TE OGH 1990/8/8 11Os69/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.08.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.August 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hassenbauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ramadan S*** wegen des Verbrechens nach den §§ 12 Abs 1, Abs 3 Z 3 SGG; 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.Mai 1990, GZ 6 e Vr 4138/90-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Tschulik und des Verteidigers Dr. Bernhauser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1.März 1961 geborene jugoslawische Staatsangehörige Ramadan S*** des Verbrechens nach den §§ 12 Abs 1, Abs 3 Z 3 SGG und 15 StGB schuldig erkannt. Darnach setzte er in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift durch Verkauf in Verkehr bzw. versuchte Suchtgift durch Bereithalten eines Vorrates zum Zweck des Verkaufes an ihm bereits bekannte Abnehmer in Verkehr zu setzen, wobei die Suchtgiftmenge die im § 12 Abs 1 SGG genannte um das Fünfundzwanzigfache überschritt, und zwar, indem er I./ in der Zeit zwischen Anfang Jänner und Anfang Februar 1990 zumindest 20 g Heroin an den gesondert verfolgten Harald D*** (richtig: D***) sowie zumindest 30 g Heroin an den gesondert verfolgten Andreas M*** verkaufte; II./ zwischen Anfang Jänner und dem 8.Februar 1990 einen Suchtgiftvorrat von weiteren 100 g Heroin zum Verkauf bereithielt.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil wird vom Angeklagten ausschließlich im Schuldspruch zu Punkt II./ des Urteilssatzes mit einer auf die Z 5, 5 a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

In seiner Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer zunächst, das Erstgericht wäre auf Grund einer unrichtigen Wiedergabe des Inhalts seiner Einlassungen vor der Sicherheitsbehörde und vor dem Untersuchungsrichter zu der zu seinem Nachteil ausschlagenden (unzutreffenden) Auffassung gelangt, daß er erst in der Hauptverhandlung von seiner bis dahin geständigen Verantwortung abgewichen sei.

Damit interpretiert der Angeklagte jedoch seine Verantwortung im Vorverfahren einseitig und läßt maßgebendes Vorbringen der im gegenständlichen Verfahren als Zeugen vernommenen Suchtgiftabnehmer Harald D*** und Andreas M*** unberücksichtigt:

Der Angeklagte deponierte bereits vor der Polizei, den Bezug der erwähnten zum Weiterverkauf bestimmten Menge von 100 g Heroin von dem Umstand abhängig gemacht zu haben, daß ihm zu diesem Zeitpunkt bereits seinerseits ein Abnehmer zur Verfügung stünde und gab darüber hinaus an, dem von ihm schon mehrmals belieferten Harald D*** auch von dem Suchtgiftvorrat von 100 g Heroin eine geringe Teilmenge überlassen zu haben (AS 59 und 61). Mag ihm bei der Quantifizierung dieser Teilmenge auch ein Irrtum unterlaufen sein, so konnten bei ihm jedenfalls nicht mehr 100 g, sondern nur noch 95 g Heroin sichergestellt und in der Folge analysiert werden (AS 157). Da der Angeklagte dieses Vorbringen vor dem Untersuchungsrichter in seiner Gesamtheit ausdrücklich aufrechterhielt (AS 100 ff) und bloß die beiden angeführten Zeugen nicht expressis verbis als bereits feststehende Abnehmer des Heroinvorrats bezeichnete, konnte das Erstgericht nach Lage des Falles auch ihre geplante Belieferung (mit dem Suchtgift) als erwiesen annehmen und demgemäß die bezughabende ursprüngliche Einlassung des Angeklagten als Geständnis beurteilen; dies umso mehr, als Harald D*** und Andreas M*** die Fortsetzung ihrer laufenden (Suchtgift-) Kontakte zum Angeklagten auch nach ihrer Belieferung mit (insgesamt) zunächst 50 g Heroin nicht in Abrede stellten.

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht war ferner der Umstand nicht erörterungsbedürftig, daß diese beiden Zeugen dem Angeklagten bei den vorangegangenen Suchtgiftkäufen nur einen Teil des Preises bar auszahlten und den Rest schuldig blieben, hatte doch die Belieferung mit den erwähnten 50 g Heroin beiderseits nicht als Barkauf, sondern als "Kommissionsgeschäft" gegolten (AS 37 und 59). In Anbetracht dieser Beweisergebnisse wurde vom Erstgericht mit dem Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten im Vorverfahren und auf die Angaben der Zeugen unter besonderer Hervorhebung des ununterbrochenen Fortbestandes der gegenseitigen Kontakte ohne Vernachlässigung maßgebender Verfahrensergebnisse denkmöglich und ausreichend dargetan, auf Grund welcher Erwägungen es die in der Hauptverhandlung erstmals vorgebrachte Verantwortung des Angeklagten, noch keine Abnehmer für die 100 g Suchtgift gekannt und keine weitere Belieferung der beiden Zeugen mangels Begleichung der noch offenen Kaufpreisreste ins Auge gefaßt zu haben, für widerlegt erachtete.

Damit vermag der Angeklagte, der seine Beschwerdeeinwendungen zur Mängelrüge auch als - nur durch die Behauptung des Fehlens von Angaben der beiden vorerwähnten Zeugen über ausführungsnahe Versuchshandlungen ergänztes - Vorbringen unter dem Gesichtspunkt der Tatsachenrüge (Z 5 a) verstanden wissen will, auch keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.

Mit seiner auf die Beurteilung des gegenständlichen Tatverhaltens als bloßes Vergehen nach dem § 14 a SGG abzielenden Subsumtionsrüge (Z 10) ist der Angeklagte gleichfalls nicht im Recht:

Für die Abgrenzung zwischen (strafloser bzw. gelinder bestrafter) Vorbereitungshandlung (§ 14 a SGG) und strafbarem Versuch (im Sinn des § 15 Abs 2 StGB) kommt es darauf an, ob das Täterverhalten, das nicht schon bis zur Erfolgsnähe gediehen sein muß, unter Berücksichtigung der deliktsspezifischen Besonderheiten bereits den Beginn der Ausführung der geplanten Straftat darstellt oder nach seiner aktionsmäßigen und zeitlichen Beziehung zur Ausführung zumindest doch im nahen Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung gelegen ist. Maßgeblich für das Vorliegen der Ausführungsnähe als Grenze zwischen Versuchs- und Vorbereitungshandlung ist zunächst in subjektiver Hinsicht der Tatplan des Täters. Darnach ist ein Täterverhalten subjektiv dann als ausführungsnah zu beurteilen, wenn es in ein Stadium tritt, in welchem der Täter die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung bereits überwunden hat. Inwieweit das Täterverhalten auch objektiv der Tatausführung unmittelbar vorangeht, ist jeweils konkret an Hand der dem betreffenden Tatbild entsprechenden Ausführungshandlung zu prüfen (vgl. dazu insbesondere Leukauf-Steininger, StGB2, RN 6, 8 und 9 zu § 15 samt der dort jeweils zitierten Judikatur; ferner Kienapfel AT, Z 21 RN 20).

Ausgehend von diesen Kriterien sind Handlungen, die auf das Inverkehrsetzen von Suchtgift abzielen, dann bereits als ausführungsnahe Betätigung des Tatentschlusses und damit als Versuchsbeginn im Sinn der §§ 15 StGB und 12 SGG einzustufen, wenn dadurch der Verbreitungsvorgang bereits real eingeleitet wird und die Weitergabe des Suchtgiftes nach Lage des Falles in relativ naher Zeit folgen soll. Handelt es sich - wie hier - bei den in Aussicht genommenen Abnehmern um von vornherein bekannte und noch dazu bereits durch einen früheren einschlägigen Kauf in Erscheinung getretene Personen, an welche das Suchtgift nach dem Vorhaben des Täters (der daran nach den Urteilsannahmen nur durch die Sicherstellung des Heroins gehindert wurde) umgehend weitergegeben werden soll, liegt nicht eine bloße Bevorratung, sondern vielmehr eine ausführungsnahe, lediglich durch die Eigentümlichkeit des Verteilungsvorganges technisch bedingte Zwischenlagerung des Suchtgiftes vor. Damit war aber - ohne daß es zusätzlicher Verkaufsgespräche bedurft hätte - bereits das Versuchsstadium erreicht. Die Zurechnung des vom Schöffengericht festgestellten Tatverhaltens als im Sinn des § 15 StGB strafbarer Versuch des Verbrechens nach dem § 12 SGG erweist sich daher als rechtsrichtig (vgl. SSt. 46/22; EvBl 1981/104; JBl. 1990, 332 ua). Die Strafzumessungsrüge schließlich (Z 11) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil der Angeklagte insoweit nicht an den bezughabenden Urteilsannahmen festhält, sondern - abweichend von seiner Primäreinlassung vor der Polizei, wonach er sich mangels eines regelmäßigen Einkommens während der Wintermonate Geld durch die inkriminierten Suchtgiftgeschäfte verschaffen wollte (AS 61 iVm AS 14) - bloß in Abrede stellt, daß es sich bei dem sichergestellten und gemäß dem § 13 Abs 1 SGG "eingezogenen" (richtig: gemäß dem § 13 Abs 2 SGG für verfallen erklärten) Geldbetrag von 14.850 S um einen Teilerlös aus dem Weiterverkauf der erwähnten Menge von 50 g Heroin handle.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 12 Abs 3 SGG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es die "reine Gewinnsucht" als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Geständnis sowie den Beitrag des Angeklagten zur Wahrheitsfindung (Herausgabe des versteckten Suchtgiftes), den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und den Umstand, daß es im Faktum II beim Versuch geblieben ist, als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt Ramadan S*** die Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf "maximal" drei Jahre, die bedingte Nachsicht eines Teiles hievon gemäß dem § 43 a Abs 3 StGB sowie die Aufhebung des den Suchtgifterlös von 14.850 S betreffenden Verfallsausspruches an.

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Erstgericht stellte die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig fest und würdigte sie auch zutreffend. Der Angeklagte, der selbst nicht süchtig ist und aus bloßem Gewinnstreben mit Heroin handelte, vermochte keine Umstände darzutun, die sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen. Die Behauptung in der Berufung, daß er zur Tatzeit noch nicht 21 Jahre alt gewesen sei, ist nicht aktengetreu. Die in erster Instanz zuerkannte Freiheitsstrafe entspricht dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, dem Verschuldensgrad des Angeklagten und nimmt überdies auf die bei Delikten gegen die Volksgesundheit mit in Betracht zu ziehenden Belange der Generalprävention gebührend Bedacht. Für eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe besteht kein Anlaß.

Da der Verfall des Suchtgifterlöses im Gesetz zwingend vorgesehen ist, geht das Berufungsbegehren auch insofern ins Leere. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E21284

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00069.9.0808.000

Dokumentnummer

JJT_19900808_OGH0002_0110OS00069_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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