TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/24 2006/04/0050

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Veröffentlicht am 24.05.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §39 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs2 Z4;
GewO 1994 §79 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der F GmbH in M, vertreten durch Hofbauer, Hofbauer & Wagner, Rechtsanwälte Partnerschaft in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 24. Februar 2006, Zl. BMWA-322.040/0001-I/9/2006, betreffend Vorschreibung einer Auflage gemäß § 79 Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Februar 2000 ab. Mit dem letztgenannten Bescheid sei bezüglich der Treibstofftankstelle der beschwerdeführenden Partei gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 verfügt worden, dass Betankungsvorgänge bei dieser Tankstelle nur gehsteigseitig durchzuführen seien. Auf Grund der von der beschwerdeführenden Partei dagegen erhobenen Berufung habe der Sachverständige des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie am 11. Mai 2001 eine (im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebene) Stellungnahme erstattet. Demnach sei die Tankstelleninsel der beschwerdeführenden Partei so situiert, dass straßenseitig abgestellte Fahrzeuge beim Betankungsvorgang im Regelfall 1,65 m (Pkw) bzw. 2,5 m (Lkw) in die Fahrbahn der angrenzenden Bundesstraße (B 29) hineinragten. Dadurch werde nicht nur der Verkehrsablauf auf der Straße erheblich behindert, sondern es verbleibe im Falle der Betankung eines Lkws eine Restfahrbahnbreite von lediglich 5,1 m, sodass der Begegnungsverkehr von anderen Lkw auf dieser Bundesstraße unmöglich werde. Überdies werde die Kreuzungssichtweite für den dort befindlichen Knoten der Bundesstraße mit einer näher genannten Landesstraße in unakzeptabler Weise herabgesetzt. Durch diese Umstände sei die Sicherheit, Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs auf der B 29 nicht mehr gegeben, sodass nach Ansicht des Sachverständigen die im Erstbescheid vorgeschriebene Auflage für Betankungsvorgänge erforderlich sei. Nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtsvorschriften und unter Zugrundelegung der genannten Stellungnahme des Sachverständigen vertrat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung, zur Gewährleistung der in § 74 Abs. 2 Z. 4 GewO 1994 umschriebenen Interessen sei die Auflage erforderlich, dass Betankungsvorgänge nur "zwischen Gebäude und Tankstelleninsel" erlaubt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, sie betreibe die Tankstelle schon seit dem Jahr 1950. Im Zuge des Ausbaus der Bundesstraße hätte es nach dem Willen der zuständigen Behörden auch zu einer Änderung der Tankstelle kommen sollen. Da es darüber aber "keine hinreichende Verständigung" gegeben habe, sei das Eigentum an der im Zuge des Ausbaus der Straße begehrten Flächen nicht übertragen worden, sodass der Verlauf der Bundesstraße nunmehr "auch unter Berücksichtigung von Privatflächen geführt" werde. Diese asphaltierten Flächen in einer Breite von rund 2 m im Anschluss an den "aktiven Fahrbahnbereich" fänden auch für die in Rede stehenden Betankungsvorgänge Verwendung. Die beschwerdeführende Partei sei daher hinsichtlich der entscheidenden Flächen nicht nur nutzungsberechtigt, sondern auch Eigentümerin. Mit der Eigentumssituation habe sich die belangte Behörde trotz wiederholter Hinweise seitens der beschwerdeführenden Partei nicht auseinandergesetzt, insbesondere habe diese nicht ausgeführt, aus welchen Gründen "eine Benützung auf Basis der bisherigen Vereinbarung zur Nutzung öffentlichen Gutes nicht möglich sein soll" und inwieweit damit eine Gefahrenerhöhung verbunden sei. Unter dem selben Mangel leide schon die Stellungnahme des Sachverständigen. Letztere stamme im Übrigen aus dem Jahr 2001 und könne daher die aktuelle Verkehrssituation nicht widerspiegeln. Die Errichtung einer Landesstraße und die Schaffung einer Autobahnauffahrt hätten nämlich zu einer Einschränkung des Verkehrsaufkommens auf der gegenständlichen Bundesstraße geführt, was eine nochmalige Überprüfung der Situation erforderlich gemacht hätte. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass es auch an anderen Stellen in unmittelbarer Nähe zur Betriebsanlage der beschwerdeführenden Partei zu Verengungen der Fahrbahnbreite komme, so etwa durch die Errichtung von Ladezonen.

Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die (u.a.) nach dem Stand der Technik zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben.

Zu den gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen zählen gemäß Z. 4 dieser Bestimmung die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr.

Das Hauptgewicht des Beschwerdevorbringens liegt im Argument, die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin des bisher auch für betriebliche Zwecke genutzten Teils der öffentlichen Straße, ihr stehe daher ein privatrechtlicher Anspruch auf weitere Benützung dieses Teiles zu. Mit diesem Vorbringen ist freilich schon deshalb nichts zu gewinnen, weil die Behörde die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr als öffentliches Interesse im Sinn des § 74 Abs. 2 Z. 4 GewO 1994 von Amts wegen wahrzunehmen hat (vgl. aus vielen etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2001, Zl. 98/04/0181, mwN), sodass für eine Berücksichtigung privatrechtlicher Ansprüche in diesem Zusammenhang kein Raum bleibt. Im Übrigen setzt die Vorschreibung von Auflagen den - an sich zulässigen - Betrieb einer Betriebsanlage geradezu voraus. Der belangten Behörde ist daher nicht vorzuwerfen, dass sie sich mit den Nutzungsrechten der beschwerdeführenden Partei an der hier gegenständlichen Betriebsfläche nicht auseinander gesetzt hat.

Fallbezogen ist somit entscheidend, ob die Auflage, dass ein bestimmter Teil der Betriebsfläche nicht für Betankungsvorgänge verwendet werden darf, zur Wahrung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr erforderlich ist. Dieses Erfordernis einer Auflage hat die belangte Behörde, indem sie sich auf die erwähnte Stellungnahme des Amtssachverständigen gestützt hat, daraus abgeleitet, dass Betankungsvorgänge, die straßenseitig der gegenständlichen Tankstelleninsel erfolgen, zu einer erheblichen Behinderung des Verkehrsablaufs auf der Bundesstraße führen, weil zu betankende Kraftfahrzeuge dort so weit in die Fahrbahn ragen, dass die erforderliche Restfahrbahnbreite nicht mehr gegeben ist.

Das Beschwerdevorbringen rügt in diesem Zusammenhang zwar zutreffend, dass die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Stellungnahme bereits aus dem Jahr 2001 stammt. Dies stellt aber nur dann einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, wenn die belangte Behörde bei Einholung eines neuen Gutachtens zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Dies wird in der Beschwerde nicht dargetan:

Selbst wenn nämlich, wie die beschwerdeführende Partei behauptet, der Ausbau weiterer Verkehrswege seit dem Jahr 2001 zu einer "Einschränkung des Verkehrsaufkommens" auf der in Rede stehenden Bundesstraße geführt hätte, so ändert dies noch nichts an der vom Sachverständigen beschriebenen, durch das Geschehen in der Betriebsanlage verursachten Verengung der Fahrbahn, die insbesondere dazu führt, dass für entgegenkommende Lkw nicht die ausreichende Fahrbahnbreite verbleibt. Die vorgeschriebene Auflage ist daher auch bei reduziertem Verkehrsaufkommen im Hinblick auf den noch immer verbleibenden (Lkw-)Verkehr zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 Z. 4 GewO genannten Interessen erforderlich. Daran ändert der Hinweis in der Beschwerde nichts, dass erhebliche Fahrbahnverengungen auch an anderen Stellen dieser Bundesstraße bestehen.

Da sich somit schon aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 24. Mai 2006

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006040050.X00

Im RIS seit

22.06.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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