses erfordert ferner, dass der Gewerbetreibende hinsichtlich aller gegen ihn bereits bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt (vgl. zum Ganzen die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2 (2003) S. 756f, RZ 33 zu § 87, zitierte hg. Judikatur). Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. sind nicht schon dann gegeben, wenn eine bloße Erklärung von Gläubigern vorliegt, wegen ihrer offenen Forderungen ein Interesse an der Weiterführung des betroffenen Gewerbes zu haben. Dies insbesondere auch deshalb, da abgesehen von den bereits bestehenden Gläubigerforderungen auch zu berücksichtigen ist, dass die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen.

Die weitere Gewerbeausübung ist im Beschwerdefall schon deshalb nicht im Interesse der Gläubiger gelegen, weil auch nach den Beschwerdeausführungen weder davon auszugehen ist, dass die Beschwerdeführerin über die erforderlichen liquiden Mittel verfügt, um die bestehenden und zu erwartenden Verbindlichkeiten zu erfüllen, noch hinsichtlich aller gegen sie bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 7. November 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005040146.X00

Im RIS seit

06.12.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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