TE OGH 1991/11/6 9ObA193/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.11.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozilarechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Wolfgang Neumeier als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** P*****, Pensionist, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen S 102.694,50 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.April 1991, GZ 34 Ra 5/91-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15.Mai 1990, GZ 4 Cga 1937/87-27, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.658 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 3.Februar 1975 bis zu seiner Pensionierung am 1. Juli 1987 im Bundesamt für Zivilluftfahrt beschäftigt. Er war zuletzt in die Verwendungsgruppe IV/7 des Kollektivvertrags für die Bediensteten des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (kurz Kollektivvertrag) eingestuft.

Mit der vorliegenden Klage begehrt er den der Höhe nach unbestrittenen Betrag von S 102.694,50 brutto sA als restliches Entgelt und Abfertigungsdifferenz. Er hätte auf Grund seiner höherwertigen Verwendung in der Amtsdruckerei nicht in die Verwendungsgruppe IV, sondern in die Verwendungsgruppe V des Kollektivvertrages eingestuft werden müssen. Er habe die gleiche Tätigkeit verrichtet wie der in die höhere Verwendungsgruppe eingestufte Offsetdrucker P***** F*****.

Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger sei als nur angelernter Offsetdrucker ohnehin aus Billigkeitsgründen höher eingestuft gewesen als es seiner Tätigkeit entsprochen habe. Er könne seine seinerzeitige Position nicht mit jener eines gelernten Offsetdruckers wie F***** vergleichen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Der Kläger, der ein gelernter Zuckerbäcker ist, begann sein Arbeitsverhältnis im Bundesamt für Zivilluftfahrt als Portier in der Verwendungsgruppe II/1. Er rückte mit 1.7.1976 in die Einreihung II/3 auf und wurde am 1.März 1980 nach fünfjähriger erfolgreicher Verwendung in der Gruppe II in die Verwendungsgruppe III/4 eingestuft. Am 1.November 1982 wurde er der Amtsdruckerei zugeteilt. In dieser war bereits P***** F***** tätig.

P***** F***** ist gelernter Offsetdrucker. Als er im Jahre 1976 seine Arbeit im Bundesamt für Zivilluftfahrt begann, erfolgte seine Einstufung in die Verwendungsgruppe III des Kollektivvertrags. Einige Zeit später wurde er, ohne je in der Verwendungsgruppe IV gewesen zu sein, in die Verwendungsgruppe V des Kollektivvertrags (Sachbearbeiter) eingereiht. F***** schulte den Kläger vorerst etwa ein halbes Jahr lang an den vorhandenen Maschinen, wie Heidelberger-Druckmaschine, Rotaprint-Maschine, Schneidemaschine, Walzenwaschmaschine, Bohrmaschine und Fotokopierrahmen, ein. In der Folge arbeiteten sowohl F***** als auch der Kläger gleichermaßen an allen Maschinen. F***** hatte als Leiter der Amtsdruckerei die Gesamtaufsicht über den Zwei-Mann-Betrieb. Ihm war es auch überlassen, die Arbeit an den Druckmaschinen einzuteilen. Allfällige Bestellanforderungen kamen jeweils von dem, der etwas brauchte. Mit 1.März 1984 wurde der Kläger über den Kollektivvertrag hinaus in die Verwendungsgruppe IV/4 eingestuft.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß dem Kläger die Verwendungsgruppe V schon deshalb zugestanden sei, weil er die gleiche Tätigkeit verrichtet habe wie sein Arbeitskollege F*****.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nur im Verhältnis einer erheblichen Minderheit zur deutlichen Mehrheit der Arbeitnehmer möglich sei; durch eine sachlich nicht berechtigte Bevorzugung nur eines Arbeitnehmers werde dieser Grundsatz daher nicht verletzt. Auf Art XIV Z 1 lit d des Kollektivvertrags, der die aushilfsweise Tätigkeit in einer höheren Verwendungsgruppe regle, könne sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, da er weder ausgeholfen noch F***** länger vertreten habe. Abgesehen davon setze diese Bestimmung voraus, daß nur ein Anspruch auf das der Tätigkeit des Vertretenen entsprechende Entgelt bestehe. Da das Verwendungsgruppenschema nur in der Verwendungsgruppe II auf handwerklich tätige Arbeitnehmer Bedacht nehme, wäre für den Kläger lediglich eine Zeitvorrückung in die Verwendungsgruppe III (administrative Bedienstete mit besonderer Qualifikation) als angemessen in Betracht gekommen; durch das Absehen vom Erfordernis einer jeweils mehr als fünfjährigen erfolgreichen Verwendung in der vorhergehenden Verwendungsgruppe sei er ohnehin schon zu seinen Gunsten in die Verwendungsgruppe IV eingestuft worden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, hat der Kläger nach dem Kollektivvertrag keinen Anspruch auf Einstufung in die Verwendungsgruppe V. Im Art XIV Z 1 lit b des Kollektivvertrags wird allgemein angeordnet, daß für die Einreihung eines Bediensteten in die Verwendungsgruppe Vorbildung, Ausbildung, Vorpraxis und die Art seiner Tätigkeit maßgeblich ist. Es kommt sohin entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht bloß auf die Art der gerade ausgeübten Tätigkeit an. Auch aus dem isolierten Begriff "Sachbearbeiter" in Z 3 lit g der Verwendungsgruppe V ist nicht abzuleiten, daß es diesbezüglich keiner zusätzlichen Kriterien bedürfte. Aus dem Zusammenhang der Einreihungsvoraussetzungen dieser Verwendungsgruppe ergibt sich vielmehr, daß damit nur Bedienstete mit Reifeprüfung nach Ablegung der Verwendungsprüfung oder damit vergleichbare besonders qualifizierte Bedienstete in ähnlich gehobener Verwendung gemeint sind. Dies zeigt insbesondere die Einstufungsbestimmung der Z 4 der Verwendungsgruppe V, die bei "Sachbearbeitern" eine Reifeprüfung und die Ablegung der Verwendungsprüfung II (z.B. Verwalter) oder eine gleichwertige einschlägige Berufsausbildung und vierjährige Berufspraxis verlangt. Die Verwendungsgruppe VI des Kollektivvertrags betrifft bereits Bedienstete mit voller Hochschulbildung oder etwa Sachgebietsbearbeiter auf besonders verantwortlichen Posten. Für den Kläger, der weder eine Reifeprüfung noch eine Verwendungsprüfung abgelegt hat und der auch keine gleichwertige einschlägige Berufsausbildung aufweist, treffen diese Voraussetzungen nicht zu. Daß aus der Vertretungsregelung des Art XIV Z 1 lit d des Kollektivvertrags nichts für seinen Standpunkt zu gewinnen ist, räumt der Kläger in seiner Revision selbst ein.

Es kann - abgesehen vom unzulässigen Vergleich mit nur einem Arbeitnehmer - dahingestellt bleiben, ob der Offsetdrucker F***** zu Recht in die Verwendungsgruppe V des Kollektivvertrags eingestuft wurde, da der Kläger dadurch auch nicht nach einem verallgemeinerungsfähigen Kriterium willkürlich benachteiligt wurde (vgl. Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 271 mwH auf die Judikatur; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I, 240 f; Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht I 144 f; Krejci in Rummel § 1157 Rz 33; WBl 1991, 167 mwH; Arb.10.241, 9.574 uva). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist F***** gelernter Offsetdrucker; er hatte eine erheblich längere Praxis als der Kläger und es kam ihm als Leiter der Amtsdruckerei (S.99) eine gewisse Gesamtaufsicht zu. Insoweit besteht bereits eine sachliche Differenzierung gegenüber dem nur angelernten Kläger mit geringer Praxis. Überdies ist es dem Arbeitgeber nicht verwehrt, in zeitlicher Hinsicht zu differenzieren und etwa bei der Einstufung weniger großzügig vorzugehen (vgl. Krejci aaO § 879 Rz 181 mwH). Wie der Kläger in seiner Klage selbst anführt, sei inzwischen eine Neuregelung dahin getroffen worden, daß der Systemposten eines gelernten Offsetdruckers auf die Verwendungsgruppe III und der eines angelernten Offsetdruckers auf die Verwendungsgruppe I herabgesetzt wurde. Der gelernte Offsetdrucker F***** hat seine Tätigkeit immerhin bereits im Jahr 1976 begonnen, wogegen der Kläger von ihm erst im Jahre 1982/83 vom Portier zum Offsetdrucker umgeschult wurde. Die beklagte Partei hat daher aus all diesen Gründen dadurch, daß sie den Kläger nicht ebenfalls in die Verwendungsgruppe V des Kollektivvertrags einreihte, den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E27610

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00193.91.1106.000

Dokumentnummer

JJT_19911106_OGH0002_009OBA00193_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten