TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/17 2005/08/0121

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.05.2006
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §4 Abs5;
ASVG §4 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der BGmbH in P, vertreten durch Dr. Heinz Buchmayr und Dr. Johannes Buchmayr, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Altstadt 15, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 20. Mai 2005, Zl. BMSG-223651/0002- II/A/3/2005, betreffend Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 5 ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. H in R; 2. Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4021 Linz, Gruberstraße 77;

3. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1; 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65-67; 5. Arbeitsmarktservice Oberösterreich, Landesgeschäftstelle, 4021 Linz, Europaplatz 9), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach einem im Akt befindlichen Aktenvermerk der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 20. März 1998 hatte der Erstmitbeteiligte für von ihm durchgeführte Arbeiten bei dem Unternehmen H. (der H. GmbH) im Zeitraum Juli 1996 bis Dezember 1996 ein Entgelt von S 71.300,--, durchschnittlich von monatlich S 11.883,--, und bei der beschwerdeführenden Partei im Zeitraum Juli 1996 bis April 1997 ein Entgelt von S 899.647,--, monatlich im Durchschnitt S 89.965,--, erhalten.

Nach einem von H., Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei und der H. GmbH, am 10. Juni 1998 für die beschwerdeführende Partei und die H. GmbH unterfertigten Fragebogen zur Versicherungspflicht habe der Erstmitbeteiligte Gipsarbeiten durchgeführt sowie Gipskartonplatten und abgehängte Decken montiert. Die Vereinbarung sei mündlich zu Beginn des Auftrages je nach Erfordernis und für einen Zeitraum je nach Baufortschritt abgeschlossen worden. Nach Fertigstellung der Arbeiten sei das Entgelt ausbezahlt worden, "eventuell" nach einer Akontierung. Sonderzahlungen habe es keine gegeben, ebenso kein Entgelt für Urlaubs- oder "Krankheitszeiten". Der Auftragnehmer habe sich durch jede beliebige Person jederzeit vertreten lassen können, auch ohne Rücksprache mit dem Auftraggeber. Die Vertretungskraft sei vom Erstmitbeteiligten bezahlt worden. Dieser habe auch Gehilfen beiziehen können und diese sodann entlohnt. Bei einer Ablehnung einer Tätigkeit wäre sofort eine "Zweitfirma" beauftragt worden, die Mehrkosten hätte der Erstmitbeteiligte zahlen müssen. Hinsichtlich der Arbeitszeit seien nur der Beginn und das Ende der Tätigkeit vereinbart worden. Die Tätigkeit habe auf der jeweiligen Baustelle ausgeübt werden müssen. Bei Mängeln habe es Entgeltabzüge bzw. Pönalezahlungen gegeben. Eine Konkurrenzklausel habe die Vereinbarung nicht beinhaltet, je nach vereinbartem Fertigstellungstermin sei die Abrechnung erfolgt. Eine Gewährleistungspflicht für Mängel habe bestanden. Der Auftraggeber habe dem Erstmitbeteiligten bei größeren Mengen teilweise Material (Gipskartonplatten) beigestellt; Hilfsmaterial und Montagematerial seien vom Erstmitbeteiligten beigestellt worden. Der Erstmitbeteiligte habe sämtliche Geräte (Bohrmaschinen, Sägen, Schrauben, Kabel, etc.) selbst beistellen müssen.

Der Erstmitbeteiligte gab vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse am 2. Dezember 1998 im Wesentlichen zu Protokoll, er habe ca. Mitte 1987 mit dem Aufstellen von nichttragenden Leichtbauwänden begonnen. Einen Gewerbeschein habe er nicht. Im Jahr 1992 sei das Unternehmen H. an ihn "herangetreten" und habe ihn gefragt, ob er eine Baustelle "machen könne". Der Preis pro m2 Gipskartonwand betrage zwischen S 180,-- und S 220,-- je nach Größe der Baustelle. Die Materialien würden ausschließlich von dem Unternehmen H. zur Verfügung gestellt. Die beschwerdeführende Partei und das Unternehmen H. hätten "einen Besitzer", Herrn H. Seit 1989 werde der Erstmitbeteiligte zur Einkommensteuer veranlagt. Nach einer Auskunft seitens der Gebietskrankenkasse, dass keine Pflichtversicherung begründet werde, habe sich der Erstmitbeteiligte ca. Anfang 1996 in der Krankenversicherung freiwillig versichert. Die ursprüngliche Vereinbarung habe er mit Herrn H. getroffen, die Folgeaufträge mit G., K. und S. Dies seien die Bauleiter auf den jeweiligen Baustellen gewesen. Für die beschwerdeführende Partei und das Unternehmen H. habe der Erstmitbeteiligte nicht nur Gipskartonwände aufgestellt, sondern auch sonstige Hilfstätigkeiten (wie Stemmarbeiten, Aufräumarbeiten nach Bränden) übernommen. Speziell bei Aufräumarbeiten nach Bränden seien auch Mitarbeiter des Unternehmens H. anwesend gewesen, die insbesondere elektrische Installationen durchgeführt hätten. Die beschwerdeführende Partei habe in solchen Fällen die gesamte Koordination einer Brandstelle übergehabt. In der Praxis sei der Erstmitbeteiligte zunächst aufgefordert worden, nach persönlicher Besichtigung einer Baustelle ein konkretes Angebot hinsichtlich der Kosten für bestimmte Tätigkeiten "laut Plan" zu erstellen. Es sei auch vorgekommen, dass er Angebote vorweg aus Zeitgründen abgelehnt habe. Wenn sein Angebot zu teuer gewesen sei, habe er keinen Auftrag erhalten. Nach Besichtigung der Baustelle habe der Bauherr vorgegeben, wann mit der Bauausführung begonnen werden müsse. Die Koordinationstermine seien von der beschwerdeführenden Partei bzw. vom Unternehmen H. vorgegeben worden. Die Arbeitszeit des Erstmitbeteiligten habe von Montag bis Samstag mindestens zehn Stunden täglich betragen. Der beschwerdeführenden Partei sei es egal gewesen, wie viele Stunden der Erstmitbeteiligte tätig gewesen sei, er habe nur die Koordinationstermine einhalten müssen. Wenn bei den vom Erstmitbeteiligten aufgestellten Gipskartonwänden Schäden verursacht worden seien, habe er den Schaden reparieren müssen und diese Arbeit gesondert nach Stunden von der beschwerdeführenden Partei bezahlt erhalten. Wenn der Schadensverursacher nicht habe festgestellt werden können, habe der Erstmitbeteiligte die Reparatur auf seine Kosten vornehmen müssen. Außerdem habe der Erstmitbeteiligte auch abgehängte Decken montiert. Diese Tätigkeit sei ebenfalls ausschließlich alleine von ihm verrichtet worden. Ab dem Jahre 1996 habe er hauptsächlich für die beschwerdeführende Partei, das Unternehmen H. sowie für eine Baustelle des Unternehmens A. (Dauer ca. vier Monate) gearbeitet. Soweit es diese Baustelle zugelassen habe, habe er in dieser Zeit auch für die beschwerdeführende Partei und das Unternehmen H. gearbeitet. Weiters habe der Erstmitbeteiligte für das Unternehmen K. zwei kleinere Baustellen "gemacht". Im Jahr 1998 habe er für das Unternehmen S. gearbeitet. Ende 1997/Anfang 1998 habe der Erstmitbeteiligte für das Unternehmen K.&P. einen Auftrag erledigt. Eine schriftliche Vereinbarung mit der beschwerdeführenden Partei und dem Unternehmen H. sei nie abgeschlossen worden. Die Vereinbarungen seien immer mündlich getroffen worden. Seinen Lebensunterhalt bestreite der Erstmitbeteiligte ausschließlich von der oben angeführten Tätigkeit. Für Urlaub und Krankenstände habe er kein Entgelt erhalten. Bei einer Verzögerung aus seinem Verschulden habe er einmal ein Pönale entrichten müssen. Es sei ihm ein Betrag von S 215.000,-- "abgezogen" worden. Bei Arbeiten, die er nicht allein habe verrichten können, seien ihm Helfer zur Verfügung gestanden. Bei diesen Helfern habe es sich um Beschäftigte der beschwerdeführenden Partei bzw. des Unternehmens H. gehandelt, wenn sie auf der Baustelle anwesend gewesen seien. Wenn dies nicht der Fall gewesen sei, habe der Erstmitbeteiligte selbst aus seinem Bekanntenkreis Helfer engagiert und sie für die Zeit ihrer Arbeitsleistungen nach Stunden oder pauschal entlohnt. Für diese Aushilfen habe er eine größere Nachzahlung auf Grund einer Beitragsprüfung zu leisten gehabt. An Betriebsmitteln habe der Erstmitbeteiligte über einen Firmenbus (3,5 t Kastenwagen), zwei Bohrmaschinen, zwei Bohrschrauber und diverses Kleinwerkzeug verfügt. Auf Grund der Insolvenz im Jahr 1991 habe er beschlossen, nur mehr seine Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen und für Material in keiner Weise mehr aufzukommen.

Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 10. Mai 1999 wurde festgestellt, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit für die beschwerdeführende Partei vom 1. Juli 1996 bis 23. April 1997 der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach § 4 Abs. 5 ASVG unterlegen sei. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Erstmitbeteiligte habe von der beschwerdeführenden Partei Aufträge über verschiedene Montagearbeiten erhalten. Die Vereinbarungen seien mündlich getroffen worden. Je nach der Höhe seiner Forderungen sei das Angebot von der beschwerdeführenden Partei angenommen oder abgelehnt worden. Es sei auch vorgekommen, dass der Erstmitbeteiligte von sich aus Aufträge abgelehnt habe. Bei der Ausführung der Aufträge sei er an keine Arbeitszeiten gebunden gewesen. Die Fertigstellungstermine hätten sich zwangsläufig aus den baulichen Fortschritten auf den Baustellen ergeben. Die Buchhaltung sei vom Bruder des Erstmitbeteiligten durchgeführt worden. Der Erstmitbeteiligte habe bei der Ausführung der Aufträge teilweise Helfer engagiert, die von ihm entlohnt worden seien. Er verfüge über einen eigenen Firmen-Lkw. Das Material sei von der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung gestellt worden. Bei Schäden, bei denen der Schadensverursacher nicht habe festgestellt werden können, habe der Erstmitbeteiligte die Reparatur auf eigene Kosten durchführen müssen. Für Terminverzögerungen sei er haftbar gemacht worden. Der Erstmitbeteiligte verfüge über keine Gewerbeberechtigung. Seit 1. Jänner 1998 sei er als "neuer Selbständiger" nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG versichert. Die gegenständliche Vereinbarung sei kein Dienstvertrag, der auf eine Verpflichtung in Form eines Dauerschuldverhältnisses abstelle. Es handle sich vielmehr um Zielschuldverhältnisse. Der Erstmitbeteiligte sei jeweils zur Erbringung eines abgeschlossenen Werkes verpflichtet gewesen. Das Vertragsverhältnis sei durch die Erfüllung des Auftrages automatisch beendet worden. Der Erstmitbeteiligte sei weder an fixe Arbeitszeiten noch an Weisungs- und Kontrollrechte in Bezug auf sein arbeitsbezogenes Verhalten gebunden gewesen. Er sei wirtschaftlich abhängig gewesen, weil das gesamte zu bearbeitende Material vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt worden sei. Der Erstmitbeteiligte verfüge über eine unternehmerische Struktur (er beschäftige teilweise Helfer, die er entlohne, die Buchhaltung werde von seinem Bruder durchgeführt, er besitze einen Firmen-Lkw), die ihn von einem bloßen Dienstnehmer unterscheide. Das unternehmerische Risiko bestehe darin, dass er gewisse Schäden auf eigene Kosten reparieren müsse und bei einer vorliegenden Pönalevereinbarung unter Umständen haftbar gemacht werden könne. Er unterliege auf Grund der Tätigkeit weder bereits der Pflichtversicherung nach dem ASVG noch nach einem anderen Bundesgesetz; der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 5 und 6 ASVG komme nicht zur Anwendung. Aus den Lieferanten- bzw. Kundenkonten ergebe sich, dass der Erstmitbeteiligte mit der beschwerdeführenden Partei innerhalb der letzten sechs vor dem Abschluss der Vereinbarung liegenden, aufeinanderfolgenden Kalendermonate jeweils mehr als drei Vereinbarungen abgeschlossen habe und somit regelmäßig beschäftigt gewesen sei. Das Entgelt aus seinen Werkverträgen übersteige die Versicherungsgrenze des § 5a ASVG. Da der Erstmitbeteiligte im gegenständlichen Zeitraum über keine Gewerbeberechtigung verfügt habe, könne er nicht als selbständig Erwerbstätiger nach dem GSVG versichert sein. Eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG als neuer Selbständiger gebe es erst seit 1. Jänner 1998. Diese könne auf zurückliegende Sachverhalte keine Anwendung finden. Im fraglichen Zeitraum sei vielmehr § 4 Abs. 5 ASVG in Geltung gestanden, der eine Pflichtversicherung für Werkvertragsnehmer vorsehe. Die Pflichtversicherung ende mit der Aufhebung des § 4 Abs. 5 ASVG durch den Verfassungsgerichtshof mit 23. April 1997.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Einspruch. Sie legte im Wesentlichen dar, der Erstmitbeteiligte habe die Ausführung von Aufträgen mit allen kaufmännischen und technischen Risiken übernommen. Die Beistellung des zu montierenden Materials sei zwischen selbständigen Unternehmen nicht unüblich, speziell bei Montageunternehmen, sodass daraus keine wirtschaftliche Abhängigkeit des Erstmitbeteiligten abgeleitet werden könne. Hilfsmaterialien beschaffe er selbst und trage die Kosten dafür, genauso wie für seine sonstigen Betriebsausgaben wie Reisekosten, Fuhrparkkosten, Verwaltungsaufwand, Zinsen, etc. Eine Pflichtversicherung für echte Werkverträge habe es niemals gegeben.

In einer Stellungnahme an den Landeshauptmann von Oberösterreich vom 8. September 1999 legte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse im Wesentlichen den schon im erstinstanzlichen Bescheid ausgeführten Sachverhalt dar. Bemerkt wurde darüber hinaus, dass es sich bei der beschwerdeführenden Partei und dem Unternehmen H. zwar um rechtlich selbständige Unternehmen handle, de facto gehörten sie aber zusammen, weil Herr H. bei beiden Unternehmen über 99 % bzw. 100 % der Gesellschaftsanteile verfüge. Auf Grund der fehlenden Gewerbeberechtigung scheide eine Pflichtversicherung nach dem GSVG aus und komme jene nach § 4 Abs. 5 ASVG zum Tragen. Eine regelmäßige Tätigkeit des Erstmitbeteiligten bei den beiden Unternehmen sei gegeben gewesen. Die Tätigkeiten für diese beiden Unternehmen seien "im Vordergrund" gestanden. Von anderen Unternehmen habe der Erstmitbeteiligte nur ausnahmsweise Aufträge übernommen. Im Wesentlichen habe der Erstmitbeteiligte nur seine eigene Arbeitskraft eingebracht. Das Beistellen von Material begründe wirtschaftliche Abhängigkeit. Ob der Erstmitbeteiligte eigene Betriebsmittel verwendete, sei nach der anzuwendenden Rechtslage nicht zu prüfen. Im Übrigen habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse mit einem weiteren Bescheid vom 10. Mai 1999 auch festgestellt, dass der Erstmitbeteiligte vom 1. Juli 1996 bis 31. Dezember 1996 bei dem Unternehmen H. der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 iVm Abs. 5 ASVG unterlegen sei.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2003 gab der Landeshauptmann von Oberösterreich dem Einspruch der beschwerdeführenden Partei keine Folge. In der Bescheidbegründung wurde im Wesentlichen festgehalten, dass der Erstmitbeteiligte seit 1992 von der beschwerdeführenden Partei sowie von dem Unternehmen H. Aufträge zur Durchführung von Montagearbeiten erhalten habe. Durchschnittlich zehn Stunden pro Tag sei er für die beschwerdeführende Partei sowie für das mit dieser eng verknüpfte Unternehmen H. tätig gewesen. Von anderen Unternehmen habe der Erstmitbeteilige nur ausnahmsweise Aufträge angenommen. Das gesamte Material habe der Erstmitbeteilige von der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung gestellt bekommen. Die Pflichtversicherung im Sinne des § 4 Abs. 5 ASVG sei subsidiär. Da der Erstmitbeteiligte keinen Gewerbeschein besessen habe, sei eine Pflichtversicherung nach dem GSVG jedoch auszuschließen gewesen. Bei der Tätigkeit des Erstmitbeteiligen habe es sich um die Herstellung einzelner Werke gehandelt. Er habe diese Tätigkeit in persönlicher Selbständigkeit und wirtschaftlicher Unselbständigkeit und daher dienstnehmerähnlich erbracht. Regelmäßigkeit der Tätigkeit liege vor, weil der Erstmitbeteiligte seit 1992 durchschnittlich von Montag bis Samstag täglich mindestens zehn Stunden für das Unternehmen H. und die beschwerdeführende Partei tätig gewesen sei. Tätigkeiten für diese beiden Unternehmen seien im Vordergrund gestanden. Während ein selbständig Erwerbstätiger seine Leistungen üblicherweise einer unbegrenzten, ständig wechselnden Anzahl von Auftraggebern anbiete, habe der Erstmitbeteilige von anderen Unternehmen nur ausnahmsweise Aufträge angenommen. Das gesamte Material sei ihm von der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung gestellt worden. Im Wesentlichen habe der Erstmitbeteilige somit nur seine eigene Arbeitskraft eingebracht. Das Beistellen von Material begründe auch wirtschaftliche Abhängigkeit.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung. Darin führte sie im Wesentlichen aus, der Erstmitbeteilige betreibe zumindest seit 1992 als selbständiger Unternehmer ein sogenanntes "Trockenausbauunternehmen", welches beim Finanzamt L. unter einer näher genannten Steuernummer erfasst sei. Das Unternehmen des Erstmitbeteiligen sei durch Aufträge des Unternehmens H. und der beschwerdeführenden Partei zum weitaus überwiegenden Teil, keinesfalls aber ausschließlich, ausgelastet gewesen. Der Erstmitbeteilige habe von 1993 bis 1997 von seinem Umsatz zwischen 30 und 40 % Betriebsausgaben gehabt, die er in seiner Buchhaltung geltend gemacht habe und die im Steuerakt des Finanzamtes L. aufschienen. Darunter befänden sich Aufwendungen für Material, Transporte, Reisekosten, Abschreibungen für eigene Maschinen und Geräte, Verwaltungs- und andere Gemeinkosten wie bei jedem anderen Unternehmen auch, das seine Tätigkeit stets auf Baustellen ausführe. Jemand, der zwischen 30 und 40 % Ausgaben habe, trage ein unternehmerisches Risiko. Auch einnahmenseitig sei der wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg von der optimalen Schätzung von Zeitaufwand und Nebenkosten abhängig gewesen, und der Erstmitbeteiligte habe auch das Risiko aus der Gewährleistung zu übernehmen gehabt. Insofern sei daher ebenfalls ein unternehmerisches Risiko vorgelegen. Der Erstmitbeteilige habe eine eigene unternehmerische Struktur und setze auch keinesfalls in nur untergeordnetem Ausmaß Kapital ein, da er über ein eigenes Anlagevermögen verfüge und sein Umlaufvermögen zu finanzieren habe (Materialvorräte, Kundenforderungen, halbfertige Arbeiten). Dass der Erstmitbeteiligte überwiegend Arbeitsleistungen erbringe, unterscheide ihn nicht von anderen Dienstleistern. Auch das Kriterium, dass der Erstmitbeteiligte keine Werbung gemacht habe (was im Übrigen nicht erwiesen sei) sei nicht relevant, denn Werbung mache ein vollausgelastetes Unternehmen bestenfalls aus Prestigegründen, während andere Unternehmen auch mit Gewerbeberechtigung in dieser Situation regelmäßig nicht werben. Dass der Erstmitbeteiligte von anderen Unternehmen nur ausnahmsweise Aufträge angenommen habe, sei nur darauf zurückzuführen, dass die Zusammenarbeit zwischen ihm und der beschwerdeführenden Partei offenbar so gut funktioniert habe, dass er zu seiner Zufriedenheit ausgelastet gewesen sei.

In einem Schreiben vom 7. Oktober 2004 legte der Steuerberater des Erstmitbeteiligten, F. (der im Verwaltungsverfahren auch Vertreter der beschwerdeführenden Partei war), u.a. dar, dass dieser der beschwerdeführenden Partei im gegenständlichen Zeitraum 29 Rechnungen gelegt habe, wovon aber zumindest sieben lediglich Teilrechnungen zu einem bestimmten Projekt seien, sodass höchstens 22 Aufträge erteilt worden seien. In der Buchhaltung des Erstmitbeteiligten schienen neben der beschwerdeführenden Partei noch die Unternehmen H., Ak., A., L. und E. als Auftraggeber auf. Im Zuge der Betriebsprüfung habe das Finanzamt festgestellt, dass der Erstmitbeteilige weitere Auftraggeber gehabt habe. Nach der dem Schreiben des Steuerberaters angeschlossenen Auflistung habe es nach der "Prüferfeststellung" nicht erklärte Erlöse am 3. Jänner 1996, am 30. April 1996 und am 19. Juli 1996 vom Unternehmen M., am 22. März 1996 vom Unternehmen R., am 17. September 1996 vom Unternehmen E. und am 17. Dezember 1996 vom Unternehmen Dr. H., weiters am 17. Jänner 1997 vom Unternehmen L. gegeben. Im Jahre 1997 habe es weiters nicht erklärte Bareinzahlungen gegeben. Insgesamt würden sich danach 1996 nicht erklärte Erlöse in der Höhe von S 207.274,48 brutto, 1997 solche von S 82.869,92 brutto ergeben. Außer den Rechnungen des Unternehmens A. seien sämtliche im Jahr 1996 auf dem Konto eingegangenen Erlöse gegenüber der Finanzbehörde nicht erklärt worden. Zu den anonymen Einzahlungen im Jahr 1997 habe das Finanzamt den Auftraggeber nicht feststellen können, was auch F. nicht möglich gewesen sei, obwohl er neben dem Unternehmen des Erstmitbeteiligen auch die beschwerdeführende Partei und das Unternehmen H. vertrete. Somit handle es sich bei diesen Zahlungen entweder um solche von den bereits genannten Unternehmen oder von noch weiteren Auftraggebern. Der Erstmitbeteilige habe im Übrigen nicht nur persönlich gearbeitet, sondern auch Subunternehmer beschäftigt. Dem Finanzamt sei es wahrscheinlich erschienen, dass der Erstmitbeteiligte seine für einen Ein-Mann-Betrieb sehr beachtlichen Umsätze nicht alleine bewerkstelligt habe, mangels Vorlage allfälliger Ausgabenbelege seien ihm aber diesbezüglich keine Betriebsausgaben zugestanden worden. Nach den Gewinnermittlungen habe der Erstmitbeteiligte seine Aufträge mit Eigen- und vor allem Fremdmitteln finanziert (er habe einen persönlichen Zinsenaufwand gehabt) und mit eigenen Geräten und Werkzeugen ausgeführt (Abschreibungen auf das Anlagevermögen). Er habe auch eigene Fahrzeuge gehabt, deren Kosten er getragen habe. Angemietete Geschäftsräumlichkeiten habe er nicht gehabt, den notwendigen Verwaltungsaufwand habe er in seiner Wohnung erledigt. Ein Werbeaufwand sei nicht feststellbar gewesen. Eine kaufmännische Buchführung habe der Erstmitbeteiligte gehabt, wenngleich sich diese im Zuge der Betriebsprüfung als unvollständig erwiesen habe.

In einem Schreiben an die belangte Behörde vom 4. Jänner 2005 wiederholte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse ihren bisherigen Standpunkt und bemerkte u.a., dass sich in allen Monaten der Beschäftigung des Erstmitbeteiligen bei der beschwerdeführenden Partei ein Entgelt über der jeweils geltenden Höchstbeitragsgrundlage ergeben habe. Daher sei auch die Versicherungsgrenze von S 7.000,-- überschritten worden.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung der beschwerdeführenden Partei keine Folge gegeben und der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. Februar 2003 mit der Maßgabe bestätigt, dass der Zeitraum der Versicherungspflicht auf 1. Juli 1996 bis 22. April 1997 eingeschränkt wurde. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Erstmitbeteiligte Angebote vorweg habe ablehnen können und zeitweise auch selbst Hilfskräfte beschäftigt habe. Das Vorliegen einer Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG bzw. nach § 4 Abs. 4 ASVG sei von keiner Seite behauptet worden und angesichts der unbedenklichen Beweismittel auszuschließen. Die Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 5 ASVG sei auf den Zeitraum bis 22. April 1997 zu beschränken gewesen, da die Aufhebung dieser Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof mit Kundmachung BGBl. I Nr. 39/1997 am 23. April 1997 wirksam geworden sei. Nach den unbedenklichen Aussagen des Erstmitbeteiligten vom 2. Dezember 1998 ergebe sich, dass bei den gegenständlichen Arbeiten die persönliche Arbeitsleistung des Erstmitbeteiligten gegenüber dem Einsatz von Kapital im Vordergrund gestanden sei. Herr H. sei laut Firmenbuch im streitgegenständlichen Zeitraum Mehrheitsgesellschafter sowohl der beschwerdeführenden Partei als auch der H. GmbH gewesen. Diese beiden Unternehmen seien somit als wirtschaftlich verflochten zu beurteilen. Der Erstmitbeteiligte habe am 2. Dezember 1998 nur zwei weitere Unternehmen genannt, für die er im streitgegenständlichen Zeitraum neben seiner Arbeit für die beschwerdeführende Partei und das Unternehmen H. tätig gewesen sei, nämlich die Unternehmen A. und K. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe übereinstimmend damit mit Stellungnahme vom 4. Jänner 2005 Rechnungen vorgelegt, die belegten, dass der Erstmitbeteiligte in der streitgegenständlichen Zeit (und darüber hinaus) durchgehend für die beschwerdeführende Partei und/oder das Unternehmen H. tätig gewesen sei. Für die Zeiträume von September 1996 bis April 1997 habe die mitbeteilige Gebietskrankenkasse weiters Stundenaufzeichnungen vorgelegt, welche eine durchgehende Ganztagstätigkeit des Erstmitbeteiligen für die beschwerdeführende Partei belegten. Daraus sei insgesamt zu schließen, dass der Erstmitbeteiligte im streitgegenständlichen Zeitraum im Wesentlichen für die beschwerdeführende Partei sowie in zweiter Linie für das mit der beschwerdeführenden Partei wirtschaftlich verflochtene Unternehmen H. tätig gewesen sei. Seine Tätigkeit für das Unternehmen A. (auch darüber habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse Rechnungen vorgelegt) falle demgegenüber nicht ins Gewicht. Die Tätigkeit für das Unternehmen K. habe der Erstmitbeteiligte anlässlich seiner Befragung vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse selbst als unbedeutend ("zwei kleine Baustellen") bezeichnet. Die mit der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 7. Oktober 2004 vorgelegten Beweismittel betreffend die Tätigkeit des Erstmitbeteiligten für noch weitere Unternehmen seien nicht geeignet, die konkreten Beweise der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zu entkräften. Eine eigene unternehmerische Struktur materieller oder immaterieller Art sei nicht vorgelegen. Nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei habe der Erstmitbeteiligte zwar keine angemieteten Geschäftsräumlichkeiten gehabt, den notwendigen Verwaltungsaufwand jedoch in seiner Wohnung erledigt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe vorgebracht, dass der Bruder des Erstmitbeteiligten seine Buchhaltung geführt habe. Die beschwerdeführende Partei habe angegeben, der Erstmitbeteiligte sei bei der Ausführung seiner Aufträge keinen Beschränkungen unterlegen. Eine Konkurrenzklausel habe es nicht gegeben. Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe eines Vertreters oder einer Hilfskraft habe nicht bestanden. An die Verwendung bestimmter Arbeitsmittel, Materialien und Produkte sei der Erstmitbeteiligte nicht gebunden gewesen. Er habe Subunternehmer eingesetzt und sei nicht zur Bekanntgabe seiner Vertreter/Hilfskräfte verpflichtet gewesen. Dies spreche für sich genommen gegen das Vorliegen einer Versicherungspflicht im Sinne des § 4 Abs. 5 ASVG. Zu berücksichtigen sei aber, dass der Erstmitbeteiligte eigene Hilfskräfte laut seiner eigenen Aussage nur selten eingesetzt habe und zum überwiegenden Teil allein oder mit Arbeitnehmern der beschwerdeführenden Partei zusammen gearbeitet habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Erstmitbeteiligte vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ausgesagt habe, er habe nach seiner Insolvenz im Jahr 1991 nur mehr seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt und sei nicht mehr für Material aufgekommen. Er sei stets mit dem Material des Unternehmens H. tätig gewesen. Insgesamt ergebe sich somit, dass die Merkmale der Dienstnehmerähnlichkeit gegenüber den Merkmalen nicht versicherungspflichtiger, uneingeschränkt wirtschaftlich selbständiger Erwerbstätigkeit überwögen. Die Versicherungsgrenze des § 5a ASVG sei im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überschritten worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand und begehrte Ersatz für den Vorlageaufwand.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Das mitbeteiligte Arbeitsmarktservice schloss sich in einem Schriftsatz dem Standpunkt der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an. Die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt hat auf die Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich verzichtet. Die weiteren Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Sozialversicherungspflicht ist hinsichtlich der Sach- und der Rechtslage zeitraumbezogen zu beurteilen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2002, 2000/08/0161, mwN). Auf den Beschwerdefall sind daher nachstehende Bestimmungen anzuwenden:

Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, das in seinem Art. 34 eine Novelle zum ASVG enthält, hat der Gesetzgeber mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1996 zwei Personengruppen neu in die Sozialversicherungspflicht nach dem ASVG einbezogen, nämlich Personen, "die sich auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zu Dienstleistungen für einen Auftraggeber ... verpflichten, ohne Dienstnehmer ... zu sein" (§ 4 Abs. 4 ASVG), und Personen, "die auf Grund einer oder mehrerer vertraglichen Vereinbarungen dienstnehmerähnlich ... beschäftigt sind" (§ 4 Abs. 3 Z. 12 ASVG).

In der Regierungsvorlage zum Strukturanpassungsgesetz 1996 (72 BlgNR XX. GP., 251 f) wurde unter anderem zu § 4 Abs. 3 Z. 12 und § 4 Abs. 4 ASVG Folgendes ausgeführt:

"Zur Verhinderung der Flucht aus der Sozialversicherung sollen freie Dienstverträge und die in der Regel als 'Werkverträge' bezeichneten Vereinbarungen, auf Grund derer Arbeitsleistungen in wirtschaftlicher Abhängigkeit erbracht werden und die daher als dienstnehmerähnlich anzusehen sind, in die Sozialversicherungspflicht einbezogen werden. Es werden nämlich immer häufiger zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten in der Weise ausgenützt, dass die Versicherungspflicht zum Nachteil der betroffenen Arbeitnehmer und der Versichertengemeinschaft umgangen wird.

Es sollen daher die so genannten freien Dienstverhältnisse (z.B. Konsulentenverträge oder Telearbeitsverhältnisse) durch § 4 Abs. 4 ASVG und die dienstnehmerähnlichen Personen durch § 4 Abs. 3 Z. 12 ASVG in die Pflichtversicherung einbezogen werden.

Dienstnehmerähnlichkeit im Sinne des § 4 Abs. 3 Z. 12 ASVG liegt dann vor, wenn bei einer Betrachtung des Beschäftigungsverhältnisses insbesondere anhand der nachstehenden Merkmale der Eindruck wirtschaftlicher Unselbständigkeit des Beschäftigten im Verhältnis zum Beschäftiger überwiegt, ohne dass im Einzelfall sämtliche oder die Mehrzahl dieser Merkmale vorliegen müssen.

Für die wirtschaftliche Unselbständigkeit des Beschäftigten spricht,

1. wenn die menschliche Arbeitsleistung gegenüber dem Einsatz von eigenem Kapital des Beschäftigten im Vordergrund steht;

2. wenn der Beschäftigte seine Leistungen im wesentlichen nur gegenüber dem Beschäftiger oder einer begrenzten Anzahl von Beschäftigern bzw. gegenüber deren Kunden und mit ihnen wirtschaftlich verflochtenen Unternehmen und nicht gegenüber einer unbegrenzten, ständig wechselnden Anzahl von Beschäftigern erbringt;

3. wenn der Beschäftigte im Zusammenhang mit der Erbringung seiner Leistung über keine nennenswerte eigene unternehmerische Struktur materieller und immaterieller Art verfügt (insbesondere Geschäftsräumlichkeiten, Betriebsmittel, Eintragung im Firmenbuch, kaufmännische Buchführung, Einsatz von Werbemitteln zur Bearbeitung eines allgemeinen Marktes);

4. wenn der Beschäftigte in seiner unternehmerischen Disposition rechtlichen oder faktischen Beschränkungen im Verhältnis zum Beschäftiger unterworfen ist (z.B. Konkurrenzklauseln, Verpflichtung zur Bekanntgabe oder sonstige Beschränkung der Vertretung des Beschäftigten durch von diesem bestellte Personen, Bindung an die Verwendung bestimmter Arbeitsmittel und Produkte).

Immer wieder ist es in der Vergangenheit vorgekommen, dass 'Werkverträge' nach schweren Unfällen mit Folgeleiden, nach schweren Erkrankungen oder auch im Fall der Mutterschaft (bei vergleichbarem Arbeitsinhalt) in versicherungspflichtige Dienstverhältnisse umgewandelt wurden, was zur Folge hatte, dass die einschlägigen Sozialversicherungsleistungen zu erbringen waren, ohne dass für das volle erzielte Einkommen Beiträge gezahlt worden wären. Solange die betreffenden Personen gesund waren, wurden sie außerhalb der Sozialversicherung tätig, in dem Moment, wo höherwertige Leistungen notwendig oder in Aussicht waren, kehrten sie in den Schutzbereich der Sozialversicherung zurück. Ein solches Ausnutzen des Sozialsystems belastet die Risikogemeinschaft der Versicherten in unvertretbarer Weise.

Eine weitere Lücke hat sich dadurch ergeben, dass Werkvertragsnehmer mit ihren Ehegatten oder Eltern in der Krankenversicherung beitragsfrei anspruchsberechtigt sein können, obwohl sie wesentliches Einkommen erzielen. Die 'Mitversicherung' als Angehöriger ist de facto kostenlos, womit die entsprechenden Vertragsverhältnisse quasi als 'Verträge zu Lasten der Versichertengemeinschaft' bezeichnet werden können.

Zu den einzelnen Bestimmungen wird folgendes bemerkt:

A. Zum Personenkreis gemäß § 4 Abs. 3 Z. 12 ASVG:

Der vorgeschlagene Text hat zum Ziel, die geschilderten Unstimmigkeiten durch die Versicherung von Personen, die auf Grund vertraglicher Vereinbarungen dienstnehmerähnlich beschäftigt sind, zu beheben. Die Pflichtversicherung soll jedoch nur dann eintreten, wenn die innerhalb eines Kalendermonats mit ein und demselben Auftraggeber (Dienstgeber) vereinbarten Entgelte das Eineinhalbfache der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze übersteigen, das sind im Kalenderjahr 1996 S 5.400,--.

Die neue Versicherung ist an die Versicherungen angelehnt, die bereits jetzt nach § 4 Abs. 3 ASVG existieren (für faktisch betrachtet 'dienstnehmerähnliche' Selbständige, wie freiberufliche Krankenpfleger, Lehrer, Wohnsitzärzte, Vorstandsmitglieder, Geschäftsleiter, Hebammen, Musiker, Markthelfer, Bergführer usw.). Es soll sich jedoch dabei um eine Teilversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung handeln (§ 5a ASVG).

Da es sich um Beschäftigungen handelt, die rechtlich betrachtet weitgehend selbständig ausgeübt werden, soll die finanzielle und administrative Belastung des Auftraggebers (Dienstgebers des freien Dienstvertrages) möglichst gering gehalten werden.

...

B. Zum Personenkreis gemäß § 4 Abs. 4 ASVG:

Weiters sollen in Hinkunft Personen vollversichert sein, die sich auf Zeit zu Dienstleistungen für einen Unternehmer im Sinne des § 4 Abs. 3 Z. 12 ASVG verpflichten. Für diese Personen sollen grundsätzlich die allgemein für Dienstnehmer geltenden melde- und beitragsrechtlichen Bestimmungen Anwendung finden.

..."

Im Bericht des Budgetausschusses (95 BlgNR XX. GP., 25) ist

dazu zu lesen:

"Der Budgetausschuss stellt fest, dass bei der Prüfung der Frage der Sozialversicherungspflicht gemäß § 4 ASVG nachstehende Reihenfolge einzuhalten ist:

1. Zunächst ist vom Versicherungsträger zu prüfen, ob ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG vorliegt.

2. Trifft dies nicht zu, so hat der Versicherungsträger zu beurteilen, ob ein freies Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG gegeben ist.

3. Wenn weder die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 2 ASVG noch nach § 4 Abs. 4 ASVG vorliegen, so ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 Z. 12 ASVG erfüllt sind.

Weiters stellt der Budgetausschuss fest, dass die Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 3 Z. 12 ASVG mit dem Tag der Aufnahme der versicherungspflichtigen Tätigkeit beginnt. Auf Grund des § 539a ASVG ist bei der Beurteilung der Versicherung von dienstnehmerähnlich Beschäftigten nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der vertraglichen Vereinbarung(en) zu prüfen, wann die die Pflichtversicherung begründende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt worden ist bzw. in welchem Verhältnis diese Tätigkeit zur vereinbarten Gegenleistung (Honorar) steht. Der Auftragnehmer kann keinesfalls länger versichert bleiben, als die vorläufige Beitragsgrundlage gemäß § 44a ASVG durch die Gegenleistung (Honorar) gedeckt ist."

Mit der 53. ASVG-Novelle, die ihrerseits Teil des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996 (SRÄG 1996), BGBl. Nr. 411, ist, und mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 600/1996 wurden die mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 eingeführten Bestimmungen betreffend die Sozialversicherungspflicht der genannten Personengruppen novelliert; § 4 ASVG in den oben genannten Fassungen lautet ab 1. Juli 1996 daher auszugsweise wie folgt:

"§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

...

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

...

(4) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes nach Maßgabe des § 5a auch Personen versichert, die sich auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zu Dienstleistungen für

1. einen Auftraggeber (Dienstgeber) im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziels usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit)

verpflichten, ohne Dienstnehmer im Sinne des Abs. 2 zu sein, und aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, sofern sie nicht bereits auf Grund dieser Tätigkeit der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz unterliegen bzw. unterliegen könnten (§ 2 Abs. 1 FSVG).

(5) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes nach Maßgabe des § 5a auch Personen versichert, die infolge einer oder mehrerer vertraglichen Vereinbarungen dienstnehmerähnlich für einen Auftraggeber (Gebietskörperschaft) im Sinne des Abs. 4 Z. 1 oder 2 gegen Entgelt beschäftigt sind, sofern sie nicht bereits auf Grund dieser Tätigkeit der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz unterliegen bzw. unterliegen könnten (§ 2 Abs. 1 FSVG). Die zur Beurteilung der Dienstnehmerähnlichkeit insbesondere zu prüfende Regelmäßigkeit der Beschäftigung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn

1. mit diesem Auftraggeber (Gebietskörperschaft) innerhalb der letzten sechs vor dem Abschluss der Vereinbarung liegenden aufeinanderfolgenden Kalendermonate, wobei der Kalendermonat der Vereinbarung mitzuzählen ist, mehr als drei Vereinbarungen abgeschlossen wurden oder

2. die mit dem Auftraggeber (Gebietskörperschaft) vereinbarte Tätigkeit sich über mehr als zwei Kalendermonate erstreckt.

(6) Eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 4 und 5, eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 4 schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 5 aus."

Der in Abs. 4 und Abs. 5 bezogene, unter der Überschrift "Versicherungsgrenze für die gemäß § 4 Abs. 4 und 5 Versicherten" stehende § 5a ASVG idF BGBl. Nr. 600/1996 hatte (Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 ab 1. Juli 1996, Abs. 2 Z. 3 ab 1. Jänner 1997) folgenden Wortlaut:

"§ 5a. (1) Eine Versicherung gemäß § 4 Abs. 4 oder 5 tritt nur dann ein, wenn der Teil des auf einen Kalendermonat entfallenden vereinbarten Entgeltes, der sich aus der Teilung des gesamten vereinbarten Entgeltes durch die Anzahl der für die Tätigkeit (Erbringung der Leistung) vereinbarten Kalendermonate ergibt (monatliches Entgelt), den Betrag von S 7.000,-- übersteigt. Dabei sind auch Kalendermonate, die nur zum Teil von der vereinbarten Tätigkeit (Leistung) ausgefüllt werden, als volle Kalendermonate zu zählen.

(2) Abweichend von Abs. 1 sind Personen gemäß § 4 Abs. 4 oder 5 auch dann versichert, wenn

1. in einem Kalendermonat die Summe der monatlichen Entgelte (Abs. 1) aus mehreren Vereinbarungen gemäß § 4 Abs. 4 und 5, die mit ein und demselben Arbeitgeber (Dienstgeber) abgeschlossen wurden, den Betrag gemäß Abs. 1 übersteigt oder

2. die Höhe des vereinbarten Entgeltes und/oder die Dauer der vereinbarten Tätigkeit (Leistungserbringung) zum Zeitpunkt des Beginnes der Pflichtversicherung nicht feststeht oder

3. in einem Kalendermonat die Summe der Entgelte aus einem oder mehreren Dienstverhältnissen gemäß § 4 Abs. 2 und Vereinbarungen gemäß § 4 Abs. 4 und 5 zu ein und demselben Auftraggeber (Dienstgeber) den Betrag gemäß § 5 Abs. 2 lit. c übersteigt."

In der Regierungsvorlage zur 53. ASVG-Novelle (214 BlgNR XX. GP, 27 f) ist dazu Folgendes ausgeführt:

"Die vorgeschlagenen Änderungen sollen eine leichtere Vollziehbarkeit der mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, geschaffenen Bestimmungen betreffend die Pflichtversicherung von 'freien Dienstvertragsnehmern' und dienstnehmerähnlich beschäftigten Personen mit sich bringen und damit vielfach geäußerte Anregungen der Sozialpartner und der Praxis verwirklichen.

Im einzelnen handelt es sich um folgende Maßnahmen:

1. Die sozialversicherungsrechtlichen Folgen beider Bestimmungen sollen soweit wie möglich vereinheitlicht werden, damit das Problem der Abgrenzung nicht mehr relevant ist; dies kommt bereits dadurch zum Ausdruck, dass der bisher im § 4 Abs. 3 Z. 12 ASVG umschriebene Personenkreis nunmehr im § 4 Abs. 5 ASVG genannt wird, d.h. nicht mehr in der Aufzählung der selbständig Erwerbstätigen, die der Vollversicherung nach dem ASVG unterliegen, aufscheint.

2. Anstelle einer Geringfügigkeitsgrenze soll für beide Vertragstypen eine Versicherungsgrenze von S 3.600,-- bestehen (§ 5a ASVG).

3. Beide Vertragstypen sollen grundsätzlich Vollversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach sich ziehen, wenn das monatliche Entgelt die Versicherungsgrenze übersteigt.

4. Die vom Budgetausschuss des Nationalrates im Rahmen der Behandlung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 beschlossene Feststellung einer Reihenfolge bei der Prüfung der Frage der Sozialversicherungspflicht gemäß § 4 ASVG (95 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XX. GP., Seite 25) soll gesetzlich verankert werden (§ 4 Abs. 6 ASVG).

5. Hinsichtlich beider Vertragstypen soll keine Teilversicherung in der Unfallversicherung bestehen, wenn das Entgelt von vornherein unter der Versicherungsgrenze liegt (diesfalls besteht auch keine Meldeverpflichtung). Wird dies erst nachträglich festgestellt, so werden die Beiträge nur dann rückerstattet, wenn keine Leistung in Anspruch genommen worden ist.

...

11. Zur Dienstnehmerähnlichkeit wird im Gesetz näher definiert, was unter dem Begriff der 'Regelmäßigkeit' jedenfalls zu verstehen ist. Regelmäßigkeit der Beschäftigung liegt gemäß § 4 Abs. 5 Z. 1 und 2 ASVG auf jeden Fall dann vor,

a) wenn mehr als drei Vereinbarungen mit ein und demselben Auftraggeber in sechs aufeinanderfolgenden Kalendermonaten vorliegen oder

b) wenn die Tätigkeit sich über mehr als zwei Kalendermonate erstreckt.

Fortgesetzte Rechtsbeziehungen zu ein und demselben Auftraggeber sind ab der vierten Vereinbarung auch dann als regelmäßig anzusehen, wenn durch entsprechende zeitliche Lagerung der Vereinbarungen lit. a nicht zur Anwendung kommen würde (z.B. im Jänner und Juli werden jeweils drei Verträge für jeweils zwei Monate abgeschlossen). Als Vereinbarung ist jeweils die Vereinbarung über ein einzelnes Werk anzusehen. Werden mehrere einzelne Werke in einem einzigen Vertrag vereinbart, liegen dementsprechend mehrere Vereinbarungen vor. Eine rückwirkende Feststellung der Dienstnehmerähnlichkeit auf Grund der Beurteilung der Regelmäßigkeit ist nicht zulässig.

12. Auslegung der lit. a:

-

die Pflichtversicherung tritt erst mit der Aufnahme der Tätigkeit aus der vierten Vereinbarung ein und besteht bis zur Beendigung der Tätigkeit aus dieser Vereinbarung;

-

bei Abschluss weiterer Vereinbarungen wird jedesmal sechs Kalendermonate (volle Kalendermonate; der Monat, in dem die zu prüfende Vereinbarung geschlossen wurde, wird hiebei mitgerechnet) zurückgeblickt ('gleitender Beobachtungszeitraum'), um festzustellen, ob in diesem Zeitraum die Voraussetzung erfüllt ist (Vorliegen von drei weiteren Vereinbarungen). Wenn ja, besteht für die neue Vereinbarung Pflichtversicherung;

-

es handelt sich somit, was das Zusammenspiel mehrerer Vereinbarungen betrifft, um keine durchgehende Versicherung, sondern die Pflichtversicherung besteht jeweils von der Aufnahme bis zur Beendigung der Tätigkeit (Letzter des Kalendermonats) aus der jeweiligen Vereinbarung.

Auslegung der lit. b:

Die Pflichtversicherung tritt erst mit dem Beginn des dritten Kalendermonats ein, wenn nicht von vornherein feststeht, dass sich die Tätigkeit über mehr als zwei Kalendermonate erstrecken wird.

..."

Mit der Novelle BGBl. Nr. 600/1996 wurde darüber hinaus dem § 4 ASVG mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1997 folgender Abs. 7 angefügt:

"(7) Ist ein Dienstnehmer (Auftragnehmer) im Sinne des Abs. 2, 4 oder 5 für mehrere rechtlich selbständige Dienstgeber (Auftraggeber) tätig

1. die im Sinne des § 228 Abs. 3 des Handelsgesetzbuches verbunden oder diesen vergleichbar zu wirtschaftlichen Zwecken zusammengefasst sind oder

2. die Absprachen über die jeweilige Inanspruchnahme des Dienstnehmers (Auftragnehmers) zu einem gemeinsamen Zweck getroffen haben, so gelten diese für die Feststellung der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 4, 5 und § 5 Abs. 2 letzter Satz als ein einziger Dienstgeber (Auftraggeber)."

Im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (325 BlgNR XX. GP, 1) zum Bundesgesetz, mit dem unter anderem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, BGBl. Nr. 600/1996, ist die Begründung des dem Gesetz zugrundeliegenden Initiativantrages wie folgt nachzulesen:

"Die Koalitionsparteien haben sich auf folgende Maßnahmen geeinigt, die die bestehende Werkvertragsregelung korrigieren und erleichtern:

-

Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze für freie Dienstverträge und dienstnehmerähnliche Werkverträge auf S 7.000,--

pro Vertrag und Auftraggeber.

-

Zusammenziehung der Einkommen aus einem echten Dienstvertrag und mehreren parallel abgeschlossenen Werkverträgen = freie Dienstverträge bzw. dienstnehmerähnliche Werkverträge bei ein und demselben Auftraggeber zur Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge. Das gilt auch für mehrere Auftraggeber, die in einem wirtschaftlichen Verbund stehen. Die Geringfügigkeitsgrenze liegt in diesem Fall summarisch bei

S 3.600,--. Liegen mehrere Werkverträge mit dem gleichen Auftraggeber vor (auch hier gilt wirtschaftlicher Verbund), sind diese hinsichtlich der Geringfügigkeitsgrenze für Werkverträge von

S 7.000,-- kumuliert zu betrachten.

..."

§ 4 Abs. 5 ASVG (idF BGBl. Nr. 411/1996) sowie der Satzteil "und 5, eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 4 schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 5" in § 4 Abs. 6 (idF BGBl. Nr. 411/1996), ferner § 4 Abs. 7 (idF BGBl. Nr. 600/1996), § 5 Abs. 2 letzter Satz (idF BGBl. Nr. 600/1996), die Worte "oder 5" im ersten Satz des § 5a Abs. 1 (idF BGBl. Nr. 600/1996) und § 5a Abs. 2 Z. 3 (idF BGBl. Nr. 600/1996) wurden - neben weiteren Bestimmungen - mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 1997, Slg.Nr. 14.802, ohne Fristsetzung aufgehoben; die Aufhebung wurde mit dem am 23. April 1997 ausgegebenen BGBl. I Nr. 39/1997 kundgemacht.

Der vorliegende Beschwerdefall ist kein Anlassfall des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 1997. Gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG ist dann, wenn ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden ist, auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles dieses Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Ein derartiger Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes liegt nicht vor. Die hier zeitraumbezogen maßgebende Rechtslage ist somit bis zu ihrer Aufhebung, d.h. bis zum Ablauf des 23. April 1997 (vgl. zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kundmachung gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG Rohregger in: Korinek/Holoubek, B-VG, Art. 140, Rz 293) weiterhin anzuwenden. Eine Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof mit dem Ziel der Feststellung, dass § 4 Abs. 5 ASVG verfassungswidrig war, wie dies die beschwerdeführende Partei anregt, kommt nicht in Betracht, weil diese Bestimmung durch die Wirkungen des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes somit unangreifbar geworden ist.

Im Übrigen erweist sich der in Beschwerde gezogene Bescheid jedoch bereits aus folgenden Gründen als rechtswidrig: § 4 Abs. 5 ASVG setzt voraus, dass eine Person "infolge einer oder mehrerer vertraglichen Vereinbarungen dienstnehmerähnlich für einen Auftraggeber (Gebietskörperschaft)" gegen Entgelt beschäftigt ist. Hinsichtlich der für die Beurteilung des Dienstnehmerähnlichkeit insbesondere zu prüfenden Regelmäßigkeit der Beschäftigung legt § 4 Abs. 5 ASVG darüber hinaus fest, dass diese jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn "mit diesem Auftraggeber (Gebietskörperschaft)" innerhalb der letzten sechs vor dem Abschluss der Vereinbarung liegenden aufeinanderfolgenden Kalendermonate mehr als drei Vereinbarungen abgeschlossen wurden oder "die mit dem Auftraggeber (Gebietskörperschaft)" vereinbarte Tätigkeit sich über mehr als zwei Kalendermonate erstreckt.

Wie sich aus § 4 Abs. 7 ASVG ergibt, ist davon auszugehen, dass grundsätzlich nur ein einziger rechtlich selbständiger Auftraggeber vorhanden sein darf, damit "Arbeitnehmerähnlichkeit" vorliegt und die Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 5 ASVG ausgelöst wird. Nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 ASVG kommt es in Frage, dass trotz des Vorliegens mehrerer rechtlich selbständiger Auftraggeber die Versicherungspflicht ausgelöst wird.

Zwar ist § 4 Abs. 7 ASVG erst am 1. Jänner 1997 in Kraft getreten und somit nicht für den gesamten hier in Rede stehenden Zeitraum unmittelbar maßgebend. Allerdings steht der Wortlaut des § 4 Abs. 5 ASVG nicht entgegen, § 4 Abs. 7 ASVG auch für die vor dem 1. Jänner 1997 liegende Zeit zur Auslegung der Regelung des § 4 Abs. 5 ASVG heranzuziehen, zumal der Gesetzgeber offensichtlich durch die Erlassung des § 4 Abs. 7 ASVG nur eine Klarstellung hinsichtlich der Regelung auch des § 4 Abs. 5 ASVG treffen wollte. Dafür, dass damit eine wesentliche inhaltliche Abänderung des Gesetzes erfolgt wäre, bieten die Materialien keinen Hinweis. Bemerkt wird, dass zwar die Erläuternden Bemerkungen zu § 4 Abs. 3 Z. 12 ASVG (72 BlgNR 20. GP. S. 251f) ausführen, dass es für die wirtschaftliche Unselbständigkeit eines Beschäftigten spricht, wenn er seine Leistungen im Wesentlichen nur gegenüber dem Beschäftiger oder einer begrenzten Anzahl von Beschäftigern bzw. gegenüber deren Kunden und mit ihnen wirtschaftlich verflochtenen Unternehmen und nicht gegenüber einer unbegrenzten, ständig wechselnden Anzahl von Beschäftigern erbringt. Diese Ausführungen wurden aber im Zusammenhang mit der Erlassung des hier maßgebenden § 4 Abs. 5 ASVG nicht mehr wiederholt; vielmehr wurde zu dieser Bestimmung ausgeführt, dass Regelmäßigkeit der Beschäftigung auf jeden Fall dann vorliegen solle, wenn mehr als drei Vereinbarungen "mit ein und demselben Auftraggeber" in sechs aufeinanderfolgenden Kalendermonaten vorliegen oder wenn sich die Tätigkeit über mehr als zwei Kalendermonate erstreckt (wobei im Gesetzestext ausdrücklich auf "die mit dem Auftraggeber <Gebietskörperschaft> vereinbarte Tätigkeit" abgestellt wird). Zu beachten ist auch, dass § 4 Abs. 5 ASVG zwar von einer "oder mehreren" vertraglichen Vereinbarungen spricht, nicht aber von einem "oder mehreren" Auftraggebern.

§ 228 Abs. 3 HGB, auf den sich § 4 Abs. 7 Z. 1 ASVG bezieht, hat in der hier maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 304/1996 folgenden Wortlaut:

"(3

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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