TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/5 2006/06/0045

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Veröffentlicht am 05.07.2007
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Index

25/02 Strafvollzug;

Norm

StVG §103 Abs1;
StVG §103 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des T R in W, vertreten durch Dr. Ludwig Pfleger, Rechtsanwalt in Wien 1, Mahlerstraße 7, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien vom 24. November 2005, 1 Vk 48/04, betreffend eine Angelegenheit nach dem Strafvollzugsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßte aufgrund einer strafgerichtlichen Verurteilung eine Freiheitsstrafe und befand sich seit dem 16. Februar 2001 in der Justizanstalt Simmering (er wurde in der Folge im Mai 2001 in eine andere Justizanstalt überstellt). Für eine Ausführung am 20. März 2001 zu einer Gerichtsverhandlung beim BG Josefstadt wurde vom diensthabenden Kommandanten die (Hand-)Fesselung des Beschwerdeführers angeordnet. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 26. März 2001 Beschwerde an den Anstaltsleiter, der mit Bescheid vom 5. April 2001 (verkündet am 6. April 2001) entschied, dass die Fesselung rechtmäßig gewesen sei. Dagegen sowie gegen andere Entscheidungen des Anstaltsleiters erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Bundesminister für Justiz, der mit Bescheid vom 29. Juni 2001 den Beschwerden nicht Folge gab. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit dem hg. Erkenntnis vom 30. September 2004, Zl. 2001/20/0462, wurde der bekämpfte Bescheid vom 29. Juni 2001 betreffend die Fesselung des Beschwerdeführers im Rahmen der Ausführung am 20. März 2001 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben (weil die Auffassung der damals belangten Behörde, die Fesselung anlässlich einer Ausführung oder Überstellung bedürfe keiner näherer Begründung, unzutreffend sei, vielmehr bedürfe es einer eingehenden Begründung); im Übrigen wurde die Beschwerde (beschlussmäßig) als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, weil der Beschwerdeführer zwischenzeitig aus der Strafhaft entlassen worden war.

Das Verwaltungsverfahren wurde sodann vor der nunmehr belangten Behörde (Vollzugskammer) fortgesetzt. Die belangte Behörde führte mehrere Verhandlungen durch. Am 4. Februar 2005 wurden der Beschwerdeführer und der Zeuge St. vernommen, am 24. Mai 2005 wurden keine Einvernahmen durchgeführt, weil sich die Zeugen entschuldigt hatten, am 20. Juni 2005 wurde der Zeuge B. einvernommen (der Beschwerdeführer war nicht erschienen), am 24. November 2005 wurde der Zeuge A. vernommen.

Die Ladung zu dieser letzten Verhandlung am 24. November 2005 wurde dem Beschwerdeführer an seiner Wohnanschrift durch Hinterlegung zugestellt; gemäß dem Rückschein in den Verwaltungsakten fand der erste Zustellversuch am 16. November 2005 statt, der zweite Zustellversuch am 21. November 2005 (wobei die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches bzw. die Verständigung über die Hinterlegung jeweils in das Hausbrieffach eingelegt wurden), Beginn der Abholfrist war der 22. November 2005. Am 6. Dezember langte beim Oberlandesgericht Wien eine an die belangte Behörde andressierte Eingabe des Beschwerdeführers vom 5. Dezember 2005 ein, in der er mitteilte, dass er sich vom 7. November bis einschließlich 2. Dezember 2005 "im Krankenstand" befunden habe, welcher auch bereits am 23. November 2005 von der zuständigen Chefärztin bestätigt worden sei, weshalb er die Ladung zum Termin am 24. November 2005 nicht habe wahrnehmen können. Der Vollständigkeit halber sei noch zu erwähnen, dass er die hinterlegte Ladung krankheitsbedingt erst am 29. November 2005 beim zuständigen Postamt, also erst fünf Tage nach dem Ladungstermin, habe abholen können.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid abermals keine Folge gegeben. Begründend heißt es nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges, bevor die Sache bei der nunmehr belangten Behörde anhängig war, und nach Rechtsausführungen, die Vornahme der Fesselung stehe unstrittig fest.

In seiner Meldung vom 20. März 2001 habe der Justizwachebeamte A. im Wesentlichen ausgeführt, dass er an diesem Tag mit der Ausführung des Beschwerdeführers beauftragt worden sei. Bereits zu Beginn der Durchführung der Ausführung habe der Beschwerdeführer sich "stänkernd" verhalten und "zweideutige Anspielungen" gemacht, worauf er ihn mehrmals ermahnt habe. Gegen

10.25 Uhr hätte er daher beim Justizwachekommandanten, St., Meldung hinsichtlich seiner Entscheidung, dem Beschwerdeführer Handfesseln anzulegen, gemacht. Dieser habe seine Entscheidung bestätigt. Beim Anlegen der Fesseln habe der Beschwerdeführer geäußert: "Ich würde mir das gut überlegen. An deiner Stelle würde ich die Fesseln nicht rauftun, weißt eh, sonst ..." (im angefochtenen Bescheid jeweils unter Anführungszeichen), was er mehrfach wiederholt habe.

In der mit A. zu diesem Sachverhaltskomplex auf Grund der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid aufgenommenen Niederschrift habe A. ergänzt, dass die zweideutigen Aussagen des Beschwerdeführers, die letztlich zur Fesselung geführt hätten, einerseits (gemeint wohl zum Teil) auf die Anfrage eines Insassen zurückzuführen gewesen seien. Dieser habe den Beschwerdeführer gefragt, weshalb er zur Verhandlung so viele Gesetzbücher mitnehme, worauf dieser geantwortet habe, "wegen der schlechten Beamten" (im angefochtenen Bescheid unter Anführungszeichen), und dass er Schwierigkeiten mache, bevor er welche bekomme. Darüber hinaus habe A. angegeben, dass es zwar zu keinem Gespräch zwischen dem Beschwerdeführer und ihm selbst während der Fahrt gekommen sei, doch habe er diesen auf Grund seiner ständigen Äußerungen aufgefordert, ihn in Ruhe zu lassen.

Der Beschwerdeführer selbst habe in seiner Beschwerde vom 12. April 2001, bezugnehmend auf ein früheres Vorbringen, grundsätzlich nicht in Abrede gestellt, die im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Äußerungen getätigt zu haben. Allerdings seien diese allenfalls als ungebührliches Benehmen zu werten und somit als Begründung für das Anlegen von Handfesseln untauglich gewesen. Die durch die Anstaltsleitung nicht näher untersuchten Anspielungen und Äußerungen hätten keine Gefahr der Sicherheit und Ordnung dargestellt. Der Eskortebeamte, A., hätte vielmehr die Aussage des Beschwerdeführers, "dass dieser ihnen und den anderen Beamten Schwierigkeiten machen werde, und weiter an das Ministerium schreiben würde", zum Anlass genommen, durch die "absichtliche" Fesselung dem Beschwerdeführer zu zeigen, "wer der Herr" sei und diesen solcherart zu veranlassen, keine Schreiben mehr an das Ministerium zu richten. Diesbezüglich habe der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor der nunmehr belangten Behörde (Anmerkung: am 4. Februar 2005) ergänzend angegeben, dass er zum damaligen Zeitpunkt bereits über ein Jahr in Haft verbracht habe, ohne dass Ordnungsstrafen über ihn verhängt worden wären, lediglich vier Meldungen seien gegen ihn erstattet worden, die diesbezüglichen Verfahren seien allerdings eingestellt worden. Er sei im Februar 2001 in die Justizanstalt Josefstadt (Anm.: gemeint möglicherweise Simmering) überstellt worden, wo es am 14. April 2001 zu einer Auseinandersetzung mit einem Justizwachebeamten gekommen wäre (Anmerkung: darauf wird noch zurückzukommen sein). Er sei zu dieser Zeit sicherlich schwierig, bisweilen präpotent und arrogant gegenüber einigen Justizwachebeamten gewesen. Im Hinblick auf seine Aussage, "Schwierigkeiten zu machen, bevor er welche bekomme" habe er angegeben, damit nicht angekündigt zu haben, Schwierigkeiten zu machen. Diese Aussage habe sich auf das gerichtliche Verfahren bezogen, zu welchem er (am 20. März 2001) ausgeführt worden sei.

Der Zeuge A. habe seine bisherigen Angaben vor der belangten Behörde (Anmerkung: am 24. November 2005) dahingehend ergänzt, dass der Beschwerdeführer allgemein Probleme mit Justizwachebeamten gehabt habe. Auf Grund eines Ereignisses sei das Verhältnis zum Beschwerdeführer angespannt gewesen. Am Tag der Ausführung habe er den Beschwerdeführer aufgefordert, sein aggressives Verhalten einzustellen, dieser sei weiterhin verbal aggressiv gewesen und habe angekündigt, Probleme zu machen, was ihn veranlasst habe anzunehmen, dass die Sicherheit während der Ausführung nicht gewährleistet sein würde. Der Beschwerdeführer habe daraufhin (nach Anlegen der Handfesseln) während der Ausführung den Anordnungen nicht Folge geleistet. Insbesondere habe er sich schon vor der Ausführung gegenüber dem Zeugen A. durch Gestik und verbale Äußerungen aggressiv verhalten, sodass der Zeuge die Ankündigung des Beschwerdeführers, "du wirst Probleme bekommen - ich werde dir Probleme machen" also auf Gewaltausübung während der Ausführung abzielend gedeutet habe. Diese Befürchtungen hätten sich dann allerdings erst in der Folge dadurch bestätigt, dass der Beschwerdeführer grundlos auf ihn eingeschlagen habe.

Der Zeuge St., der am Tag des Vorfalles in seiner Funktion als Kommandant-Stellvertreter die Fesselung genehmigt habe, habe im Wesentlichen die Angaben des Zeugen A. bestätigt. Er sei sich sicher, dass es schon vor der Ausführung Spannungen zwischen dem Beschwerdeführer und dem Zeugen A. gegeben habe. Er habe von diesem die Meldung erhalten, dass der Beschwerdeführer Gewalt angedroht habe. In solchen Fällen werde entweder ein zweiter Beamter zur Ausführung mitgeschickt oder im Fall von Personalmangel die Fesselung angeordnet. Zur Durchführung der Vorführung selbst könne er keine Angaben machen. Er habe an diesem Tag keine Möglichkeit gehabt, einen anderen Beamten mit der Durchführung der Ausführung zu betrauen.

Der am 20. März 2005 als "Sachbearbeiter - Transportwesen" tätige Zeuge B. habe weder zum Vorfall selbst, noch zur Durchführung der Vorführung Angaben aus eigener Wahrnehmung machen können. Er habe lediglich bestätigt, dass A. ihn über die Schwierigkeiten der Ausführung bzw. im Vorfeld derselben berichtet habe.

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens stehe somit fest, dass sich der Beschwerdeführer bereits vor der Ausführung vom 20. März 2001 insbesondere gegen den Zeugen A. auffallend aggressiv (bzw., wie der Beschwerdeführer selbst angebe, schwierig bzw. präpotent) verhalten habe. Weiters habe der Beschwerdeführer selbst zugestanden, dass, obwohl am 20. März 2001 kaum ein Jahr in Haft, aus disziplinären Gründen viermal gegen ihn Meldung gelegt worden sei. Zwar hätten diese Meldungen nicht zu einer disziplinären Handlung geführt, doch trete auch dadurch das latente Aggressionspotenzial des Beschwerdeführers zu Tage. Auf Grund der durch den Beschwerdeführer selbst nicht abgestrittenen Äußerungen am 20. März 2001, insbesondere jener, dass er beabsichtige, während der Ausführungen Schwierigkeiten zu machen, habe daher im Zusammenhang mit den persönlichen Wahrnehmungen hinsichtlich des aggressiven Verhaltens des Beschwerdeführers durch den Eskortebeamten A. die begründete Befürchtung bestanden, dass der Beschwerdeführer seine Ankündigung gewalttätig umsetzen werde. Dass die Persönlichkeitsstruktur vom Zeugen A. zutreffend als von Aggressionen gekennzeichnet eingestuft worden sei, ergebe sich auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. P in einem näher bezeichneten gerichtlichen Verfahren. (Anmerkung: Auf Seite 13 der in den Verwaltungsakten befindlichen Ausfertigung des genannten Urteiles ist dieses Gutachten ersichtlich).

Gemäß § 103 Abs. 4 StVG hätten bei Ausführungen und Überstellungen die strengen Voraussetzungen des § 103 StVG für das Fesseln keine Geltung. Allerdings dürfe diese Sicherheitsmaßnahme nicht voraussetzungslos oder "automatisch" angeordnet werden, sondern nur dann, wenn sie im konkreten Fall zur Abwendung einer der im § 103 Abs. 1 StVG umschriebenen Gefahren diene. Die gewählte Maßnahme (hier die Fesselung) müsse im Sinne des § 103 Abs. 5 StVG auf Grund der zu ihrer Anordnung führenden Gefahr unbedingt erforderlich sein. Nach § 103 Abs. 1 StVG sei eine Sicherheitsmaßnahme unter anderem dann vorgesehen, wenn die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen zu befürchten sei.

Wie bereits festgestellt, sei auf Grund der bisherigen Führung des Beschwerdeführers in der Justizanstalt, seinem Verhalten gegenüber den Justizwachebeamten, insbesondere gegenüber dem Zeugen A., sowie der von ihm zu Beginn der Ausführung getätigten Äußerungen aggressiven Untertones zu befürchten gewesen, dass er sich während der Durchführung der Ausführung gegen den Eskortebeamten gewalttätig verhalten werde. Da an diesem Tag ein weiterer Justizwachebeamter für den Eskortedienst nicht zur Verfügung gestanden habe, erscheine die getroffene Maßnahme der Handfesselung zur Abwehr der drohenden Gewalttätigkeit durch den Beschwerdeführer deshalb unbedingt erforderlich, weil eine Alternativmaßnahme nicht habe getroffen werden können und ansonsten die Ausführung zu Gericht ohne Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen nicht hätte durchgeführt werden können.

Habe der Beschwerdeführer seine Äußerungen in einem anderen Sinn verstanden wissen wollen (dem Prozessgegner vor Gericht erhebliche Schwierigkeiten zu bereiten), sei ihm entgegenzuhalten, dass er bei mehrdeutigen Ankündigungen die nachteilige Interpretation gegen sich gelten lassen müsse, die in seinem Vorleben Deckung finde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 103 Abs. 1 StVG sind bei Strafgefangenen, bei denen unter anderem die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen besteht, die erforderlichen besonderen Sicherheitsmaßnahmen anzuordnen, wie (nach Abs. 2 Z 5 dieses Paragraphen) das Anlegen von Fesseln. Nach Abs. 5 dieses Paragraphen sind besondere Sicherheitsmaßnahmen aufrecht zu erhalten, soweit und solange dies das Ausmaß und der Fortbestand der Gefahr, die zu ihrer Anordnung geführt hat, unbedingt erfordern.

Wie in dem in dieser Sache ergangenen Vor-Erkenntnis vom 30. September 2004, Zl. 2001/20/0462, ausgeführt wurde, ist die Fesselung bei Ausführungen an die im § 103 Abs. 1 StVG umschriebenen Voraussetzungen gebunden und muss auf Grund der zu ihrer Anordnung führenden Gefahr im Sinne des § 103 Abs. 5 StVG unbedingt erforderlich sein.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid diese Voraussetzungen bejaht. Der Beschwerdeführer bekämpft diese Annahmen der belangten Behörde.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, dass er der Ladung zur Verhandlung am 24. November 2005 gar nicht habe nachkommen können. Er sei in seinem Recht auf Parteiengehör verkürzt worden. Der Verfahrensmangel sei wesentlich, weil er "bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften" um Gewährung des rechtlichen Gehörs in der Lage gewesen wäre, zu den nachgetragenen, ergänzenden Angaben des Zeugen A. Stellung zu nehmen. Der Ladung zur Verhandlung am 24. November 2005 lasse sich auch keine Rechtsbelehrung im Sinne des § 13a AVG entnehmen; es wäre in der Ladung insbesondere auch darauf hinzuweisen gewesen, welche Rechtsfolgen damit verbunden seien, wenn er den Verhandlungstermin unentschuldigt fernbleibe.

Dem ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde im zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren gemäß § 11g Z 1 StVG, soweit im StVG nicht anderes bestimmt ist, die Verwaltungsverfahrensgesetze sinngemäß anzuwenden hatte, und zwar hier das AVG mit Ausnahme der §§ 2 bis 4, 12, 38, 40 bis 44g, 51, 55, 57, 63 bis 66 Abs. 1 und Abs. 3, 67a bis 67g, 73 Abs. 2 und 3 und 75 bis 80. Nach § 121 Abs. 3a StVG ist vor der Entscheidung der Vollzugskammer der Beschwerdeführer zu hören, es sei denn, dass eine solche Anhörung nach den Umständen des Falles nicht erforderlich erscheint, insbesondere weil der Sachverhalt bereits hinreichend geklärt scheint oder der Beschwerde insoweit zur Gänze stattgegeben wird.

Geht man davon aus, dass der Beschwerdeführer verhindert war, an der Verhandlung vom 24. November 2005 teilzunehmen und somit vor Entscheidung keine Gelegenheit hatte, zu den ergänzenden Angaben des Zeugen A. vor der belangten Behörde Stellung zu nehmen, hatte er doch Gelegenheit, da die Angaben des Zeugen im angefochtenen Bescheid wiedergegeben wurden, in der Beschwerde hiezu Stellung zu nehmen und die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzutun. Aus dem gesamten Beschwerdevorbringen kann dazu nur entnommen werden, dass er die Glaubwürdigkeit dieser ergänzenden Angaben betreffend sein behauptetes Aggressionspotenzial in Zweifel zieht, weil ja der Zeuge ansonsten darauf bereits in seinen ursprünglichen Meldungen hingewiesen hätte. Es sei nämlich eine Erfahrungstatsache, dass das Erinnerungsvermögen der Zeugen in zeitlicher Entfernung zum Vorfall abnehme (sinngemäße Wiedergabe).

Dieses Vorbringen vermag dem Beschwerdeführer nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Verwaltungsgerichtshof kann zwar nicht die konkrete Richtigkeit der Beweiswürdigung nachprüfen, wohl aber ihre Schlüssigkeit (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S 548ff, wiedergegebene hg. Judikatur). Es kann nicht als unschlüssig erkannt werden, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (auch) den Angaben des Zeugen A. über dessen Einschätzung des Aggressionspotenzials des Beschwerdeführers gefolgt ist.

Ob eine konkrete Gefahr im Sinne des § 103 Abs. 1 StVG besteht, das zur Fesselung während einer Ausführung berechtigt, ist eine Prognoseentscheidung. Auf Grundlage des festgestellten Sachverhaltes (konkrete Gefahr, dass der Beschwerdeführer aggressiv werde) kann die Anordnung der Fesselung nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 5. Juli 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060045.X00

Im RIS seit

03.08.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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