TE Vwgh Beschluss 2007/11/14 2007/20/0688

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.11.2007
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19 Abs3;
AVG §19 Abs4;
AVG §56;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak sowie die Hofräte Dr. Berger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, in der Beschwerdesache der M, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. März 2007, Zl. 06 01.904-BAW, betreffend einen Ladungsbescheid gemäß § 19 AVG in einem Asylverfahren, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der russischen Föderation, beantragte am 13. Februar 2006 internationalen Schutz. Mit Ladungsbescheid vom 1. März 2007 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde (Außenstelle Wien) "zwecks Einvernahme zu Ihrem Asylantrag" geladen, am 22. März 2007 um 8.00 Uhr persönlich beim Bundesasylamt zu erscheinen. Die Beschwerdeführerin müsse damit rechnen, dass ihre zwangsweise Vorführung veranlasst werde, wenn sie der Ladung ohne wichtigen Grund - z.B. Krankheit, Gebrechlichkeit - nicht Folge leiste. Das Formular ist mit "Ladungsbescheid" überschrieben; als Rechtsgrundlage ist § 19 AVG angeführt.

Gegen diesen Ladungsbescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 14. März 2007 an den unabhängigen Bundesasylsenat (dort eingelangt am 14. März 2007) den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an den unabhängigen Bundesasylsenat beantragt hatte. Der unabhängige Bundesasylsenat beraumte in der Folge eine mündliche Verhandlung für den 27. September 2007 an.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte die Beschwerdeführerin auf, die in der Beschwerde enthaltene Rechtsverletzungsbehauptung (Beschwerdepunkt) insofern zu präzisieren, als dargetan werden möge, welche Rechtspositionen der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde noch als durch den angefochtenen Ladungsbescheid aufrecht verletzt behauptet würden.

Die Beschwerdeführerin brachte hiezu vor, sie werde durch den Bescheid in ihrem Recht, nicht entgegen den Bestimmungen des § 19 AVG vorgeladen zu werden, sowie in ihrem Recht auf persönliche Freiheit, ihrem Recht auf Privatleben und ihrem Recht, nicht erniedrigend oder unmenschlich behandelt zu werden, verletzt. Diese Rechtsverletzungen stünden in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit den Rechten, die sie im Devolutionsantrag geltend gemacht habe. Zu verweisen sei auch auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, dass ein subjektives Interesse an der Feststellung bestehe, ein Gesetz sei verfassungswidrig gewesen. Auch gebiete Art. 13 EMRK ein Recht auf eine wirksame Beschwerde. Sie habe ein rechtlich legitimes subjektives Interesse an der Feststellung, dass dieser Bescheid rechtswidrig gewesen sei.

Die Beschwerde ist mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Enthält ein in Anwendung des § 19 AVG ergangener Ladungsbescheid - wie im vorliegenden Fall - die Androhung eines Zwangsmittels, so liegt ein verfahrensrechtlicher Bescheid und nicht bloß eine einfache Ladung vor. Gegen einen solchen Bescheid ist gemäß § 19 Abs. 4 AVG "kein Rechtsmittel zulässig", er kann mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Eine Beschwerde ist unzulässig und gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen, wenn es dem Beschwerdeführer an einer Rechtsverletzungsmöglichkeit im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG und damit am Rechtsschutzbedürfnis mangelt. Dies ist der Fall, wenn sich die Rechtsstellung des Beschwerdeführers durch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht ändern würde, sodass es für seine Rechtsstellung keinen Unterschied macht, ob der Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. den hg. Beschluss vom 5. Oktober 2007, Zl. 2007/20/1068, mwN).

In ihrer Äußerung hat die Beschwerdeführerin keine Rechtspositionen aufgezeigt, deren Verletzung durch den angefochtenen Ladungsbescheid im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde noch möglich erschienen wäre, und sie vermochte nicht darzulegen, dass sich ihre Rechtsstellung durch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides ändern würde. Durch Einbringung des zulässigen Devolutionsantrages beim unabhängigen Bundesasylsenat - vor Erhebung der Beschwerde - ging die Zuständigkeit zur Entscheidung auf den unabhängigen Bundesasylsenat über (§ 73 Abs. 2 AVG). Der Ladung zur Einvernahme durch das Bundesasylamt ist somit - aufgrund des Wegfalles der Zuständigkeit dieser Behörde - der Boden entzogen. Aufgrund des angefochtenen Ladungsbescheides können somit auch keine Zwangsmittel im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG mehr angewendet werden. Da der Zuständigkeitsübergang bereits vor Beschwerdeerhebung erfolgte, lag schon in diesem Zeitpunkt eine Rechtsverletzungsmöglichkeit im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG nicht mehr vor. Der Beschwerdeführerin mangelt es somit am Rechtsschutzbedürfnis.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, sie habe ein rechtliches Interesse an einer feststellenden Entscheidung darüber, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig gewesen sei, ist ihr entgegen zu halten, dass die Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Partei nicht den Anspruch auf Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewährleisten, sondern auf die Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die - noch - in die Rechtssphäre der Partei eingreifen. Die Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist nicht das bestimmungsgemäße Ziel des außerordentlichen Rechtsmittels der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde selbst, sondern der Weg, auf dem die Aufhebung des Bescheides zu erreichen ist (vgl. den bereits genannten Beschluss vom 5. Oktober 2007). Eine Rechtsschutzlücke etwa im Hinblick auf eine wirksame Beschwerde vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erblicken, zumal einer Beschwerde gegen einen Ladungsbescheid unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 VwGG aufschiebende Wirkung zuerkannt werden kann, was im konkreten Fall im Übrigen auch erfolgte.

Da es der Beschwerdeführerin nach dem Gesagten an der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelt, war diese gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Ein Antrag auf Aufwandersatz wurde von der belangten Behörde nicht gestellt (§ 59 VwGG).

Wien, am 14. November 2007

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007200688.X00

Im RIS seit

19.03.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten