TE OGH 1991/4/24 9ObA69/91

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Veröffentlicht am 24.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Klaus Hajek und Dr.Carl Hennrich als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** S***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei Republik Österreich (Bundesministerium für Arbeit und Soziales), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 205.175,-- S sA und Feststellung (Streitwert im Revisionsverfahren 235.175,-- S sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Jänner 1991, GZ 8 Ra 85/90-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 8.März 1990, GZ 34 Cga 207/89-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 7.932,-- S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist auszuführen:

Rechtliche Beurteilung

Den von der Revision vermißten Feststellungen kommt für die rechtliche Beurteilung keine entscheidende Bedeutung zu.

Nach herrschender Ansicht (Adamovich-Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3, 255; Walter-Mayr, Grundriß des Österreichischen Bundesverfassungsrechtes6 Rz 594) sind nur außenwirksame Regelungen der Verwaltung, dh Rechtsvorschriften, die sich an Rechtsunterworfene richten, Verordnungen ("Rechtsverordnungen"); verwaltungsinterne Normen mit generellem Adressatenkreis ("Erlässe") sind - trotz ihrer irreführenden Bezeichnung als "Verwaltungsverordnung" - keine Verordnung im Sinn des B-VG, sondern generelle Weisungen. Sie entfalten die den Verordnungen eigene generelle normative Wirkung nicht und verpflichten nur die nachgeordneten Verwaltungsorgane, an die sie gerichtet sind. Bei dem von der klagenden Partei vorgelegten Rundschreiben des BMAS vom 24.7.1989 wie auch dem der Veröffentlichung in ARD 4100/6/89 zugrundeliegenden Erlaß handelt es sich nur um solche interne Dienstanweisungen, die sich inhaltlich an Arbeitsämter und damit unterstellte Verwaltungsorgane wenden, sodaß sich auch nach der Judikatur des VfGH (VfSlg 5598/1967; 8807/80 ua) nicht die Verordnungsqualifikation ergibt. Eine generelle Normwirkung entfalten diese Weisungen nicht. Aus dem Inhalt dieser Anweisungen kann für den Standpunkt der klagenden Partei daher nichts abgeleitet werden.

Gemäß § 19 Abs 1 lit b AMFG können zur Erlangung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes oder zur Sicherung einer Beschäftigung oder Ausbildung Beihilfen unter anderem gewährt werden, um eine Ein-, Um- oder Nachschulung oder eine Ausbildung in einem Nichtlehrberuf zu erleichtern, eine Arbeitserprobung, eine Berufsvorbereitung oder ein Arbeitstraining zu ermöglichen und eine Weiterentwicklung im Beruf zu fördern. Gemäß § 19 Abs 6 AMFG wird durch die Tätigkeit einer Person aufgrund der Gewährung einer Beihilfe gemäß Abs 1 lit b dieser Bestimmung ein Dienstverhältnis nicht begründet.

Der Kläger leitet seine Rechtsauffassung, es habe bereits vor Errichtung des befristeten Dienstverhältnisses ab 3.11.1988 ein regelmäßiges Dienstverhältnis nach dem VBG bestanden, aus dem Vorbringen ab, eine ordnungsgemäße Ausbildung sei nicht erfolgt; er sei nur zu Beginn kurz - wie jeder Vertragsbedienstete - eingeschult worden und habe nach wenigen Wochen eine vollwertige Tätigkeit geleistet wie jeder andere in der Abteilung Beschäftigte; wenn auch die Tätigkeit formal aufgrund der Gewährung der Förderungsmaßnahme nach § 19 Abs 1 lit b AMFG ausgeübt worden sei, habe sie doch tatsächlich einem Vertragsbedienstetenverhältnis entsprochen.

Diese Auffassung ist verfehlt. Nach dem Wortlaut der Gesetzesmaterialien (983 BlgNR 11, 21) sind unter Arbeitstraining systematische Arbeitsübungen zur Verbesserung der Arbeitshaltung und zur Steigerung der Arbeitsbelastbarkeit von Personen im Hinblick auf deren Berufseingliederung zu verstehen; ein Arbeitstraining werde in der Regel nur für Personen in Betracht kommen, die infolge einer Behinderung, einer längeren Krankheit, infolge Arbeitslosigkeit oder aus sonstigen Gründen arbeitsentwöhnt sind. In der weiteren Entwicklung arbeitsmarktpolitischer Praxis hat sich das Arbeitstraining auch als eine sinnvolle Maßnahme zur Ergänzung erworbenen theoretischen Wissens durch Erfahrungen mit seiner praktischen Anwendbarkeit und daher als Einstiegshilfe in das Berufsleben vor allem für Absolventen einer weiterführenden Schul- oder Hochschulausbildung in Form des Absolventen- oder Akademikertrainings erwiesen. Diese Erweiterung der Anwendung des Arbeitstrainings gegenüber den Auffassungen der Erläuternden Bemerkungen ergibt sich aus der Eignung dieser Praxis zur Verwirklichung des § 1 Abs 1 AMFG abzuleitenden grundlegenden Ziels - Beschäftigung zu erreichen - beizutragen (Steinbach-Danimann-Potmesil, Arbeitsmarktförderungsgesetz, 179 f).

Der Ansicht der klagenden Partei, daß die Annahme der Voraussetzungen für eine Maßnahme gemäß § 19 Abs 1 lit b AMFG hier ausscheide, weil Schulungsmaßnahmen nicht im erforderlichen Ausmaß erfolgt seien und der Kläger gleich einem anderen Vertragsbediensteten eingesetzt worden sei, trifft nicht zu. Abgesehen davon, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen dem Kläger durch seine Beschäftigung in nicht unerheblichem Umfang Kenntnisse vermittelt wurden, die in verschiedenen Positionen des Wirtschaftslebens von Vorteil sein können (Bedienung des Computers, Kenntnis einschlägiger Rechtsvorschriften, die auch im betrieblichen Personalwesen von Bedeutung sind, wobei die Beschäftigung in einer anderen Sparte ab 2.11.1988 eine Befassung mit weiteren Materien erforderlich machte), ist die Zielsetzung der Förderungsbestimmungen keineswegs ausschließlich die Vermittlung von theoretischem Wissen; es soll vielmehr dem Betroffenen vor allem eine Einstiegshilfe in das Berufsleben geboten werden. Dafür ist insbesondere auch die genaue Kenntnis von Arbeitsabläufen, die durch Einblick in die Praxis der betrieblichen Organisation erworben wird, ferner das Vertrautsein mit büromäßigen Tätigkeiten sowie die Fähigkeit zu einer gewissen selbständigen Erledigung von routinemäßigen Aufgaben erforderlich. Derartige Erfahrungen verschaffen gerade in der Gegenwart in der von Stellenbewerbern vor allem auch praktische Kenntnisse von Arbeitsabläufen gefordert werden, dem Betroffenen beim Einstieg in eine Berufstätigkeit gegenüber Personen, die nur über theoretische Kenntnisse verfügen, einen Vorteil. In diesem Sinn war der Einsatz des Klägers im Rahmen der Arbeitsmarktverwaltung über einen längeren Zeitraum mit den vom AMFG verfolgten Zielen durchaus vereinbar. Der Kläger hatte die Möglichkeit, während seiner Beschäftigung im Rahmen der praktischen Berufsvorbereitung gemäß § 19 Abs 1 lit b AMFG die erforderlichen Kenntnisse über interne Organisation und Arbeitsabläufe in einem Maß zu erwerben, das einer echten Praxis entspricht. Für die Zeit bis zum 2.11.1988 trafen daher die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle zu. Ein Dienstverhältnis wurde auf diese Weise nicht begründet (§ 19 Abs 6 AMFG). Die in dem das Dienstverhältnis ab 3.11.1988 regelnden Dienstvertrag vereinbarte Befristung war daher zulässig und wirksam, sodaß für die Begehren des Klägers die Grundlage fehlt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E26058

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00069.91.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19910424_OGH0002_009OBA00069_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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