TE OGH 1991/12/12 8Ob1657/91 (8Ob1658/91)

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Veröffentlicht am 12.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Livius P*****, vertreten durch Dr. Peter Bock, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Georg W*****, und 2.) Veronika W*****, beide ***** vertreten durch Dr. Thomas Mondl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe und Zahlung von S 48.772,70 s.A. infolge der außerordentlichen Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 17. Mai 1991, GZ 41 R 181/91-44, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16. Dezember 1990, GZ 30 C 108/90i-30, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Akt wird dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes und (allenfalls) jenen über die Zulässigkeit der Revision zu berichtigen und auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes betreffend die Herausgabe von Fahrnissen S 50.000,-- übersteigt und (allenfalls), daß die Revision insoweit unzulässig ist.

Text

Begründung:

Gestützt auf das Eigentumsrecht und mit den Beklagten getroffenen Vereinbarungen begehrte der Kläger die Herausgabe verschiedener beweglicher Sachen. Er brachte dazu vor, er sei Mieter der Wohnung Tür Nr. 8 in dem den Beklagten gehörigen Haus Pramergasse 1 in Wien, gewesen. Nach seiner Kündigung durch die Beklagten sei am 3. August 1989 die zwangsweise Räumung erfolgt. In der Wohnung seien aber zahlreiche Fahrnisse verblieben, die Beklagten hätten zugesagt, daß der Kläger diese Gegenstände in den nächsten Tagen abholen könne. Obwohl vereinbart worden sei, daß die einlagerungswürdigen Fahrnisse an den Kläger herauszugeben seien, seien die Beklagten zur Herausgabe nicht bereit.

Weiters begehrte der Kläger die Zahlung von S 48.772,70 mit der Begründung, anläßlich der von den Beklagten veranlaßten Räumungsexekution sei eine in seinem Eigentum stehende Fotosatzmaschine schwer beschädigt worden; die Beklagten hätten die aus dem Bestandverhältnis nachwirkenden Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt.

Ein vom Kläger gestellter Zwischenantrag auf Feststellung wurde mit Beschluß vom 19. September 1990 nicht zugelassen (AS 90).

Das Erstgericht gab mit Urteil vom 16. Dezember 1990 dem Herausgabebegehren und

dem - zurückgewiesenen - Zwischenfeststellungsantrag statt; das Zahlungsbegehren wies es ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, wohl aber jener der Beklagten, und wies auch das Herausgabebegehren ab. Der Ausspruch über den Zwischenfeststellungsantrag wurde mit der Begründung, daß er bereits in der mündlichen Streitverhandlung vom 19. September 1990 nicht zugelassen worden war, beseitigt. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 500 Abs. 2 ZPO hat das Berufungsgericht, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,-- übersteigt oder nicht und ob die (ordentliche) Revision zulässig ist oder nicht. Gemäß § 502 Abs. 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert S 50.000,-- nicht übersteigt. Dabei ist § 55 JN zu beachten (Abs. 5 leg.cit.), wonach mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche (nur) zusammenzurechnen sind, wenn sie - von einer hier nicht in Betracht kommenden weiteren Möglichkeit abgesehen - in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Das ist dann der Fall, wenn die einzelnen Ansprüche voneinander abhängig sind, sodaß keiner für sich allein existieren kann, oder wenn sie aus einer gemeinsamen Tatsache oder aus einem gemeinsamen Rechtsgrund entstanden sind. Für den rechtlichen Zusammenhang gilt dabei als Kriterium, daß die Ansprüche aus einer Gesetzesstelle abgeleitet werden und miteinander in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Eine Zusammenrechnung findet jedoch nicht statt, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches Schicksal haben kann oder wenn ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den mehreren Ansprüchen nicht besteht (MietSlg. 34.768). Darum werden beispielsweise mehrere Schadenersatzansprüche einer Person nur dann zusammengerechnet, wenn sie aus einem einzigen Unfall resultieren; Ansprüche aus verschiedenen Schadensereignissen sind jedoch getrennt zu bewerten (5 Ob 1537/91).

Im gegenständlichen Fall hat der Kläger, gestützt auf sein Eigentum und eine mit den Beklagten getroffene Vereinbarung, die Herausgabe verschiedener Gegenstände begehrt sowie einen Schadenersatzanspruch wegen Beschädigung einer Maschine im Zuge der zwangsweisen Räumung geltend gemacht. Jeder dieser beiden Ansprüche ist in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht selbständig, sodaß gemäß § 500 Abs. 2 ZPO der Herausgabeanspruch zu bewerten ist und es (allenfalls) eines Ausspruches über die Unzulässigkeit der Revision bedarf. Auch hinsichtlich des Zahlungsbegehrens hätte ein Ausspruch nach § 500 Abs. 2 Z 2 ZPO zu erfolgen. Eine Zusammenrechnung mit dem Zwischenfeststellungsantrag hat nicht zu erfolgen, da dieser wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen wurde (JBl. 1958, 556; Arb. 7462).

Da das Berufungsgericht den Herausgabeanspruch nicht getrennt bewertet hat, sind ihm die erforderlichen Aussprüche durch Berichtigung des Spruches der angefochtenen Entscheidung aufzutragen (2 Ob 504/91, 8 Ob 613/91 ua).

Anmerkung

E28123

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB01657.91.1212.000

Dokumentnummer

JJT_19911212_OGH0002_0080OB01657_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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