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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2008/04/0007Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über den Antrag der K, Wien, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. November 2007, Zl. M63/02482/2007, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, sowie über die mit diesem Antrag verbundene Beschwerde, den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem am 14. Jänner 2008 überreichten Schriftsatz vom selben Tag beantragte die Beschwerdeführerin, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. November 2007, mit dem ihr im Instanzenzug die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe "Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent" gemäß § 87 Abs. 1 Z. 5 iVm § 137c Abs. 5 GewO 1994 entzogen worden war, zu bewilligen. Gleichzeitig wurde Beschwerde gegen den genannten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien erhoben.
Im Wiedereinsetzungsantrag führte die Beschwerdeführerin aus, der angefochtene Bescheid sei ihr am 22. November 2007 zugestellt worden. Sie habe die Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof auf Grund eines Missverständnisses versäumt, und zwar habe sie am 5. Dezember 2007 bei der erstinstanzlichen Behörde das Ansuchen um Nachsicht vom Gewerbeausschluss gestellt; dabei sei ihr gesagt worden, sie würde verständigt werden, welche Unterlagen zur Erreichung der Nachsicht vom Gewerbeausschluss erforderlich seien. Nachdem sie bis 18. Dezember 2007 keine Nachricht erhalten habe, habe sie sich an die Kanzlei Dr. B. gewandt, die sie in dieser Sache auf Empfehlung des Wifi bisher beraten gehabt habe. Sie habe dort um einen Termin ersucht, um die Beschwerde zur Unterschrift vorzulegen. Dr. B. habe erst für den 8. Jänner 2008 "den Termin einräumen" können. Sie sei der Meinung gewesen, dies würde zur Einhaltung der im Bescheid angeführten Frist von sechs Wochen ausreichen. Am 8. Jänner 2008 habe sie von Dr. B erfahren, dass er kein Rechtsanwalt sei und dass die Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof versäumt worden sei. Am darauf folgenden Tag habe sie die Rechtsanwaltskammer um Rat gefragt.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass einer Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Ereignis "unvorhergesehen", wenn die Partei es tatsächlich nicht mit einberechnet hat und sein Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) E 40 ff zu § 71 AVG referierte hg. Rechtsprechung), wobei das im Begriff der "Unvorhergesehenheit" gelegene Zumutbarkeitsmoment dahin zu verstehen ist, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit auch dann noch gewahrt ist, wenn der Partei ein nur "minderer Grad des Versehens" unterläuft.
Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin, die auch nach ihrem eigenen Vorbringen in Kenntnis der mit Zustellung des Bescheides am 22. November 2007 in Gang gesetzten sechswöchigen Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war, bei der am 18. Dezember 2007 erfolgten Terminvereinbarung für den 8. Jänner 2008 die im Verkehr mit Gerichten bzw. Behörden erforderliche und zumutbare Sorgfalt in einem Maße außer Acht gelassen, die bereits als auffallend sorglos bezeichnet werden kann. Die Beschwerdeführerin hätte zumindest Zweifel an der Rechtzeitigkeit haben müssen und unter Bekanntgabe des Zustelldatums fragen müssen, ob bei Vereinbarung dieses Termins die Frist gewährt werden könne. Das von der Beschwerdeführerin als Grund für die Versäumung der Beschwerdefrist geltend gemachte Ereignis (Missverständnis über das Ende der Beschwerdefrist) stellt daher schon aus diesem Grund keinen Umstand dar, der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnte. Dem Wiedereinsetzungsantrag war somit nicht stattzugeben.
Die nachgeholte Beschwerde erweist sich demnach als verspätet und war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis war der keinem Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin dienliche Auftrag zur Behebung der der Beschwerde anhaftenden formellen und inhaltlichen Mängel entbehrlich.
Wien, am 29. Februar 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008040006.X00Im RIS seit
13.05.2008Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008