TE OGH 1991/9/25 13Os84/91

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Veröffentlicht am 25.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.September 1991 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Leopold B***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, AZ 1 a E Vr 145/87 des Jugendgerichtshofes Wien und wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB, AZ 9 U 595/89 des Bezirksgerichtes Hernals über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 11.Dezember 1990, GZ 9 U 595/89-19 und 22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Strasser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Leopold B*****, AZ 9 U 595/89 des Bezirksgerichtes Hernals, wurde durch den am 11.Dezember 1990 verkündeten Beschluß über das Absehen vom Widerruf der bedingten Nachsicht der mit dem Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 2. November 1987, GZ 1 a E Vr 145/87-33, über Leopold B***** verhängten Freiheitsstrafe von vier Monaten und über die Verlängerung der Probezeit (ON 19 und 22 dA) das Gesetz in dem aus dem § 494 a Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 7 StPO abzuleitenden Verbot, nach aufrechter (wenn auch noch nicht rechtskräftiger) Beschlußfassung über die Endgültigkeit einer bedingten Strafnachsicht nochmals in dieser Sache zu entscheiden, verletzt. Der Beschluß vom 11.Dezember 1990 (ON 19 und 22 dA) wird aufgehoben.

Text

Gründe:

I./ Leopold B***** wurde mit dem rechtskräftigen Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 2.November 1987, GZ 1 a E Vr 145/87-33, des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt und zu einer gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.

Mit dem Beschluß vom 4.Dezember 1990 (ON 40 dA), der noch am selben Tag der Kanzlei übergeben und der Staatsanwaltschaft zugestellt wurde, sprach der Jugendgerichtshof Wien (im Sinne des § 43 Abs. 2 StGB) aus, daß die Strafe endgültig nachgesehen ist. Dieser Beschluß ist nach der am 13.Dezember 1990 durch Hinterlegung erfolgten Zustellung an den Verurteilten ebenfalls in Rechtskraft erwachsen.

II./ Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 11. Dezember 1990, GZ 9 U 595/89-19, wurde Leopold B***** wegen des (am 4.Juni 1989, sohin innerhalb der vorerwähnten Probezeit begangenen) Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 70 S verurteilt. Gleichzeitig erging der Beschluß, daß gemäß dem § 494 a Abs. 1 Z 2 StPO vom Widerruf der mit dem eingangs erwähnten Urteil gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen, jedoch nach dem § 494 a Abs. 7 StPO die Probezeit auf fünf Jahre verlängert werde. Auch diese Entscheidungen des Bezirksgerichtes sind rechtskräftig.

Rechtliche Beurteilung

III./ Der Beschluß über das Absehen vom Widerruf und die Verlängerung der Probezeit steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Denn der zeitmäßig vor diesem Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom Jugendgerichtshof Wien gefaßte Beschluß über die endgültige Strafnachsicht entfaltete - unabhängig vom Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft - bereits mit der Übergabe an die Gerichtskanzlei (vgl auch Mayerhofer-Rieder3 ENr 4 zum § 77 StPO) eine - obgleich vorerst nur temporäre (SSt 51/5;

54/57) - Bindungs-(=Sperr)wirkung. Somit hätte das Bezirksgericht, das die betreffenden Akten zwar geraume Zeit vor der Beschlußfassung über die endgültige Strafnachsicht eingesehen (vgl das im Akt des JGH Wien erliegende Ersuchen um Aktenübersendung) aber von dieser nicht Kenntnis hatte, unbeschadet der materiellen Voraussetzungen für eine Probezeitverlängerung auf Grund der Verurteilung wegen einer innerhalb der Probezeit begangenen strafbaren Handlung (§ 53 Abs. 1 und Abs. 2 StGB) nicht neuerlich über den (identischen) Entscheidungsgegenstand absprechen dürfen (vgl mwN EvBl 1989/64; nv 15 Os 110/90 u.a.).

Anmerkung

E26735

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0130OS00084.91.0925.000

Dokumentnummer

JJT_19910925_OGH0002_0130OS00084_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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