TE Vwgh Erkenntnis 2007/1/23 2006/06/0176

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Veröffentlicht am 23.01.2007
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;
22/01 Jurisdiktionsnorm;

Norm

BauO Tir 2001 §36 Abs1;
BauO Tir 2001 §36 Abs2;
BauO Tir 2001 §36 Abs3;
JN §1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde der MWin R, vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 24, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. Mai 2006, GZ. Ve1-8-1/286-5, betreffend Benützungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde, der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und der vorgelegten Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 17. Jänner 2002 ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin (Wohnungseigentümerin) des von der R.H. und Umgebung reg.GenmbH (im Folgenden: Bauwerberin) errichteten Wohn- und Geschäftshauses St. J. auf einem Grundstück in der mitbeteiligten Gemeinde. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde hatte der Bauwerberin mit Bescheiden vom 21. Jänner 1998 bzw. vom 15. Oktober 1999 die baurechtliche Bewilligung für die Errichtung eines Geschäftshauses bzw. den Aufbau von 11 Wohneinheiten erteilt. Die Bauwerberin beantragte mit Schreiben vom 24. Jänner 2001 bei der Baubehörde erster Instanz die Erteilung der Benützungsbewilligung für das gesamte Wohn- und Geschäftshaus, die der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 18. März 2003 erteilte.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin (sie machte geltend, dass nicht alle Pflichtstellplätze vorhanden seien) mit Bescheid vom 22. November 2005 als unbegründet ab.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab.

     Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet,

anlässlich der Eigentümerversammlung der

Wohnungseigentümergemeinschaft St. J. am 17. Jänner 2002 sei unter

Tagesordnungspunkt 3. zwischen allen anwesenden

Wohnungseigentümern nachfolgende Einigung getroffen worden sei,

die in der Niederschrift über diese Versammlung wie folgt

protokolliert worden sei: "Die R... (die Bauwerberin) als

Bauträger wird die Kollaudierung bei der Gemeinde umgehend

beantragen ... ." Diese Erklärung sei auch dem an dieser

Versammlung teilnehmenden Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als zuständiger Behörde zugegangen. Der entsprechende Willensentschluss der einzelnen Wohnungseigentümer, sich durch die Bauwerberin vertreten zu lassen, habe durch die Erklärung der Wohnungseigentümer gegenüber der Behörde Bedeutung erlangt. Auf Grund der Vollmachtserteilung sei die Bauwerberin zur Antragstellung gemäß § 36 Abs. 2 TBO 2001 berechtigt gewesen.

Gemäß § 120 Abs. 5 TGO habe die Landesregierung den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an das zuständige Gemeindeorgan zu verweisen, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt würden. Durch die Erteilung einer Benützungsbewilligung für eine bauliche Anlage könne der Bescheidadressat in seinen Rechten nicht verletzt werden. Dies deshalb, da nach der gesicherten Judikatur der Höchstgerichte die Benützungsbewilligung nur das Recht gebe, die bauliche Anlage entsprechend dem Verwendungszweck zu benützen. Die Baubehörde habe im Zuge des Benützungsbewilligungsverfahrens lediglich zu überprüfen, ob die bauliche Anlage entsprechend der Baubewilligung ausgeführt worden sei und nicht, wie die Beschwerdeführerin meine, auch tatsächlich sämtliche Rechtsvorschriften im Zuge der Ausführung eingehalten worden seien. Lägen nur unwesentliche Baumängel vor, so könne die Benützungsbewilligung mit entsprechenden Auflagen oder unter entsprechenden Bedingungen erteilt werden. Es könne daher auch im Zuge des Benützungsbewilligungsverfahrens nicht in einen rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid eingegriffen werden, sodass die diesbezüglichen Einwendungen ins Leere gingen.

Der (Mit)eigentümer einer baulichen Anlage habe keinen Anspruch auf Untersagung der Benützungsbewilligung bzw. auf Erteilung eines Auftrages zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes. Eines derartigen Rechtes bedürfe der Gebäudeeigentümer auch gar nicht, da ihm ja schon auf Grund seines Eigentumsrechtes, also ohne diesbezüglichen Auftrag, die Möglichkeit offen stehe, den konsensgemäßen Zustand in seinem Gebäude gegebenenfalls unter Inanspruchnahme der ordentlichen Gerichte herzustellen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist die Tiroler Bauordnung 2001 - TBO 2001, LGBl. Nr. 94, anzuwenden. Diese ist eine Wiederverlautbarung der Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15 in der Fassung der Novellen LGBl. Nr. 7/1999, 79/2000, 42/2001 und 74/2001.

§ 36 TBO 2001 sieht betreffend die Benützungsbewilligung in den Abs. 1 bis 3 Folgendes vor:

"(1) Gebäude, die öffentlichen Zwecken dienen, betrieblich genutzte Gebäude, für die eine gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung nicht erforderlich ist, und Wohnanlagen dürfen in den Fällen des § 20 Abs. 1 lit. a und b erst aufgrund einer Benützungsbewilligung benützt werden. Dies gilt auch für Gebäudeteile, die einer entsprechenden Verwendung zugeführt werden. Einer Benützungsbewilligung bedürfen solche Gebäude oder Gebäudeteile auch dann, wenn die Baubewilligung für sie aufgrund früherer baurechtlicher Vorschriften erteilt wurde.

(2) Der Eigentümer des Gebäudes hat gleichzeitig mit der Anzeige über die Bauvollendung bei der Behörde schriftlich um die Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen. Die Benützungsbewilligung kann auch hinsichtlich in sich abgeschlossener Teile eines Gebäudes beantragt werden (Teilbenützungsbewilligung).

(3) Die Behörde hat die Benützungsbewilligung innerhalb von drei Monaten nach dem Einlangen des Ansuchens zu erteilen, wenn das betreffende Gebäude entsprechend der Baubewilligung und den bautechnischen Erfordernissen ausgeführt wurde und die Voraussetzungen nach § 35 Abs. 2 erfüllt sind. Liegen nur unwesentliche Baumängel vor oder sind zur Vollendung des Gebäudes nur noch geringfügige Bauarbeiten erforderlich, so kann die Benützungsbewilligung mit entsprechenden Auflagen oder unter entsprechenden Bedingungen erteilt werden. Eine Teilbenützungsbewilligung ist erforderlichenfalls mit Auflagen oder unter Bedingungen im Sinne des § 29 Abs. 1 zweiter Satz zu erteilen."

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin habe die belangte Behörde zu Unrecht eine Bevollmächtigung der Bauwerberin zur Einbringung eines Antrages auf Erteilung der Benützungsbewilligung für das angeführte Bauvorhaben angenommen. Eine entsprechende Beschlussfassung der Wohnungseigentümer sei dem Protokoll über die Eigentümerversammlung am 17. Jänner 2002 nicht zu entnehmen. Es sei in der Niederschrift nur protokolliert, dass die Bauwerberin als Bauträgerin die Kollaudierung bei der Gemeinde beantragen werde. Die belangte Behörde hätte diesbezüglich ergänzende Feststellungen vornehmen müssen.

Dem ist entgegen zu halten, dass dem gleichfalls vorgelegten Protokoll der Eigentümerversammlung am 17. Jänner 2002 zu entnehmen ist, dass es in der Frage der Parkplatzsituation letztendlich zu "folgender Einigung aller Anwesenden" gekommen sei, wonach die Bauwerberin als Bauträgerin bei der Gemeinde die Kollaudierung beantragen werde. Wenn die belangte Behörde im Hinblick darauf eine entsprechende Bevollmächtigung der Bauwerberin angenommen hat, im Namen der Eigentümer der Anlage einen Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung zu stellen, kann ihr nicht entgegengetreten werden.

Im Übrigen hat die belangte Behörde zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Beschwerdeführerin als eine Mit- bzw. Wohnungseigentümerin durch die Erteilung der beantragten Benützungsbewilligung für das verfahrensgegenständliche Wohn- und Geschäftshaus in ihren Rechten nicht verletzt sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1999, Zl. 99/06/0081). Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis zu der gleich lautenden Vorgängerbestimmung in der Tir. BauO 1998 betreffend die Benützungsbewilligung ausgeführt hat, obliegt die Entscheidung darüber, ob ein von der Baubehörde bewilligtes Objekt entsprechend der Baubewilligung und den bautechnischen Erfordernissen gebaut wurde, sodass die Benützungsbewilligung zu erteilen ist, allein der Baubehörde. Ist ein Miteigentümer der Auffassung, die bauliche Anlage sei mangelhaft errichtet worden, stellt dies eine zivilrechtliche Angelegenheit dar, die vor den Zivilgerichten auszutragen ist.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. Jänner 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060176.X00

Im RIS seit

20.02.2007

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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