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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
SchUG 1986 §49 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des R, geboren 1989, vertreten durch die Mutter C, diese vertreten durch Mag. M, Rechtsanwältin, der gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 2. August 2006, Zl. BMBWK- 1.200/0025-III/3b/2006, betreffend Schulausschluss gemäß § 49 Abs. 1 SchUG, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
Auf Grund des Antrages der Schulkonferenz vom 31. März 2006 schloss der Landesschulrat für Oberösterreich als Schulbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 26. April 2006 vom Besuch des Bundesoberstufenrealgymnasiums (BORG) A aus. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 2. August 2006 abgewiesen. Der Berufung des Beschwerdeführers war die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt worden, sodass der Beschwerdeführer im Unterrichtsjahr 2005/2006 weiterhin das BORG A besuchte und dort das Jahreszeugnis vom 7. Juli 2006 mit positiven Beurteilungen in allen Pflichtgegenständen erhielt.
Mit der gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur erhobenen Beschwerde ist der Antrag verbunden, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass es nicht gelingen werde, eine Schule für den Beschwerdeführer in erreichbarer Nähe zu seinem Wohnort B zu finden. Dr. K vom Landesschulrat für Oberösterreich habe im Gespräch vom 20. April 2006 geäußert, dass es auf Grund der Vorfälle nicht gelingen werde, eine andere Schule für den Beschwerdeführer zu finden. Jedenfalls sei vom BORG C in L bereits mitgeteilt worden, dass kein freier Platz vorhanden sei. Ob die Abweisung wegen Platzmangels oder auf Grund des Schulausschlusses erfolgt sei, könne naturgemäß nicht beantwortet werden. Gerade in der für Jugendliche in der heutigen Zeit schwierigen Arbeitsmarktsituation und der Lehrstellenproblematik sei eine gute Schulausbildung ein wichtiger Grundstein für eine erfolgreiche Arbeitsplatzsuche. Der Beschwerdeführer habe durchwegs gute Noten, die Klassengemeinschaft sei gut, er wolle die Schule unbedingt mit Matura abschließen. Da nicht vorhersehbar sei, ob es gelingen werde, eine geeignete Schule zu finden, liege ein unverhältnismäßiger Nachteil für den Beschwerdeführer vor.
Die belangte Behörde sprach sich in ihrer Stellungnahme gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus und brachte vor, der Beschwerdeführer habe das für den Ausschluss kausale Fehlverhalten auf einer mehrtägigen Schulveranstaltung gesetzt. Auch in den folgenden Schuljahren würden derartige mehrtägige Schulveranstaltungen durchgeführt, die Schüler seien zur Teilnahme jedenfalls berechtigt, ausgenommen sie würden vom Schulleiter nach Anhörung der Klassenkonferenz von der Teilnahme ausgeschlossen. Ein derartiger Ausschluss dürfe nur erfolgen, wenn auf Grund des bisherigen Verhaltens des Schülers eine Gefährdung der Sicherheit des Schülers oder anderer Personen mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei (§ 13 Abs. 3 SchUG). Die Gefährdung der Sittlichkeit stelle somit keinen Ausschlussgrund von einer Schulveranstaltung dar. Da den mehrtägigen Schulveranstaltungen für die Klassengemeinschaft eine prägende Funktion zukomme, wirkten sich nach Ansicht der belangten Behörde Vorkommnisse wie die am Schikurs des letzten Schuljahres auch auf die Beziehungen der Schüler in einer Klasse in den Zeiten des schulischen Unterrichts aus. Das öffentliche Interesse am Vollzug des in Beschwerde gezogenen Bescheides liege darin begründet, dass eine durch den Verbleib des Beschwerdeführers am BORG A bestehende Gefährdung der Sittlichkeit der Mitschüler hintangehalten werden solle. Es wäre für die Sittlichkeit der Mitschüler gefährlich, wenn an der Schule der Eindruck entstünde, dass das vom Beschwerdeführer eingestandenermaßen gesetzte Fehlverhalten über sehr lange Zeiträume folgenlos bliebe.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Ein unverhältnismäßiger Nachteil für den Beschwerdeführer liegt hier vor, da es ihm bislang nicht gelungen ist, einen Patz an einer geeigneten Schule in erreichbarer Nähe von seinem Wohnort zu finden. Umstände, die eine sofortige Umsetzung des angefochtenen Bescheides erforderten, sind nicht ersichtlich. Die Vorfälle ereigneten sich am Schulschikurs am 28. März 2006. Seit diesem Zeitpunkt besuchte der Beschwerdeführer das BORG A weiterhin, ohne dass es zu weiteren Vorfällen gekommen wäre. Ein zwingendes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug des Bescheides kann jedenfalls nicht darin erblickt werden, dass durch den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers während der Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof die Sittlichkeit der Mitschüler (noch länger) gefährdet wäre. Je weiter das Fehlverhalten zeitlich zurückliegt, desto geringer ist die sittliche Gefährdung der Mitschüler lediglich auf Grund des Schulbesuches durch den Beschwerdeführer. Das Gleiche gilt für eine - von der belangten Behörde gar nicht behauptete - allfällige Gefahr weiteren sittlich gefährdenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers.
In Wahrnehmung der somit gebotenen Interessenabwägung war der vom Beschwerdeführer dargelegte Nachteil, der mit einer sofortigen Umsetzung des angefochtenen Bescheides verbunden ist, als unverhältnismäßig zu bewerten und dem Aufschiebungsantrag somit stattzugeben.
Wien, am 11. September 2006
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Unterricht Interessenabwägung Unverhältnismäßiger Nachteil Zwingende öffentliche InteressenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:AW2006100039.A00Im RIS seit
24.10.2006