TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/28 2004/15/0131

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Veröffentlicht am 28.11.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

ABGB §1175;
BAO §19 Abs2;
BAO §191 Abs1 litc;
BAO §191 Abs2;
BAO §273 Abs1 lita;
BAO §289;
BAO §93 Abs2;
UStG 1972 §19 Abs1;
UStG 1972 §2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/15/0132

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des Ing. J S, des Ing. P S, des Ing. P J und des Ing. G K, alle vertreten durch Mag. Walter Messner, Wirtschaftsprüfer in 8010 Graz, Münzgrabenstraße 36, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz,

1. vom 22. Juli 2004, Zl. RV/0217-G/02, betreffend Umsatzsteuer und einheitliche und gesonderte und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1991 bis 1993 (hg. Zl. 2004/15/0131), und

2. vom 22. Juli 2004, Zl. RV/0218-G/02, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1991 bis 1993 (hg. Zl. 2004/15/0132),

zu Recht erkannt:

1.

Spruch

3. Der zur hg. Zl. 2004/15/0131 angefochtene Bescheid wird, soweit er die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1991 bis 1993 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben; im Übrigen (sohin betreffend Umsatzsteuer) wird die Beschwerde abgewiesen.

4. Der zur hg. Zl. 2004/15/0132 angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von 1.088 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer erwarben im Jahr 1991 Liegenschaften in G. und in W. und bewirtschafteten in der Folge diese Liegenschaften gemeinsam. In den Finanzämtern in G. (für G.) und in L. (für W.) abgegebenen Fragebögen anlässlich der Gründung einer Miteigentumsgemeinschaft beantworteten sie die Fragen nach der Rechtsform des Unternehmens mit Gesellschaft bürgerlichen Rechts und nach der Firmenbezeichnung mit "Miteigentumsgemeinschaft (Erstbeschwerdeführer(".

Im Jahr 1993 wurden die Liegenschaften wieder verkauft.

In den auf Grund der Bewirtschaftung dieser Liegenschaften abgegebenen Abgabenerklärungen für die Streitjahre 1991 bis 1993 wurden in den Umsatzsteuererklärungen der Unternehmer als "(Erstbeschwerdeführer( und Mitbesitzer" (1991 und 1992) und als "(Erstbeschwerdeführer(" (1993) und die Art des Unternehmens als "Sanierung und Vermietung von Wohnobjekten" (1991 und 1992) und als "Vermietung und Verpachtung" (1993) angegeben. In den Erklärungen der Einkünfte von Personengesellschaften (Gemeinschaften) wurden für 1991 als Bezeichnung der Gesellschaft oder Gemeinschaft, Rechtsform des Unternehmens, Art der Tätigkeit "(Erstbeschwerdeführer( und Mitbesitzer", für 1992 als Bezeichnung der Gesellschaft oder Gemeinschaft, Art der Tätigkeit "(Erstbeschwerdeführer( Vermietung" und als Rechtsform des Unternehmens "Miteigentümergemeinschaft" und für 1993 als Bezeichnung der Gesellschaft oder Gemeinschaft, Art der Tätigkeit "(Erstbeschwerdeführer( Vermietung & Verpachtung" und als Rechtsform "Miteigentümergemeinschaft" angeführt.

Als Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung hielt der Prüfer in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 13. Mai 1997 fest, dass er von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgehe und die als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärten Verluste Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellten. Durch den Grundstückshandel seien unecht befreite Umsätze getätigt worden, weshalb kein Vorsteuerabzug zustehe. Grundstücke und Sanierungsaufwand seien Umlaufvermögen und sofort abziehbar. Für 1993 ermittelte der Prüfer einen Übergangsgewinn und einen Aufgabegewinn unter Berücksichtigung der Kontostände und der Zahlungen an die ausführenden "Firmen".

Das Finanzamt G. folgte dem Prüfer und stellte mit an "(Erstbeschwerdeführer( U MITBES" gerichteten Erledigungen vom 17. September 1997 gemäß § 188 BAO die Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Mit ebenfalls an "(Erstbeschwerdeführer( U MITBES" gerichteten Erledigungen vom 17. September 1997 sprach das Finanzamt G. aus, dass die Umsatzsteuer für das Jahr 1991 nicht festgesetzt werde, und setzte die Umsatzsteuer für 1992 und 1993 fest, jeweils ohne die mit den Umsatzsteuererklärungen geltend gemachten Vorsteuern anzuerkennen.

In einer namens "(Erstbeschwerdeführer( & Mitbesitzer" erhobenen Berufung wurden diese Bescheide des Finanzamtes G. mit der Begründung bekämpft, es habe keine gewerbliche Tätigkeit vorgelegen, sondern es habe sich um Vermietung und Verpachtung gehandelt.

Das Finanzamt L. folgte ebenfalls dem Prüfer und stellte mit an "(Erstbeschwerdeführer( U MITBES" gerichteten Erledigungen vom 29. August 1997 gemäß § 188 BAO Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von Null fest.

Auch gegen diese Bescheide wurde eine namens "(Erstbeschwerdeführer( & Mitbesitzer" erhobene Berufung mit der Begründung eingebracht, es habe sich nicht um Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern um solche aus Vermietung und Verpachtung gehandelt.

Mit dem zur hg. Zl. 2004/15/0131 angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung betreffend Umsatzsteuer als unzulässig zurück. Die bekämpften Erledigungen seien an "(Erstbeschwerdeführer( U MITBES" ergangen. Das Gesellschaftsverhältnis der Beschwerdeführer sei aber bereits im Jahr 1993 beendet worden, wie sich aus der Niederschrift über die Schlussbesprechung ergebe. Die an eine nicht mehr bestehende Personengesellschaft ergangenen Umsatzsteuerbescheide vom 17. September 1997 hätten keine Rechtswirkung erzeugen können, weshalb eine dagegen gerichtete Berufung zurückzuweisen gewesen sei.

Mit dem zur hg. Zl. 2004/15/0131 angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde weiters die Berufung gegen die Erledigungen des Finanzamtes G. betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften als unbegründet ab. Hinsichtlich dieser Erledigungen bestehe kein Zurückweisungsgrund, weil im Spruch der Erledigungen die einzelnen (ehemaligen) Gesellschafter namentlich genannt seien.

Mit dem zur hg. Zl. 2004/15/0132 angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen gegen die Erledigungen des Finanzamtes L. betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften als unbegründet ab und verwies in der Begründung auf den zur hg. Zl. 2004/15/0131 angefochtenen Bescheid.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden UStG 1972 war Steuerschuldner in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 leg. cit. der Unternehmer. Unternehmer konnten auch Miteigentumsgemeinschaften sein, wenn sie als solche nach außen in Erscheinung traten und Leistungen erbrachten. Umsatzsteuerlich stellte die Gemeinschaft von Vermietern als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein von ihren Gesellschaftern unabhängiges Steuersubjekt dar (vgl. in ständiger Rechtsprechung jüngst etwa den hg. Beschluss vom 19. September 2007, 2007/13/0061).

Nach den von den Beschwerdeführern nicht bekämpften Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde hat die Miteigentumsgemeinschaft bereits im Jahr 1993 zu bestehen aufgehört.

Mit der Beendigung von Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gehen nach § 19 Abs. 2 BAO deren sich aus Abgabenvorschriften ergebende Rechte und Pflichten auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) über.

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruches mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch, zu dem auch das Adressfeld zählt, kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 8. Februar 2007, 2006/15/0379, und vom 28. Februar 2007, 2004/13/0151).

Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer betreffend eine Miteigentumsgemeinschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind nach Beendigung der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft daher an die zuletzt beteiligt gewesenen Mitglieder zu richten.

Die vor der belangten Behörde bekämpften Bescheide des Finanzamtes G. betreffend Umsatzsteuer waren an "(Erstbeschwerdeführer( U MITBES", sohin an die im Zeitpunkt der Erlassung dieser Erledigungen nicht mehr bestehende Personengemeinschaft gerichtet. Die belangte Behörde durfte daher zu Recht davon ausgehen, dass in den in Rede stehenden Erledigungen des Finanzamtes ungeachtet der Überschrift als Bescheid keine Verwaltungsakte vorgelegen sind, denen Bescheidqualität zugekommen wäre.

Die Abgabenbehörde hat eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist (§ 273 Abs. 1 lit. a BAO). Eine Berufung, welche sich nicht gegen einen Bescheid richtet, ist unzulässig. Die belangte Behörde wäre daher nicht befugt gewesen, über die gegen diese Erledigungen erhobenen Berufungen meritorisch zu entscheiden, sondern hatte sie zurückzuweisen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 2006, 2005/13/0179).

Die Beschwerdeführer fühlen sich zwar u.a. im Recht auf Festsetzung der Umsatzsteuer der Jahre 1991 bis 1993 auf Basis der abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärungen - sohin im Recht auf eine meritorische Erledigung ihrer Berufung - verletzt, unterlassen es jedoch, näher zu begründen, weshalb die von der belangten Behörde erfolgte Zurückweisung der Berufung gegen die Erledigungen des Finanzamtes G. betreffend Umsatzsteuer rechtswidrig wäre.

Die Beschwerde erweist sich somit insoweit als unbegründet und war daher in diesem Umfang, soweit sie nämlich die Zurückweisung der Berufung gegen die Erledigungen des Finanzamtes G. betreffend Umsatzsteuer betrifft, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Gemäß § 188 Abs. 1 BAO werden u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Der Feststellungsbescheid ergeht gemäß § 191 Abs. 1 lit. c leg. cit. in diesen Fällen des § 188 an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.

Ist eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid ergehen soll, bereits beendigt, so hat der Bescheid gemäß § 191 Abs. 2 BAO an diejenigen zu ergehen, denen in den Fällen des Abs. 1 lit. c gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.

Die belangte Behörde sah in den bekämpften Erledigungen des Finanzamtes G. und des Finanzamtes L. betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften Bescheide, denen der Forderung des § 191 Abs. 2 BAO Genüge getan worden sei, weil in deren Spruch - anders als im Spruch der Umsatzsteuerbescheide - auch die einzelnen (ehemaligen) Gesellschafter namentlich genannt seien.

Die belangte Behörde übersah dabei, dass die bekämpften Erledigungen der Finanzämter ausdrücklich an "(Erstbeschwerdeführer( U MITBES" gerichtet waren. Die bloße namentliche Erwähnung der Beschwerdeführer bei der Aufteilung der Einkünfte im Spruch bewirkte noch nicht, dass die Erledigungen an diese Personen gerichtet gewesen wären (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 25. Jänner 2006, Zlen. 2005/13/0174 und 0175). So wäre etwa bei einer bestehenden Personengesellschaft (Personengemeinschaft) der Feststellungsbescheid ausschließlich an die Personengesellschaft (Personengemeinschaft) zu richten, auch wenn beim Abspruch über die Aufteilung der Einkünfte die einzelnen Gesellschafter genannt sind.

Im Beschwerdefall liegen daher auch hinsichtlich der Feststellung von Einkünften keine Erledigungen der Finanzämter vor, welchen Bescheidqualität zugekommen wäre.

Entscheidet die Abgabenbehörde zweiter Instanz über eine bei ihr anhängige Berufung in der Sache, obwohl die bekämpfte Erledigung keine Wirksamkeit erlangt hat, handelt die Behörde außerhalb ihrer Zuständigkeit (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. September 2007, 2004/13/0097). Die Unzuständigkeit der belangten Behörde war vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen.

Der zur hg. Zl. 2004/15/0131 angefochtene Bescheid war daher, soweit er die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften betrifft, in diesem Umfang und der zur hg. Zl. 2004/15/0132 angefochtene Bescheid war zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 59 Abs. 1 VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. November 2007

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004150131.X00

Im RIS seit

28.12.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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