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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31992L0044 ONP-RL Mietleitungen idF 31997L0051;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des HS in W, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. Juli 2002, Zl. UVS-06//26/4177/2001/11, betreffend Übertretung des Telekommunikationsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer wurde als Vorstandsvorsitzendem der A AG mit Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. Februar 2001 zur Last gelegt, "seit 1. Mai 2000 bis dato einen konzessionspflichtigen Telekommunikationsdienst und zwar das Anbieten von internationalen Mietleitungen als Marktsegment des Marktes für das öffentliche Anbieten von Mietleitungen, ohne Genehmigung der Entgelte erbracht" und dadurch § 18 Abs. 1 und 6 iVm § 104 Abs. 3 Z 4 Telekommunikationsgesetz, BGBl. I Nr. 100/1997 idF BGBl. I Nr. 26/2000, verletzt zu haben. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 200.000,-- (EUR 14.534,57) sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen verhängt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis "in der Schuldfrage keine Folge gegeben, in der Straffrage jedoch insofern, als die Geldstrafe ... auf EUR 5.000,--, bei Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen, herabgesetzt" wurde.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, sie erachte sich an den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 5. Juni 1999, M 1/99- 218, gebunden. In diesem Bescheid sei festgestellt worden, dass hinsichtlich internationaler Mietleitungen kein relevanter Markt im Sinne des § 33 Abs. 1 TKG vorliege, sodass auch die hiefür verrechneten Entgelte genehmigungspflichtig seien. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer mehrmals dazu aufgefordert worden sei, die erforderlichen Genehmigungen einzuholen, sei von vorsätzlicher Tatbegehung auszugehen. Die Strafe sei im Hinblick auf die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers herabgesetzt worden, eine weitere Herabsetzung bzw. eine Ermahnung gemäß § 21 VStG sei jedoch im Hinblick auf den langen Tatzeitraum und die sachlich "und geographisch" als bedeutend einzustufende Angelegenheit aus general- und spezialpräventiven Überlegungen nicht in Betracht gekommen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen:
1. § 104 Abs. 3 Z 4 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 100/1997, lautete sowohl in der bis 31. Mai 2000 (BGBl. I Nr. 188/1999) als auch in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 26/2000) wie folgt:
"(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen, wer
...
4. entgegen § 18 Abs. 1 einen Telekommunikationsdienst erbringt, ohne dass die Genehmigung der Geschäftsbedingungen oder der Entgelte vorliegt;
..."
Gemäß § 18 Abs. 6 Z 2 TKG, BGBl. I Nr. 100/1997, bedürfen die Entgelte für den öffentlichen Telekommunikationsdienst "Anbieten von Mietleitungen" der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde, "sofern der Anbieter des Dienstes über eine marktbeherrschende Stellung verfügt". Ist eine solche Genehmigung erforderlich, darf der Telekommunikationsdienst gemäß § 18 Abs. 1 TKG erst erbracht werden, wenn die Genehmigung vorliegt.
2. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid mit der Begründung, in Bezug auf den "internationalen Mietleitungsmarkt" sei eine Genehmigung der Entgelte durch die Regulierungsbehörde nicht vorgesehen. Der "internationale Mietleitungsmarkt als hochgradig kompetitiver Mietleitungsmarkt" sei ein Markt, "auf dem die A eine marktbeherrschende Stellung nicht inne hat". Die Telekom-Control-Kommission habe zwar in ihrem "Marktbeherrschungsbescheid M 1/99-218 vom 15.06.1999 festgestellt ..., dass die A auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Mietleitungsmarktes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes marktbeherrschend im Sinne des TKG sei", die belangte Behörde habe jedoch zu Unrecht eine "Bindungswirkung" dieses Bescheides angenommen. Aus diesem Grund seien auch jegliche Ermittlungen in Bezug auf die Marktverhältnisse auf dem internationalen Mietleitungsmarkt, der "inhaltlich nach gesichertem Stand des
europäischen Wettbewerbsrechts ... einen eigenen Markt bildet",
unterblieben.
3. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Auffassung, dass die Entgelte für das Anbieten von "internationalen Mietleitungen" durch die A AG keiner Genehmigung im Sinne des § 18 Abs. 6 TKG bedurft hätten, nicht im Recht.
Die Telekom-Control-Kommission hat mit dem erwähnten Bescheid vom 15. Juni 1999, M 1/99-218, über die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung der A AG entschieden und darin festgestellt, dass die A AG "auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes sowie auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Mietleitungsdienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes marktbeherrschend im Sinn des TKG ist" (Spruchpunkt A). Ferner wurden mit diesem Bescheid gemäß § 33 Abs. 4 TKG iVm § 111 Z 5 TKG die Anträge der Beschwerdeführerin auf Feststellung, ob diese auf den Märkten für Satellitenstromwege, für internationale Mietleitungen, für DDL-D und DDL-S-Mietleitungen sowie auf dem Markt für Freephonedienste marktbeherrschend sei, zurückgewiesen (Spruchpunkt B).
Mit Erkenntnis vom 8. September 2004, Zl. 2003/03/0111, hat der Verwaltungsgerichtshof die von der A AG gegen den Bescheid vom 15. Juni 1999 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung seines Erkenntnisses hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf die marktbeherrschende Stellung der A AG hinsichtlich des Anbietens von "internationalen Mietleitungen" unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. November 2003, Zl. 2002/03/0284, Folgendes ausgeführt:
"Soweit die Beschwerde vorbringt, dass internationale Mietleitungen marktmäßig von den Mietleitungen nationalen Charakters zu unterscheiden seien, ist ihr entgegenzuhalten, dass - wie in dem zitierten hg. Erkenntnis ausgeführt - durch das maßgebliche Gemeinschaftsrecht bestimmte Märkte normativ vorgegeben sind, u.a. der Markt für den Mietleitungsdienst, ohne dass dieser Markt weiter unterteilt wäre.
Die vom Gemeinschaftsrecht vorgegebenen Märkte müssen, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18. November 2003 dargelegt hat, nicht mit nach allgemeinem Wettbewerbsrecht festgestellten Märkten übereinstimmen. Da eine weitere Unterteilung des (neben drei weiteren Märkten) vorgegebenen Mietleitungsmarktes (vgl. die Richtlinien 97/33/EG sowie 92/44/EG in der Fassung RL 97/51/EG) von den anzuwendenden Richtlinien nicht vorgesehen ist, war die im Bescheid vom 15. Juni 1999 von der Telekom-Control-Kommission in Bezug auf den "Markt für das Erbringen des öffentlichen Mietleitungsdienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes" festgestellte marktbeherrschende Stellung der A AG auch für das Anbieten von "internationalen Mietleitungen" maßgeblich. Diese marktbeherrschende Stellung verpflichtete die A AG, die Entgelte für das Anbieten von Mietleitungen gemäß § 18 Abs. 1 und 6 TKG von der Regulierungsbehörde genehmigen zu lassen müssen. Da die in Rede stehenden Mietleitungen angeboten wurden, ohne dass eine solche Genehmigung vorlag, hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretung gemäß § 104 Abs. 3 Z 4 TKG zutreffend zur Last gelegt.
4. Da dieses auf dem erwähnten Bescheid der Telekom-Control-Kommission basierende Ergebnis aus den dargelegten Gründen nicht als rechtswidrig erkannt werden kann, kommt es auf eine Bindungswirkung der mit Punkt B des Bescheides vom 15. Juni 1999 ausgesprochenen Antragszurückweisung nicht an. Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage brauchte die belangte Behörde schließlich auch keine Ermittlungen in Bezug auf die Marktverhältnisse auf dem "internationalen Mietleitungsmarkt" anzustellen.
5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 28. Februar 2006
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2002030243.X00Im RIS seit
22.03.2006Zuletzt aktualisiert am
04.08.2016