TE OGH 1992/9/2 9ObA180/92

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Veröffentlicht am 02.09.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Erich Deutsch und Margarete Heidinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.P***** W*****, Bautechniker, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte ***** wider die beklagte Partei Stadt Krems an der Donau, vertreten durch den Bürgermeister Ing.E***** G*****, ***** dieser vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wegen 288.699,30 S sA und Feststellung (Streitwert 100.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30.April 1992, GZ 34 Ra 63/91-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 5.März 1991, GZ 7 Cga 71/90-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 15.658,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.609,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die behaupteten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Wie zur Rechtsrüge auszuführen sein wird, rechtfertigen auch die vom Erstgericht festgestellten und von der beklagten Partei rechtzeitig geltend gemachten Verfehlungen die Entlassung des Klägers, so daß der Umstand, daß das Berufungsgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung ausführte, "der Kläger hat sämtliche von der Beklagten zur Begründung der Entlassung herangezogenen Fehlverhalten gesetzt", obwohl nicht sämtliche, dem Kläger vorgeworfenen Verfehlungen erwiesen wurden, nicht entscheidungswesentlich ist.

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend sei zu den Ausführungen des Revisionswerbers noch wie folgt Stellung genommen:

Erstmals in der Revision erhebt der Kläger den Einwand, die Auflösung des vorliegenden Dienstvertrages falle gemäß § 37 Abs 1 Z 23 lit j des Kremser Stadtrechtes in die Kompetenz des Gemeinderates, weil das jährliche Entgelt des Klägers die dort angeführten 0,05 %o der veranschlagten ordentlichen Einnahmen übersteige.

Diesem Einwand ist folgendes zu erwidern:

Gemäß § 38 Abs 3 Z 1 des Kremser Stadtrechtes sind dem Stadtsenat alle Personalangelegenheiten, soweit sie nicht dem Gemeinderat oder dem Magistrat vorbehalten sind, zur selbständigen Erledigung vorbehalten. Unter den in § 37 des Kremser Stadtrechtes aufgezählten Agenden des Gemeinderates sind lediglich in Abs 1 Z 15 die Bestellung des Magistratsdirektors und des Leiters des Kontrollamtes und in Abs 1 Z 17 der Dienstpostenplan als Kompetenzen in Personalangelegenheiten angeführt. Die vom Revisionswerber nunmehr ins Treffen geführte Bestimmung ist Teil eines in § 37 Abs 1 Z 23 des Kremser Stadtrechtes unter dem Titel "folgende Angelegenheiten der Vermögenswirtschaft:" enthaltenen umfangreichen Kataloges von Angelegenheiten, wie Erwerb, Veräußerung, Verpfändung und sonstige Belastung von unbeweglichem Vermögen; Beteiligung an einem Unternehmen und die Aufgabe einer solchen Beteiligung, Erwerb und Veräußerung von Aktien, Beitritt zu (und Austritt aus) einer Genossenschaft; Verpfändung von Abgabenertragsanteilen, Erträgnissen aus Gemeindeabgaben und von Gesellschaftsanteilen; Aufnahme oder Gewährung eines Darlehens oder eines Kassenkredites, Übernahme einer Bürgschaft oder einer sonstigen Haftung; Verzicht auf Sicherstellung einer Forderung durch eine Hypothek sowie auf eine Dienstbarkeit oder Reallast; Abgabe einer unbedingten Erbserklärung sowie die Annahme eines Vermächtnisses oder einer Schenkung, die durch eine Auflage beschwert sind; bücherliche Vorrangseinräumung; Erwerb beweglicher Sachen, Entscheidung über Herstellungen, Anschaffungen oder zu vergebende Lieferungen und Leistungen; Veräußerung oder Verpfändung von beweglichem Gemeindevermögen; Bewilligung von Neu-, Um- und Zubauten der Stadt; Gewährung von außerordentlichen Zuwendungen und die Bewilligung von Zuwendungen für Wohltätigkeits-, Bildungs- und sonstige gemeinnützige Zwecke sowie der Abschluß eines Vergleiches. Auch in dem mit "Vermögenswirtschaft" bezeichneten, die §§ 60 bis 64 des Kremser Stadtrechtes umfassenden Abschnitt findet sich keinerlei Hinweis, daß darunter auch Personalangelegenheiten zu verstehen sind.

Zieht man den Inhalt der Bestimmungen des § 37 Abs 1 Z 15, 17 und 23 sowie der §§ 60 bis 64 des Kremser Stadtrechtes zur Auslegung der vom Kläger erstmals in der Revision ins Treffen geführten Bestimmung heran, dann kommt man zum Ergebnis, daß Personalangelegenheiten im Sinne des § 38 Abs 3 Z 1 des Kremser Stadtrechtes nicht den in Z 23 der erstgenannten Bestimmung genannten Angelegenheiten der Vermögenswirtschaft zuzuzählen sind und dem Gemeinderat vorbehaltene Personalangelegenheiten im Sinne des § 38 Abs 3 Z 1 des Kremser Stadtrechtes nur die Bestellung des Magistratsdirektors und des Leiters des Kontrollamtes sind.

Für diese Auslegung spricht auch, daß dem Magistrat gemäß § 47 Abs 2 Z 1 des Kremser Stadtrechtes die Aufnahme, Kündigung und Entlassung von Vertragsarbeitern ohne jede Einschränkung zugewiesen ist. Folgt man den Ausführungen des Revisionswerbers, daß die veranschlagten ordentlichen Einnahmen der Stadt Krems im Jahre 1990, 814,832.000 S betrugen, errechnen sich 0,05 %0 mit 40.741,60 S, so daß - bei Anwendung von § 37 Abs 1 Z 23 lit j des Kremser Stadtrechtes auch auf die Personalangelegenheiten - die Kopmetenz des Magistrates nach § 47 Abs 2 Z 1 des Kremser Stadtrechtes weitgehend obsolet wäre.

Zutreffend ist daher das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Auflösung des Dienstverhältnisses des Klägers gemäß § 38 Abs 3 Z 1 des Kremser Stadtrechtes in die Kompetenz des Stadtsenates fiel.

Das Schreiben des Bürgermeisters vom 25.Mai 1990, in dem dem Kläger der Beschluß des für die Auflösung des Dienstverhältnisses des Klägers zuständigen Stadtsenates vom 23.Mai 1990 mitgeteilt wurde, den Sondervertrag gemäß § 39 Abs 2 lit b, d und e GVBG, LGBl 2420, mit sofortiger Wirkung vorzeitig auszulösen, brachte den Willen der beklagten Partei, den Kläger zu entlassen, hinreichend deutlich zum Ausdruck.

Damit, daß die beklagte Partei unverzüglich nach Bekanntwerden der Vorwürfe den Kläger (am 26.Jänner 1990) suspendierte, brachte sie deutlich zum Ausdruck, daß sie das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht ungeachtet der inkriminierten Verfehlungen fortsetzen werde (siehe auch Arb 9563).

Soweit der Revisionswerber bezüglich einiger der festgestellten und von der beklagten Partei rechtzeitig als Entlassungsgrund geltend gemachten Verfehlungen - rechtswidrige Weisung zur Erteilung einer befristeten Baubewilligung bezüglich des teils im Grünland errichteten Lagers der Firma S*****; rechtswidrige Baulandbestätigung an die Firma G***** GesmbH bezüglich einer als Grünland gewidmeten Fläche; rechtswidrige Baulandbestätigung und eigenmächtige Änderung des Flächenwidmungsplanes in der Angelegenheit Hofrat Dr.G***** F*****; Anzeigenunterdrückung bezüglich der ohne rechtskräftige Abbruchbewilligung unter Mißachtung der auferlegten Bedingungen und sodann entgegen der Anordnung des sofortigen Baustops durchgeführten Abbrucharbeiten auf den M*****gründen; Anzeigenunterdrückung bezüglich der ohne Baubewilligung durchgeführten Bauarbeiten der Firma H***** GesmbH im Objekt O***** L***** 1 - ein bewußt rechtswidriges Verhalten in Abrede stellt bzw das Vorgehen des Klägers zu rechtfertigen sucht, ist ihm zu erwidern, daß - folgt man seiner Darstellung - der Kläger im Fall S***** und bezüglich der Anzeigen im Fall M*****gründe und Firma H*****, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, von einer unvertretbaren Rechtsansicht ausging, im Falle Firma G***** GesmbH grob fahrlässig handelte und sich im Falle Hofrat Dr.F***** bewußt über das für eine Berichtigung der seiner Meinung nach unrichtig vermerkten Flächenwidmung vorgesehene Verfahren hinwegsetzte. Selbst wenn man dem Revisionswerber zubilligte, daß diese Verfehlungen allein noch nicht eine Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit gemäß § 39 Abs 2 lit b des Niederösterreichischen GVBG (inhaltlich entsprechend § 34 Abs 2 b VBG) rechtfertigen, hat sich der Kläger in mehreren weiteren Fällen bewußt rechtswidrig Verhalten, sodaß jedenfalls die Entlassung nach der zitierten Gesetzesbestimmung gerechtfertigt ist, und zwar die Abänderung des Flächenwidmungsplanes (von Grünland in Bauland) ohne Beschluß des Gemeinderates in mehreren Fällen im Jahre 1988, die Verfälschung von Daten von Baubewilligungsbescheiden im Zusammenhang mit der Errichtung einer Lärmschutzwand und die eigenmächtige nachträgliche Änderung eines von Ing.H***** D***** als Verhandlungsleiter verfaßten Protokolles über die Bauverhandlung in der Angelegenheit B***** sowie die Verwendung der dem Kläger unterstellten Vertragsbediensteten G***** S*****, R***** L***** und F***** H***** für vom Kläger privat übernommene Arbeiten während der Dienstzeit.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E32077

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00180.92.0902.000

Dokumentnummer

JJT_19920902_OGH0002_009OBA00180_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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