TE OGH 1989/12/20 9ObA346/89

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Veröffentlicht am 20.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Silvia Krieger und Walter Darmstädter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C*** Gesellschaft mbH, Wien 23., Zetschegasse 11, vertreten durch Dr. Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Peter G***, Angestellter, Wien 19., Krottenbachstraße 106/12/7, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 165.513,19 S sA (Streitwert im Revisionsverfahren 103.008 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. September 1989, GZ 32 Ra 21/89-26, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 16. November 1988, GZ 16 Cga 3594/88-15, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie einschließlich des unangefochten gebliebenen Teiles insgesamt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von 45.000 S samt 4 % Zinsen seit 10. 8. 1988 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Das weitere Begehren auf Zahlung eines Betrages von 109.513,19 S samt 4 % Zinsen seit 10. 8. 1988 wird abgewiesen."

Die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war bei der klagenden Partei vom 1. Juli 1985 bis 31. Juli 1988 als Verkaufsrepräsentant für Kopiergeräte angestellt. Das Dienstverhältnis endete durch arbeitnehmerseitige Kündigung. In den letzten 6 Monaten bezog der Beklagte insgesamt 206.017,59 S brutto. Vor seiner Tätigkeit bei der klagenden Partei war der Beklagte bei der Firma P*** beschäftigt; er wurde dort zum Verkäufer ausgebildet und hat sich einige Jahre mit Büroorganisation und Hardwareverkauf beschäftigt. Später war er bei B*** UND S***, 2 1/2 Jahre bei H*** Büroorganisation und Möbel und danach bei der Firma A*** und zuletzt bei der Firma D*** unter anderem mit dem Verkauf von Kopiergeräten beschäftigt. Anläßlich seines Eintrittes bei der klagenden Partei unterzeichnete der Beklagte ein Schreiben vom 30. Mai 1985 folgenden Inhalts:

"Sie verpflichten sich für die Dauer von 12 Monaten nach Beendigung des Dienstverhältnisses, im Geschäftszweig unserer Firma weder selbständig noch unselbständig tätig zu sein. Als Konkurrenzunternehmen gilt jedes Unternehmen, das sich mit der Erzeugung und dem Vertrieb von Produkten befaßt, die denselben Bedürfnissen dienen wie die vom Dienstgeber erzeugten bzw vertriebenen Produkte und sich auf dem gleichen Markt gegenüberstehen. Falls Sie gegen die vorstehend erwähnten Bestimmungen verstoßen, verpflichten Sie sich, eine Konventionalstrafe in der Höhe von 6 Bruttomonatsgehältern, berechnet auf der Grundlage des Ihnen im letzten Monat vor Ihrem Ausscheiden ausbezahlten Bruttomonatsgehaltes zu bezahlen."

Am 16. Jänner 1987 unterzeichnete der Beklagte einen neuen Dienstvertrag. Dieser hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"1.1. ..... Der Arbeitnehmer wird als Verkaufsrepräsentant angestellt, die Tätigkeit umfaßt inbesondere Verkauf von reprographischen Produkten - Copierer/direkt, Region Wien.

1.7. Nur für Arbeitneher der Verkaufs- und Marketingabteilung:

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, nach Beendigung des Dienstverhältnisses auf die Dauer von 12 Monaten im Inland jede im Sinn der im Punkt 1.1. aufgezählten Arbeitsleistungen bei Konkurrenzunternehmen von C*** zu unterlassen. Die Klausel gilt ausschließlich für die Firmen M***, S*** und R*** X***, A***. Für den Fall der Verletzung dieser Konkurrenzklausel wird eine Konventionalstrafe vereinbart, deren Höhe sich aus der Addition der in den letzen 6 Monaten vor Beendigung des Dienstverhältnisses erhaltenen Bezüge errechnet. Die Höhe der Konventionalstrafe wird durch den Arbeitnehmer als angemessen anerkannt."

Ob der Satz, in dem die vier Konkurrenztunternehmen genannt sind, vor oder nach der Unterschriftsleistung durch den Beklagten eingefügt wurde, steht nicht fest. Auch im Fall einer Einfügung nach Unterschriftsleistung hatte der Beklagte jedoch davon Kenntnis und war damit einverstanden. Die Einschränkung der Konkurrenzklausel auf die genannten vier Firmen erfolgte über Veranlassung durch den Geschäftsführer der klagenden Partei Dr. S***, weil nur mit diesen vier Firmen Abwerbungsprobleme bestanden. Der Beklagte erzielte bei der klagenden Partei einen weit überdurchschnittlichen Umsatz; er hatte ein eigenes Gebiet mit Gebietsschutz, nämlich die Wiener Bezirke 6, 12, 14 und 16. Der Beklagte war ein sogenannter Seniorverkäufer; das sind Verkäufer, die schon über branchenspezifische Erfahrung und Praxis im Verkauf verfügen. Im Gegensatz dazu stehen die Juniorverkäufer, die bei ihrem Eintritt noch über keine Vorkenntnisse verfügen und daher über die Technik der Produkte unterwiesen und im Verkauf geschult werden müssen. Bei der Klägerin fanden in den letzten Jahren laufend Schulungen statt, die Verkaufs-, Argumentations-, Präsentationstechnik sowie Organisation umfaßten. Bei fünftägigen Seminaren wurden auch die neuen Geräte vorgeführt. Zum Teil waren die Seminare nur für Juniorverkäufer gedacht; für die Seniorverkäufer bestand keine Teilnahmepflicht. Auch der Beklagte hat an solchen Seminaren teilgenommen. Die Klägerin hat pro Jahr an Kosten externer Trainer und für Unterbringung und Aufenthalt bei auswärtigen Seminaren für ihre 25 Außendienstmitarbeiter ca 1,5 Mill. S aufgewendet. Ab 1. Jänner 1988 war Johann P***, ein früherer Verkäufer, der unmittelbare Vorgesetzte des Beklagten. Es kam zwischen ihnen zu Konflikten, die im Mai 1988 eskalierten. Der Beklagte führte ein Gespräch mit Dr. H***, einem Vorgesetzten, in dessen Verlauf er mitteilte, daß er mit P*** nicht mehr zusammenarbeiten und kündigen wolle. Er erkundigte sich danach, was "die Konkurrenzklausel betragsmäßig ausmache". In der Folge versuchten Dr. H***, der Geschäftsführer Dr. S*** und ein anderer Angestellter der klagenden Partei eine für den Beklagten akzeptable Lösung zu finden, indem sie ihm den Vorschlag unterbreiteten, seine Berichte direkt an den Angestellten W*** zu erstatten. Der Beklagte äußerte diesem gegenüber, daß er einige Angebote von Konkurrenzfirmen habe, unter anderem von M***, A*** und A***. Am 10. Juni erklärte der Beklagte definitiv die Kündigung, am 16. Juni 1988 übergab er alle Unterlagen über Kunden einschließlich der Kundenlisten. Am 1. August 1988 trat der Beklagte bei A*** zu einem Bruttomonatsgehalt von 18.000 S zuzüglich Garantieprovision von 15.000 S ein. Er hat seinem neuen Arbeitgeber keinerlei Informationen über Kunden der Klägerin mitgeteilt und auch solche selbst nicht verwertet. Er ließ sich ausdrücklich andere Arbeitsgebiete zuteilen als bei der Klägerin, nämlich den 9., 13. und 17. Wiener Bezirk sowie das südliche Niederösterreich. Weiters bestand der Beklagte darauf, daß er ein von der klagenden Partei bezogenes Kopiergerät die X-55 nicht verkaufen müsse. Der Beklagte hat seine Kenntnisse über Produkte und Kunden der Klägerin bei A*** nicht verwertet. der klagenden Partei ist diesbezüglich auch kein Schaden entstanden. Neben der klagenden Partei und den vier in der Konkurrenzklausel genannten Firmen bestehen im Wiener Raum noch zahlreiche weitere Unternehmen, die Kopiergeräte vertreiben, etwa G***, A***, H***/3 M, T***, V***, DR. R***,

D***, K*** & S***, OCE, O***, P***, K*** oder

O***. Grundsätzlich sind die meisten dieser Betriebe nicht nur an Juniorvertretern, sondern auch an Seniorvertretern interessiert, weil diese gut eingeschulte, berufserfahrene Arbeitskräfte sind, die rasch gewinnbringend eingesetzt werden können. Der Beklagte hätte die Möglichkeit gehabt, etwa bei der DR. R*** Gesellschaft mbH, bei A***, G*** oder OCE als Seniorvertreter zu ähnlichen Konditionen wie bei A*** oder der klagenden Partei zu arbeiten. Die klagende Partei begehrt die Zahlung eines Betrages von 154.513,19 S als Konventionalstrafe. Der Beklagte habe gegen die vereinbarte Konkurrenzklausel verstoßen; unter Vorwegnahme des richterlichen Mäßigungsrechts werde nur ein Teil von 75 % der Konventionalstrafe begehrt.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die Konkurrenzklausel sei nicht wirksam vereinbart worden und verstoße gegen die guten Sitten. Es sei ihm nur bei der Firma A*** möglich gewesen, zu einem vergleichbaren Entgelt Arbeit zu finden; der klagenden Partei sei durch sein Verhalten kein Schaden, entstanden. Die Vertragsstrafe werde daher zu Unrecht geltend gemacht. Das Erstgericht gab dem Begehren hinsichtlich eines Teilbetrages von 65.000 S sA statt und wies das Mehrbegehren ab. Zwischen den Parteien sei eine Konkurrenzklausel gültig vereinbart worden, einschließlich der nachträglichen Einfügung von vier namentlich genannten Unternehmen. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe in der Höhe von 6 Monatsgehältern sei nicht sittenwidrig. Zwar sei der klagenden Partei durch das Verhalten des Beklagten kein konkreter Schaden entstanden, sodaß die Vertragsstrafe weitgehend zu mäßigen sei, jedoch dürfe der Verstoß des Beklagten gegen die Vereinbarung nicht gänzlich außer acht gelassen werden. Der Billigkeit entspräche eine Mäßigung auf 3 Nettomonatsgehälter.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und änderte über Berufung der klagenden Partei das Urteil dahin ab, daß es den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 103.008 S sA verpflichtete. Der der klagenden Partei zugefügten Schaden sei zwar gering und möglicherweise nicht im Verlust von Kunden, sondern nur in fehlgeleiteten Schulungsmaßnahmen, zu denen sich die klagende Partei andernfalls nicht verstanden hätte, gelegen; es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß ein Schaden schlechthin zu verneinen sei. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß die Konventionalstrafe auch der Verstärkung und Befestigung der vertraglichen Verpflichtung diene. Auch ein eine weitere Mäßigung gebietendes Mitverschulden der klagenden Partei sei zu verneinen. Wohl sei das Betriebsklima belastet gewesen, doch seien dem Beklagten entsprechende organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung eines Kontaktes mit P*** vorgeschlagen worden. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei eine Herabsetzung der Vertragsstrafe auf die Hälfte des vereinbarten Betrages angemessen. Dabei sei jedoch davon auszugehen, daß die Vertragsstrafe in der Höhe des Bruttobezuges vereinbart worden sei, zumal bereits im ersten Dienstvertrag ausdrücklich Bruttomonatsgehälter genannt worden seien. Auch die im zweiten Dienstvertrag getroffene Vereinbarung sei in dieser Richtung auszulegen. Unter Zugrundelegung des Bruttobezuges ergebe sich die Hälfte der vereinbarten Vertragsstrafe mit dem vom Berufungsgericht zuerkannten Betrag. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Soweit der Revisionswerber die Auffassung vertritt, die Konkurrenzklausel sei nicht wirksam vereinbart worden, weil der Passus, mit dem die Konkurrenzklausel auf vier Unternehmen eingeschränkt wurde, nach der Unterschriftsleistung durch ihn in den Dienstvertrag eingefügt worden sei, gehen die Ausführungen am festgestellten Sachverhalt vorbei. Es konnte wohl nicht erwiesen werden, ob der (die Verpflichtung des Beklagten einschränkende) Teil der Konkurrenzklausel, der die 4 Unternehmen bezeichnet, vor oder nach Unterschriftsleistung durch den Beklagten in den Vertragstext aufgenommen wurde, doch steht fest, daß der Beklagte von dieser Ergänzung der Konkurrenzklausel Kenntnis hatte und damit einverstanden war. Damit ist aber jedenfalls eine Vereinbarung dieses Inhalts zustandegekommen, mag auch der Text diesbezüglich erst nachträglich ergänzt worden sein. In dieser Form wurde durch die Konkurrenzklausel das berufliche Fortkommen des Beklagte schon deshalb nicht in unzulässiger Weise eingeschränkt, weil neben den vier genannten Unternehmen in dieser Branche zahlreiche andere bestehen, die von der Konkurrenzklausel nicht umfaßt waren. Die Tatsache allein, daß der klagenden Partei aus der Verletzung der Konkurrenzklausel durch den Beklagten ein faßbarer Schaden nicht erwachsen ist, führt nicht zum Entfall der Vertragsstrafe. Die Schadenspauschalierung hat die Konsequenz, daß ein den Betrag der Pauschalierung übersteigender Schaden nicht verlangt werden kann; andererseits kann die Vertragsstrafe in vereinbarter Höhe grundsätzlich auch dann begehrt werden, wenn der Schaden die Höhe der Konventionalstrafe nicht erreicht oder wenn kein Schaden eingetreten ist (Koziol Welser8, I, 200). Gemäß § 1336 Abs 2 ABGB kann die Vertragsstrafe, wenn sie vom Schuldner (als übermäßig) bestritten wird, vom Richter gemäßigt werden. Das Mäßigungsrecht erfolgt insbesondere unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit der Vertragsstrafe, der Vermögenslage, des Verschuldensgrades, also unter Abwägung der gegenseitigen Interessen (Martinek-Schwarz, AngG6, 706). Bei Ausübung dieses Gestaltungsrechtes des Richters ist aber zu beachten, daß nach dem Parteiwillen die Vertragsstrafe neben der Pauschalierungsfunktion in der Regel noch einen weiteren Zweck erfüllen soll: Die Konventionalstrafe soll auch der Verstärkung, der Befestigung der Verpflichtung dienen. Auf den Schuldner soll ein zusätzlicher Erfüllungsdruck ausgeübt werden (Kerschner, ZAS 1985, 30 ff insbesondere 31 mwN). Zu mäßigen ist außerdem nur bei Übermäßigkeit, also dann, wenn die Vertragsstrafe unverhältnismäßig höher ist als der Schaden. Das bedeutet aber, daß die Vertragsstrafe den Schaden übersteigen darf, ohne daß sie aus diesem Grund gekürzt werden darf. Dieser - den Schaden übersteigende - Betrag hat funktionell die Aufgabe, das ex-ante-Gläubigerinteresse auszugleichen (Kerschner aaO 34). Wohl wurde vom Obersten Gerichtshof in dem der Entscheidung ZAS 1985, 27 zugrundeliegenden Fall, in dem dem Dienstgeber ein Schade nicht erwachsen war, eine Mäßigung auf Null vorgenommen, doch bildete dieser Umstand nur einen Teil der Begründung der Entscheidung. Wesentlich war dort weiters, daß der Dienstgeber von der Konkurrenztätigkeit des Dienstnehmers bereits während des aufrechten Dienstverhältnisses Kenntnis hatte und diese hinnahm. Dieser Fall ist daher mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.

Hier steht fest, daß der Beklagte bei seinem neuen Dienstgeber bemüht war, eine Konkurrenzierung der klagenden Partei möglichst hintanzuhalten, indem er auf dem Einsatz in einem anderen Gebiet bestand und den Vertrieb von Geräten, die auch Gegenstand des Angebotes der klagenden Partei waren, ablehnte. Andererseits bestand ein Interesse der klagenden Partei an der Einhaltung der Konkurrenzklausel, zumal der Beklagte an Schulungen der klagenden Partei teilgenommen hatte. Auf diese Weise war ihm die Verkaufsstrategie der klagenden Partei bekannt. Dies bedeutete einen Informationsvorsprung, der bei Konkurrenz mit den Vertretern der klagenden Partei, die dasselbe Gebiet betreuten wie der Beklagte bei seinem neuen Dienstgeber, einen nicht unbedeutenden Vorteil ausmachen konnte. Ein gänzlicher Entfall der Konventionalstrafe kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht, doch erscheint insbesondere im Hinblick auf das Verhalten des Beklagten, der bemüht war, ein Konkurrenzverhältnis mit der klagenden Partei weitgehend zu vermeiden, sowie unter Bedachtnahme darauf, daß er sein Wissen über Kunden, das er bei der klagenden Partei erworben hatte, nicht verwertete, und der Eintritt eines Schadens nicht erwiesen ist, eine Mäßigung der Vertragsstrafe auf einen Betrag von etwa 2 Monatsbezügen angemessen. Dies entspricht den Einkommensverhältnissen des Beklagten und seiner wirtschaftlichen Situation; dafür, daß besondere soziale Umstände eine weitere Mäßigung erfordern würden, besteht kein Anhaltspunkt. Zu Recht wendet sich der Beklagte auch gegen die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, wonach der Vereinbarung der Vertragsstrafe das Bruttoentgelt zugrunde gelegt worden sei. Wohl trifft es zu, daß im Text des ersten Vertrages in diesem Zusammenhang auf das Bruttogehalt Bezug genommen wurde. Daraus kann aber nicht notwendig abgeleitet werden, daß auch mit den im zweiten Dienstvertrag enthaltenen Worten Bruttobezüge bezeichnet wurden. Gerade der Umstand, daß der Text der ersten und zweiten Vereinbarung in anderen Punkten fast wörtlich übreinstimmen, gibt zu Bedenken gegen ein solches Verständnis Anlaß. Wenn tatsächlich Bruttobezüge hätten vereinbart werden sollen, wäre es nicht verständlich, warum von der diesbezüglich eindeutigen Formulierung des ersten Dienstvertrages abgegangen wurde. Dazu kommt noch, daß die Fassung der Konkurrenzklausel im zweiten Dienstvertrag oder zumindest im Zusammenhang mit diesem entscheidend (Einschränkung nunmehr auf vier Unternehmen) verändert wurde. Es ist daher keineswegs von der Hand zu weisen, daß auch der Umfang der Konventionalstrafe, der - abgesehen davon, daß die ausdrückliche Bezugnahme auf den Bruttobezug nicht mehr aufscheint - auch dadurch geändert wurde, daß nicht mehr auf das Sechsfache des letzten Monatsbezuges, sondern auf die Gesamtbezüge der letzten 6 Monate abgestellt wurde, auch in diesem Punkt modifiziert werden sollte. Aus der Tatsache, daß im ersten Dienstvertrag Bruttobezüge als Basis für die Berechnung der Vertragsstrafe vorgesehen wurden, kann daher für die Auslegung des zweiten Dienstvertrages nichts abgeleitet werden. Für sich gesehen ist die von der klagenden Partei stammende Bestimmung zumindest unklar und daher gemäß § 915 zweiter Halbsatz ABGB zum Nachteil der klagenden Partei auszulegen, wobei die Worte "erhaltene Bezüge" eher darauf hinweisen, daß von den Bezügen ausgegangen werden sollte, die der Beklagte tatsächlich ausgezahlt erhalten hat, sohin von Nettobezügen. Bei der Berechnung der Konventionalstrafe ist daher von den Nettobezügen auszugehen. Die genaue Höhe der Nettobezüge ist nicht bekannt. Dies ist aber nicht wesentlich, da bei Bemessung der Vertragsstrafe im Rahmen des Mäßigungsrechtes eine annähernde Ermittlung ausreicht. Einer Mäßigung der Konventionalstrafe auf ein Drittel entspricht - ausgehend von den begehrten

Bruttobezügen - etwa 45.000 S.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO, hinsichtlich der Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens überdies auf § 50 ZPO. Da das Unterliegen der klagenden Partei teilweise auf eine Überklagung (Bruttobeträge statt Nettobeträge), zu einem wesentlichen Teil jedoch auch von der Ausübung richterlichen Ermessens im Rahmen der Mäßigung der Konventionalstrafe begründet war, erscheint ungeachtet des im Hinblick auf den eingeklagten Betrag unterproportionalen Prozeßerfolges die Kostenaufhebung gerechtfertigt.

Anmerkung

E19840

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00346.89.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19891220_OGH0002_009OBA00346_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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