TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/2 2006/08/0015

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Veröffentlicht am 02.04.2008
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Index

66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

BKUVG §1 Abs1;
BKUVG §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des Dr. LW in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. April 2005, Zl. SV(SanR)-411156/5-2005-Bb/Gu, betreffend Formalversicherung in der Krankenversicherung gemäß B-KUVG (mitbeteiligte Partei: Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, 1080 Wien, Josefstädter Straße 80), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in dem in Beschwerde gezogenen Umfang, nämlich soweit darin das Vorliegen einer Formalversicherung festgestellt wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Bescheid vom 8. November 2004 stellte die mitbeteiligte Versicherungsanstalt fest, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit als Bundesbeamter seit dem 4. Oktober 1999 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter unterliege. Der Beschwerdeführer sei "als Lehrer des Bundes im Status Beamter" gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 B-KUVG in der Krankenversicherung mitbeteiligten Versicherungsanstalt versichert.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Einspruch, über den die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. April 2005 entschieden hat. Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet:

"Dem Einspruch wird insoweit Folge gegeben, als (der Beschwerdeführer) in der Zeit vom 4.10.1999 bis 31.12.2004 nicht der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß den Bestimmungen des B-KUVG unterliegt. Es ist in diesem Zeitraum aber eine Formalversicherung gegeben.

Ab 1.1.2005 unterliegt (der Beschwerdeführer) jedoch der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 17 lit. a sublit. aa. B-KUVG."

2. Gegen diesen Bescheid, der in der Rechtsmittelbelehrung auf die Möglichkeit der Berufung hinwies, erhob der Beschwerdeführer, ausdrücklich eingeschränkt auf den Ausspruch der Formalversicherung sowie der Pflichtversicherung ab dem 1. Jänner 2005, Berufung. Die mitbeteiligte Versicherungsanstalt ließ den Bescheid unbekämpft, sodass er hinsichtlich der Verneinung der Pflichtversicherung im Zeitraum vom 4. Oktober 1999 bis zum 31. Dezember 2004 rechtskräftig wurde.

Mit Bescheid vom 3. Jänner 2006 gab die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Ausspruch über die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ab dem 1. Jänner 2005 keine Folge. Soweit sich die Berufung gegen die Formalversicherung richtete, wurde sie als unzulässig zurückgewiesen.

3. Mit hg. Beschluss vom 15. Februar 2006, 2006/08/0014, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2 VwGG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist bewilligt, da die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid, soweit sie sich auf den Ausspruch über die Formalversicherung bezog, unrichtig war.

4. Hinsichtlich der im Beschwerdefall allein relevanten Frage der Formalversicherung führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid wie folgt aus:

"Zum Bestand einer Formalversicherung in der Zeit vom 4.10.1999 bis 31.12.2004:

Unter Heranziehung des bereits zitierten § 8 B-KUVG wurde die Anmeldung zur Pflichtversicherung nach dem B-KUVG durch den Dienstgeber Bund zweifelsfrei vorbehaltslos erstattet, es ist auch keine vorsätzlich unrichtige Anmeldung erkennbar, wie auch die Einspruchsgegnerin die Beiträge über sechs Monate (sogar über vier Jahre!) unbeanstandet angenommen hat. Auch besteht für (den Beschwerdeführer) keine Versicherungspflicht nach einem anderen Bundesgesetz (vielmehr unterliegt der Einspruchswerber aufgrund seiner Landesbeamtentätigkeit den landesgesetzlichen Regelungen).

Da diesbezüglich sämtliche Voraussetzungen zutreffen, war für die Zeit vom 4.10.1999 bis 31.12.2004 eine Formalversicherung anzunehmen,

Eine Formalversicherung hat auch die gleichen Rechtswirkungen wie eine zu Recht bestehende Versicherung (§ 8 Abs. 3 B-KUVG)."

5. In seiner gegen den angefochtenen Bescheid, soweit darin ausgesprochen wurde, dass in der Zeit vom 4. Oktober 1999 bis zum 31. Dezember 2004 eine Formalversicherung gegeben gewesen sei, erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erklärte ausdrücklich, von der Abfassung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen. Die mitbeteiligte Versicherungsanstalt erstattete eine Gegenschrift mit dem Begehren, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

6. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die Frage der Formalversicherung nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides der mitbeteiligten Versicherungsanstalt vom 8. November 2004 gewesen sei. Diese habe erst in einer späteren Stellungnahme gegenüber der belangten Behörde eine dahingehende Anmerkung gemacht. Damit sei die Frage der Formalversicherung nicht Gegenstand jenes Verfahrens gewesen, das durch den Anspruch des Beschwerdeführers an die belangte Behörde herangetragen worden sei. Der dahingehende Ausspruch im angefochtenen Bescheid sei daher ohne entsprechende Zuständigkeit gefällt worden.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ist - sofern nicht gesetzlich ausdrücklich anderes angeordnet ist - die "Sache" des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der Behörde erster Instanz gebildet hat. Entscheidet die Einspruchsbehörde in einer Angelegenheit, die nicht Gegenstand der Entscheidung der Behörde erster Instanz gewesen ist, so überschreitet sie ihre funktionelle Zuständigkeit; insoweit ist ein solcher Einspruchsbescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2003, Zl. 99/08/0146).

Bei der Formalversicherung und bei der Versicherungspflicht handelt es sich nicht um ein- und die selbe Angelegenheit (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. September 2004, Zl. 2003/08/0164). Da der vorinstanzliche Bescheid nicht über die Formalversicherung abgesprochen hat, war die belangte Behörde daher nicht berechtigt, das Bestehen der Formalversicherung festzustellen.

Der angefochtene Bescheid war daher, insoweit er das Vorliegen einer Formalversicherung des Beschwerdeführers feststellte, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. April 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006080015.X00

Im RIS seit

08.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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