TE OGH 1990/2/20 14Os18/90

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Veröffentlicht am 20.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Feber 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kluwik als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hans Dieter S*** und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146 ff StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Erich A*** und Siegfried J*** sowie die Berufungen der Angeklagten Peter F*** und Wolfgang F*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24.Juli 1989, GZ 12 c Vr 9828/85-341, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Erich A*** und Siegfried J*** die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (ua)

1. der nunmehr 45-jährige Erich A*** (zu A/I/1/e und i, 3/h/aa-hh und A/I/5) des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB, und

2. der nunmehr 48-jährige Siegfried J*** (zu A/I/1/a/bb und f sowie 3/i) des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben die beiden genannten Angeklagten in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Hans Dieter S***, und zwar Erich A*** in der Zeit von April 1980 bis September 1983 in elf Angriffen, Siegfried J*** im Feber 1980 und im Feber 1982 in insgesamt drei Angriffen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte von Versicherungsunternehmungen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung von Schadensfällen, die eine Leistungspflicht des Versicherers begründen - indem Schäden an Fahrzeugen vorsätzlich herbeigeführt, bestehende geringfügige Beschädigungen von Kraftfahrzeugen erheblich vergrößert, nicht existente Schadensfälle zur Gänze vorgetäuscht oder Versicherungsfälle, die keine Leistungspflicht eines Versicherers zur Folge gehabt hätten, durch Meldung eines geeignet erscheinenden Unfallsgegners fingiert wurden (US 70) - zur Zahlung von Geldbeträgen an die Firma F***, Fahrzeuginstandsetzungsgesellschaft mbH (deren Gesellschafter und Einzelprokurist der Angeklagte Hans Dieter S*** war), verleitet, wobei der Gesamtschaden bei Erich A*** 888.028 S (US 72) und bei Siegfried J*** 278.790 S betragen hat. Die beiden Angeklagten bekämpfen den gegen sie ergangenen Schuldspruch mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, in welchen sie die Gründe der Z 5, Siegfried J*** (nominell) auch jene der Z 5 a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs. 1 StPO geltend machen. Beiden Beschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Den Ausführungen der beiden Beschwerdeführer zur Mängelrüge (Z 5) ist zunächst allgemein zu erwidern, daß das Gericht nicht verpflichtet war, in den Urteilsgründen die Verfahrensergebnisse in allen Details wiederzugeben und sich mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen einer Mängelrüge sodann konkret erhobenen Einwand im voraus auseinanderzusetzen (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr 104, 105 zu § 270). Es war vielmehr gemäß der Vorschrift des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO nur verhalten, im Urteil in gedrängter Form die entscheidenden Tatsachen festzustellen, die es als erwiesen annimmt und jene Erwägungen anzuführen, auf Grund welcher es zur Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahme gelangt ist (vgl Mayerhofer-Rieder aaO ENr 7, 8 zu § 281 Z 5). Dieser Begründungspflicht ist das Schöffengericht aber in zureichender Weise nachgekommen (US 71 f). Es stützte seine Feststellungen dabei im wesentlichen auf die Geständnisse der (25) Angeklagten in Verbindung mit den im Akt erliegenden Urkunden, welche Beweismittel es als glaubwürdig und unbedenklich beurteilte (§ 258 Abs. 2 StPO). Entgegen der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten A*** haftet dem Urteil in Ansehung des diesen Angeklagten betreffenden Gesamtschadens weder eine unvollständige noch eine offenbar unzureichende Begründung an, die der Beschwerdeführer darin erblickt, daß bei der Schadensfeststellung eine Unterteilung zwischen Reparaturkosten und "Leihwagenkosten" unterblieben sei; da Versicherungsnehmer bei Abschluß einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung auf die Inanspruchnahme eines Mietwagens üblicherweise verzichten, wäre eine derartige Differenzierung zur Beurteilung der Frage, ob dem Angeklagten A*** auch mit Beziehung auf erlistete Mietwagenkosten ein "doloses Verhalten" angelastet werden könne, erforderlich gewesen. Die Beschwerde übersieht jedoch, daß der Angeklagte A***, der bereits im Vorverfahren zugegeben hat, daß die fingierten Unfälle und die darauf aufgebauten Schadensmeldungen an die Versicherungen mit dem Angeklagten S*** "besprochen" worden seien (insbesondere S 263 f/Bd III), und zudem schon damals (insbesondere hinsichtlich der Schuldspruchfakten A/I/3/h/aa und A/I/3/h/f) von "Leihwagenkosten" bzw einer "Mietwagenrechnung" gesprochen hat (S 272/Bd III, 67/Bd VI), sein umfassendes Geständnis in der Hauptverhandlung wiederholt und den Inhalt der Anklageschrift ausdrücklich als "richtig" bezeichnet hat (S 29/Bd XIII). Der von der Beschwerde behauptete Begründungsmangel (bzw ein "Rumpfurteil") liegt daher in Wahrheit nicht vor.

Dies gilt gleichermaßen für den vom Angeklagten J*** unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Begründung erhobenen Beschwerdeeinwand, es sei nicht entsprechend berücksichtigt worden, daß ihm das (bloße) Herausgeben von Blankoschadensmeldungen lediglich erkennen habe lassen, daß er dadurch "einen zivilrechtlichen, jedenfalls schadensbegründenden Beitrag zu dem dann eingetretenen Schaden geleistet" habe. Denn die Beschwerde übergeht auch dabei, daß die Feststellungen des Schöffengerichts zur subjektiven Tatseite, nämlich eines Handelns des Angeklagten J*** mit Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz, außer in seinen Angaben im Vorverfahren (vgl insbesondere S 69 ff/Bd IV), vor allem in dem in der Hauptverhandlung nach dem Vortrag der Anklage abgelegten Geständnis (S 30 f/Bd XIII), wo er keinen Zweifel daran ließ, gewußt zu haben, daß seine (Blanko-)Unterschriften für unrechte Dinge verwendet würden und dies mit seiner damaligen schlechten Wirtschaftslage erklärte, eine zureichende Stütze finden. Soweit der Angeklagte J*** das bezügliche Vorbringen auch unter dem Gesichtspunkt eines Feststellungsmangels (Z 9 lit a) geltend macht, übergeht er die gegenteiligen Urteilsfeststellungen und bringt solcherart den bezeichneten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.

Auch die Ausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5 a), die im wesentlichen gleichfalls auf jene Argumente zurückgreifen, die bereits in der Mängelrüge unter dem Aspekt einer offenbar unzureichenden Begründung vorgebracht wurden, sind nicht geeignet, bei der gegebenen Sachlage nach allgemeiner menschlicher Erfahrung, also intersubjektiv, schwerwiegende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidungswesentlichen Tatsachen aufkommen zu lassen. Die Beweiswürdigung des erkennenden Schöffengerichts, gegen die sich die Rüge in Wahrheit richtet, ist aber - nach wie vor - einer Anfechtung entzogen.

Schließlich wird mit dem Einwand, das Schöffengericht habe zu Unrecht das Vorliegen "mehrerer Straftaten" angenommen, auch keine Urteilsnichtigkeit im Sinn der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO dargetan; kann doch angesichts des hier in mehreren Angriffen begangenen Betruges in der Annahme der Wiederholung der Betrugshandlungen als Erschwerungsgrund weder eine offenbare unrichtige Beurteilung einer für die Strafbemessung maßgebenden entscheidenden Tatsache noch ein unvertretbarer Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung erblickt werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren somit als offenbar unbegründet, jene des Angeklagten J*** teils auch als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß über die Berufungen der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu erkennen haben wird (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E19926

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0140OS00018.9.0220.000

Dokumentnummer

JJT_19900220_OGH0002_0140OS00018_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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