TE Vwgh Erkenntnis 2007/10/23 2006/11/0074

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Veröffentlicht am 23.10.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
68/01 Behinderteneinstellung;

Norm

BEinstG §27 Abs7 idF 2002/I/150;
BEinstG §9a Abs2;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2007/11/0020 E 17. Juli 2009 2006/11/0075 E 23. Oktober 2007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der B GmbH in L, vertreten durch Dr. Josef Broinger, Mag. Markus Miedl, Mag. Klaus F. Lughofer LL.M., Rechtsanwälte in 4020 Linz, Khevenhüllerstraße 12, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (nunmehr Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz) vom 15. März 2006, Zl. 41.550/518-9/05, betreffend Gewährung einer Prämie gemäß § 9a Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundessozialamtes, Landesstelle Oberösterreich, vom 3. Juni 2005 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 14. Feber 2005 auf Gewährung einer Prämie gemäß § 9a Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) für das Kalenderjahr 2004 abgewiesen. In der Begründung führte die Behörde aus, gemäß § 9a Abs. 2 und § 27 Abs. 7 BEinstG seien Dienstgebern, die im Rahmen ihrer Unternehmenstätigkeit Arbeitsaufträge an Einrichtungen erteilen, in denen überwiegend Schwerbehinderte tätig seien, Prämien zu gewähren. Ein Arbeitsauftrag im Sinne des § 9a Abs. 2 setze das Zustandekommen eines beiderseits verbindlichen Vertrages voraus, was neben der Auftragserteilung die Annahme des Auftrages seitens des Auftragnehmers erfordere. Der tatsächliche Vertragsabschluss müsse spätestens am 31. Dezember 2002 erfolgt sein, um den Arbeitsauftrag der Gewährung einer Werkprämie zugänglich ansehen zu können. Unter Zugrundelegung des Begriffes "Arbeitsauftrag" werde als Mindesterfordernis einer Auftragserteilung im Sinne des § 27 Abs. 7 gefordert, dass die Dienstleistung bzw. das Produkt nach Ausmaß/Menge, Preis und Zeitraum der Erbringung/Lieferung konkret und eindeutig bestimmt sei. Bloße Rahmenübereinkünfte oder reine Absichtserklärungen entsprächen diesen Kriterien nicht. In der vorgelegten Auftragsbestätigung des BBRZ (Berufliches Bildungs- und Rehabilitationszentrum Linz), Geschützte Werkstätte, vom 20. Dezember 2002, in der von einem Rahmenauftrag gesprochen werde, bei welchem auf Grund der langfristigen Liefertermine bei Erhöhung der Materialkosten, Lohnkosten, etc. die Preise angepasst würden, sei dieser Vertrag als nicht ausreichend bestimmt anzusehen. Den vorgelegten Rechnungen der FAB, Geschützte Werkstätte, sei überdies nicht zu entnehmen, dass die Annahme bzw. Bestätigung ihres Auftrages noch bis zum 31. Dezember 2002 erfolgt sei. Somit sei davon auszugehen, dass ein rechtsgültiger Arbeitsauftrag im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes erst nach dem 31. Dezember 2002 zu Stande gekommen sei. Auch nach einer Aufforderung zur Stellungnahme an die beschwerdeführende Partei seien der Behörde keine neuen Fakten mitgeteilt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung und brachte insbesondere vor, der Vertragsabschluss sei bereits im Dezember 2002 zu Stande gekommen, ebenso seien die Leistungen jährlich genau mit Stückzahl und Preisen angeführt.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. März 2006 wurde die Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, § 9a Abs. 2 BEinstG sei im Rahmen des Bundessozialämterreformgesetzes (BGBl. I Nr. 150/2002) aufgehoben worden. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 27 Abs. 7 BEinstG finde die Bestimmung des § 9a Abs. 2 BEinstG in der bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 150/2002 geltenden Fassung auf jene Aufträge Anwendung, die bis zum 31. Dezember 2002 erteilt worden seien. Ein Auftrag im Sinne des § 9a Abs. 2 BEinstG setze das Zustandekommen eines beiderseits verbindlichen Vertrages voraus, was neben der Auftragserteilung die Annahme des Auftrages seitens des Auftragnehmers erfordere. Der tatsächliche Vertragsabschluss müsse spätestens am 31. Dezember 2002 erfolgt sein, um den Arbeitsauftrag als von der Regelung des § 27 Abs. 7 BEinstG erfasst und somit der Gewährung einer Werkprämie zugänglich ansehen zu können. Mindesterfordernis an Aufträge im Sinne des § 27 Abs. 7 BEinstG sei die konkrete und eindeutige Bestimmung der Dienstleistung bzw. des Produktes nach Ausmaß/Menge, Preis und Zeitraum der Erbringung/Lieferung (oder allenfalls vereinbarter Teillieferungen). Bloße Rahmenübereinkünfte, auch wenn sie jahrelanger üblicher Praxis entsprochen haben mögen, erfüllten diese Kriterien nicht.

Im "vorgelegten Vertrag" seien zwar konkrete Preise und Mengen genannt, diese würden allerdings durch die Vertragsformulierungen "die angeführten Mengen sind Jahresmengen", "diese sind abhängig von Bedarfsmengen, die in Teilabrufung bestellt würden", "diese Bedarfsmengen sind jederzeit abänderbar", "die derzeitig vereinbarten Preise sind Pauschalpreise, die nur bei ausdrücklicher Zustimmung durch den Einkauf der (beschwerdeführenden Partei) geändert werden dürfen" in einem Ausmaß relativiert, dass die oben erwähnten Bestimmtheitserfordernisse eines Auftrages gemäß § 27 Abs. 7 BEinstG mangels einer präzisen Beschreibung von Menge und Preis nicht erfüllt seien. Zweck der Übergangsbestimmung sei der Schutz der Betroffenen vor plötzlichen Eingriffen mit dem Ziel, ihnen die Disposition auf Basis der neuen Rechtslage zu ermöglichen. Das bedeute, dass die Übergangsbestimmung des § 27 Abs. 7 BEinstG nur für einen bestimmten Zeitraum wirksam sein könne. Kein Ziel dieser Regelung könne es sein, das alte Recht für eine bestimmte Gruppe von Dienstgebern zeitlich unbegrenzt in Geltung zu belassen, weil dies gegenüber allen anderen Dienstgebern, die bis zum 31. Dezember 2002 keine Aufträge im Sinne des § 27 Abs. 7 BEinstG erteilt hätten, sachlich nicht zu rechtfertigen wäre. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Prämie für das Jahr 2004 seien daher nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgebenden Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) - § 9a in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 150/2002, § 27 in der Fassung dieser Novelle - lauten:

"Prämien

§ 9a. ...

(2) Dienstgebern, die im Rahmen ihrer Unternehmenstätigkeit Arbeitsaufträge an Einrichtungen erteilen, in denen überwiegend Behinderte mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH tätig sind, sind aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds (§ 10) Prämien in Höhe von 15 vH des Rechnungsbetrages der Arbeitsaufträge (abzüglich der Umsatzsteuer und der Skontobeträge), aufgerundet auf den nächsthöheren Betrag von vollen 10 Cent, zu gewähren. Für die Bemessung der Prämie sind die jeweils innerhalb eines Kalenderjahres erteilten Arbeitsaufträge zusammenzufassen. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ist ermächtigt, an Dienstgeber nach Vorlage von saldierten Rechnungen über die erteilten Arbeitsaufträge, wenn diese den Betrag von 3 634 Euro übersteigen, vierteljährlich Vorschüsse auf die zu gewährenden Prämien zu zahlen. Die für die Zuerkennung der Prämie maßgeblichen saldierten Rechnungen sind nachweislich bis 1. Mai eines jeden Jahres für das vorhergegangene Kalenderjahr bei sonstigem Anspruchsverlust dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzulegen.

Übergangsbestimmungen

§ 27. ...

(7) Die Bestimmung des § 9a Abs. 2 in der bis zum In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 150/2002 geltenden Fassung findet auf jene Aufträge Anwendung, die bis zum 31. Dezember 2002 erteilt werden."

Die beschwerdeführende Partei bringt in ihrer Beschwerde im Wesentlichen vor, gemäß § 27 Abs. 7 BEinstG iVm. § 9a Abs. 2 leg. cit. sei darauf abzustellen, zu welchem Zeitpunkt die Verträge abgeschlossen worden seien. Die Ansicht der belangten Behörde, die von der beschwerdeführenden Partei am 18. Dezember 2002 getroffenen Vereinbarungen seien in einem solchen Ausmaß relativiert, dass die Bestimmtheitserfordernisse an Menge und Preis nicht erfüllt seien, sei unrichtig. Von der beschwerdeführenden Partei seien Vereinbarungen abgeschlossen worden, die bis zum Jahr 2010 gelten. Für jedes Jahr seien eine bestimmte Abnahmemenge und der Preis, zu dem die einzelnen Produkte abgenommen werden, genau definiert. Auch der Lieferzeitraum sei fix vorgegeben, die vereinbarte Stückzahl müsse innerhalb des Zeitraumes eines Jahres in individuell festgelegten Teillieferungen erbracht werden. Dies sei darauf zurückzuführen, dass für den Betrieb der beschwerdeführenden Partei eine "erhöhte Flexibilität" erforderlich sei. Die im Lauf eines Jahres zu liefernde Menge sei allerdings fix vorgegeben. Auch die im Vertrag enthaltenen Preise seien verbindlich und könnten nicht einseitig angepasst werden. Die genannten Voraussetzungen der Bestimmtheit von Menge, Preis und Zeitraum der Erbringung der Leistung seien also erfüllt. Der Vertrag beinhalte verbindliche Vereinbarungen zwischen der beschwerdeführenden Partei und dem BBRZ, die nicht mehr einseitig geändert werden könnten. Auch die zusätzlich vereinbarten Vertragsklauseln vermögen an der Bestimmtheit des Vertrages nichts zu ändern. Der Gesetzgeber habe zum Ausdruck gebracht, dass keine zeitliche Beschränkung der Übergangsbestimmungen vorliegen solle.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Es ist davon auszugehen, dass gemäß § 27 Abs. 7 BEinstG auch noch nach Ablauf des Jahres 2003 Prämien für Arbeitsaufträge zu gewähren sind, sofern diese bis zum 31. Dezember 2002 an Behinderteneinrichtungen - verbindlich - erteilt wurden. Somit musste der Vertragsabschluss bis spätestens 31. Dezember 2002 erfolgt sein, um den Arbeitsauftrag als von der Regelung des § 27 Abs. 7 leg. cit. erfasst ansehen zu können. Unter Zugrundelegung des Begriffes "Arbeitsauftrag" ist als Mindesterfordernis einer Auftragserteilung im Sinne des § 7 Abs. 7 BEinstG erforderlich, dass die Dienstleistung bzw. das Produkt nach Ausmaß bzw. Menge, Preis und Zeitraum der Erbringung der Leistung bzw. Lieferung (oder allenfalls vereinbarter Teillieferungen) konkret und eindeutig bestimmt ist. Bloße Rahmenvereinbarungen oder gar reine Absichtserklärungen entsprechen diesen Kriterien nicht (vgl. Karl Ernst, Alfred Haller, Behinderteneinstellungsgesetz, 6. Auflage, S. 348).

Es ist daher im vorliegenden Fall zu prüfen, ob der Arbeitsauftrag den oben genannten Kriterien entspricht.

Die als "Arbeitsauftrag" bezeichnete Bestellung der beschwerdeführenden Partei vom 18. Dezember 2002 lautet:

"Sehr geehrter Herr G.,

Wie schon telefonisch besprochen beauftragen wir Sie hiermit bis auf Widerruf die nachstehend angeführten Tätigkeiten unter Beistellung sämtlicher Einzelteile in unserem Auftrag durchzuführen. Die angeführten Mengen sind Jahresmengen, die abhängig von unseren Bedarfsmengen in Teilabrufen bestellt werden. Diese Teilabrufe werden Sie wie bisher in Form unserer Bestellung mit sämtlichen Details inkl. Liefertermin erhalten. Diese Vereinbarung hat Gültigkeit für die Jahre 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009 und 2010 und zwar jeweils für die unten genannten Jahresmengen, die je nach Bedarf geändert werden können. Die derzeit vereinbarten Preise sind Pauschalpreise und dürfen nur bei ausdrücklicher Zustimmung durch unseren Einkauf abgeändert werden

...

Zur Inanspruchnahme der jährlichen Werksprämie-Rückerstattung von 15 % wird uns BBRZ jährlich jeweils bis Ende Februar eine Bestätigung aller durch Banner bezahlten Rechnungen zukommen lassen."

Daraus folgt, dass schon der Arbeitsauftrag der beschwerdeführenden Partei keinen ausreichend konkreten Inhalt aufwies, denn darin hat sich diese vorbehalten, die Lieferungen, und zwar - entgegen ihrer Behauptung nicht bloß abzunehmenden Teilmengen im Rahmen einer fixen Bestellmenge, sondern - die aufgelisteten Jahresmengen "je nach Bedarf" zu ändern. Damit hat sich die beschwerdeführende Partei als Auftraggeberin in dem genannten Arbeitsauftrag nicht für die Abnahme einer bestimmten Liefermenge gebunden, sodass schon deshalb ein verbindlicher Auftrag, der jedenfalls einen bestimmten Leistungsumfang voraussetzte, nicht vorlag, und die Anwendung von § 27 Abs. 7 in Verbindung mit § 9a Abs. 2 BEinstG nicht in Betracht kam.

Aus den genannten Erwägungen kann die Auffassung der belangten Behörde, dass im vorliegenden Fall vor dem 1. Jänner 2003 kein Arbeitsauftrag vorgelegen sei, der von § 27 Abs. 7 BEinstG umfasst sei, und daher keine Prämie nach § 9a Abs. 2 BEinstG für das Jahr 2004 zu gewähren gewesen sei, im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Oktober 2007

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006110074.X00

Im RIS seit

20.11.2007

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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