TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/28 2003/10/0267

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Veröffentlicht am 28.04.2006
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Index

L55005 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Salzburg;
L60005 Landwirtschaftskammer Salzburg;
L65005 Jagd Wild Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §2 Abs3 Z2;
JagdG Slbg 1993 §109;
JagdG Slbg 1993 §4 Z1 lita;
JagdG Slbg 1993 §4;
LWKG Slbg 2000 §3;
NatSchG Slbg 1999 §24 Abs1 lita idF 2002/001;
NatSchG Slbg 1999 §24 Abs1 litb idF 2002/001;
NatSchG Slbg 1999 §24 Abs3 idF 2002/001;
NatSchG Slbg 1999 §24 Abs4 Z1 idF 2002/001;
NatSchG Slbg 1999 §24 Abs5 idF 2002/001;
NatSchG Slbg 1999 §5 Z23 idF 2002/001;
NatSchG Slbg 1999 §5 Z8 idF 2002/001;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des J und der ES in W, beide vertreten durch Dr. Peter Lechenauer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 10, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 4. September 2003, Zl. 21301-RI- 594/6-2003, betreffend naturschutzbehördlicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 4. September 2003 wurde dem Antrag der Salzburger Landesumweltanwaltschaft folgend den beschwerdeführenden Parteien aufgetragen, das auf den Grundparzellen 1023, 1024, 1022/1, 1022/2, 1021, 1019, 1018 und 1017, KG Werfenweng, errichtete Wildtierzuchtgatter und sämtliche damit zusammenhängende Anlagenteile binnen festgesetzter Frist zu entfernen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, das von den beschwerdeführenden Parteien auf den in ihrem Eigentum stehenden Grundparzellen errichtete Wildtierzuchtgatter sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann (BH) jagd- und wasserrechtlich, nicht aber naturschutzrechtlich bewilligt worden. Laut Stellungnahme der Naturschutzbeauftragten seien durch die Errichtung des Wildtierzuchtgatters Moorbereiche sowie Fließgewässer samt ihren Begleitgehölzen und Hochwasserabflussgebieten betroffen; es handle sich um gemäß § 24 Abs. 1 lit. a und b Salzburger Naturschutzgesetz geschützte Lebensräume. Die Naturschutzbeauftragte habe weiters nicht ausschließen können, dass das Wildtierzuchtgatter mehr als nur unbedeutende Auswirkungen auf die erwähnten Lebensräume habe. Dem seien die beschwerdeführenden Parteien nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Ausnahmen von der Bewilligungspflicht im Sinn des § 24 Abs. 4 Z. 1 Salzburger Naturschutzgesetz zu Gunsten von Maßnahmen im Rahmen der ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung oder des § 24 Abs. 4 Z. 2 Salzburger Naturschutzgesetz zu Gunsten von Maßnahmen im Rahmen der waidgerechten Jagd kämen nicht in Betracht. Unter "ordnungsgemäßer land- und forstwirtschaftlicher Nutzung" sei nach den Begriffsbestimmungen des Salzburger Naturschutzgesetzes (§ 5 Z. 23) nämlich "jede Tätigkeit zur Hervorbringung und Gewinnung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse ..." zu verstehen. Damwild, wie es im Wildtierzuchtgatter der beschwerdeführenden Parteien gezüchtet und gehalten werde, sei jedoch kein land- und forstwirtschaftliches Erzeugnis, sondern Wild gemäß § 4 des Salzburger Jagdgesetzes. Jagd und Fischerei würden zwar der Land- und Forstwirtschaft zugeordnet, stellten jedoch selbst keine land- und forstwirtschaftliche Nutzung dar. Die Errichtung von Anlagen falle überhaupt nicht unter den Begriff "land- und forstwirtschaftliche Nutzung". Schließlich sei die Errichtung und der Betrieb eines Wildtierzuchtgatters auch nicht als Maßnahme im Rahmen waidgerechter Jagd anzusehen. Die weiteren Ausnahmevoraussetzungen gemäß § 24 Abs. 4 Z. 1 und Z. 2 Salzburger Naturschutzgesetz, dass mit der Maßnahme keine länger dauernde Beeinträchtigung der Lebensräume verbunden sei, müsse nicht mehr geprüft werden. Es sei aber der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass eine solche Beeinträchtigung von der Naturschutzbeauftragten nicht habe ausgeschlossen werden können. Ob durch das Wildtierzuchtgatter erhebliche Beeinträchtigungen der geschützten Lebensräume zu erwarten seien, sei im Verfahren zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht entscheidend. Da die beschwerdeführenden Parteien das bewilligungspflichtige Wildtierzuchtgatter ohne naturschutzrechtliche Bewilligung errichtet hätten, sei ihnen spruchgemäß dessen Entfernung aufzutragen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 46 Abs. 1 Salzburger Naturschutzgesetz 1999, LGBl. Nr. 79/1999 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 1/2002 (Sbg NatSchG), kann die Behörde, wenn bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder unrechtmäßig ausgeführt wurden, unabhängig von einer Bestrafung demjenigen, der das Vorhaben rechtswidrig ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen angemessener Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand in einer von ihr als sachgemäß bezeichneten Weise wiederherzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass den Interessen des Naturschutzes möglichst weitgehend Rechnung getragen wird.

Gemäß § 24 Abs. 1 Sbg NatSchG sind nach Maßgabe der Bestimmungen des Abs. 3 bis 6 u.a. geschützt:

a) Moore, Sümpfe, Quellfluren, Bruch- und Galeriewälder und sonstige Begleitgehölze an fließenden und stehenden Gewässern;

b) oberirdisch fließende Gewässer einschließlich ihrer gestauten Bereiche und Hochwasserabflussgebiete.

Maßnahmen, die Eingriffe in diese Lebensräume bewirken können, sind gemäß § 24 Abs. 3 Sbg NatSchG nur mit naturschutzbehördlicher Bewilligung zulässig.

Unter "Eingriffen" sind gemäß § 5 Z. 8 Sbg NatSchG vorübergehende oder dauerhafte Maßnahmen zu verstehen, die einzeln oder zusammen mit anderen Maßnahmen nicht nur unbedeutende Auswirkungen auf das Schutzgebiet oder Objekt oder im Hinblick auf den Schutzzweck bewirken können oder durch eine mehrfache Wiederholung oder Häufung derartiger Maßnahmen voraussichtlich bewirken. Ein Eingriff liegt auch dann vor, wenn die Maßnahmen selbst außerhalb des Schutzgebietes oder Objektes ihren Ausgang nehmen.

Nicht als Eingriffe gelten gemäß § 24 Abs. 4 Sbg NatSchG:

1. Maßnahmen im Rahmen der ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung einschließlich der dafür notwendigen Einfriedungen, wenn damit keine länger dauernde Beeinträchtigung im Sinn des Abs. 5 verbunden ist und

2. Maßnahmen im Rahmen der waidgerechten Jagd und Fischerei, wenn damit keine länger dauernde Beeinträchtigung im Sinn des Abs. 5 verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 5 Sbg NatSchG ist eine Ausnahmebewilligung im Sinn des Abs. 3 dann zu erteilen, wenn die geplanten Maßnahmen nur unbedeutende abträgliche Auswirkungen auf die Eigenart oder ökologischen Verhältnisse des Lebensraumes oder Teile desselben, auf das Landschaftsbild, den Charakter der Landschaft, den Naturhaushalt oder den Wert der Landschaft für die Erholung bewirken können oder die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 zweiter Satz zutreffen.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, das von den beschwerdeführenden Parteien errichtete Wildtierzuchtgatter sei als Eingriff in gemäß § 24 Abs. 1 Sbg NatSchG geschützte Lebensräume zu qualifizieren, zum einen, weil von naturschutzfachlicher Seite nicht habe ausgeschlossen werden können, dass es mehr als nur unbedeutende Auswirkungen auf diese Lebensräume haben könne, und zum anderen, weil die Voraussetzungen, bei deren Erfüllung eine den Eingriffstatbestand verwirklichende Maßnahme nicht als Eingriff gelte, nicht erfüllt seien. Weder handle es sich um land- und forstwirtschaftliche Nutzung, noch um die Ausübung waidgerechter Jagd. Im Übrigen habe eine länger dauernde Beeinträchtigung naturschutzfachlich nicht ausgeschlossen werden können. Es sei daher der Auftrag zur Entfernung des ohne - gemäß § 24 Abs. 3 Sbg NatSchG erforderliche -

Bewilligung errichteten Wildtierzuchtgatters aufzutragen gewesen.

Die beschwerdeführenden Parteien halten zunächst dagegen, es mangle dem angefochtenen Bescheid an Feststellungen, denen zufolge das Wildtierzuchtgatter nicht nur unbedeutende Auswirkungen auf die geschützten Lebensräume haben könne; dass die Naturschutzbeauftragte in ihrer im jagd- und wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren erstatteten Stellungnahme eine solche Möglichkeit nicht habe ausschließen können, reiche nicht aus. Weiters habe die belangte Behörde verkannt, dass die Züchtung und Haltung von Damwild Teil der ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung der Grundflächen der beschwerdeführenden Parteien sei. Die Haltung von Damwild in Gattern sei Tierhaltung und gehöre zur landwirtschaftlichen Urproduktion. Da auch die weitere Voraussetzung, dass damit keine länger dauernde Beeinträchtigung verbunden sein dürfe, erfüllt sei - dies werde u.a. durch einen Aktenvermerk der BH vom 4. Juli 2003 bestätigt - hätte die belangte Behörde, selbst wenn der Eingriffstatbestand an sich verwirklicht worden wäre, davon ausgehen müssen, dass der Ausnahmefall des § 24 Abs. 4 Z. 1 Sbg NatSchG erfüllt und Bewilligungspflicht daher nicht gegeben sei.

Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, dass das in Rede stehende Wildtierzuchtgatter von den beschwerdeführenden Parteien im Bereich von gemäß § 24 Abs. 1 lit. a und lit. b Sbg NatSchG geschützten Lebensräumen ohne Bewilligung im Sinn des § 24 Abs. 3 Sbg NatSchG errichtet wurde. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hängt daher ausschließlich von der Frage ab, ob das Wildtierzuchtgatter als (bewilligungspflichtiger) Eingriff gemäß § 24 Abs. 3 und 3 Sbg NatSchG zu beurteilen ist.

Für die Beurteilung einer Maßnahme als "Eingriff" ist gemäß § 5 Z. 8 Sbg NatSchG entscheidend, ob dadurch Auswirkungen auf das Schutzgut bewirkt werden können, die die Schwelle der Unerheblichkeit überschreiten. Als "Eingriff" kommt daher (nur) eine solche Maßnahme in Betracht, die ihrer Art und Intensität nach (grundsätzlich) geeignet ist, bedeutende Auswirkungen auf das Schutzgut zu entfalten.

Die Naturschutzbeauftragte hat nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten im jagd- und wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren betreffend das Wildtierzuchtgatter der beschwerdeführenden Parteien ausgeführt, ein Damwild-, wie überhaupt ein Wildgatter mit seinen Einrichtungen und dem darin lebenden Wild würde zu "deutlichem Vertreten des Unterwuchses im Wald und zu Vertreten der Rispenseggensumpfvegetation" sowie "zu optischen Beeinträchtigungen durch die Errichtung der Fütterungsstellen und die Abzäunungen des gesamten Geländes" führen. Das Gatter sei daher geeignet, mehr als nur unbedeutend abträgliche Auswirkungen auf den Lebensraumkomplex zu bewirken.

Davon ausgehend ist zunächst die Auffassung der belangten Behörde, ein Wildtierzuchtgatter im fraglichen Bereich sei (grundsätzlich) geeignet, erhebliche Auswirkungen auf die Vegetation (Vertreten des Unterwuchses und der Sumpfvegetation) zu üben, nicht zu beanstanden; ob dies gleichermaßen auf die Eignung des Wildtierzuchtgatters zutrifft, optische Beeinträchtigungen der in Betracht kommenden Lebensräume zu bewirken, kann bei diesem Ergebnis dahinstehen.

Die Frage, ob eine Beweidung der Grundflächen durch höchstens 20 Stück Damwild anstelle der bisher geübten Beweidung eine Verschlechterung für die bestehende Vegetation bedeute, ist gegebenenfalls im Bewilligungsverfahren relevant. An der (grundsätzlichen) Eignung der Gatteranlage, die erwähnten Auswirkungen auf die Vegetation des geschützten Lebensraumes zu üben, ändert dies jedoch nichts.

Nun gelten allerdings Maßnahmen im Rahmen der ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung einschließlich der dafür notwendigen Einfriedungen gemäß § 24 Abs. 4 Z. 1 Sbg NatSchG nicht als Eingriffe, wenn damit keine länger dauernde Beeinträchtigung im Sinn des Abs. 5 verbunden ist.

Die belangte Behörde hat die Erfüllung dieses Ausnahmetatbestandes mit der Begründung verneint, Gatterhaltung von Damwild sei keine "land- und forstwirtschaftliche Nutzung", weil dabei kein "land- und forstwirtschaftliches Erzeugnis" hervorgebracht bzw. gewonnen werde, sondern Wild im Sinn des § 4 Sbg Jagdgesetz.

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass gemäß § 4 Z. 1 lit. a Sbg Jagdgesetz nur wildlebende Tiere der Art "Damwild" als "Wild" im Sinne des Gesetzes anzusehen sind, dass in einem Wildtierzuchtgatter zur Tierzucht oder zur Gewinnung von Fleisch oder sonstigen tierischen Erzeugnissen gehaltene Tiere der erwähnten Art aber nicht als "wildlebende Tiere" bezeichnet werden können. Mit dem Hinweis auf § 4 Sbg Jagdgesetz ist daher für den Standpunkt der belangten Behörde, die durch Gatterhaltung gewonnenen tierischen Produkte könnten nicht als "landwirtschaftliches Erzeugnis" qualifiziert werden, noch nichts gewonnen.

Das Sbg NatSchG definiert "ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung" (§ 5 Z. 23) als "Tätigkeit zur Hervorbringung und Gewinnung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte, die rechtmäßig erfolgt, auf Dauer ausgerichtet ist und den jeweils zeitgemäßen Anschauungen der Betriebswirtschaft und Biologie entspricht". Diese Definition setzt ein vom Gesetzgeber vorgefundenes Verständnis des Begriffes der Land- und Forstwirtschaft voraus. Denn nur eine Tätigkeit, die es im Sinne der Legaldefinition unternimmt, "land- und forstwirtschaftliche" Erzeugnisse in näher beschriebener Art und Weise hervorzubringen oder zu gewinnen, kommt als ordnungsgemäße "land- und forstwirtschaftliche Nutzung" nach dem Sbg NatSchG in Betracht.

Für die Beurteilung, ob im vorliegenden Fall ein "landwirtschaftliches Erzeugnis" vorliegt, sind daher - in der hier interessierenden Hinsicht - bestehende bzw. vom Gesetzgeber vorgefundene Begriffsbestimmungen betreffend die "Land- und Forstwirtschaft" heranzuziehen. Demnach zählt "das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse" (§ 2 Abs. 3 Z. 2 GewO 1994) bzw. "die Viehzucht, Viehhaltung und Milchwirtschaft" sowie "die Imkerei" (§ 3 Salzburger Landwirtschaftskammergesetz) zur Land- und Forstwirtschaft.

Nun könnte wohl fraglich sein, ob im Allgemeinen wildlebende Tiere als "Nutztiere" angesehen werden können. Ausgehend jedoch davon, dass es um die Zucht oder das Halten von Tieren zum wirtschaftlichen Nutzen, hier zur Gewinnung tierischer Produkte geht (in diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 10. Juli 1956, VwSlg. 4121 A/1956, ausgesprochen, die Zucht von Pelztieren "überhaupt" bilde einen Zweig der landwirtschaftlichen Urproduktion; vgl. auch Laszky/Nathansky, Kommentar zur Gewerbeordnung I (1937), Seite 45 f), stellt der Umstand, dass Damwild im Allgemeinen zu den Wildtieren zählt, keinen Grund dar, Tiere dieser Art, die zur Gewinnung von Fleisch oder tierischen Erzeugnissen gehalten werden, nicht als "Nutztiere" und damit die aus der Haltung von Damwild in einem Wildtierzuchtgatter gewonnenen tierischen Erzeugnisse nicht als "landwirtschaftliche Erzeugnisse" anzusehen.

Dass dies dem Standpunkt des Salzburger Landesgesetzgebers entspricht, findet sich durch § 109 Sbg Jagdgesetz bestätigt, wo "Wildtierzuchtgatter" als Absperrungen definiert sind, "in denen Tiere, die zu den in § 4 aufgezählten Arten gehören, in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zur Tierzucht und/oder zur Gewinnung von Fleisch oder tierischen Erzeugnissen gehalten werden". Indem der Gesetzgeber die Gatterhaltung von "Wildtieren" nämlich als Tätigkeit ansieht, die zu den von einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entfalteten Tätigkeiten gehören ("in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb"), bringt er - notwendigerweise - zum Ausdruck, dass er diese Tätigkeit als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft erachtet, vorausgesetzt, es liegen im Übrigen die betrieblichen Merkmale einer planvollen, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten nachhaltigen Tätigkeit vor (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2000, Zl. 99/10/0005, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Freilich ist nicht jede Form der Tierhaltung in einem Gatter bereits als Ausübung landwirtschaftlicher Tätigkeit anzusehen. Bezweckt jedoch die Tierhaltung - wie im vorliegenden Fall unbestritten feststeht - die Erzielung eines wirtschaftlichen Nutzens durch Gewinnung tierischer Produkte entsprechend den dargelegten betrieblichen Merkmalen, so ist nicht zweifelhaft, dass eine landwirtschaftliche Tätigkeit vorliegt.

Ob die übrigen Voraussetzungen für die Annahme "ordnungsgemäßer land- und forstwirtschaftlicher Nutzung" im Sinn des § 5 Z. 23 Sbg NatSchG erfüllt sind, hat die belangte Behörde, die der in Rede stehenden Tierhaltung zu Unrecht bereits die Qualifikation als landwirtschaftliche Tätigkeit abgesprochen hat, in Verkennung der Rechtslage nicht festgestellt. Betreffend die (negative) Tatbestandsvoraussetzung des § 24 Abs. 4 Z. 1 Sbg NatSchG, es dürfe mit den Maßnahmen "keine länger dauernde Beeinträchtigung im Sinn des Abs. 5 verbunden" sein, hat sie zwar "der Vollständigkeit halber" darauf hingewiesen, dass solche Beeinträchtigungen von der Naturschutzbeauftragten nicht hätten ausgeschlossen werden können, dabei jedoch verkannt, dass es in diesem Zusammenhang nicht genügt, wenn solche Beeinträchtigungen "nicht ausgeschlossen" werden können. Vielmehr kommt die Ausnahmebestimmung des § 24 Abs. 4 Z. 1 Sbg NatSchG (nur) dann nicht zum Tragen, wenn mit der betreffenden Maßnahme entsprechende Beeinträchtigungen "verbunden", d.h. auf Grund bestimmter Umstände konkret zu erwarten sind.

Soweit die belangte Behörde jedoch dargelegt hat, die Errichtung von Anlagen könne von vornherein nicht unter den Begriff der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung fallen, übersieht sie, dass der Ausnahmetatbestand des § 24 Abs. 4 Z. 1 Sbg NatSchG auch die für eine ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung "notwendigen Einfriedungen" umfasst. Dass im vorliegenden Fall aber über die notwendige Einfriedung hinaus Anlagen oder Anlagenteile errichtet worden seien, ist dem angefochtenen Bescheid konkret nicht zu entnehmen.

Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Auffassung, das Wildtierzuchtgatter der beschwerdeführenden Parteien sei gemäß § 24 Abs. 3 Sbg NatSchG bewilligungspflichtig, erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. April 2006

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003100267.X00

Im RIS seit

30.05.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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