TE OGH 1990/9/27 8Ob641/90

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Veröffentlicht am 27.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Walter G***, Angestellter, Hubring 52, CH-8303 Bassersdorf, 2.) Maria G***, Hausfrau, ebendort, beide vertreten durch Dr.Gerald Hauska und Dr.Herbert Matzunski, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) Josef O***, Angestellter, Unterdorf 115, 6135 Stans, 2.) Rita O***, Hausfrau, ebendort, beide vertreten durch Dr.Markus Komarek und Dr.Franz Span, Rechtsanwälte in Hall in Tirol, wegen Aufkündigung, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 8. Mai 1990, GZ 3a R 169/90-16, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Schwaz vom 3.Jänner 1990, GZ 2 C 1459/89i-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien die mit S 4.688,56 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 781,43 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger haben den Beklagten mit Mietvertrag vom 1.11.1981 die nunmehr gekündigte Wohnung auf unbestimmte Zeit unter Vereinbarung einer dreimonatigen Kündigungsfrist vermietet. In der am 25.8.1989 beim Erstgericht eingelangten Kündigung verwiesen sie darauf, daß das gekündigte Bestandverhältnis keinen Kündigungsbeschränkungen unterliege, weil das Bestandobjekt nach dem 31.12.1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu geschaffen und eine Anwendbarkeit der Kündigungsbeschränkungen des § 19 MG nicht vereinbart worden sei. Die beklagten Parteien hätten ein Anbot im Sinne des § 49 Abs 2 MRG nicht angenommen.

Dagegen brachten die beklagten Parteien in ihren Einwendungen vor, es sei ihnen kein befristetes Mietverhältnis angeboten worden, das Schreiben vom 28.5.1982 stamme nur vom Erstkläger und entspreche nicht den im § 49 Abs 2 MRG normierten Formvorschriften. Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und verurteilte die Beklagten zur Räumung des Bestandobjektes. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Das Haus Stans, Unterdorf 115, mit dem 120 m2großen Bestandobjekt wurde ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel nach dem Jahre 1973 erbaut. Die Vertragsverhandlungen zum Abschluß des Mietvertrages vom 1.11.1981 hatte der Erstkläger auch im Namen seiner Ehefrau, der Zweitklägerin, geführt. Nach Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes begab sich der Erstkläger im Mai 1982 mit einem vorbereiteten Schreiben zu den Beklagten, in welchem unter Hinweis auf die Bestimmung des § 49 Abs 2 MRG ein befristetes Hauptmietverhältnis angeboten und darauf hingewiesen wurde, daß für den Fall der Nichtannahme dieses Angebotes binnen 6 Monaten nicht die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG, sondern die seinerzeit im Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen gelten sollten. Für die Einsetzung eines Endtermines war im Text des Schreibens die diesbezügliche Stelle offen gelassen worden, um Terminwünsche der Beklagten berücksichtigen zu können; mündlich schlug der Erstkläger dem Erstbeklagten eine fünfjährige Befristung vor. Die beiden Beklagten besprachen diesen Vorschlag und kamen zum Ergebnis, daß sie kein befristetes Mietverhältnis wünschten. Im Einverständnis mit der Zweitbeklagten teilte der Erstbeklagte dem Erstkläger am folgenden Tage dieses Ergebnis mit und bestätigte gleichzeitig schriftlich, dieses Angebot eines befristeten Hauptmietverhältnisses erhalten zu haben.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, das Angebot der Kläger an die Beklagten zum Abschluß eines schriftlichen Zeitmietvertrages entspreche in der vorliegenden Form den gesetzlichen Bestimmungen des § 49 Abs 2 MRG und die Erklärung der Beklagten, kein befristetes Mietverhältnis zu wünschen, beseitige für das gegenständliche Mietverhältnis die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG, weshalb die Kündigung ohne Anführung von Kündigungsgründen dem Gesetz entsprechend erfolgt sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und erklärte die Revision für zulässig. Es übernahm die erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen als unbedenklich und hielt auch die Rechtsrüge nicht für gerechtfertigt. Hiezu führte es aus:

Entgegen der Ansicht der Berufungswerber normiere § 49 Abs 2 MRG kein Formerfordernis für das Anbot eines befristeten Hauptmietvertrages, sodaß diese Anbot mündlich oder schriftlich erfolgen könne. Lediglich der Abschluß eines Zeitmietvertrages im Sinne des § 29 Abs 1 Z 3 a MRG müsse schriftlich erfolgen. Somit habe im vorliegenden Fall das mündliche Angebot des Erstklägers, ein solches auf die Dauer von fünf Jahren abzuschließen, genügt. Tatsächlich sei hier mit dem Schreiben vom 28.5.1982 auch ein schriftliches Anbot erstellt worden, durch dessen Unterschrift bereits der Zeitmietvertrag unter Bedachtnahme auf die vorgeschlagene fünfjährige Befristung zustande gekommen wäre. Dieses vom Erstkläger im Auftrage auch der Zweitklägerin wirksam gestellte Anbot sei von den Beklagten ausdrücklich abgelehnt worden. Im Sinne des § 49 Abs 2 MRG hätten somit die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG für dieses Bestandverhältnis keine Geltung. Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erheben die Beklagten eine auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Aufhebung der Kündigung und Abweisung des Räumungsbegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht gerechtfertigt. Die Revisionswerber vertreten die Rechtsansicht, für das Anbot im Sinne des § 49 Abs 2 MRG gelte ebenso wie für den Abschluß eines Zeitmietvertrages gemäß § 29 Abs 1 Z 3 a MRG das Formerfordernis der Schriftlichkeit. Es habe Warn- und Aufklärungsfunktion und diene der Sicherung und Erleichterung des Beweises der vereinbarten Befristung des Mietverhältnisses. Das Schreiben der Kläger habe keinen Endtermin enthalten und sei von der Zweitklägerin nicht unterfertigt gewesen. Die Unterfertigung einer Urkunde im Sinne des § 29 Abs 1 Z 3 a MRG müsse durch alle Vertragsteile erfolgen, auch für die Annahmeerklärung der Mieter gelte Schriftlichkeit, und dieses Erfordernis habe zur Folge, daß auch die Bevollmächtigung des Erstklägers durch die Zweitklägerin hätte schriftlich erfolgen müssen.

Den Revisionsausführungen kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 49 Abs 2 MRG gelten dann, "wenn in einem vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (1.1.1982) geschlossenen Hauptmietvertrag über einen Mietgegenstand, der nach dem 31.12.1967 durch Neu-, Um-, Auf-, Ein- oder Zubau ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu geschaffen worden ist und wenn weder die Anwendbarkeit der Kündigungsbeschränkungen des § 19 MG noch eine Bestanddauer vereinbart wurde, die über den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes hinaus wirksam ist, für diesen Hauptmietvertrag die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG, soferne es der Vermieter bis 30.6.1982 unterläßt, dem Hauptmieter einen befristeten Hauptmietvertrag nach § 29 Abs 1 Z 3 a MRG anzubieten, der zumindest bis 31.12.1984 wirksam ist; nimmt der Hauptmieter ein diesbezügliches Anbot des Vermieters binnen sechs Monaten nach dem Zugang des Anbotes nicht an und wird auch keine andere Vereinbarung über die Bestanddauer geschlossen, so gelten für dieses Hauptmietverhältnis die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG nicht."

Nach dieser Gesetzesstelle ist somit der Vermieter unter den dargestellten Voraussetzungen berechtigt, dem Hauptmieter ein Anbot auf Abschluß eines befristeten Hauptmietvertrages nach § 29 Abs 1 Z 3 a MRG mit der Mindestdauer bis zum 31.12.1984 zu stellen. Für den Abschluß eines solchen gilt nach der ausdrücklichen Anordnung der letztgenannten Bestimmung das Formerfordernis der Schriftlichkeit, für das bloße Anbot eines solchen Abschlusses stellt das Gesetz hingegen im Sinne der zutreffenden, auch auf Derbolav in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz 457, gegründeten Ansicht des Berufungsgerichtes kein Formerfordernis auf. Es obliegt dem in der Folge den Mangel einer Kündigungsbeschränkung behauptenden Vermieter, zu beweisen, daß er ein solches Anbot an den Mieter gestellt und dieses nicht (rechtzeitig) angenommen wurde. Der Nachweis eines Abschlusses wird durch den schriftlichen Hauptmietvertrag erbracht. Wird das Angebot schriftlich gestellt und entspricht es den vom Gesetz geforderten inhaltlichen Voraussetzungen, so wird durch seine Unterfertigung durch alle Vertragsteile bereits ein solcher befristeter Hauptmietvertrag im Sinne des § 29 Abs 1 Z 3 a MRG abgeschlossen. Bei einem bloß mündlichen Angebot bedarf es der fristgerechten Annahme dieses Angebotes durch den Mieter und sodann des Abschlusses eines schriftlichen Vertrages im Sinne des § 29 Abs 1 Z 3 a MRG. Im vorliegenden Fall wurde nach den Feststellungen vom Erstkläger im Auftrage auch der Zweitklägerin ein solches Anbot mündlich und, wenngleich unvollständig, auch schriftlich gestellt und die Beklagten haben zugegebenermaßen dessen Annahme ausdrücklich abgelehnt. Demgemäß ist der Abschluß eines schriftlichen Hauptmietvertrages im Sinne des § 29 Abs 1 Z 3 a MRG unterblieben. Das zwischen den Streitteilen begründete Bestandverhältnis konnte daher im Hinblick auf das Vorliegen der vom Gesetz geforderten sonstigen Voraussetzungen ohne Bedachtnahme auf die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG aufgekündigt werden. Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E21991

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00641.9.0927.000

Dokumentnummer

JJT_19900927_OGH0002_0080OB00641_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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