TE Vwgh Erkenntnis 2007/2/8 2006/15/0108

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Veröffentlicht am 08.02.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §33 Abs4 Z3 litb;
EStG 1988 §34 Abs1;
EStG 1988 §34 Abs7 Z2;
EStG 1988 §34 Abs7 Z4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des Dr. J H in F, vertreten durch Mag. Ruth Vejvar, Wirtschaftsprüfer in 4240 Freistadt, Manzenreith 37, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 3. Jänner 2006, Zl. RV/0595- L/05, betreffend Einkommensteuer 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Arzt, beantragte in der Einkommensteuererklärung 2003 die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von 61.917,50 EUR aus dem Titel der Nachzahlung von Unterhalt für eine außereheliche Tochter.

In einer Beilage zur Einkommensteuererklärung wird der Betrag wie folgt aufgeschlüsselt:

1. Zahlungen an Kindesmutter zum Ausgleich dafür, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines höheren Einkommens eine höhere Unterhaltspflicht hätte:

Anzahlung 2. Oktober 2003

18.823,50 EUR

 

Vergleichszahlung

3.000,00 EUR

 

Vergleichszahlung

7.000,00 EUR

 

 

 

28.823,50 EUR

2. Zahlungen für Ersatz Unterhaltsleistungen an den bisher mutmaßlichen Vater:

Zahlungen vom 14. Juli 2003

28.500,00 EUR

laufender monatlicher Unterhalt 7 x 700,00 EUR

4.900,00 EUR

 

33.400,00 EUR

 

28.823,50 EUR

 

33.400,00 EUR

 

62.223,50 EUR

abzüglich Unterhaltsabsetzbetrag 2003

-306,00 EUR

 

61.917,50 EUR

Im Einkommensteuerbescheid 2003 berücksichtigte das Finanzamt lediglich den Unterhaltsabsetzbetrag in Höhe von 306,00 EUR. Unterhaltszahlungen seien nur dann eine außergewöhnliche Belastung, wenn die Aufwendungen auch beim Unterhaltsberechtigten selbst zu einer außergewöhnlichen Belastung führen könnten. Die geltend gemachten Aufwendungen wären mangels dieser Voraussetzung nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen gewesen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer vor, das Finanzamt habe nicht berücksichtigt, dass die außergewöhnliche Belastung in der Tatsache des nachträglichen Hervorkommens der Unterhaltslast liege. Hätte der Beschwerdeführer (wie der bisher vermeintliche Vater) von Anfang an seine Unterhaltsleistungen Jahr für Jahr zahlen können, wäre ihm der jährliche Unterhaltsabsetzbetrag von 306,00 EUR zugestanden. Für die Jahre 1983 bis 2002 wären das 20 x 306,00 EUR, also 6.120,00 EUR gewesen. Gerechnet als Endwert einer vorschüssigen Rente bei durchschnittlich Zinsen von 7% ergebe das einen Vermögensverlust durch zu hohe Steuerbelastung von rund 13.500,00 EUR. Somit sei dem Beschwerdeführer durch die Alimentationszahlungen eine außergewöhnliche Belastung erwachsen. Unter Berücksichtigung von Steuerprogression von 50% und der zumutbaren Mehrbelastung sei von den nachträglichen Alimentationszahlungen bzw. der Vergleichszahlung an den bisherigen vermeintlichen Vater ein Betrag von 43.344,00 EUR zwangsläufig erwachsen. Es werde beantragt, jedenfalls diesen Betrag als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Der Berufung ist folgende Berechnung beigelegt:

"Endwert einer vorschüssigen Rente auf 20 Jahre bei 7% durchschnittlich 306,00 EUR x 43,87

13.424,00 EUR

50% Progression x 2

26.848,00 EUR

zuzüglich zumutbare Belastung 2003 (Antragsjahr)

16.496,00 EUR

außergewöhnliche Belastung

43.344,00 EUR"

Nach dem Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Auf Grund der besonderen Umstände sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich, für den Zeitraum, für den er die Leistungen nachträglich habe erbringen müssen, den Unterhaltsabsetzbetrag zu beantragen und in den Genuss einer steuermindernden Auswirkung zu kommen. Er habe in der Vergangenheit nichts von seiner Vaterschaft gewusst, sondern erst nunmehr davon erfahren. Das Ausmaß der außergewöhnlichen Belastung bemesse sich daran, wie sich der Unterhaltsabsetzbetrag ausgewirkt hätte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im bekämpften Einkommensteuerbescheid sei der Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b EStG 1988 berücksichtigt. Eine darüber hinaus gehende Berücksichtigung von Vergleichszahlungen oder Nachzahlungen entbehre jeglicher gesetzlicher Grundlage. Sonstige Unterhaltsleistungen, die beim Unterhaltsberechtigten selbst keine außergewöhnliche Belastung darstellten - solches sei im gegenständlichen Fall nicht behauptet worden - seien gemäß § 34 EStG 1988 nicht zu berücksichtigen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Unterhaltsleistungen monatlich bezahlt würden oder eine Nachzahlung auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches erfolge.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

§ 34 Abs 1 EStG lautet:

"Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1.

Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2.

Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3.

Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten

noch Sonderausgaben sein."

§ 34 Abs 7 Z 2 EStG lautet:

"Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind, das nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört und für das weder der Steuerpflichtige noch sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner Anspruch auf Familienbeihilfe hat, sind durch den Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b abgegolten."

§ 34 Abs 7 Z 4 EStG lautet:

"Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen."

§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. b EStG lautet:

"Einem Steuerpflichtigen, der für ein Kind, das nicht seinem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leistet, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 25,50 Euro monatlich zu. Leistet er für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht ihm für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 38,20 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 50,90 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu."

Der Beschwerdeführer bringt vor, erst im Jahr 2003 erfahren zu haben, dass er Vater einer bereits 20-jährigen Tochter sei. Die daraus resultierenden Zahlungen des Jahres 2003 führten zu außergewöhnlichen Belastungen. Er habe den Unterhalt nicht laufend zahlen können, sondern eine Nachzahlung leisten müssen. Damit könne der Unterhaltsabsetzbetrag seine pauschalierende Wirkung iSd § 34 Abs. 7 Z 2 EStG nicht erfüllen. Damit lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen vor.

Dem Beschwerdeführer gelingt es nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Mit dem angefochtenen Bescheid ist dem Beschwerdeführer der Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b EStG gewährt worden. Aus dem klaren Wortlaut des § 34 Abs. 7 EStG ergibt sich, dass das Gesetz eine darüber hinausgehende Berücksichtigung der (nachgezahlten) Unterhaltsleistungen nicht vorsieht.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 27. Oktober 2001, B 1286/00, ausgesprochen, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehalten ist, für den Fall getrennt lebender Eltern im Ergebnis höhere Leistungen vorzusehen als bei in Lebensgemeinschaft lebenden Eltern. Die zulässige Pauschalierung der Berücksichtigung von Kinderlasten nehme auf Unterschiede in der Belastung der Eltern, die sich aus deren jeweils gegebenen Lebensverhältnissen oder den individuellen Bedürfnissen der Kinder ergäben, keine Rücksicht. Es bestehe freilich auch kein verfassungsrechtliches Hindernis, dem nicht haushaltsführenden unterhaltspflichtigen Elternteil zusätzlich einen Unterhaltsabsetzbetrag zu gewähren und damit für nicht dem Haushalt des Unterhaltspflichtigen angehörende Kinder eine insgesamt höhere Leistung vorzusehen. Am verfassungsrechtlichen Gebot zureichender Entlastung habe sich eine solche zusätzliche Leistung aber nicht auszurichten.

Es erhebe sich allerdings - so der Verfassungsgerichtshof weiter - die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Gesetzgeber die bei gemeinsamer Haushaltsführung im Ergebnis durch Transferleistungen eintretende Entlastung des einkommensbeziehenden Elternteils auch im Falle des Geldunterhaltes sicherzustellen hat. Würde die Transferleistung, insbesondere die Familienbeihilfe, wegen der getrennten Haushaltsführung zu keiner oder nur zu einer unzureichenden Entlastung des zum Geldunterhalt Verpflichteten führen, wäre das nicht durch eine private Lebensentscheidung oder die Verwirklichung eines persönlichen Risikos bedingt. Wenn der Gesetzgeber die Transferleistungen auch bei getrennten Haushalten grundsätzlich dem das Kind betreuenden Elternteil zukommen lasse und - in dem in der Folge ohnedies mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Juni 2002, G 7/02, als verfassungswidrig aufgehobenen - § 12a FLAG eine Anrechnung auf den Unterhalt verbiete, so müsse das im Lichte der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Entlastung so verstanden werden, dass die für das Kind zu verwendenden Transferleistungen zwar in der Regel (soweit als möglich) den Unterhalt des Kindes fördern und nicht den Unterhaltspflichtigen entlasten sollten, dass aber der im Einzelfall doch nötige Ausgleich für die überhöhte Steuerbelastung ebenso wenig behindert werde wie im gemeinsamen Haushalt. Ob und in welchem Ausmaß bei gegebenen Einkommensverhältnissen und angesichts der durch die getrennte Haushaltsführung verwirklichten Risken und in Kauf genommenen Nachteile die Transferleistungen über den Unterhaltsabsetzbetrag hinaus zur Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigt werden müssten, hätten die Gerichte bei der Unterhaltsbemessung im Einzelfall zu entscheiden. Sie hätten dabei jenes Maß an Entlastung herbeizuführen, das - unter Außerachtlassung der die Belastung des Unterhaltspflichtigen erhöhenden Folgen der getrennten Haushaltsführung - den Kriterien entspreche, die von der Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Unterhaltsleistung für haushaltszugehörige Kinder entwickelt worden seien.

Das verfassungskonforme Ergebnis einer hinreichenden Berücksichtigung der Kinderlasten wird somit dadurch erreicht, dass der Geldunterhaltspflichtige einerseits durch eine Kürzung seiner Unterhaltspflicht (teilweise Anrechnung der Transferleistungen) und andererseits durch die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages insgesamt jene Entlastung erfährt, die erforderlich ist, um die Steuermehrbelastung abzugelten, die im jeweiligen Fall durch die Nichtabzugsfähigkeit der Hälfte des Unterhaltes entsteht.

Aus den vorstehenden Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Oktober 2001, B 1286/00, und vom 19. Juni 2002, G 7/02, ergibt sich, dass in Fällen getrennter Haushaltsführung die aufgrund der Unterhaltszahlungen erforderliche steuerliche Entlastung im Wesentlichen nicht im Steuerrecht und nicht im Zuge der Transferleistungen besorgt wird. Die den konkreten Verhältnissen gerecht werdende Zuordnung der Transferleistungen ist daher im Fall getrennter Haushaltsführung der Eltern eine Frage der Bemessung des Geldunterhaltes. Solcherart ergibt sich auch für den Beschwerdefall, dass sich die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Nachzahlung des Unterhaltes in einem Ausmaß verringert hat, welches betragsmäßig die erforderliche steuerliche Entlastung sicherstellt. Ob der Beschwerdeführer allenfalls darauf verzichtet hat, im Rahmen der Ausmessung des nachzuzahlenden Betrages diese Verringerung der Unterhaltspflicht geltend zu machen, ist vor dem Hintergrund des ausschließlich auf zwangsläufige Aufwendungen abstellenden Rechtsinstituts der außergewöhnlichen Belastungen nach § 34 EStG nicht von Bedeutung.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 8. Februar 2007

Schlagworte

Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006150108.X00

Im RIS seit

06.03.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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