TE OGH 1991/5/28 4Ob515/91 (4Ob516/91)

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.05.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Josef Broinger und andere Rechtsanwälte in Eferding, wider die beklagte Partei Franz L*****, vertreten durch Dr.Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen S 748.269,68 sA, infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil und den Zurückverweisungsbeschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 19.September 1990, GZ 2 R 69/90-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 12.Dezember 1989, GZ 2 Cg 300/88-7, abgeändert und die Sache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Zwischenurteil wird aufgehoben; die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seinem Rekurs gegen den Zurückverweisungsbeschluß wird der Beklagte auf die Entscheidung über die Revision verwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Beklagte ist Eigentümer von Liegenschaften in der Marktgemeinde G*****, die - von der Gemeinde und der Klägerin - als Baugrund für eine (weitere) Wohnhausanlage ins Auge gefaßt worden waren. Im Jahr 1986 führten Vertreter der Gemeinde und der Klägerin sowie der Bauunternehmer und der Beklagte an Ort und Stelle ein Gespräch, bei welchem der Beklagte als Kaufpreis für das Bauland S 420/m2 und für den Straßenanteil die Hälfte davon nannte.

Am 10.9.1986 fand eine weitere Besprechung auf dem Grundstück des Beklagten statt, an der Vertreter der Gemeinde, deren Ortsplaner, der damalige Geschäftsführer der Klägerin, der Bauunternehmer sowie Vertreter der Oberösterreichischen Landesregierung teilnahmen. Dabei wurde das Bauvorhaben an Hand eines Planes erörtert, der zwei Wohnblöcke, bestehend aus Erdgeschoß, erstem Stock und ausgebautem Dachgeschoß mit insgesamt 20 Wohnungen, vorsah. Der Beklagte sagte damals dem Geschäftsführer der Klägerin mündlich den Verkauf der für den Bau erforderlichen Grundstücke im Ausmaß von 3.500 m2 bis 4.500 m2 zu den bereits genannten Konditionen zu; abweichende Vorstellungen über den Kaufpreis wurden dabei nicht geäußert. Der Geschäftsführer der Klägerin machte den Beklagten bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, daß die Klägerin nunmehr mit der Planung beginne und dafür Aufwendungen zu tragen haben werde.

Der bei der Gemeinde eingereichte Bebauungsplan wurde ab 23.12.1986 öffentlich kundgemacht. Am 21.1.1987 errechneten der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagte für das Grundstück einen Mischpreis von S 385/m2; der Verlauf der Zufahrtsstraße wurde dabei jedoch noch nicht im Detail, sondern nur ungefähr festgelegt. Der Beklagte sollte den Unterbau für die Straße herstellen. Der Abschluß des Kaufvertrages sollte nach dem Willen der Beteiligten nur noch von der Rechtskraft des Bebauungsplanes abhängen. Diese Übereinkunft wurde mit Handschlag bekräftigt und schriftlich wie folgt festgehalten:

"Franz L*****, ist Alleineigentümer der Liegenschaft östlich der Parzellen ***** bzw nördlich der Wegparzelle ***** KG G*****. Die G***** beabsichtigt dieses Grundstück im Ausmaß von ca 4.377 m2 zu erwerben. Der Kaufpreis beträgt 385/m2. Voraussetzung für den Kauf ist ein gültiger Bebauungsplan in Rechtskraft erwachsen. Die im Bebauungsplan vorgesehene Zufahrtsstraße bis zur Grundgrenze ist vor Baubeginn der Wohnanlage (ca.Mai 1987) auszuschieben und so zu befestigen, daß sie für Baufahrzeuge problemlos zu befahren ist."

Nachdem das Bauprojekt in der Marktgemeinde G***** bekannt geworden war, wandten sich zahlreiche Bewohner mit einer Unterschriftenaktion dagegen, um den Bau der Wohnhausanlage zu verhindern. Dem Beklagten warfen sie vor, für die "Verschandelung" des Ortsbildes verantwortlich zu sein. Dennoch bewilligte der Gemeinderat am 14.5.1987 den Bebauungsplan.

Am 2.6.1987 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß er den Grund nicht mehr verkaufen wolle. Mit Anwaltsbrief vom 24.7.1987 bekräftigte er diesen Entschluß.

Am 12.10.1987 teilte das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung der Marktgemeinde G***** mit, daß der vom Gemeinderat beschlossene Bebauungsplan nicht genehmigungspflichtig war. Wegen eines Verfahrensmangels wiederholte der Gemeinderat jedoch dessen Kundmachung und bewilligte den Bebauungsplan am 19.11.1987 neuerlich.

Mit der Behauptung, daß sie auf die Ernstlichkeit des vom Beklagten erklärten Abschlußwillens vertraut und nur aus diesem Grund vor dem Erwerb der Liegenschaft die für das Bauvorhaben erforderlichen Planungsarbeiten in Auftrag gegeben habe, begehrt die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von S 748.269,68 samt 4 % Zinsen seit 9.2.1988. In der schriftlichen Vereinbarung vom 21.1.1987 sei der schon in den Vorgesprächen im Herbst 1986 erklärte Wille der Parteien festgehalten worden, daß die Klägerin das Baugrundstück vom Beklagten erwerben werde; einzige Bedingung für das Zustandekommen des Kaufvertrages sei die rechtskräftige Bewilligung des Bebauungsplanes gewesen. Die Klägerin habe den Beklagten deshalb auch darauf aufmerksam gemacht, daß sie mit der Planung beginnen und dafür entsprechende Kosten aufzuwenden haben werde. Der Beklagte sei von dem vereinbarten Verkauf unter Verletzung der von ihm geschaffenen Vertrauenslage grundlos abgegangen. Sollte er aber in Wahrheit keine Verkaufsabsichten gehabt haben, dann hätte er die Klägerin über seinen Abschlußwillen in Irrtum geführt. Auf Grund der erzielten Einigung wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, der Klägerin das Baugrundstück zu übertragen. Der Beklagte habe nicht bloß Vertragsverhandlungen abgebrochen; es sei bereits Einigung über den Eigentumserwerb der Klägerin an den genau bezeichneten Liegenschaften erzielt worden. In jedem Fall habe jedoch der Beklagte bei der Klägerin das Vertrauen erweckt, daß der Vertrag sicher zustande kommen werde. Wegen dieser Bindungen hätte der Beklagte auch nicht wegen der von der Bevölkerung G*****s gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwände vom Abschluß des Vertrages abstehen dürfen. Daß der Beklagte vor diesem Abstehen die Auskunft erhalten hatte, daß noch keine Bindung entstanden sei, ändere daran nichts.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Die "Vereinbarung" vom 21.1.1987 enthalte lediglich die Absichtserklärung der Klägerin, das Grundstück vom Beklagten kaufen zu wollen; dem Beklagten seien damit keinerlei Verpflichtungen auferlegt worden. Davon gehe die Klägerin offenbar selbst aus, weil sie nicht auf Zuhaltung eines Vertrages klage, sondern nur einen Vertrauensschaden geltend mache. Diese Vereinbarung sei auch nicht als Vorvertrag wirksam, weil kein Zeitpunkt für den Abschluß des Hauptvertrages festgelegt worden sei. Danach hätten sich aber wegen der massiven Ablehnung des Bauvorhabens durch die Bevölkerung G*****s die Verhältnisse derart geändert, daß der Beklagte nicht mehr verpflichtet gewesen sei, den ins Auge gefaßten Vertrag auch abzuschließen. Der Beklagte habe weder seinen Abschlußwillen erklärt noch den zukünftigen Abschluß des Kaufvertrages als völlig sicher hingestellt; die Klägerin habe daher ihre Aufwendungen auf ihr eigenes Risiko gemacht. Der Beklagte habe dazu keinerlei Zustimmungen erteilt. Die Kosten für Aufwendungen, die vor der Rechtskraft des Bebauungsplanes (14.5.1987) und nach dem Zugehen des Briefes vom 2.6.1987 liegen, könnten dem Beklagten aber in keinem Fall angelastet werden. Die Klägerin hätte auch sonst das Bauvorhaben nicht ausführen können, weil die Anrainer den - wegen der vorgesehenen Bebauung des Grundstücks - gesetzwidrigen Bebauungsplan beim Verfassungsgerichtshof angefochten hätten.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Die Vereinbarung vom 21.1.1987 sei entweder als Vorvertrag oder bereits als Kaufvertrag zu qualifizieren; der Beklagte wäre daher zum Abschluß des Kaufvertrages oder zur Herausgabe der Liegenschaft verpflichtet gewesen. Die Verkaufszusage hätte aber auch dann, wenn ein bindender Vorvertrag nicht anzunehmen sei, vorvertragliche Pflichten ausgelöst, die ein grundloses Abstehen vom Vertragsabschluß nicht mehr erlaubt hätten. Die Klägerin könne daher das Erfüllungsinteresse, als minus aber auch den Ersatz des Vertrauensschadens begehren. Der Beklagte habe infolgedessen der Klägerin alle nutzlosen Aufwendungen zu ersetzen. Da die Klägerin nach der Ablehnung des Beklagten vom 2.6.1987 keine weiteren Aufwendungen mehr gemacht habe, könne ihr auch keine Verletzung der Schadensminderungspflicht vorgeworfen werden.

Das Berufungsgericht erkannte mit Zwischenurteil zu Recht, daß das Zahlungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe, und verwies im übrigen die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, daß die Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig seien. Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

Zwischen den Parteien sei weder ein Kaufvertrag noch ein Vorvertrag zustande gekommen: Für einen Kaufvertrag fehle die ausdrückliche oder schlüssige Erklärung des Abschlußwillens des Beklagten. In der Vertragsurkunde vom 21.1.1987 sei auch nur von der Kaufabsicht der Klägerin und von einem rechtskräftigen Bebauungsplan als Voraussetzung für den Kauf die Rede; beim Gespräch vom 10.9.1986 sei aber nicht einmal das genaue Ausmaß des Grundstücks festgelegt gewesen. Mangels eines übereinstimmend erklärten Abschlußwillens komme auch ein Vorvertrag nicht in Frage. Im übrigen bleibe bei einem Kaufvertrag über eine Liegenschaft in der Regel für einen Vorvertrag schon deshalb kein Raum, weil der Kaufvertrag regelmäßig mit der Einigung über den Kaufgegenstand und den Preis zustande gekommen sei.

Der Beklagte habe jedoch der Klägerin schon am 10.9.1986 zugesagt, das in Aussicht genommene Grundstück zu den ausgehandelten Bedingungen zu verkaufen; der Geschäftsführer der Klägerin habe ihn deshalb darauf aufmerksam gemacht, daß die Klägerin nunmehr mit der Planung beginne und dafür Aufwendungen zu tragen habe. Hätte der Beklagte noch nicht den ernstlichen Willen gehabt, die Liegenschaft zu verkaufen, dann hätte er die Klägerin darauf aufmerksam machen müssen; andernfalls aber hätte er den endgültigen Abschluß des Kaufvertrages nicht aus unzureichenden Gründen verweigern dürfen. Er müsse daher den Schaden ersetzen, den die Klägerin wegen ihrer Erwartung eines sicheren Vertragsabschlusses erlitten habe. Ein Mitverschulden der Klägerin an der Vornahme der Aufwendungen liege nicht vor.

Die Klägerin habe aber nur Anspruch auf Ersatz jener Aufwendungen, die sie nach der Erklärung vom 10.9.1986 bis zum Zugehen des Schreibens vom 2.6.1987 gemacht habe. Das Erstgericht habe dazu nur die Daten der von der Klägerin vorgelegten Honorarrechnungen festgestellt; diese allein reichten jedoch für die Beurteilung der Höhe des Anspruches nicht aus.

Der Beklagte erhebt gegen diese Entscheidung Revision und Rekurs aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt, die Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung der Klage abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise ihnen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung zulässig, weil zu der entscheidenden Frage, was als triftiger, die Haftung wegen culpa in contrahendo ausschließender Grund für den Nichtabschluß eines als sicher in Aussicht gestellten Vertrages zu werten ist, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; sie ist auch im Sinne ihres Aufhebungsantrages berechtigt.

Beizupflichten ist den Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes, daß mangels ausdrücklicher oder schlüssiger Erklärung des Abschlußwillens aus den Erklärungen der Parteien vom 10.9.1986 und vom 21.1.1987 weder der Abschluß eines Kaufvertrages noch der eines Vorvertrages abgeleitet werden kann. Auch trifft es zu, daß der Beklagte die Vertragsverhandlungen nicht in der alleinigen Absicht abgebrochen hat, die Klägerin zu schädigen, und daß er daher aus diesem Grund nicht schadenersatzpflichtig ist (vgl dazu JBl 1981, 645). Die Revision wendet sich auch nur gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Beklagte deshalb für das negative Vertragsinteresse einzustehen habe, weil er die Klägerin entweder hätte warnen müssen, wenn er noch nicht den ernstlichen Willen gehabt hätte, das Grundstück zu verkaufen, oder den endgültigen Abschluß des Kaufvertrages aus nicht ausreichenden Gründen nicht hätte verweigern dürfen. Soweit der Beklagte in seiner Revision allerdings darauf verweist, daß er die Klägerin nicht aufgefordert habe, die vertragliche Leistung zu erbringen, den Vertrag in Vollzug zu setzen oder - im Hinblick auf den sicheren Vertragsabschluß - Aufwendungen zu machen, also auch keinen ausreichenden Tatbestand gesetzt habe, aus dem die Klägerin den sicheren Vertragsabschluß hätte ableiten dürfen, übersieht er, daß ihm ein solches Verhalten gar nicht vorgeworfen wird. Zu beurteilen ist vielmehr nur der festgestellte Sachverhalt, wonach der Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin schon am 10.9.1986 den Verkauf des Grundstücks zu den ausgehandelten Bedingungen zugesagt und der Geschäftsführer der Klägerin den Beklagten darauf aufmerksam gemacht hat, daß die Klägerin nunmehr mit der Planung beginnen und hiefür Aufwendungen zu tragen haben werde. Der Beklagte hat demnach das Vertrauen der Klägerin auf einen sicheren Vertragsabschluß durch eine ausdrückliche Erklärung hervorgerufen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß niemand verpflichtet ist, einen ganz bestimmten Vertrag nur deshalb abzuschließen, weil er schon Vorverhandlungen über den Vertragsinhalt geführt hat, die beim anderen Teil den Eindruck hervorrufen konnten, es werde wahrscheinlich zu einem Vertragsabschluß kommen. Auch ohne Grund kann in der Regel jeder Vertragspartner die Vorverhandlungen auch noch im letzten Moment abbrechen und den Vertrag scheitern lassen (JBl 1981, 645, RdW 1983, 7). Eine Haftung nach der Lehre von den sogenannten vorvertraglichen Pflichten tritt nur dann ein, wenn ein Vertragspartner dem anderen Vertragspartner gegenüber eine jener Pflichten verletzt hat, die auch schon vor Abschluß des Vertrages zwischen den in Vertragsverhandlungen stehenden Parteien bestehen. So haben die Beteiligten die Verpflichtung, einander Umstände mitzuteilen, die einem gültigen Vertragsabschluß entgegenstehen (SZ 49/94; SZ 52/90; RdW 1983, 7); auch bestehen insbesondere Warn- und Aufklärungspflichten, wenn erkennbar ist, daß sich der Verhandlungspartner im Vertrauen auf eine abgegebene Erklärung anschickt, selbst Verbindlichkeiten einzugehen (SZ 52/90; RdW 1983, 7). Das Erwecken des Vertrauens auf einen sicheren Abschluß des Vertrages und die Ablehnung, den Vertrag zu schließen, sind zwar grundsätzlich nicht rechtswidrig (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 76 f). Das "In-Sicherheit-Wiegen" des anderen Teils macht aber dann ersatzpflichtig, wenn der Schutzpflichtige selbst noch gar nicht fest zum Vertragsabschluß entschlossen war (Ostheim, Zur Haftung für culpa in contrahendo bei grundloser Ablehnung, JBl 1980, 522 ff (575)), aber erkennen kann, daß der Partner im Vertrauen auf seinen ernstlichen Abschlußwillen Aufwendungen tätigt (SZ 49/94; SZ 52/90; SZ 60/36). Hatte aber der Schutzpflichtige bei der Verwirklichung des Vertrauenstatbestandes noch selbst den Willen, den Vertrag abzuschließen, dann kann sein Verschulden allenfalls darin liegen, daß er ein Hindernis, an dem der spätere Vertragsabschluß scheitert, bei gehöriger Sorgfalt hätte voraussehen können (Ostheim aaO; Koziol aaO 78). Auch dann, wenn der Schutzpflichtige den Vertrauenstatbestand nicht schuldhaft gesetzt hat, kann die grundlose Ablehnung des Vertragsabschlusses schadenersatzpflichtig machen (Koziol aaO; Ostheim aaO 578 f).

Das Berufungsgericht hat es im vorliegenden Fall offen gelassen, ob der Beklagte schon anläßlich seiner Erklärung, daß er der Klägerin das Grundstück sicher verkaufen werde, und der Bekanntgabe durch den Geschäftsführer der Klägerin, daß jetzt mit der Planung begonnen werde, womit auch Aufwendungen verbunden seien, eine Warnpflicht verletzt hat, wenn er tatsächlich noch nicht sicher zum künftigen Vertragsabschluß entschlossen war, oder ob er deshalb für die Aufwendungen der Klägerin haftet, weil er grundlos vom Vertragsabschluß abgestanden ist. Ob der Beklagte während der Dauer der Vorverhandlungen bis zur Weigerung, den Vertrag abzuschließen, ernstlich zum Vertragsabschluß entschlossen war oder nicht, steht nicht fest. Hätte der Beklagte aber tatsächlich die Absicht gehabt, den Vertrag abzuschließen, dann wäre die Erweckung des Vertrauens auf den Abschluß des Vertrages weder rechtswidrig noch schuldhaft gewesen, es sei denn, den Beklagten hätten (triftige) Gründe für den Nichtabschluß bereits damals bekannt sein müssen. Steht fest, daß der Beklagte trotz seiner entgegenstehenden Erklärung noch nicht fest zum Abschluß des Vertrages entschlossen war, oder daß er ein Hindernis für den Vertragsabschluß schon damals hätte erkennen können, dann haftet er ungeachtet des Umstandes, daß am 10.9.1986 noch nicht das genaue Ausmaß der zu verkaufenden Grundstücke festgelegt war, für den Vertrauensschaden der Klägerin, weil die benötigten Flächen auf Grund der vorhandenen Pläne jedenfalls bestimmbar waren und die essentialia negotii (vgl dazu Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 17 vor §§ 918-933) feststanden; auch das Offenlassen der genauen Führung des Zufahrtsweges am 21.1.1987 hatte auf die Festlegung der wesentlichen Vertragsumstände keinen Einfluß mehr.

Die Frage, ob der Beklagte schon am 10.9.1986 vorvertragliche Pflichten verletzt hat, durfte aber deshalb nicht offen gelassen werden, weil auch die weitere Frage, ob der Beklagte einen triftigen Grund für das Abstehen vom Vertragsabschluß hatte, noch nicht beantwortet werden kann:

Ein triftiger, die Haftung für den Nichtabschluß beseitigender Grund liegt insbesondere dann vor, wenn Gründe auftreten, die nach Vertragsabschluß zur Auflösung des Vertrages führen können (Koziol aaO 78; Reischauer aaO; Ostheim aaO 578 f; Stoll in FS v Caemmerer, Tatbestand und Funktion der Haftung für culpa in contrahendo 435 ff (450)). Darüber hinaus wird anerkannt, daß die Bindung an die bloß faktische Vertrauenslage nicht stärker sein kann als die Bindung an einen Vorvertrag, so daß der Vertragsabschluß auch bei Wegfall einer bloß bei einer Partei bestehenden Zweckvorstellung iSd § 936 ABGB sanktionslos verweigert werden kann (Koziol aaO 78). Weitergehende Auffassungen werden in der Bundesrepublik Deutschland vertreten. Nach Wiedemann (in Soergel, BGB12 II Rz 136 vor § 276 BGB) dürfen an die Annahme verhindernder Umstände vor Vertragsabschluß keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Emmerich (im Münchner Kommentar2 II Rz 75 vor § 275 BGB) anerkennt einen triftigen Grund für den Abbruch der Verhandlungen schon dann, wenn der Vertragsabschluß unter den gegebenen Umständen unzumutbar wäre. Wegen der geringeren Bindung an eine bloß faktische Vertrauenslage ist diesen Auffassungen zu folgen und ein triftiger Grund für den Nichtabschluß schon dann zu bejahen, wenn der Vertragsabschluß nicht aus sachfremden Überlegungen gescheitert ist, sondern die neu aufgetretenen Umstände den Vertragsabschluß unzumutbar erscheinen lassen. Nur Umstände, die allein aus der Sphäre des Schutzpflichtigen stammen (von ihm geschaffen worden sind), können dabei nicht berücksichtig werden (vgl dazu Ostheim aaO 579).

Nach diesen Grundsätzen könnten daher auch Nachteile, die der Beklagten wegen eines Verkaufs der Liegenschaft zum Zweck der von der Klägerin vorgesehenen Verbauung in seiner Heimatgemeinde zu erwarten gehabt hätte, wie massive Anfeindungen durch erhebliche Kreise der Bevölkerung udgl, als triftiger Grund für den Nichtabschluß gewertet werden. Die konkreten Umstände, die den Beklagten zum Nichtabschluß des Kaufvertrages bewogen haben, hätten daher erörtert und festgestellt werden müssen. Sollte sich also herausstellen, daß der Beklagte am 10.9.1986 noch selbst zum Abschluß des Vertrages fest entschlossen war, davon aber erst später abgekommen ist, dann ist das Verfahren auch in dieser Hinsicht ergänzungsbedürftig. Sollten triftige Gründe dafür vorhanden gewesen sein, wäre allerdings auch zu prüfen, ob der Beklagte die Klägerin unverzüglich nach ihrem Auftreten davon in Kenntnis gesetzt und weitere Aufwendungen verhindert hat.

Der Auffassung des Beklagten, daß ihm infolge der Rechtsauskunft, daß noch keine Bindung bestehe, der Abbruch der Vertragsverhandlungen nicht zum Verschulden gereiche, kann nicht gefolgt werden; ganz abgesehen davon nämlich, daß nicht einmal feststeht, ob der Beklagte seinen Rechtsfreund vollständig über die von ihm gemachten Zusagen informiert hatte, hätte er gegenüber der Klägerin auch für eine ihm erteilte unrichtige Auskunft selbst einzustehen.

Ein Mitverschulden der Klägerin an den nutzlosen Aufwendungen hat das Berufungsgericht zu Recht verneint. Daß es die Klägerin in den Vorgesprächen unterlassen hat, eine eindeutige vertragliche Regelung herbeizuführen, hatte keinen Einfluß auf das in ihr vom Beklagten erweckte Vertrauen auf einen sicheren Vertragsabschluß; daß sie aber vor Rechtskraft des Bebauungsplanes unverhältnismäßig hohe Kosten aufgewendet hat, könnte dem Beklagten schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil der Gemeinderat die von der Klägerin vorgesehene Verbauung bewilligt hat. Aus welchen Gründen die Bebauung in der vorgesehenen Art gesetzwidrig gewesen wäre, vermag im übrigen auch der Beklagte nicht zu sagen.

Da somit Fragen, die den Grund des Anspruchs betreffen, noch nicht abschließend beurteilt werden können, war der Revision Folge zu geben, das angefochtene Zwischenurteil aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Mit seinem Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Verweisungsbeschluß war der Beklagte auf diese Entscheidung zu verweisen. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß auf Grund der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen noch nicht beurteilt werden kann, ob der Beklagte für alle geltend gemachten Aufwendungen einzustehen hat.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E25951

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00515.91.0528.000

Dokumentnummer

JJT_19910528_OGH0002_0040OB00515_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten