TE OGH 1992/1/28 14Os140/91 (14Os141/91)

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Veröffentlicht am 28.01.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Jänner 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Prokisch als Schriftführer in der Strafsache gegen Salah Ben Abdullah M***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 130 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Salah Ben Abdullah M***** und dessen Beschwerde gemäß § 494 a StPO gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24.Juni 1991, GZ 5 a Vr 9949/90-74, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Salah Ben Abdullah M***** die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Tunesier Salah Ben Abdullah M***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 130 (höherer Strafsatz) und 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 18.September 1990 in Mödling durch Einbruch in die beiden benachbarten Wohnungen der Josefine P***** und des Johann S***** Bargeld, Schmuck und Wertsachen samt Koffer im Gesamtwert von 323.000 S erbeutet und am 25.September 1990 in Maria Enzersdorf durch Einbruch in die Wohnung des Ing. Hermann A***** fremde bewegliche Sachen wegzunehmen versucht. An der letztgenannten Straftat war der mit gleichem Urteil rechtskräftig abgeurteilte Landsmann des Erstangeklagten Belgacem Ben Sifi C***** als Mittäter beteiligt. M***** hat alle drei (teils vollendeten, teils versuchten) Einbruchsdiebstähle in der Absicht vorgenommen, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Der Erstangeklagte, der bei seiner ersten polizeilichen Befragung seine Täterschaft nur zum Versuchsfaktum einbekannt (S 25), im Zuge des weiteren Verfahrens jedoch seine Mittäterschaft oder seinen Beitrag auch dazu bestritten hatte (ON 8, 61 und 73), bekämpft den gesamten Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde nach § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a und 9 lit. a StPO.

Es war nur auf die Rechtsmittelausführung des Wahlverteidigers einzugehen. Denn noch bevor die Urteilsausfertigung dem in der Hauptverhandlung dem Angeklagten gemäß § 41 Abs. 2 StPO beigegebenen Verteidiger zugestellt worden war, hat der Angeklagte bereits einen von ihm bevollmächtigten Verteidiger dem Gericht namhaft gemacht. Dadurch ist die Bestellung des Verfahrenshelfers von selbst hinfällig geworden (Mayerhofer/Rieder StPO3 Nr. 25 zu § 41). Die dennoch an den Verfahrenshelfer erfolgte Urteilszustellung war daher rechtsunwirksam, seine Rechtsmittelausführungen unbeachtlich.

Unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund (Z 4) rügt der Angeklagte die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einvernahme des die Fingerabdrücke in der Wohnung S***** sichernden Kriminalbeamten Insp. K***** vom Gendarmerieposten Mödling zum Beweis dafür, daß die (von diesem an das EKF der Bundespolizeidirektion Wien) übersandte Fingerabdruckspur nicht jene sei, die in der Wohnung S***** gefunden wurde und möglicherweise ein Irrtum vorliege (S 404).

Zutreffend wurde dieser Antrag vom Erstgericht mit der Begründung abgewiesen, daß sich kein Hinweis auf eine diesbezügliche Verwechslung ergibt (S 404). Denn im Beweisantrag wurde nicht dargelegt, warum trotz der aktenmäßig beschriebenen Übermittlung der Fingerabdruckspur (siehe ON 24 und 26), welche nach dem Gutachten eindeutig dem Angeklagten zugeordnet werden konnte, dem zuvor genannten Kriminalbeamten ein Fehler unterlaufen und auf Grund welcher konkreter Umstände dieser als Zeuge nunmehr imstande sein sollte, in Abweichung von seinen diesbezüglichen schriftlichen Vermerken, Aufklärung über einen von der Beschwerde zudem als bloße Möglichkeit angedeuteten Irrtum geben zu können (siehe Mayerhofer/Rieder aaO ENr. 72 ff zu § 281). Abgesehen davon, daß für einen solchen Irrtum in erster Instanz keinerlei Hinweise vorlagen, treffen auch die erstmals im Rechtsmittel genannten Umstände gar nicht zu. Denn die Fingerabdruckspur wurde nicht erst "im November 1990", sondern schon am 22.September 1990 von Insp. K***** an das EKF der Bundespolizeidirektion Wien übermittelt (S 115) und es stand bereits am 17.Oktober 1990 (S 103), fest, daß der Fingerabdruck in der Wohnung S***** vom Angeklagten herrührte, der nicht erst nach diesem Zeitpunkt, sondern schon vorher (nämlich am 25.September 1990) in Haft genommen worden war.

Im übrigen trifft es nicht zu, daß das Erstgericht die Annahme der Täterschaft des Angeklagten M***** ausschließlich auf die vorgefundene Fingerabdruckspur gestützt hätte (siehe US 10).

Die Mängelrüge (Z 5) wendet sich gegen die Urteilsannahme, in den von Kindern am 23.September 1990 in Wr. Neudorf nächst dem Mödlingbach gefundenen Kassetten (S 195) seien nicht nur Wertsachen aus der Wohnung S*****, sondern auch solche der Zeugin P***** verwahrt gewesen, habe doch Josefine P***** als Zeugin genau das Gegenteil gesagt (S 361). Die Beschwerde reißt damit einen einzigen Satz aus der gesamten Darstellung der Zeugin P***** und übergeht dabei, daß die bekämpfte Urteilsannahme auch durch die Aussage dieser Zeugin in ihrer Gesamtheit sehr wohl gedeckt ist. Josefine P***** hat nämlich unter den aufgefundenen Schmuckstücken sowohl eine Damenarmbanduhr als auch eine dünne Perlenkette als ihr Eigentum agnosziert (S 197) und deren Übernahme eigenhändig bestätigt (S 194). Allerdings hat Josefine P***** dem solcherart "aufgefundenen" Schmuck im Verhältnis zur gesamten sie betreffenden Diebsbeute (S 113) ersichtlich keine besondere Bedeutung beigemessen (siehe ON 40).

Im übrigen hat sich unter den beim Angeklagten sichergestellten Wertsachen nichts vom Diebsgut der Josefine P***** befunden. Das Gegenteil haben auch die Erstrichter nicht festgestellt.

Aus den Akten ergeben sich keine erheblichen Bedenken gegen die vom Schöffengericht angenommene Täterschaft des Angeklagten, zumal - wie eben ausgeführt - nach der Aktenlage im aufgefundenen Koffer des Johann S***** auch, wenngleich wertmäßig unbedeutende Schmuckstücke seiner Wohnungsnachbarin Josefine P***** enthalten waren und der in der Wohnung des Johann S***** gesicherte Fingerabdruck eindeutig dem Angeklagten - der außerdem im Vorverfahren noch teilweise geständig war - zugeordnet werden konnte (ON 26).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a), welche Feststellungsmängel geltend macht, bezeichnet dabei nicht - wie es eine gesetzordnungsgemäße Ausführung verlangt hätte - Lücken in den Urteilskonstatierungen, die eine richtige Beurteilung der Sache hindern, ob die dem Angeklagten zur Last fallende Tat eine zur Zuständigkeit der Gerichte gehörige strafbare Handlung begründet, sondern nennt Umstände, die ihrer Meinung nach für die Beweiswürdigung von Relevanz gewesen wären, denen aber die Tatrichter gar keine, zum Teil aber eine andere Bedeutung beigemessen haben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Gemäß § 285 i StPO ist das Oberlandesgericht Wien zur Erledigung der Berufung sowie der gemäß § 494 a Abs. 4 StPO erhobenen Beschwerde zuständig.

Anmerkung

E27886

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0140OS00140.91.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19920128_OGH0002_0140OS00140_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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