TE OGH 1993/1/20 3Ob107/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.01.1993
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr.Günther B*****, wider die verpflichtete Partei Verlassenschaft nach Kurt J*****, vertreten durch die eingeantworteten Erben 1) Susanne S*****, 2) Ursula K*****, 3) Karin P*****, 4) Beatrix J*****, 5) Henriette J*****, und 6) Christian J*****, wegen 116.225,40 S sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 31.August 1992, GZ R 55/92-12, womit die Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes Oberwart vom 14.November 1991, GZ E 5801/91-1, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"1.) Aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Oberwart vom 10.6.1991, A 170/89-108, wird der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 116.255,40 S und der mit 3.916,20 S (darin 377,70 S Umsatzsteuer und 1.650,- S Barauslagen) bestimmten Kosten des Exekutionsantrags die Exekution durch Einverleibung des Pfandrechts für die angeführte Forderung auf der Kurt J*****, zugeschriebenen Liegenschaft EZ ***** bewilligt.

Als Exekutionsgericht hat das Bezirksgericht Oberwart einzuschreiten.

2.) Das Mehrbegehren, die Exekution auch durch Vormerkung des Eigentumsrechtes der eingeantworteten Erben auf der genannten Liegenschaft zu bewilligen, wird abgewiesen."

Die betreibende Partei und die Absonderungsgläubigerin Henriette L***** haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Im Verlassenschaftsverfahren nach dem am 5.2.1989 verstorbenen Kurt J***** bewilligte das Erstgericht als Abhandlungsgericht mit Beschluß vom 10.6.1991 der Lebensgefährtin des Erblassers, die beim Landesgericht Eisenstadt zu 1 Cg 71/90 gegen die Verlassenschaft eine Klage unter anderem mit dem Begehren auf Bezahlung von 1,688.378,-- S sA eingebracht und im Verlassenschaftsverfahren noch andere Forderungen geltend gemacht hatte, die Absonderung des Nachlasses vom Vermögen der Erben bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage und Befriedigung der darin allenfalls zuerkannten Forderung und der im Verlassenschaftsverfahren anerkannten Forderungen. Dabei handelt es sich um die Forderungen auf Ersatz der von der Lebensgefährtin des Erblassers bezahlten Begräbniskosten von 37.642,-

S und der von ihr bezahlten "laufenden" Aufwendungen für ein im Eigentum des Erblassers stehendes Haus in der Höhe von 26.131,60 S. Das Erstgericht bestellte einen Absonderungskurator und ordnete die Anmerkung der Absonderung des Nachlasses und der Bestellung des Kurators auf der dem Erblasser zugeschriebenen Liegenschaft an. Die Verlassenschaft wurde in dem von der Absonderungsgläubigerin geführten Rechtsstreit von einem Verlassenschaftskurator vertreten, für den mit Genehmigung des Erstgerichtes als Abhandlungsgericht die nunmehr betreibende Partei, ein Rechtsanwalt, einschritt. Das Erstgericht bestimmte mit Beschluß ebenfalls vom 10.6.1991 dessen Kosten mit 116.255,40 S und trug sie den Erben, denen der Nachlaß zugleich eingeantwortet wurde, zu je einem Sechstel zur Zahlung binnen 14 Tagen auf. In dem Beschluß findet sich auch der Satz: "Eine endgültige Entscheidung über die Kostentagung wird vom Landesgericht Eisenstadt gefällt."

Die betreibende Partei beantragte in einem gegen die Erben gerichteten Exekutionsantrag, ihr zur Hereinbringung der ihr gegen jeden Erben zustehenden Forderung von 19.375,90 S (= ein Sechstel von 116.255,40 S) die Exekution 1. durch Vormerkung des Eigentumsrechtes der Erben zu je einem Sechstel auf der dem Erblasser zugeschriebenen Liegenschaft und 2. durch Einverleibung des Pfandrechts für die Forderung von je 19.375,90 S auf den Liegenschaftsanteilen der Erben zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution in Form eines Bewilligungsvermerks gemäß § 112 Abs 1 Geo.

Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag infolge Rekurses der Absonderungsgläubigerin ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Während der aufrechten Nachlaßabsonderung könne nur der Absonderungsgläubiger auf die Absonderungsmasse Exekution führen. Würde man auch einem anderen Gläubiger den Zugriff hierauf ermöglichen, so könnte der Zweck der Nachlaßabsonderung nicht erreicht werden. Eine zur Absonderungsmasse gehörende Liegenschaft dürfe nämlich selbst von den eingeantworteten Erben nicht veräußert werden. Dieses Ergebnis könnte aber erreicht werden, wenn man die Begründung eines Zwangspfandrechtes zuließe, weil hiedurch ein anderer Gläubiger ein besseres Befriedigungsrecht als der Absonderungsgläubiger erhalten und diesem die Liegenschaft durch eine spätere Verwertung im Weg der Zwangsversteigerung verloren gehen könnte. "Der Exekutionsantrag" der betreibenden Partei sei daher abzuweisen. Dies habe auch die Abweisung ihres auf Vormerkung des Eigentumsrechtes der Erben gerichteten Antrags zur Folge. Nur dann, wenn die beantragte Exekutionsführung auf das Absonderungsvermögen für zulässig erachtet würde, wäre die betreibende Partei im Sinne des § 350 EO berechtigt, die für die Exekutionsführung notwendige Eintragung des Eigentumsrechts der Erben zu begehren.

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Exekutionsantrag ist jedenfalls verfehlt, soweit damit die Vormerkung des Eigentumsrechtes der Erben beantragt wird. Abgesehen davon, daß auch zur Hereinbringung von mit dem Erbfall nicht im Zusammenhang stehender Forderungen gegen den Erben vor dessen Eintragung im Grundbuch Exekution nur nach den §§ 331 ff EO geführt werden kann (SZ 57/177; RPflSlgE 1985/43; der vom Berufungsgericht zitierte § 350 EO betrifft nur Exekutionstitel, die unmittelbar auf Übertragung eines bücherlichen Rechtes lauten), handelt es sich hier um eine Forderung gegen den Nachlaß. Daran ändert nichts, daß in dem den Exekutionstitel bildenden Beschluß schon die Erben als Schuldner angeführt sind, weil sich die Qualifikation einer Schuld als Nachlaßschuld in erster Linie nach deren Inhalt (vgl hiezu Koziol-Welser II9 397 f und Kralik, ErbR 346 f) und nicht nach der im Exekutionstitel als Schuldner bezeichneten Person richtet. Hier kommt dazu noch, daß den Erben der Nachlaß im selben Beschluß eingeantwortet wurde. Der Fall liegt daher nicht anders, wie wenn ein Rechtsstreit zur Durchsetzung einer Forderung gegen den Nachlaß geführt und dieser den Erben vor der rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens eingeantwortet wird. Wenngleich der Exekutionstitel schon auf die Erben lauten mag, ist die darin festgelegte Forderung dennoch als Nachlaßforderung zu behandeln. Ohne Bedeutung ist in all diesen Fällen, ob die Einantwortung bereits rechtskräftig war.

Zur Hereinbringung einer Forderung gegen den Nachlaß ist auch in der Zeit zwischen der Einantwortung des Nachlasses und der Verbücherung des Eigentumsrechtes des Erben Exekution unmittelbar auf eine zum Nachlaß gehörende Liegenschaft zu führen, wobei verpflichtete Partei in diesem Fall noch die durch die Erben vertretene Verlassenschaft ist (EvBl 1977/37; EvBl 1975/226). Hier hat die betreibende Partei durch die Bezeichnung der Liegenschaft als Exekutionsobjekt in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu erkennen gegeben, daß sie von den nach Art der betriebenen Forderung in Betracht kommenden Personen jene in Anspruch nehmen wollte, die nach dem Grundbuchsstand als verpflichtete Partei zu gelten hat. Dies ist aber nach dem Gesagten die Verlassenschaft. Daß die betreibende Partei andere Personen als verpflichtete Parteien anführte, schadet unter diesen Umständen nicht. Die Bezeichnung der verpflichteten Partei war vielmehr in sinngemäßer Anwendung des § 235 Abs 5 ZPO richtig zu stellen (vgl EvBl 1975/226).

Der Vollstreckung des Exekutionstitels steht auch nicht entgegen, daß darin die "endgültige" Entscheidung über die Kostentragung dem Landesgericht Eisenstadt vorbehalten wurde, weil damit offensichtlich gemeint war, daß unter Umständen die dort klagende Absonderungsgläubigerin zum Ersatz der Kosten verurteilt werden könnte. Die Einschränkung macht deshalb den Exekutionstitel nicht unbestimmt und damit nicht gemäß § 7 Abs 1 EO zur Exekutionsführung ungeeignet.

Bei der hier betriebenen Forderung handelt es sich um Kosten der Verwaltung des Nachlasses, weil die Prozeßführung einen Teil der Verwaltung des Nachlasses bildet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Kosten nicht als Kosten des Verlassenschaftskurators hätten bestimmt werden müssen, weil die Bestimmung zugunsten des ihn vertretenden Rechtsanwalts nichts daran ändert, daß es Verwaltungskosten sind (vgl SZ 41/7; SZ 40/122). Solche Kosten gehen aber Gläubigern des Erblassers im Rang vor. Dies ergibt sich daraus, daß sie im Fall des Nachlaßkonkurses gemäß § 47 Abs 1 iVm § 46 Abs 1 Z 2 KO als Masseforderungen vor den Konkursforderungen und damit den Forderungen gegen den Erblasser zu berichtigen wären (vgl Kralik, ErbR 348 und 361). Soweit der hier betriebenen Forderung der Vorrang vor den Ansprüchen der Absonderungsgläubigerin zukommt, kann die Nachlaßabsonderung der Bewilligung der Exekution auf Sachen der Absonderungsmasse aber nicht entgegenstehen.

Die Nachlaßabsonderung wurde allerdings nicht nur zugunsten von Forderungen gegen den Erblasser, sondern auch zugunsten von Forderungen bewilligt, die im Fall des Nachlaßkonkurses Masseforderungen wären. Dies gilt gemäß § 46 Abs 1 Z 7 KO zumindest teilweise für die Begräbniskosten und gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO für die auf das Haus des Erblassers gemachten Aufwendungen. Sie gehören aber gemäß § 47 Abs 2 KO zur selben Gruppe wie die betriebene Forderung, weshalb es auch in dem hier zu entscheidenden Fall darauf ankommt, welche Wirkung die Absonderung des Nachlasses auf das Recht anderer als der Absonderungsgläubiger hat, Exekution auf Sachen der Absonderungsmasse zu führen. Diese Frage wurde bisher nicht eindeutig entschieden und im Schrifttum verschieden beantwortet. In der Entscheidung SZ 15/167 hat der Oberste Gerichtshof zwar darauf hingewiesen, daß Nachlaßgläubiger auf das Nachlaßvermögen Exekution führen könnten, obwohl einem anderen Gläubiger nicht aber ihnen die Absonderung bewilligt wurde; dieser Hinweis war jedoch für die Begründung der Entscheidung nicht tragend. Dasselbe gilt für den in der Entscheidung JBl 1936, 390 enthaltenen Hinweis, daß der Seperatist in Beziehung auf die Exekutionsführung gegenüber anderen Erbschaftsgläubigern keine bevorzugte Stellung genieße. In der Entscheidung EvBl 1968/346 wurde die Frage hingegen offengelassen, weil nur von einer "allenfalls vor- oder gleichrangigen Forderung" des Absonderungsgläubigers die Rede ist. Während Schell in Klang1 (vgl II/1, 805 ff) und Ehrenzweig (vgl FamuErbR2 531 ff) zu der angeführten Frage nicht ausdrücklich Stellung nehmen, vertreten Koziol-Welser (II9 401) und Welser (in Rummel, ABGB2 Rz 23 zu § 812) die Auffassung, daß nur der Absonderungsgläubiger in das abgesonderte Vermögen Exekution führen könne. Im selben Sinne sind wohl auch die Ausführungen von Weiß (in Klang2 III 1022) zu verstehen. Die gegenteilige Meinung hat aber schon Wroblewski (in ZBl 1905, 371 f) vertreten und vertritt in jüngerer Zeit auch Kralik (ErbR 362). Auch Heller-Berger-Stix 2793 lehren, daß die Absonderung nicht die Exekution seitens eines im Besitz eines Exekutionstitels befindlichen "Interessenten" hindert.

Auszugehen ist davon, daß durch die Absonderung des Nachlasses das Nachlaßvermögen gegen die Gefahren gesichert werden soll, die sich aus der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Erben ergeben (SZ 61/131 mwN). Es soll dadurch das Verlassenschaftsvermögen dem Zugriff der Gläubiger des Erben entzogen werden (SZ 56/28 = JBl 1983, 483 mwN). Schon dies legt die Annahme nahe, daß die Absonderung des Nachlasses keinen Einfluß darauf hat, in welcher Weise Gläubiger, die nicht Gläubiger des Erben sind, also Nachlaßgläubiger als Gläubiger des Erblassers und Erbfall - [Erbgang -]Gläubiger (vgl hiezu Koziol-Welser II9 397 f und Kralik, ErbR 346 f), im Verhältnis untereinander aus der Absonderungsmasse die Berichtigung ihrer Forderungen erlangen können. Nun hat zwar die Absonderung des Nachlasses gemäß § 812 letzter Satz ABGB zur Folge, daß der Erbe dem Absonderungsgläubiger selbst bei unbedingter Erbserklärung nicht mehr persönlich, sondern nur mehr mit der Absonderungsmasse, also "cum viribus hereditatis", haftet (NZ 1985, 173; Welser in Rummel, ABGB2 Rz 23 zu § 812). Es ergibt sich aber weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck der Regelung des § 812 ABGB ein Hinweis für die Annahme, daß die Absonderung des Nachlasses auf den Rang des Befriedigungsrechtes eines Nachlaßgläubigers oder auf die Möglichkeit, auf Sachen der Absonderungsmasse Exekution zu führen, Einfluß haben könnte. Diese Möglichkeit steht vielmehr Nachlaßgläubigern derselben Ranggruppe in gleicher Weise und unabhängig davon zu, ob sie die Absonderung des Nachlasses beantragt haben. Sie können dadurch zwar für die Befriedigung ihres Rechtes kraft Priorität einen besseren Rang als der Absonderungsgläubiger erreichen; dies ist aber die konsequente Folge, daß der Absonderungsgläubiger durch die Absonderung des Nachlasses weder ein Pfand noch ein sonstiges Befriedigungsrecht erwirbt (SZ 19/244; JBl 1936, 390; Meyer in NZ 1950, 167; Wroblowski in ZBl 1905, 371; vgl auch SZ 56/28; Welser in Rummel, ABGB2 Rz 23 zu § 812; Weiß in Klang2 III 1022). Auch ein Nachlaßgläubiger, der die Absonderung des Nachlasses nicht beantragt hat, kann daher Exekution auf die Absonderungsmasse führen, wenn seine Forderung derselben Ranggruppe wie die des Separatisten angehört.

Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß gegen die von der betreibenden Partei beantragte zwangsweise Pfandrechtsbegründung kein Hindernis, daß aber für die ebenfalls beantragte Vormerkung des Eigentumsrechtes der Erben weder eine gesetzliche Grundlage noch eine Notwendigkeit besteht. In diesem Punkt hat es daher bei der vom Rekursgericht ausgesprochenen Abweisung des Exekutionsantrages zu verbleiben; im übrigen war die beantragte Exekution hingegen zu bewilligen.

Der Ausspruch über die Kosten des Exekutionsantrages beruht auf § 74 EO, jener über die Rechtsmittelkosten auf § 78 EO iVm § 43 Abs 1 und § 50 ZPO. Die betreibende Partei hat in dem über die Bewilligung der Exekution entstandenen Streit nur mit einem Teil obsiegt, wobei angenommen werden kann, daß der bewilligte und abgewiesene Teil gleichwertig sind.

Anmerkung

E34196

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0030OB00107.92.0120.000

Dokumentnummer

JJT_19930120_OGH0002_0030OB00107_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten