TE OGH 1991/4/9 11Os25/91

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Veröffentlicht am 09.04.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Springer als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter P***** ua wegen des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2 (2. Fall) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Sigmund G***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 29. November 1990, GZ 12 Vr 584/89-204, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, des Angeklagten Sigmund G***** und des Verteidigers Dr. Willenig, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Sigmund G***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua der Angestellte Sigmund G***** des Vergehens nach dem § 123 GmbHG als Beteiligter nach dem § 12, dritter Fall, StGB (Punkt II. des Urteilssatzes) sowie des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB, teilweise als Beteiligter nach dem § 12, dritter Fall, StGB (IV. und V.) schuldig erkannt.

Die auf die Ziffern 4, 5, 5 a und 9 (lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Sigmund G***** richtet sich (lediglich) gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB laut Punkt V. des Urteilssatzes.

Insoweit liegt Sigmund G***** zur Last, daß er als Leiter der Buchhaltung und des Rechnungswesens der Firma T***** Fleischwarenindustrie- und Handelsgesellschaft mbH die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbrauchte und dadurch der Firma T***** einen Vermögensnachteil zufügte, indem er

a) vom 29.Februar 1984 bis zum 13.März 1986 in sieben Fällen Kopien bereits bezahlter Rechnungen von Zulieferfirmen verbuchte, dadurch Warenlieferungen vortäuschte, für die Rechnungsbeträge Verrechnungsschecks auf Order der Zulieferfirma ausstellte und die Schecks in der Folge bei der ÖSTERREICHISCHEN L*****BANK und der V***** SPARKASSE in V***** bar einlöste bzw. auf sein Konto überweisen ließ, wodurch der Firma T***** ein Schaden von insgesamt 4,076.731 S entstand,

b) am 1.März 1984 bzw. am 19.Februar 1985 zwei Inhaberschecks mit dem Vermerk "Nur zur Verrechnung" seinem Konto gutschreiben ließ, wodurch der Firma T***** ein Schaden von 200.000 S entstand und

c) am 15.Mai 1985 vom Konto der Firma T***** einen Betrag von 1 Mio S als kurzfristiges Darlehen auf sein Konto bei der ÖSTERREICHISCHEN L*****BANK, Filiale V*****, überweisen ließ (Schaden durch Zinsenentgang 4.722 S).

Dem dieses Schuldspruchfaktum V. betreffenden Beschwerdevorbringen liegt zu allen vier angeführten Nichtigkeitsgründen vorerst die Behauptung des Beschwerdeführers zugrunde, es wäre ihm gegen die Firma T***** zumindest in der Höhe des ihm eingestandenermaßen zugekommenen Betrages von 474.133 S ein Anspruch auf Überstundenentgelt zugestanden. Die Tatsachenrüge (Z 5 a) bezieht sich darüber hinaus auf die Frage, "ob der Mitangeklagte (Geschäftsführer der Firma T*****) P***** Kenntnis von der Behebung von Barbeträgen mittels Verrechnungsschecks durch den Angeklagten hatte oder nicht und ob diesem die Beträge auch zugeflossen sind". In der Verfahrens- und Mängelrüge (Z 4 und 5) macht der Beschwerdeführer zudem geltend, daß seinen Privatschulden auch ein Privatvermögen gegenübergestanden sei, so daß von einer Überschuldung nicht gesprochen werden könne.

Die Einwendungen versagen.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend maß das Erstgericht bei der Beurteilung der Untreuehandlungen der Frage der Aufrechnung mit einem allfälligen Anspruch des Beschwerdeführers auf Entlohnung für Überstunden keine entscheidende Bedeutung bei. Ebensowenig wie ein präsenter Deckungsfonds nimmt eine Forderung des Täters (Machthabers) gegen den Machtgeber der Untreue die Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit (vgl. § 1440 Satz 2 ABGB sowie je zu § 153 StGB:

Liebscher im WK Rz 32 ff; Kienapfel BT II2 RN 73;

Mayerhofer-Rieder3 ENr. 66 f; JBl. 1991, 53 ua). Von einem Mangel der inneren Tatseite - Wissentlichkeit (§ 5 Abs. 3 StGB) des Vollmachtsmißbrauchs bzw. schlichter Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) der Vermögensschädigung - kann selbst im Fall des Bestehens einer (fälligen) Gegenforderung nicht die Rede sein, wenn es dem Täter am Aufrechnungswillen fehlt und er einen solchen erst nachträglich - wie hier (siehe S 42 der Urteilsausfertigung) in einem noch dazu sehr späten Stadium des Strafverfahrens - erklärt (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 68).

So gesehen gehen sämtliche Beschwerdeeinwendungen zur Frage eines Überstundenentgeltanspruches des Beschwerdeführers unter allen geltend gemachten Nichtigkeitsgründen ins Leere; abgesehen davon, daß auch bei Berücksichtigung der behaupteten Ansprüche für Überstundenleistung (474.133 S) die strafbestimmende Wertgrenze des § 153 Abs. 2, zweiter Fall, StGB (500.000 S) um ein Mehrfaches überschritten wäre.

Hiezu kommt, daß der Erhebungsmängel relevierenden Verfahrensrüge (Z 4) zu dieser Frage sowie auch zu jener der Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers die Formalvoraussetzung eines während der Hauptverhandlung gestellten Antrages fehlt.

Mit dem Vorwurf einer Aktenwidrigkeit (Z 5) der Feststellung einer "Überschuldung" setzt sich die Beschwerde in Widerspruch zum Inhalt der Urteilsgründe, in denen - gedeckt durch die Aktenlage - als Indiz für die Untreuehandlungen ua die (nach schon 1985 bestandenen erheblichen Privatschulden) sich schließlich in den Jahren 1986/1987 manifestierende schlechte finanzielle Lage des Beschwerdeführers gewertet wurde (siehe die Seiten 11, 20, 38 der Urteilsausfertigung). Vor allem sind aber die Vermögenslage des Beschwerdeführers sowie sein allfälliger Bereicherungsvorsatz für die Frage der Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens iS des § 153 StGB rechtlich unerheblich. Demgemäß kommt es auch lediglich auf den der Firma T***** durch die Untreuehandlungen zugefügten Vermögensschaden, nicht aber darauf an, ob und inwieweit sich Sigmund G***** über den behaupteten Überstundenentgeltanspruch von 474.133 S hinaus Beträge persönlich zueignete.

In der Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag der Beschwerdeführer weder schwerwiegende, die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung ignorierende Verfahrensmängel noch aktenkundige Verfahrensergebnisse aufzuzeigen, die nach einer lebensnahen, an den allgemeinen Erfahrungen orientierten Beurteilung mit den Urteilsfeststellungen, wonach der Geschäftsführer P***** von den Scheckabhebungen keine Kenntnis hatte, dem Beschwerdeführer auch kein Anspruch auf Überstundenentgelt zustand und (daher) der der Firma T***** durch die vom Schuldspruch V. erfaßten Untreuehandlungen erwachsene Vermögensschaden insgesamt 4,281.453 S (einschließlich des Zinsentgangs von 4.722 S laut Punkt V/c des Urteilssatzes) betrug, nicht oder nur schwer zu vereinbaren sind und solcherart erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten Tatsachen hervorzurufen geeignet wären (RZ 1990/94 uva).

Aus den dargelegten Erwägungen war die unbegründete, teils auch nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Sigmund G***** nach dem zweiten Strafsatz des § 153 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren.

Gemäß dem § 369 Abs. 1 StPO erkannte es Sigmund G***** ferner schuldig, den Betrag von 4,281.453 S an die Privatbeteiligte T***** Fleischwarenindustrie- und Handelsgesellschaft mbH zu bezahlen.

Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen mehrerer Straftaten und die Wiederholung der Untreuehandlungen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das teilweise reumütige Geständnis sowie den bisherigen untadeligen Lebenswandel als mildernd.

Sigmund G***** strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung und teilweise bedingte Nachsicht der Strafe (gemäß dem § 43 a Abs. 4 StGB) an, während die Anklagebehörde die Erhöhung des Strafausmaßes begehrt.

Der Angeklagte wendet sich mit seiner Berufung auch gegen das Adhäsionserkenntnis.

Was zunächst die Strafhöhe anlangt, so würdigte das Erstgericht die gegebenen Strafzumessungsgründe im wesentlichen ihrem tatsächlichen Gewicht nach und fand nach Lage des Falles ein tatschuldadäquates Ausmaß, das in keiner Richtung hin zu einer Abänderung Anlaß bietet. Selbst wenn man dem Berufungswerber zusätzlich zugute hält, daß die Straftaten bereits längere Zeit zurückliegen und das deliktische Verhalten des Mitangeklagten P***** teilweise beispielgebend wirkte, steht andererseits vor allem die Schadenshöhe einer weitergehenden Reduktion der Strafe innerhalb des bis zu zehn Jahren reichenden Strafrahmens entgegen. Das drei Jahre übersteigende Strafmaß erübrigt auch ein Eingehen auf die Anwendbarkeit des § 43 a Abs. 4 StGB.

Den Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen die Strafhöhe bzw. in der Frage teilbedingter Strafnachsicht war daher der Erfolg zu versagen.

Unbegründet ist aber auch die Berufung gegen das Adhäsionserkenntnis, weil der Zuspruch eines Entschädigungsbetrages von 4,281.453 S an die Privatbeteiligte in den Tatsachenfeststellungen volle Deckung findet; zu einer Korrektur besteht kein Anlaß.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E25850

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00025.91.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19910409_OGH0002_0110OS00025_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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