TE OGH 2001/10/15 15R163/01b

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Veröffentlicht am 15.10.2001
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Univ.Prof.Dr.Ertl als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Univ.Doz.Dr.Bydlinski und Dr.Rechberger in der Rechtssache der klagenden Partei *****, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der H*****, vertreten durch Dr.F*****, Rechtsanwalt in *****, wider die beklagte Partei V*****, vertreten durch Dr. J*****, Rechtsanwalt in *****, wegen S 2,350.000,-- samt Nebengebühren über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 4.9.2001, 27 Cg 20/00k-21, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die nunmehrige Gemeinschuldnerin begehrte von dem beklagten Sportverein die Zahlung von S 2,350.000,-- samt Zinsen, die im Wesentlichen auf eine Transferrechtsabtretungsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Fußballclub ***** gestützt wurde, aus der die Beklagte eine Zahlung in Höhe des Klagebegetrages erhalten hat. Diese Forderung sei vom Beklagten treuhändig für die Gemeinschuldnerin betrieben worden. Der Beklagte bestritt die Berechtigung der Klageforderung und wandte einerseits Irreführung, andererseits Nichtigkeit der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung ein.

Zugleich mit seiner Berufung gegen das klagestattgebende Urteil beantragte der Beklagte die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 ZPO und legte ein (undatiertes) Vermögensbekenntnis vor. Dem Auftrag des Erstgerichts, die Vermögensverhältnisse seiner Mitglieder durch die Vorlage von Vermögensbekenntnissen nachzuweisen, kam der Beklagte nicht nach. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag ab und begründete seine Entscheidung damit, dass Vereinsmitglieder in der Regel als an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich beteiligt anzusehen sind, sodass die Bewilligung der Verfahrenshilfe nur in Betracht käme, wenn auch die Mitglieder "ihren Anspruch auf Gewährung der Verfahrenshilfe" dargetan hätten. Eine derartige Bescheinigung sei jedoch verabsäumt worden.Zugleich mit seiner Berufung gegen das klagestattgebende Urteil beantragte der Beklagte die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang des Paragraph 64, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO und legte ein (undatiertes) Vermögensbekenntnis vor. Dem Auftrag des Erstgerichts, die Vermögensverhältnisse seiner Mitglieder durch die Vorlage von Vermögensbekenntnissen nachzuweisen, kam der Beklagte nicht nach. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag ab und begründete seine Entscheidung damit, dass Vereinsmitglieder in der Regel als an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich beteiligt anzusehen sind, sodass die Bewilligung der Verfahrenshilfe nur in Betracht käme, wenn auch die Mitglieder "ihren Anspruch auf Gewährung der Verfahrenshilfe" dargetan hätten. Eine derartige Bescheinigung sei jedoch verabsäumt worden.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die beantragte Verfahrenshilfe bewilligt wird.

Der Rekurs ist im Sinne einer (in jedem Abänderungsantrag enthaltenen) Aufhebung berechtigt.

Gemäß § 63 Abs 2 ZPO ist einer juristischen Person oder einem sonstigen parteifähigen Gebilde die Verfahrenshilfe (nur) zu bewilligen, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können. Die vom Gesetz verwendete Formulierung wird überwiegend so verstanden, dass jene Personen als wirtschaftlich Beteiligte anzusehen sind, denen auf Grund ihrer Rechtsbeziehungen zur Partei ein (wirtschaftlicher) Vor- oder Nachteil aus dem Ausgang des Prozesses entstehen kann (Fasching ErgBd 11, OLG Wien, EvBl 1993/69 ua). Da das Gesetz ausdrücklich auf die wirtschaftliche Beteiligung abstellt, ist davon eine sonstige Nahebeziehung von Dritten zur betreffenden Prozesspartei zu unterscheiden, insbesondere eine primär ideelle Beteiligung. Das Erstgericht ist insbesondere der in WR 609 veröffentlichten Entscheidung (= hg 12 R 71/93) gefolgt, die vor allem darauf abstellt, dass auch die Verfolgung ideeller Zwecke eine wirtschaftliche Grundlage voraussetzt. Da es primär Sache der Vereinsmitglieder sei, diese Grundlage zu schaffen und aufrecht zu erhalten, würden die wirtschaftlichen Folgen dem Verein zurechenbarer Rechtshandlungen sehr wohl - wenngleich bloß mittelbar - im Vermögen der einzelnen Vereinsmitglieder eintreten.Gemäß Paragraph 63, Absatz 2, ZPO ist einer juristischen Person oder einem sonstigen parteifähigen Gebilde die Verfahrenshilfe (nur) zu bewilligen, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können. Die vom Gesetz verwendete Formulierung wird überwiegend so verstanden, dass jene Personen als wirtschaftlich Beteiligte anzusehen sind, denen auf Grund ihrer Rechtsbeziehungen zur Partei ein (wirtschaftlicher) Vor- oder Nachteil aus dem Ausgang des Prozesses entstehen kann (Fasching ErgBd 11, OLG Wien, EvBl 1993/69 ua). Da das Gesetz ausdrücklich auf die wirtschaftliche Beteiligung abstellt, ist davon eine sonstige Nahebeziehung von Dritten zur betreffenden Prozesspartei zu unterscheiden, insbesondere eine primär ideelle Beteiligung. Das Erstgericht ist insbesondere der in WR 609 veröffentlichten Entscheidung (= hg 12 R 71/93) gefolgt, die vor allem darauf abstellt, dass auch die Verfolgung ideeller Zwecke eine wirtschaftliche Grundlage voraussetzt. Da es primär Sache der Vereinsmitglieder sei, diese Grundlage zu schaffen und aufrecht zu erhalten, würden die wirtschaftlichen Folgen dem Verein zurechenbarer Rechtshandlungen sehr wohl - wenngleich bloß mittelbar - im Vermögen der einzelnen Vereinsmitglieder eintreten.

Dieser Auffassung kann sich der erkennende Senat schon deshalb nicht anschließen, weil bloß mittelbare wirtschaftliche Auswirkungen der Prozessführung der betreffenden juristischen Person auf Dritte für sich regelmäßig noch nicht ausreichen, um eine Stellung als "wirtschaftlich Beteiligter" iSd Gesetzes zu begründen. Andernfalls müsste man auch die maßgeblichen Gläubiger der betreffenden Partei als wirtschaftlich Beteiligte qualifizieren, da diese an deren Prozesserfolg deshalb wirtschaftlich interessiert sind, weil sich dadurch im günstigen Fall der ihnen zur Verfügung stehende Haftungsfonds vergrößert (oder doch nicht verringert). Ein derartiges wirtschaftliches Interesse eines Dritten reicht jedoch nach herrschender Auffassung nicht aus, um ihn als wirtschaftlich beteiligt iSd § 63 Abs 2 ZPO zu qualifizieren (vgl nur Fasching, LB2, Rz 490 ua), was insbesondere auch für Massegläubiger immer wieder ausgesprochen wurde (OLG Wien, AnwBl 1986, 605 ua; reiche Nachweise bei Riel, Befugnisse des Masseverwalters, 150 FN 442). Als entscheidend wird regelmäßig das Vorliegen einer solchen Nahebeziehung zwischen der Partei und der in Betracht kommenden Person angesehen, nach der sich der Prozessausgang auf deren Vermögenssphäre nicht ganz unerheblich auswirkt und es aus diesem Grunde als zumutbar angesehen wird, von dieser Person eine Finanzierung der Verfahrenskosten zu verlangen (OLG Linz, EvBl 1987/160 ua), auch wenn sie dazu im Innenverhältnis gar nicht verpflichtet wäre.Dieser Auffassung kann sich der erkennende Senat schon deshalb nicht anschließen, weil bloß mittelbare wirtschaftliche Auswirkungen der Prozessführung der betreffenden juristischen Person auf Dritte für sich regelmäßig noch nicht ausreichen, um eine Stellung als "wirtschaftlich Beteiligter" iSd Gesetzes zu begründen. Andernfalls müsste man auch die maßgeblichen Gläubiger der betreffenden Partei als wirtschaftlich Beteiligte qualifizieren, da diese an deren Prozesserfolg deshalb wirtschaftlich interessiert sind, weil sich dadurch im günstigen Fall der ihnen zur Verfügung stehende Haftungsfonds vergrößert (oder doch nicht verringert). Ein derartiges wirtschaftliches Interesse eines Dritten reicht jedoch nach herrschender Auffassung nicht aus, um ihn als wirtschaftlich beteiligt iSd Paragraph 63, Absatz 2, ZPO zu qualifizieren vergleiche nur Fasching, LB2, Rz 490 ua), was insbesondere auch für Massegläubiger immer wieder ausgesprochen wurde (OLG Wien, AnwBl 1986, 605 ua; reiche Nachweise bei Riel, Befugnisse des Masseverwalters, 150 FN 442). Als entscheidend wird regelmäßig das Vorliegen einer solchen Nahebeziehung zwischen der Partei und der in Betracht kommenden Person angesehen, nach der sich der Prozessausgang auf deren Vermögenssphäre nicht ganz unerheblich auswirkt und es aus diesem Grunde als zumutbar angesehen wird, von dieser Person eine Finanzierung der Verfahrenskosten zu verlangen (OLG Linz, EvBl 1987/160 ua), auch wenn sie dazu im Innenverhältnis gar nicht verpflichtet wäre.

Diese Gedanken treffen auf Kapital- und Personengesellschaften des Handelsrechts regelmäßig zu, nicht aber auf die typischen Idealvereine nach dem Vereinsgesetz. Zutreffend verweist der Rekurswerber etwa darauf, dass Mitglieder ideeller Vereine am Vereinsvermögen nicht beteiligt sind, am wirtschaftlichen Erfolg des Vereins nur indirekt - und nur im Rahmen des ideellen Zwecks - partizipieren, keiner Nachschusspflicht unterliegen und auch im Falle der Auflösung des Vereines keinen Anspruch auf eine Beteiligung am Vereinsvermögen haben; ihre Mitgliedschaftsrechte sind auch nicht - anders als etwa Geschäftsanteile an einer GmbH - handelbar. Dass Vereinsmitglieder bei ungünstigem Prozessausgang allenfalls mit einer Erhöhung des Mitgliedsbeitrags rechnen müssen, erscheint nach Ansicht des erkennenden Senats nicht ausreichend, um eine "wirtschaftliche Beteiligung" zu begründen. Dabei ist auch zu bedenken, dass derartige Maßnahmen unter Umständen auch zu einer Austrittswelle führen können, die sich auf die Finanzlage des Vereins im Ergebnis sogar noch ungünstiger auswirken könnte.

Nach den unbedenklichen Angaben des Beklagten wird im Rahmen des Vereins der Fußball- und Tennissport betrieben, wobei die Fußballsektion 249 Mitglieder hat (AS 147); an Mitgliedsbeiträgen werden jährlich S 340.000,-- eingenommen. Es handelt sich hier also ersichtlich um einen dem Typus des Idealvereins weitgehend entsprechenden Verein, der in erster Linie ideelle Interessen seiner Mitglieder, nicht aber etwa wirtschaftliche, fördert. Ein ungünstiger Prozessausgang würde sich daher allenfalls nur ganz am Rande - und auch nur mittelbar - auf wirtschaftliche Interessen der Mitglieder auswirken, sodass nach Ansicht des erkennenden Senats von einer "wirtschaftlichen Beteiligung" der Vereinsmitglieder nicht gesprochen werden kann.

Damit kommt für die Frage der beantragten Verfahrenshilfe (nur) den Vermögensverhältnissen des Beklagten selbst die entscheidende Bedeutung zu, wobei zu klären ist, ob er die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel (hier: Pauschalgebühr für das Rechtsmittelverfahren) aus seinem eigenen Vermögen aufbringen kann. Diese Frage kann lediglich anhand der Angaben im Vermögensbekenntnis nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden, zumal es der Beklagte unterlassen hat, die zur Bescheinigung seiner Verbindlichkeiten notwendigen Unterlagen (§ 66 Abs 1 ZPO) vorzulegen. Dazu wird er im fortzusetzenden Verfahren aufzufordern sein, wobei angesichts der fehlenden Datierung des vorliegenden Vermögensbekenntnisses auch ein neues (aktuelles) Vermögensbekenntnis vorzulegen sein wird. Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, mit welchen größeren Einnahmen (Eintrittsgeldern, Mitgliedsbeiträgen) in nächster Zeit gerechnet werden kann und inwieweit allenfalls eine Zwischenfinanzierung durch Bankkredit in Betracht käme. Dieser Frage wird schon deshalb besonderes Augenmerk zu schenken sein, weil es sich bei den gerichtlichen Pauschalgebühren um im Verhältnis zum Vereinsbudget offenbar geringfügige Beträge handelt und den Beklagten nach seinem Vermögensbekenntnis auch keine (laufenden) Verbindlichkeiten aus Dienst- oder Arbeitsverträgen treffen. Oberlandesgericht WienDamit kommt für die Frage der beantragten Verfahrenshilfe (nur) den Vermögensverhältnissen des Beklagten selbst die entscheidende Bedeutung zu, wobei zu klären ist, ob er die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel (hier: Pauschalgebühr für das Rechtsmittelverfahren) aus seinem eigenen Vermögen aufbringen kann. Diese Frage kann lediglich anhand der Angaben im Vermögensbekenntnis nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden, zumal es der Beklagte unterlassen hat, die zur Bescheinigung seiner Verbindlichkeiten notwendigen Unterlagen (Paragraph 66, Absatz eins, ZPO) vorzulegen. Dazu wird er im fortzusetzenden Verfahren aufzufordern sein, wobei angesichts der fehlenden Datierung des vorliegenden Vermögensbekenntnisses auch ein neues (aktuelles) Vermögensbekenntnis vorzulegen sein wird. Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, mit welchen größeren Einnahmen (Eintrittsgeldern, Mitgliedsbeiträgen) in nächster Zeit gerechnet werden kann und inwieweit allenfalls eine Zwischenfinanzierung durch Bankkredit in Betracht käme. Dieser Frage wird schon deshalb besonderes Augenmerk zu schenken sein, weil es sich bei den gerichtlichen Pauschalgebühren um im Verhältnis zum Vereinsbudget offenbar geringfügige Beträge handelt und den Beklagten nach seinem Vermögensbekenntnis auch keine (laufenden) Verbindlichkeiten aus Dienst- oder Arbeitsverträgen treffen. Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00379 15R163-01b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLGW009:2001:01500R00163.01B.1015.000

Dokumentnummer

JJT_20011015_OLGW009_01500R00163_01B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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