TE OGH 1990/5/17 8Ob587/90

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Veröffentlicht am 17.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Klinger, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Johann E***, geboren am 29. Juli 1945, infolge Revisionsrekurses der Maria E***, 5723 Uttendorf, Quettensberg 7, vertreten durch Dr. Gerhardo Mory, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 28. März 1990, GZ 22 a R 35/90-90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mittersill vom 14. Feber 1990, GZ SW 38/84-87, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der am 29.7.1945 geborene Johann E*** wurde im Jahre 1973 wegen Geistesschwäche voll entmündigt. Der damals für ihn zum Kurator bestellte Helmut K*** ist im Sinne der Bestimmungen des Sachwalterschaftsgesetzes BGBl 1983/136 nunmehr Sachwalter des Betroffenen.

Mit dem erstgerichtlichen Beschluß ON 72 wurden seinerzeit die Anträge der Mutter des Betroffenen,

1. den Sachwalter Helmut K*** seines Amtes zu entheben und einen anderen Sachwalter zu bestellen, gegebenenfalls die Antragstellerin als Sachwalterin zu betrauen; 2. dem neu zu bestellenden Sachwalter sachwalterbehördlich den Auftrag zu erteilen, die zur zweckentsprechenden Geltendmachung der Ansprüche des Betroffenen gegenüber Franz E*** aus dem Ausgedinge vom 17.8.1973 erforderlichen, rechtlichen Schritte zu unternehmen; 3. in eventu dem neu zu bestellenden Sachwalter aufzutragen, alle zur Geltendmachung von Schadenersatzforderungen gegenüber dem bisherigen Sachwalter Helmut K*** im Zusammenhang mit dem Abschluß des Vergleiches vom 25. Jänner 1977 zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen rechtlichen Maßnahmen zu unternehmen;

4. auf Zustellung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung an den Betroffenen zu Handen von Rechtsanwalt Dr. Gerhardo Mory als Rechtsvertreter der Mutter Maria E***, falls der Vergleich des Bezirksgerichtes Mittersil vom 25.1.1977, C 24/76, tatsächlich pflegschaftsbehördlich genehmigt worden sein sollte, mangels Antragslegitimation der Mutter des Betroffenen zurückgewiesen. Weiters wies das Erstgericht zu ON 74 ua einen Antrag der Mutter des Betroffenen, den Sachwalter zu entheben und sie zum neuen Sachwalter zu bestellen, unter Hinweis auf die zu ON 72 gegebene Begründung ebenfalls mangels Antragslegitimation der Mutter zurück.

Dem dagegen von der Mutter des Betroffenen erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit Beschluß ON 77 nicht Folge. Es billigte die erstgerichtliche Antragsabweisung mit der Begründung, daß sie sich zu Unrecht als Vertreterin des Betroffenen geriere und ihr gegen die Zurückweisung ihrer Anträge ein Rekursrecht nicht zustehe, weil § 249 Abs 2 AußStrG iVm mit § 251 AußStrG das Rechtsmittel des Rekurses im Sachwalterschaftsverfahren nur dem Betroffenen, seinem Vertreter und dem bestellten Sachwalter einräume.

In seiner Entscheidung ON 80 prüfte der von der Mutter des Betroffenen mit Revisionsrekurs gemäß § 16 aF AußStrG angerufene Oberste Gerichtshof unter dem Rechtsmittelgrund der Nichtigkeit die verfahrensrechtliche Frage einer selbständigen Antragsberechtigung eines nahen Angehörigen des von der Sachwalterbestellung Betroffenen. Der Oberste Gerichtshof kam zur Verneinung eines solchen Antragsrechtes und damit zur Zurückweisung des Rechtsmittels und begründete dies wie folgt: "In den §§ 236 ff AußStrG, die das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters regeln, wozu auch die Auswahl der Person desselben gehört (NZ 1986, 131) ist nur ein Antragsrecht des Betroffenen selbst, nicht aber dritter Personen - also auch nicht der in § 281 ABGB primär als Sachwalter in Betracht kommenden nahestehenden Personen - vorgesehen. Durch die materiellrechtliche Bestimmung des § 281 ABGB wird aber nach der der Absicht des Gesetzgebers (1420 Blg.NR 15. GP, 2) und der Lehre (Ent-Hopf, Sachwalterrecht 84; Maurer, Sachwalterrecht in der Praxis 109) folgenden Rechtsprechung (NZ 1986, 131; 7 Ob 725/87) kein subjektives Recht solcher nahestehenden Personen auf Bestellung zum Sachwalter begründet. § 249 Abs 2 AußStrG sieht auch kein Rechtsmittelrecht solcher Personen im Sachwalterbestellungsverfahren vor. Aus all dem folgt, daß der Mutter des Betroffenen mangels eigenen Antragsrechtes keine Parteistellung (Kremzow, Österreichisches Sachwalterrecht 85) zukommt. Sie hat daher auch keinen Anspruch auf Entscheidung über ihre Anträge (NZ 1986, 131; Maurer, Sachwalterrecht 110). Vielmehr ist sie lediglich berechtigt, Anregungen an das Pflegschaftsgericht zu richten, die dieses im Rahmen seines amtswegigen Verfahrens sachgerecht zu berücksichtigen hat."

Mit Schriftsatz vom 13.7.1986 ON 82 hat die Mutter des Betroffenen unter Vorlage eines Entwurfes einer Klage des Betroffenen gegen seinen Sachwalter "angeregt, es wolle 1. zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung der im beiliegenden Klageentwurf ausgewiesenen Schadenersatzforderungen des Betroffenen der bisherige Sachwalter seines Amtes enthoben und ein neuer Sachwalter bestellt, in eventu ein Kollisionskurator bestellt werden, 2. es wolle die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung zur Einbringung der beiliegenden Schadenersatzklage gegen den derzeitigen Sachwalter des Betroffenen, Helmut K***, erteilt werden".

Weiters beantragte die Mutter des Betroffenen mit Schriftsatz vom 25.1.1990, ON 85 "1. es wolle das gegenständliche Sachverhaltsvorbringen einschließlich des in der beiliegenden Klage vom 22. Juni 1989 enthaltenen Vorbringens im Sinne der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 11.5.1989, 8 Ob 678,679/88 als Anregung zur Kenntnis genommen und gemäß dieser Anregung vorgegangen werden, 2. es wolle für den Betroffenen zum Zwecke der Einbringung einer Schadenersatzklage gegenüber seinem Sachwalter Helmut K*** gemäß dem beigeschlossenen Klagsentwurf dem Betroffenen ein Kollisionskurator bestellt werden und es wolle dem Betroffenen darüber hinaus auch zum Zwecke der Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gegenüber der Republik Österreich im Zusammenhang mit dem vor dem Bezirksgericht Mittersill abgeschlossenen Vergleich gleichfalls ein Kollisionskurator bestellt werden." Gleichzeitig verwies die Mutter des Betroffenen auf "ein aus dem Familienrechtsverhältnis entspringendes Recht, als alleinerziehende und den Betroffenen allein betreuende Angehörige darüber informiert zu werden, welche Aktivitäten das Gericht im Zusammenhang mit den dem Betroffenen zustehenden Schadenersatzansprüchen gegenüber seinem Sachwalter Helmut K*** seit Einbringung der Eingabe vom 11.7.1989 entfaltet" habe.

Das Erstgericht wies mit Beschluß ON 87 die "Anträge" der Mutter auf pflegschaftsbehördliche Genehmigung der vorgelegten Klage und auf Bestellung eines Kollisionskurators für den Betroffenen zurück. Es kam nach amtswegiger Überprüfung des gesamten Sachverhaltes zur Ansicht, daß den Anregungen der Mutter des Betroffenen nicht zu folgen sei.

In ihrem gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs beantragte die Mutter des Betroffenen die Abänderung dahin, daß für ihn ein Kollisionskurator bestellt werde.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht dem Rechtsmittel nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Es verwies auf die Ausführungen des Obersten Gerichtshofes im Beschluß ON 80, wonach der Mutter des Betroffenen im Verfahren keine Parteistellung zukomme, sie vielmehr nur berechtigt sei, Anregungen an das Pflegschaftsgericht zu richten. In diesem Sinne habe das Erstgericht zwar das neue Vorbringen der Mutter des Betroffenen überprüft, deren Antragslegitimation aber zu Recht verneint. Da der Rechtsfrage der Antragslegitimation naher Angehöriger des Betroffenen im Sachwalterschaftsverfahren erhebliche Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zukomme, der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluß ON 80 hiezu aber nur im Rahmen der Anfechtungsgründe des § 16 aF AußStrG Stellung genommen habe, sei gemäß § 13 Abs 1 Zif. 3 AußStrG die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses gegen den rekursgerichtlichen Beschluß auszusprechen gewesen.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhebt die Mutter des Betroffenen Revisionsrekurs mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Bestellung eines Kollsionskurators für den Betroffenen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Rechtsmittelwerberin bringt vor, aus den im einzelnen angeführten, auch schon vor dem Erstgericht vorgetragenen Gründen sei die Einbringung von Schadenersatzklagen des Betroffenen gegen seinen Sachwalter sowie gegen die Republik Österreich und zu diesem Zwecke die Bestellung eines Kollisionskurators für den Betroffenen erforderlich. Zu einer diesbezüglichen Antragstellung müsse die Mutter des Betroffenen als dessen nächste Angehörige berechtigt sein.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig und daher zurückzuweisen:

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seinem Beschluß 8 Ob 678,679/88 vom 11.5.1989, ON 80, ausdrücklich - siehe die oben wiedergegebenen Darlegungen - erklärt, daß der Mutter eines Betroffenen im Sachwalterschaftsverfahren mangels eines eigenen Antragsrechtes keine Parteistellung zukommt. Er hat diese Rechtsansicht ausführlich begründet. Der Umstand, daß diese Rechtsausführungen im Rahmen der Behandlung des Anfechtungsgrundes der Nichtigkeit im Sinne des § 16 AußStrG erfolgten, ist entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ohne Belang. Da es zur hier entscheidenden verfahrensrechtlichen Frage somit an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht fehlt und das Rekursgericht von der oberstgerichtlichen Rechtsansicht auch nicht abgewichen ist, liegen die Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht vor. Der gegenteilige rekursgerichtliche Ausspruch ist gemäß § 16 Abs 3 AußStrG, § 508 a Abs 1 ZPO für den Obersten Gerichtshof nicht bindend.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E21010

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00587.9.0517.000

Dokumentnummer

JJT_19900517_OGH0002_0080OB00587_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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