TE Vwgh Erkenntnis 2006/2/22 2005/09/0010

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Veröffentlicht am 22.02.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;
63/02 Gehaltsgesetz;
63/05 Reisegebührenvorschrift;

Norm

GehG 1956;
RGV 1955 §13 Abs1;
RGV 1955 §17;
Vollzugs- und WegegebührenG 1975 §6 Abs1;
VollzugsgebührenG 2003 §25 Abs1;
VollzugsgebührenG 2003 §25 Abs2 Z2;
VollzugsgebührenG 2003 §26;
VollzugsgebührenG 2003 §4 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des S in P, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 13. August 2004, Zl. BMJ-A22000/0001-Pr 7/2004, betreffend Reisegebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Gerichtsvollzieher in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 12. Dezember 2003 wurde er als Gerichtsvollzieher an das Oberlandesgericht Wien versetzt, wobei als Dienstort im Sinne der Reisegebührenvorschrift das Bezirksgericht P bestimmt wurde.

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. Januar 2004 wurde der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 1. Februar 2004 "bis auf Weiteres" für einen Tag der Woche dem Bezirksgericht N als Gerichtsvollzieher dienstzugeteilt.

Mit Reiserechnung vom 16. März 2004 machte der Beschwerdeführer für dienstliche Fahrten zum Bezirksgericht N folgende Gebührenansprüche geltend:

"Fortl. Zahl

Tag

Zeitraum

Tagesgebühren

Fahrtkosten für

52 km PKW

1

03.02.2004

05.50-18.15 Uhr

EUR 24,60

EUR 18,51

2

10.02.2004

05.45-18.30 Uhr

EUR 24,60

EUR 18,51

3

17.02.2004

05.45-18.30 Uhr

EUR 24,60

EUR 18,51

4

19.022004

05.30-18.00 Uhr

EUR 24,60

EUR 18,51

 

 

Summe daher

EUR 98,40

EUR 74,04"

Die Benützung des eigenen Pkws wurde als im dienstlichen Interesse gelegen im Sinne des § 10 Abs. 2 RGV 1955 bestätigt.

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 11. Juni 2004 wurden für dienstlich angeordnete Fahrten zum außerhalb des ihm zugewiesenen Vollzugsgebietes gelegenen Bezirksgericht N in der Zeit vom 3. bis 19. Februar 2004 Fahrtkosten gemäß § 26 Vollzugsgebührengesetz in Verbindung mit § 10 Abs. 2 Reisegebührenvorschrift 1955 in der Höhe von insgesamt EUR 74,04 als gebührlich befunden und angewiesen, das darüber hinausgehende Mehrbegehren (Anm.: an geltend gemachten Tagesgebühren) in der Höhe von EUR 98,40 hingegen abgewiesen. Nach Zitierung der §§ 25 Abs. 1 und 26 des Vollzugsgebührengesetzes begründete die belangte Behörde die Abweisung der geltend gemachten Tagesgebühren im Wesentlichen damit, aus § 26 des Vollzugsgebührengesetzes gehe nicht klar hervor, ob der Gesetzgeber mit dem Wort "Reisegebühren" auch eine Zuerkennung von Tagesgebühren beabsichtigt habe. Im konkreten Fall sei eine Klärung dieser Frage allerdings entbehrlich, weil das Ausmaß von Tagesgebühren durch § 17 Abs. 1 Reisegebührenvorschrift 1955 normiert werde, wonach ein Anspruch auf Tagesgebühren erst bei einer fünf Stunden überschreitenden Reisedauer entstehe. Der vorgelegten Reiserechnung könne zwar nicht entnommen werden, wie lang An- und Rückfahrt jeweils gedauert hätten, jedoch könne bei einem zielgerichteten Reisen vom Dienstort P nach N und retour davon ausgegangen werden, dass die Reisezeiten unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges insgesamt fünf Stunden nicht überschritten und daher ein Anspruch auf allfällige Tagesgebühren nicht gegeben sei. Eine Einrechnung der Zeiten des Aufenthaltes im Sprengel N in die Berechnung allfälliger Tagesgebühren sei durch den § 26 des Vollzugsgebührengesetzes ausdrücklich ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. August 2004 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde begründend aus, § 25 Vollzugsgebührengesetz sehe vor, dass der mit der Tätigkeit des Gerichtsvollziehers verbundene Aufwand durch die in diesem Gesetz vorgesehene Vergütung und den Fahrtkostenersatz abgedeckt sei und dem Gerichtsvollzieher darüber hinaus keine weiteren Ansprüche zustünden. § 26 Vollzugsgebührengesetz sei demgegenüber nicht dahingehend auszulegen, dass dem Gerichtsvollzieher zusätzlich zu den Reisegebühren für die An- und Abreise von seinem Dienstort zu dem Bezirksgericht, in welchem das zusätzliche Vollzugsgebiet liege, Tagesgebühren im Sinne des § 13 Reisegebührenvorschrift 1955 zustünden. Da die angeführte Gesetzesstelle ausschließlich "Reisegebühren für die Anreise und Abreise" und nicht "Gebühren nach der Reisegebührenvorschrift 1955" vorsehe, stehe die Auslegung des Beschwerdeführers dem Wortlaut des § 26 Vollzugsgebührengesetz entgegen. Fahrtkosten seien ihm antragsgemäß zuerkannt worden; darüber hinausgehende Ansprüche ließen sich aus § 26 Vollzugsgebührengesetz jedoch nicht ableiten. Diese Bestimmung sehe keine Vergütung für die Zeit des Aufenthaltes in dem weiteren Vollzugsgebiet vor, sondern lediglich für die An- und Abreise vom Dienstort des Gerichtsvollziehers zu dem Bezirksgericht, in welchem das zusätzliche Vollzugsgebiet liege. Für die Dauer der An- und Abreise bestehe schon deshalb kein Anspruch auf Tagesgebühren, weil gemäß § 17 Abs. 1 Reisegebührenvorschrift 1955 dieser erst bei einer fünf Stunden überschreitenden Reisedauer entstehe. Dies sei bei einem zielgerichteten Reisen vom Dienstort P nach N und retour (insgesamt 52 km) unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges nicht der Fall.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde, deren Behandlung jedoch mit Beschluss vom 6. Dezember 2004, B 1252/04-3, abgelehnt wurde und die auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 31. Januar 2005, B 1252/04-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde. In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Tagesgebühr nach den Bestimmungen der RGV 1955 (§§ 13, 22) sowie durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes sowie der §§ 25 und 26 des Vollzugsgebührengesetzes verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 des Vollzugsgebührengesetzes (VGebG), BGBl. I Nr. 31/2003, hat der Gerichtsvollzieher für die gesetz- und auftragsgemäß durchgeführten Handlungen einen Anspruch auf Vergütung nach §§ 8 bis 18 sowie Ersatz seiner Fahrtkosten.

§ 25 VGebG lautet:

"(1) Die Vergütung und der Ersatz der Fahrtkosten treten an die Stelle der Ansprüche, die sich für Bundesbeamte aus §§ 16 bis 18 und 19a bis 20a des Gehaltsgesetzes 1956 und aus der Reisegebührenvorschrift 1955 ergeben. Gleiches gilt für Vertragsbedienstete in Verbindung mit § 22 Abs. 1 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948.

(2) Die Vergütung gilt mit

1. 70 % als Überstundenvergütung (§ 16 des Gehaltsgesetzes 1956); hievon stellen 33,3 % den Überstundenzuschlag dar,

2. 23 % als Reisezulage (§ 13 Abs. 1 der Reisegebührenvorschrift 1955),

3. 5 % als Aufwandsentschädigung (§ 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956) und

4. 2 % als Fehlgeldentschädigung (§ 20a des Gehaltsgesetzes 1956).

(3) Der Fahrtkostenersatz gilt als Reisekostenvergütung und als Nächtigungsgebühr nach Abschnitt II der Reisegebührenvorschrift 1955."

Der § 26 VGebG lautet:

"Bei einer vorübergehenden Betrauung mit einem weiteren Vollzugsgebiet gebühren dem Gerichtsvollzieher Reisegebühren für die Anreise und Abreise von seinem Dienstort zu dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der überwiegende Teil dieses Vollzugsgebietes liegt."

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde im Wesentlichen geltend, dass neben der Vergütung im Sinne des § 25 Abs. 1 Vollzugsgebührengesetz (VGebG) und den nach § 26 leg. cit. gebührenden Reisegebühren für An- und Abreise vom Dienstort zu dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der überwiegende Teil des Vollzugsgebietes liegt, auch ein Anspruch auf Tagesgebühr nach § 17 Reisegebührenvorschrift (RGV) 1955 besteht.

Dem ist Folgendes entgegen zu halten:

Nach § 13 Abs. 1 RGV 1955 besteht die Reisezulage (gestaffelt nach Gebührenstufen und Tarifen) aus der "Tagesgebühr" und der "Nächtigungsgebühr". Wie sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage 50 Blg NR XXII. GP, ergibt, entspricht § 25 VGebG im Wesentlichen der Vorgängerbestimmung des § 6 des Vollzugs- und Wegegebührengesetzes, wobei es das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel war und ist, mittels Vergütung und Fahrtkostenersatz den mit der Tätigkeit des Gerichtsvollziehers verbundenen Aufwand abzudecken (siehe dazu Erläuterungen zur Regierungsvorlage 50 Blg NR XXII. GP, und Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Vollzugs- und Wegegebührengesetzes, BGBl. 413/1975, 1537 BlgNR XIII. GP).

Es sollten nach den zuletzt genannten Erläuterungen (insbesondere zu § 6 Vollzugs- und Wegegebührengesetz, BGBl. Nr. 413/1975) die Vollzugs- und Wegegebühren an die Stelle von Nebengebühren (§ 15 Gehaltsgesetz 1956) und Reisegebühren (Reisegebührenvorschrift 1955) treten. Das einschränkende Wort "insoweit" in § 6 Abs. 1 des Vollzugs- und Wegegebührengesetzes sollte zum Ausdruck bringen, dass der Gerichtsbedienstete anderer Nebengebühren, die für Leistungen stünden, die keine Amtshandlungen im Sinne des Gesetzesentwurfes seien, nicht verlustig gehe.

§ 25 Abs. 1 VGebG enthält keine derartige Einschränkung, normiert aber, dass die "Vergütung und der Ersatz der Fahrtkosten an die Stelle der Ansprüche, die sich für Bundesbeamte aus §§ 16 bis 18 und 19a bis 20a des Gehaltsgesetzes 1956 und aus der Reisegebührenvorschrift 1955 ergeben," treten. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung setzt sich die Vollzugsgebühr entsprechend der Tätigkeit des Gerichtsvollziehers besoldungsrechtlich aus Überstundenvergütung (§ 16 Gehaltsgesetz 1956), Reisezulage (§ 13 Abs. 1 Reisegebührenvorschrift 1955), Aufwandsentschädigung (§ 20 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956) und Fehlgeldentschädigung (§ 20a Gehaltsgesetz 1956) zusammen. Die Höhe des auf Überstundenvergütung, Reisezulage, Aufwandsentschädigung und Fehlgeldentschädigung entfallenden Hundertsatzes sei - so die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur im Wesentlichen unverändert übernommenen Vorgängerbestimmung des § 6 Abs. 1 Vollzugs- und Wegegebührengesetz, 1537 BlgNR XIII. GP - auf Grund gepflogener Erhebungen über die Abwicklung der Amtshandlung der Gerichtsvollzieher im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen festgelegt worden. Um Doppelansprüche aus demselben Rechtsgrund, aber aus verschiedenen Rechtstiteln auszuschließen, trete der Anspruch des Gerichtsvollziehers auf eine Vergütung nach diesem Bundesgesetz an die Stelle der sich aus dem im Abs. 1 angeführten Bestimmungen des Gehaltsgesetzes und aus der Reisegebührenvorschrift 1955 ergebenden Ansprüche. Daneben bleibe die Reisegebührenvorschrift 1955 in den Fällen des § 14 Abs. 1 Z. 3 und § 16 anwendbar. An diesen Überlegungen zur Einführung des Vollzugs- und Wegegebührengesetzes wurde bei Beschlussfassung über die Einführung der Nachfolgebestimmung des Vollzugsgebührengesetzes 2003 offenbar keine Änderung vorgenommen. Vielmehr verweist auch der nunmehr in Geltung stehende § 25 Abs. 2 VGebG in seiner Z. 2 auf die Reisezulage im Sinne des § 13 Abs. 1 der Reisegebührenvorschrift 1955, die sowohl Tagesgebühr als auch Nächtigungsgebühr umfasst. Daher ist im Sinne des § 25 Abs. 1 VGebG ein weiter gehender Anspruch auf Tagesgebühr nicht gegeben.

§ 26 VGebG - diese Bestimmung ist als lex specialis zur RGV 1955 hier sehr wohl anzuwenden - bestimmt lediglich, dass - so die Erläuterungen zur Regierungsvorlage - auch im Falle der vorübergehenden Betrauung mit einem weiteren Vollzugsgebiet der Gerichtsvollzieher seinen Anspruch auf Reisegebühren für die An- und Abreise von seinem Dienstort zum Bezirksgericht, in welchem das zusätzliche Vollzugsgebiet liegt, "nicht verliert". Eine Grundlage für einen zusätzlichen Anspruch auf Tagesgebühr bietet diese Bestimmung nicht.

Die Ansprüche des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner Dienstzuteilung sind somit im VGebG abschließend geregelt; ein Anspruch auf Tagesgebühr nach § 13 Abs. 1 RGV 1955 besteht im vorliegenden Fall nicht.

Aus diesem Grund war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 22. Februar 2006

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005090010.X00

Im RIS seit

17.03.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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