TE Vwgh Erkenntnis 2007/2/13 2004/18/0306

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Veröffentlicht am 13.02.2007
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §64 Abs2;
FrG 1997 §2 Abs1;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litc;
PaßG 1992 §14;
PaßG 1992 §15 Abs1;
PaßG 1992 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des M M in W, geboren 1955, vertreten durch Dr. Sascha O. Hödl, Rechtsanwalt in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. Juni 2004, Zl. SD 855/03, betreffend Versagung und Entziehung eines Reisepasses sowie Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. Juni 2004 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839 idF BGBl. Nr. 507/1995 (PassG), die Ausstellung eines österreichischen Reisepasses versagt und nach § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c iVm § 15 Abs. 1 leg. cit. der ihm am 17. Juni 1992 ausgestellte Reisepass mit der Nr. W 0364849 entzogen. Mit diesem Bescheid wurde weiters der von der Erstbehörde gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgesprochene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 8. September 1999 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er und ein Mitangeklagter gemeinsam sechs afghanische Staatsangehörige, die weder im Besitz eines Reisepasses noch einer Aufenthaltsgenehmigung gewesen seien, von Österreich nach Deutschland verbracht hätten.

Solcherart sei zweifelsfrei der im § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c PassG normierte Sachverhalt verwirklicht. Gemäß § 2 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 bräuchten Fremde für die Ausreise einen gültigen Reisepass, soweit nichts anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt werde oder internationalen Gepflogenheiten entspreche. Da die vom Beschwerdeführer geschleusten Personen über keinerlei Reisedokumente verfügt hätten, sei er ihnen sohin bei der unrechtmäßigen Ausreise aus Österreich (gleichzeitig bei der unrechtmäßigen Einreise nach Deutschland) behilflich gewesen. Diese Tatsachen seien auch einer Relativierung - wie vom Beschwerdeführer versucht - nicht zugänglich; umso weniger, als das verurteilende Gericht in Deutschland festgestellt habe, dass sich der Beschwerdeführer bedenkenlos in offensichtlich organisierte Schleuserkriminalität habe einbinden lassen. Angesichts dieser Umstände habe die für den Beschwerdeführer anzustellende Verhaltensprognose zu seinen Ungunsten ausfallen müssen. Sei der in § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c PassG normierte Sachverhalt verwirklicht, sei ein Reisedokument zu entziehen bzw. zu versagen, ohne dass der Behörde hiebei ein Ermessen zukomme. Insbesondere hätten bei dieser Entscheidung auch Umstände im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers außer Acht zu bleiben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c PassG ist (u.a.) die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um die rechtswidrige Ein- oder Ausreise eines Fremden zu fördern.

Gemäß § 15 Abs. 1 leg. cit. ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.

Gemäß § 2 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, brauchen Fremde für die Einreise, während des Aufenthaltes und für die Ausreise einen gültigen Reisepass (Passpflicht), soweit nicht anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt wird oder internationalen Gepflogenheiten entspricht.

2. Der Beschwerdeführer bringt vor, aus dem Umstand, dass er afghanische Staatsangehörige aus dem Bundesgebiet verbracht habe, könne nicht geschlossen werden, dass er den beantragten Reisepass dazu benützen werde, um die rechtswidrige Ein- oder Ausreise Fremder zu fördern. Die Förderung des Verlassens (des Bundesgebietes) durch die Fremden sei nicht rechtswidrig gewesen, "da diese im Gegensatz zu österreichischen Staatsbürgern für das Verlassen des Bundesgebietes keines gültigen Reisedokumentes bedürf(t)en (vgl. § 2 Passgesetz)." Selbst wenn der Verwaltungsgerichtshof zur Ansicht gelangen sollte, dass die Schleusung Fremder nach Deutschland eine Tatsache im Sinn des § 14 PassG darstelle, sei dem entgegenzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer seit seiner Entlassung wohlverhalten habe.

3. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen betreffend die strafgerichtliche Verurteilung und das dieser Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers. Der Hinweis auf § 2 PassG verkennt, dass diese gesetzliche Bestimmung nur auf österreichische Staatsbürger abstellt und dass für die angesprochenen vom Beschwerdeführer geschleusten afghanischen Staatsangehörigen § 2 Abs. 1 FrG maßgeblich war. Nach dieser (oben wiedergegebenen) Regelung brauchen Fremde für die Einreise, während des Aufenthaltes und für die Ausreise grundsätzlich einen gültigen Reisepass. Den Ausführungen im bekämpften Bescheid, dass die geschleusten Personen - entgegen § 2 Abs. 1 FrG - über keine Reisedokumente verfügten, wird in der Beschwerde aber nicht entgegengetreten. Von daher ist ein Fall des bloßen Zuwiderhandelns gegen ausländische Rechtsvorschriften (vgl. etwa den dem hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2002, Zl. 2002/18/0001, zu Grunde liegenden Fall), wie die Beschwerde meint, nicht gegeben. Ferner hat der Beschwerdeführer auch nicht bestritten, dass er sich - wie im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf das in Rede stehende Urteil ausgeführt - bedenkenlos in "organisierte Schleuserkriminalität" habe einbinden lassen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beurteilung der belangten Behörde, im Beschwerdefall sei die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer den von ihm beantragten Reisepass benützen wolle, um die rechtswidrige Ein- oder Ausreise eines Fremden zu fördern, unbedenklich. Angesichts der unstrittigen Einbindung des Beschwerdeführers in die organisierte Schlepperkriminalität vermag sein Hinweis auf sein Wohlverhalten nach der Entlassung aus der Strafhaft (laut Berufung im Februar 2000) nichts an dieser Beurteilung zu ändern. Damit war die Versagung der Ausstellung des vom Beschwerdeführer beantragten Reisepasses gerechtfertigt.

4. Da somit nach Ausstellung des noch nicht länger als fünf Jahre abgelaufenen Reisepasses des Beschwerdeführers im Jahr 1992 Tatsachen eingetreten sind, die zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Versagung der Ausstellung eines Reisepasses rechtfertigten, erfolgte gemäß § 15 Abs. 1 PassG auch die Entziehung des schon ausgestellten Reisepasses zu Recht. Nach § 15 Abs. 1 leg. cit. kam es entgegen der Beschwerde dabei nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Ausstellung im Jahr 1992 die Regelung des § 14 PassG in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung bereits Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung war.

5. Auf dem Boden des Gesagten drohte ferner dem öffentlichen Wohl durch die Verfügungsmöglichkeit des Beschwerdeführers über seinen Reisepass ein derart gravierender Nachteil, dass die vorzeitige Vollstreckung des erstinstanzlichen Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten war, weshalb sich der angefochtene Bescheid auch bezüglich des von der belangten Behörde ausgesprochenen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung nach § 64 Abs. 2 AVG nicht als rechtswidrig erweist.

6. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. Februar 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004180306.X00

Im RIS seit

30.03.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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