TE OGH 1998/9/17 8ObA12/98t

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Veröffentlicht am 17.09.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Ignaz Gattringer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Simone U*****, vertreten durch Dr. Harald Jelinek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Stadt W*****, vertreten durch Dr. Johannes Ehrenhöfer und Dr. Wilhelm Häusler, Rechtsanwälte in Wr. Neustadt, wegen S 117.428,54 brutto abzüglich S 52.466,60 netto (Revisionsinteresse S 4.919,38 brutto), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. August 1997, GZ 9 Ra 36/97y-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. Oktober 1996, GZ 28 Cga 18/96p-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.031,36 (einschließlich S 338,56 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision muß als gerade noch zulässig angesehen werden, weil zur Frage der Geltendmachung von Honoraren nachgeordneter Ärzte nach dem NÖ KAG eine ausdrückliche Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht vorhanden ist (vgl aber 9 ObA 359, 360/93, die sich mit den einschlägigen Bestimmungen in anderem Zusammenhang beschäftigt), wenn auch zu dem einschlägigen Fragenkomplex nach den KAG anderer Bundesländer einschlägige Judikatur vorhanden ist (vgl insbesondere die nach der berufungsgerichtlichen Entscheidung ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 1.10.1997, 9 ObA 69/97f betreffend das ähnlich gefaßte Wr KAG), aus der sich entsprechende Schlußfolgerungen für die Rechtslage in NÖ ziehen lassen.Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision muß als gerade noch zulässig angesehen werden, weil zur Frage der Geltendmachung von Honoraren nachgeordneter Ärzte nach dem NÖ KAG eine ausdrückliche Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht vorhanden ist vergleiche aber 9 ObA 359, 360/93, die sich mit den einschlägigen Bestimmungen in anderem Zusammenhang beschäftigt), wenn auch zu dem einschlägigen Fragenkomplex nach den KAG anderer Bundesländer einschlägige Judikatur vorhanden ist vergleiche insbesondere die nach der berufungsgerichtlichen Entscheidung ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 1.10.1997, 9 ObA 69/97f betreffend das ähnlich gefaßte Wr KAG), aus der sich entsprechende Schlußfolgerungen für die Rechtslage in NÖ ziehen lassen.

Das Berufungsgericht hat den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, sodaß es gemäß § 48 ASGG (in der hier anzuwendenden Fassung vor der WGN 1997) ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen.Das Berufungsgericht hat den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, sodaß es gemäß Paragraph 48, ASGG (in der hier anzuwendenden Fassung vor der WGN 1997) ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen.

Strittig ist im Revisionsverfahren ausschließlich, ob die beklagte Partei als Rechtsträger des öffentlichen Krankenhauses, in dem die Klägerin beschäftigt ist, verpflichtet ist, dieser der Höhe nach unstrittige S 4.919,38 brutto als Beteiligung an ärztlichen Honoraren in ihrer Eigenschaft als nachgeordnete Ärztin zu bezahlen. Die beklagte Partei bestreitet weiterhin ihre Passivlegitimation nach dem NÖ KAG und meint, daß sich aus den §§ 45 und 49 NÖ KAG ergebe, daß zwischen dem Institutsvorstand (leitendem Arzt) und dem Patienten eine direkte Vertragsbeziehung bestehe, sie nur für diesen die ärztlichen Honorare eingebe und daher die nachgeordneten Ärzte nur Ansprüche gegen den Institutsvorstand (leitenden Arzt) geltend machen könnten. Diesen Ausführungen ist zu erwidern:Strittig ist im Revisionsverfahren ausschließlich, ob die beklagte Partei als Rechtsträger des öffentlichen Krankenhauses, in dem die Klägerin beschäftigt ist, verpflichtet ist, dieser der Höhe nach unstrittige S 4.919,38 brutto als Beteiligung an ärztlichen Honoraren in ihrer Eigenschaft als nachgeordnete Ärztin zu bezahlen. Die beklagte Partei bestreitet weiterhin ihre Passivlegitimation nach dem NÖ KAG und meint, daß sich aus den Paragraphen 45 und 49 NÖ KAG ergebe, daß zwischen dem Institutsvorstand (leitendem Arzt) und dem Patienten eine direkte Vertragsbeziehung bestehe, sie nur für diesen die ärztlichen Honorare eingebe und daher die nachgeordneten Ärzte nur Ansprüche gegen den Institutsvorstand (leitenden Arzt) geltend machen könnten. Diesen Ausführungen ist zu erwidern:

Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt (zuletzt in der Entscheidung vom 27.3.1997, 8 ObA 2317/96k, betreffend das stm KAG, und in der Entscheidung vom 1.10.1997, 9 ObA 69/97f, betreffend das Wr KAG, welches eine weitgehend ähnliche Konstruktion wie das NÖ KAG aufweist) ausgesprochen hat, läßt das Sondergebührenmodell2 des Krankenanstaltengesetzes des Bundes (KAG) nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH-Slg 10.066, 11.579) eine direkte Rechtsbeziehung zwischen dem Arzt und dem in der Sonderklasse untergebrachten Patienten nicht zu (Mayer in FS Stoll 201; Schrammel in FS Schnorr 433; Mazal in Schrammel [Hrsg], Rechtsfragen der ärztlichen Behandlung [1990] 82; ders, zu 8 ObA 240/95, DRdA 1996/24). Die diesem Modell entsprechende klare Trennung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Anstaltsträger und dem Patienten einerseits sowie den Ärzten und dem Anstaltsträger andererseits ist aber nicht in allen Bundesländern (vollständig) verwirklicht. Vielmehr finden sich in den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen mehrerer Bundesländer mehr oder weniger deutliche Hinweise auf die Absicht des Landesgesetzgebers, eine (dem Grundsatzgesetz widersprechende) direkte Rechtsbeziehung zwischen dem Arzt und dem Sonderklassepatienten zu normieren (Schrammel aaO 432 f; Mazal aaO 82 f; 8 ObA 2317/96k und 9 ObA 69/97f).

Das gilt auch für das NÖ KAG, dessen § 49 Abs 5 die Berechtigung des Abteilungs- oder Institutsvorstandes normiert, von Patienten der Sonderklasse ein mit ihnen zu vereinbarendes Honorar zu verlangen, und dessen § 45 Abs 3 vorsieht, daß den nachgeordneten Ärzten mindestens 40 vH des ärztlichen Honorars gebührt, dessen Aufteilung nach Abs 4 dieser Bestimmung der Abteilungsleiter unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Ausbildungsstand und die Leistungen der einzelnen Ärzte vorzunehmen hat. Die genannten Regelungen des NÖ KAG machen ebensowenig wie die des Wr KAG eine verfassungskonforme Interpretation unmöglich. Daran ändert auch nichts, daß - anders als das Wr KAG - das NÖ KAG in seinem § 45 Abs 2 die Vorschreibung und die Einbringung der Arzthonorare für die berechtigten Ärzte durch den Rechtsträger der Krankenanstalt normiert (dazu Schrammel aaO 433 und 9 ObA 359, 360/93). Beide Gesetze unterscheiden zwar explizit zwischen Sondergebühren und ärztlichen Honoraren. Das hindert aber - wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 9 ObA 69/97f ausgesprochen hat - die verfassungskonforme Auslegung der zitierten Bestimmung nicht (VfGH-Slg 11.579 zum insoweit vergleichbaren OÖ KAG). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hindert nämlich nicht einmal die Anordnung der Einhebung der ärztlichen Honorare durch den Rechtsträger im Namen der Ärzte die verfassungskonforme Interpretation eines landesgesetzlichen Sondergebührenmodells, weil - sofern nicht ausdrücklich die Stellung des Rechtsträgers als die eines gesetzlichen Inkassomandatars normiert ist, was im NÖ KAG nicht der Fall ist - der normative Gehalt bei einer solchen Regelung im Gebot einer Deklarierung (also einer Transparentmachung) der Arztanteile zu erblicken ist (VfSlg 10.066 zum Sbg KAG). Auch die wohl offenkundige Absicht des Landesgesetzgebers, eine direkte Rechtsbeziehung zwischen Arzt und Sonderklassepatienten zu schaffen, ist bei der Ermittlung des Regelungsgehaltes des NÖ KAG nicht entscheidend, weil diese Absicht im Wortlaut der zitierten Bestimmung nicht in einer Weise Niederschlag gefunden hat, die eine verfassungskonforme Auslegung unmöglich machen würde (Schrammel aaO 433; 9 ObA 69/97f). Der erkennende Senat vertritt daher die Auffassung, daß nicht nur § 45 Wr KAG, sondern auch die §§ 45 und 49 NÖ KAG im Sinne des dargestellten Sondergebührenmodells des Bundes - und damit verfassungskonform - dahin zu interpretieren sind, daß auch diese Bestimmungen keine direkten Rechtsbeziehungen zwischen dem forderungsberechtigten Arzt und dem Sonderklassepatienten schaffen, sondern eine Regelung des vom Sonderklassepatienten für die ärztliche Behandlung dem Rechtsträger der Krankenanstalt geschuldeten Entgelts darstellen. Daß die Abteilungs- und Institutsvorstände nach der zitierten Norm berechtigt sind, von den Sonderklassepatienten ein mit ihnen zu vereinbarendes Honorar zu verlangen, von dem aber den nachgeordneten Ärzten ein Anteil von mindestens 40 % zu verbleiben hat, ist dahin zu beurteilen, daß der Gesetzgeber für die Ermittlung und Aufteilung der ärztlichen Honorare die Mitwirkung der hievon betroffenen Ärzte, denen diese Honorare letztlich zukommen sollen, vorsieht. Damit ist kein unmittelbarer Anspruch der Klägerin gegen den Abteilungsleiter bzw Institutsvorstand abzuleiten. Vielmehr besteht der Anspruch der Klägerin auf Anteile am ärztlichen Honorar gegenüber dem beklagten Rechtsträger der Krankenanstalt. Dies deckt sich mit der ausdrücklichen Regelung des § 19 Abs 1 Z 6 NÖ SÄG (SpitalsärzteG), wonach zum Entgelt des Oberarztes der "vom Leiter der Abteilung bestimmte angemessene Anteil der ärztlichen Honorare (§ 45 NÖ KAG 1974, LGBl 9.940)" gehört. Das NÖ SÄG regelt also das Patienten-Spital-Arztverhältnis verfassungskonform und zeigt, daß die vom Berufungsgericht vorgenommene Interpretation des NÖ KAG zutreffend ist. Der beklagte Rechtsträger und nicht der Abteilungsleiter (Institutsvorstand) schuldet daher dem nachgeordneten Arzt den angemessenen Anteil des ärztlichen Honorars iSd § 45 NÖ KAG.Das gilt auch für das NÖ KAG, dessen Paragraph 49, Absatz 5, die Berechtigung des Abteilungs- oder Institutsvorstandes normiert, von Patienten der Sonderklasse ein mit ihnen zu vereinbarendes Honorar zu verlangen, und dessen Paragraph 45, Absatz 3, vorsieht, daß den nachgeordneten Ärzten mindestens 40 vH des ärztlichen Honorars gebührt, dessen Aufteilung nach Absatz 4, dieser Bestimmung der Abteilungsleiter unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Ausbildungsstand und die Leistungen der einzelnen Ärzte vorzunehmen hat. Die genannten Regelungen des NÖ KAG machen ebensowenig wie die des Wr KAG eine verfassungskonforme Interpretation unmöglich. Daran ändert auch nichts, daß - anders als das Wr KAG - das NÖ KAG in seinem Paragraph 45, Absatz 2, die Vorschreibung und die Einbringung der Arzthonorare für die berechtigten Ärzte durch den Rechtsträger der Krankenanstalt normiert (dazu Schrammel aaO 433 und 9 ObA 359, 360/93). Beide Gesetze unterscheiden zwar explizit zwischen Sondergebühren und ärztlichen Honoraren. Das hindert aber - wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 9 ObA 69/97f ausgesprochen hat - die verfassungskonforme Auslegung der zitierten Bestimmung nicht (VfGH-Slg 11.579 zum insoweit vergleichbaren OÖ KAG). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hindert nämlich nicht einmal die Anordnung der Einhebung der ärztlichen Honorare durch den Rechtsträger im Namen der Ärzte die verfassungskonforme Interpretation eines landesgesetzlichen Sondergebührenmodells, weil - sofern nicht ausdrücklich die Stellung des Rechtsträgers als die eines gesetzlichen Inkassomandatars normiert ist, was im NÖ KAG nicht der Fall ist - der normative Gehalt bei einer solchen Regelung im Gebot einer Deklarierung (also einer Transparentmachung) der Arztanteile zu erblicken ist (VfSlg 10.066 zum Sbg KAG). Auch die wohl offenkundige Absicht des Landesgesetzgebers, eine direkte Rechtsbeziehung zwischen Arzt und Sonderklassepatienten zu schaffen, ist bei der Ermittlung des Regelungsgehaltes des NÖ KAG nicht entscheidend, weil diese Absicht im Wortlaut der zitierten Bestimmung nicht in einer Weise Niederschlag gefunden hat, die eine verfassungskonforme Auslegung unmöglich machen würde (Schrammel aaO 433; 9 ObA 69/97f). Der erkennende Senat vertritt daher die Auffassung, daß nicht nur Paragraph 45, Wr KAG, sondern auch die Paragraphen 45 und 49 NÖ KAG im Sinne des dargestellten Sondergebührenmodells des Bundes - und damit verfassungskonform - dahin zu interpretieren sind, daß auch diese Bestimmungen keine direkten Rechtsbeziehungen zwischen dem forderungsberechtigten Arzt und dem Sonderklassepatienten schaffen, sondern eine Regelung des vom Sonderklassepatienten für die ärztliche Behandlung dem Rechtsträger der Krankenanstalt geschuldeten Entgelts darstellen. Daß die Abteilungs- und Institutsvorstände nach der zitierten Norm berechtigt sind, von den Sonderklassepatienten ein mit ihnen zu vereinbarendes Honorar zu verlangen, von dem aber den nachgeordneten Ärzten ein Anteil von mindestens 40 % zu verbleiben hat, ist dahin zu beurteilen, daß der Gesetzgeber für die Ermittlung und Aufteilung der ärztlichen Honorare die Mitwirkung der hievon betroffenen Ärzte, denen diese Honorare letztlich zukommen sollen, vorsieht. Damit ist kein unmittelbarer Anspruch der Klägerin gegen den Abteilungsleiter bzw Institutsvorstand abzuleiten. Vielmehr besteht der Anspruch der Klägerin auf Anteile am ärztlichen Honorar gegenüber dem beklagten Rechtsträger der Krankenanstalt. Dies deckt sich mit der ausdrücklichen Regelung des Paragraph 19, Absatz eins, Ziffer 6, NÖ SÄG (SpitalsärzteG), wonach zum Entgelt des Oberarztes der "vom Leiter der Abteilung bestimmte angemessene Anteil der ärztlichen Honorare (Paragraph 45, NÖ KAG 1974, Landesgesetzblatt 9.940)" gehört. Das NÖ SÄG regelt also das Patienten-Spital-Arztverhältnis verfassungskonform und zeigt, daß die vom Berufungsgericht vorgenommene Interpretation des NÖ KAG zutreffend ist. Der beklagte Rechtsträger und nicht der Abteilungsleiter (Institutsvorstand) schuldet daher dem nachgeordneten Arzt den angemessenen Anteil des ärztlichen Honorars iSd Paragraph 45, NÖ KAG.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Anmerkung

E51341 08B00128

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:008OBA00012.98T.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19980917_OGH0002_008OBA00012_98T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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