TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/20 2006/08/0203

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Veröffentlicht am 20.09.2006
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
24/01 Strafgesetzbuch;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §49 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
StGB §159;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der P GmbH in W, vertreten durch Dr. Michaela Iro, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 13/1/15, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 26. Mai 2006, Zl. MA 15-II-2-4640/2006, betreffend Verpflichtung zur Beitragsentrichtung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse in 1100 Wien, Wienerbergstraße 15-19), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG verpflichtet sei, für die Dienstnehmer MW und VS für die Zeit vom 1. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2004 Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in Gesamthöhe von EUR 10.527,54 zu entrichten. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass für die Dienstnehmerin VS für Oktober 2004 um EUR 2,65 zu wenig an Mitarbeitervorsorgebeiträgen entrichtet worden sei. Darüber hinaus stehe fest, dass MW ab 15. Oktober 1990 zum Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei bestellt worden sei; er verfüge laut Eintragung im Firmenbuch über 20 % der Geschäftsanteile am Stammkapital der beschwerdeführenden Gesellschaft. Er sei seit 11. März 1991 als Dienstnehmer bei der beschwerdeführenden Partei beschäftigt und mit 20 Wochenstunden zur Sozialversicherung gemeldet. Die Sozialversicherungsbeiträge seien auf Basis von 20 Wochenstunden abgeführt worden. Tatsächlich sei MW mehr als 20 Wochenstunden für die beschwerdeführende Partei tätig geworden. Nach eigenen Angaben sei er je nach den betrieblichen Erfordernissen tätig geworden, habe jedoch sicher 40 Stunden pro Woche gearbeitet. Im Hinblick darauf sei die Nachverrechnung der Differenz zur 40-stündigen Wochenarbeitszeit erfolgt. Was das "nachverrechnete Jubiläumsgeld" betreffe, verwies die belangte Behörde auf den Kollektivvertrag für die Angestellten im Gastgewerbe, wonach der Beschwerdeführer im März 2001 Anspruch auf Jubiläumsgeld in Höhe eines Monatsgehaltes gehabt habe. Zu den Einwänden der beschwerdeführenden Partei, wonach der Geschäftsführer nach den Bestimmungen des Handelsrechts der Gesellschaft gegenüber verpflichtet sei, für das wirtschaftliche Wohlergehen der Gesellschaft zu sorgen, was unter anderem bedeute, dass der Gesellschaft weder für den Betrieb notwendige Liquidität entzogen, noch durch Anhäufung von Verbindlichkeiten deren Weiterbestehen gefährdet werden dürfe, führte die belangte Behörde aus, dass die Sozialversicherungsbeiträge von jenem Entgelt zu entrichten seien, auf welches der Dienstnehmer Anspruch habe, unabhängig davon, ob dieses Entgelt tatsächlich ausbezahlt worden sei oder nicht.

Gegen diesen Bescheid, soweit darin die Nachverrechnung von Beiträgen aus dem den Dienstnehmer MW betreffenden Versicherungsverhältnis erfolgte, richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

2. Die beschwerdeführende Partei macht in ihrer Beschwerde lediglich geltend, dass die belangte Behörde das Vorbringen "hinsichtlich § 159 StGB", das bereits im Einspruch erfolgt sei, übergangen habe. Diese Bestimmung sei für das Handeln des Geschäftsführers bestimmend gewesen, sofern er sich keinem gerichtlich strafbaren Tatvorwurf aussetzen wollte, was ihm keinesfalls zuzumuten gewesen sei. Setze sich die Ansicht der mitbeteiligten Partei bzw. der belangten Behörde durch, wäre die beschwerdeführende Partei "aus rein formalen Gründen" gezwungen, das Insolvenzverfahren zu beantragen, was weder der ratio legis, noch irgend einem öffentlichen Interesse entsprechen könne. Darüber hinaus würde dies hinsichtlich der Beitragspflicht eines unter gleichen Bedingungen tätigen Selbständigen, der ebenso lange arbeite, eine Ungleichbehandlung insoweit bedeuten, als jener ausschließlich nach seinem Einkommen Beiträge zu entrichten hätte, die jedenfalls unter jenen Beiträgen lägen, die die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse der beschwerdeführenden Partei im vorliegenden Fall vorgeschrieben habe.

3. Die beschwerdeführende Partei bestreitet weder, dass M. W. im Zeitraum, auf den sich die streitgegenständliche Nachverrechnung bezieht, als Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG bei ihr als Dienstgeberin iSd § 35 Abs 1 ASVG beschäftigt war, noch dass er in diesem Zeitraum nicht bloß 20 Wochenstunden, wie in der Meldung an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse angegeben, sondern 40 Wochenstunden beschäftigt war; auch gegen die Berechnung des der Nachverrechnung zugrundegelegten kollektivvertraglichen Entgelts für eine Beschäftigung mit 40 Wochenstunden werden keine Einwände vorgebracht.

Vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der Hinweis auf § 159 StGB verkennt, dass allenfalls das mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in auffallendem Widerspruch stehende Eingehen eines Dienstverhältnisses, nicht aber die dem Anspruchslohn auf Grund eines bestehenden Dienstverhältnisses entsprechende Beitragsentrichtung als kridaträchtiges Handeln im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden könnte. Eine Verringerung des kollektivvertraglichen Entgeltanspruchs lässt sich weder aus der schlechten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, noch aus der Stellung des Dienstnehmers als (Minderheits-)Gesellschafter und Geschäftsführer ableiten.

Schließlich kann auch nicht erkannt werden, dass die von der beschwerdeführenden Partei gerügte (sachlich nicht gerechtfertigte) "Ungleichbehandlung" zwischen Selbständigen und unselbständig Beschäftigten vorläge, zumal diese gerade eben nicht "unter gleichen Bedingungen" tätig werden, sondern sich unter anderem hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit und der Risikotragung wesentlich unterscheiden. Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen das Anknüpfen der Beitragsverpflichtung an der Höhe des Entgeltanspruches eines unselbständig Beschäftigten unsachlich sein sollte.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. September 2006

Schlagworte

Kollektivvertrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006080203.X00

Im RIS seit

01.11.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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