TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/23 2004/10/0045

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Veröffentlicht am 23.04.2008
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Index

72/13 Studienförderung;

Norm

StudFG 1992 §18 idF 2003/I/075;
StudFG 1992 §19 Abs3 Z2 idF 2003/I/075;
StudFG 1992 §19 idF 2003/I/075;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des Mag. HB in Innsbruck, vertreten durch Dr. Kurt Bayr, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 4, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 24. November 2003, Zl. 54.001/31-VII/13a/2003, betreffend Verlängerung der Anspruchsdauer für die Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer studierte an der Universität Innsbruck die Studienrichtung Rechtswissenschaften seit dem Sommersemester 1996. Er legte die erste Diplomprüfung am 8. Oktober 1997 ab. Die Anspruchsdauer für die Studienbeihilfe für den zweiten Studienabschnitt begann somit mit dem Wintersemester 1997/98 (und betrug im Falle des vom Beschwerdeführer betriebenen Studiums einschließlich des Verlängerungssemesters gemäß § 18 Abs. 1 Studienförderungsgesetz sieben Semester). Sie endete daher mit dem Wintersemester 2000/2001.

Am 12. Juli 2001 wurde der Sohn des Beschwerdeführers geboren. Auf Grund der pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vereinbarung über die gemeinsame Obsorge für das Kind vom 11. September 2001 war der Beschwerdeführer gemeinsam mit der Mutter des Kindes obsorgeberechtigt für seinen Sohn.

Ein Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Anspruchsdauer für die Studienbeihilfe für das Sommersemester 2001 wegen eines Auslandsstudiums wurde im Instanzenzug durch die belangte Behörde mit Bescheid vom 30. April 2002 abgewiesen.

Der Beschwerdeführer stellte verschiedene Anträge auf Verlängerung der Anspruchsdauer für die Studienbeihilfe, die zunächst zu einer Verlängerung der Anspruchsdauer wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bis einschließlich zum Wintersemester 2001/02, in weiterer Folge zu einer neuerlichen Verlängerung der Anspruchsdauer um ein Semester, nämlich bis zum Sommersemester 2002, führte. Insgesamt wurde somit eine Verlängerung der Anspruchsdauer um drei Semester bewilligt, wobei die Verlängerung für das Sommersemester 2002 nach dem Akteninhalt für die Pflege und Erziehung des Sohnes des Beschwerdeführers erfolgte.

Im vorliegenden Verfahren geht es um die Erledigung zweier weiterer Anträge des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Anspruchsdauer für die Studienbeihilfe vom 21. Oktober 2002 und vom 20. März 2003 für das Wintersemester 2002/2003 und das Sommersemester 2003.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seiner Vorstellung gegen die Nichtstattgabe seiner Anträge als unbegründet ab und bestätigte somit die Abweisung der Anträge auf neuerliche Verlängerung der Anspruchsdauer.

Begründend führte die belangte Behörde einerseits aus, dass über die Frage der Verlängerung der Anspruchsdauer wegen eines Auslandsstudiums gemäß § 19 Abs. 6 Z 1 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992, in der Fassung BGBl. I Nr. 75/2003, der Leiter der Studienbeihilfenbehörde zu entscheiden gehabt hätte. Eine derartige Entscheidung sei auch ergangen. Die Berufung des Beschwerdeführers sei mit Bescheid der belangten Behörde abgewiesen worden, sodass über den Antrag auf Verlängerung wegen eines Auslandsstudiums rechtskräftig abgesprochen sei.

Hinsichtlich der Abweisung der Anträge vom 21. Oktober 2002 und vom 20. März 2003 führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der §§ 18 und 19 Studienförderungsgesetz aus, dass dem Beschwerdeführer mit vorangegangenen Bescheiden bereits die Anspruchsdauer um drei Semester über die gesetzliche Anspruchsdauer hinaus verlängert worden sei. Dies sei einerseits wegen Krankheit, andererseits offenbar in Anerkennung der Notwendigkeit der Pflege und Erziehung des Sohnes des Beschwerdeführers erfolgt.

Zu den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Krankheiten sei festzuhalten, dass die im Oktober 1995 und im Dezember 1996 bei Verkehrsunfällen erlittenen Verletzungen innerhalb des ersten Studienabschnittes erfolgt seien und daher eine Auswirkung auf den Studienfortgang im zweiten Studienabschnitt lediglich im Ausmaß von Langzeitfolgen gehabt haben könnten. Ein entsprechendes fachärztliches unfallchirurgisches Gutachten vom 20. August 1997 habe eine Bewegungseinschränkung am linken Handgelenk und einen Dauerschaden am rechten Sprunggelenk konstatiert. Eine Beeinträchtigung beim rechtswissenschaftlichen Studium sei dadurch nicht festzustellen. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Pollenallergie sei gemeinsam mit den allenfalls vorhandenen Nachwirkungen des Verkehrsunfalls bei der Verlängerung der Anspruchsdauer bis zum Wintersemester 2001/02 (also um zwei Semester über die Anspruchsdauer hinaus) mehr als abgegolten. Eine weitere Verlängerung lasse sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen Ursache und Wirkung nicht rechtfertigen. Zu der weiteren Begründung der Studienzeitbeeinträchtigung durch die Pflege und Erziehung des im Juli 2001 geborenen Sohnes sei festzuhalten, dass aus diesem Grunde bereits die Anspruchsdauer um ein weiteres Semester, nämlich bis zum Sommersemester 2002, verlängert worden sei. Es sei daher zu prüfen, ob im Hinblick auf diesen Grund gemäß § 19 Abs. 3 Z 2 Studienförderungsgesetz ein weiteres (zweites) Semester zusätzlich zu bewilligen sei. § 19 Abs. 3 Z 2 StudFG begrenze die Verlängerung der Anspruchsdauer aus dem Grund der Pflege und Erziehung eines Kindes vor Vollendung des dritten Lebensjahres mit zwei Semestern je Kind und Studienabschnitt. Gehe man davon aus, dass ein Studienabschnitt bis zu sechs Semestern dauern könne und auch in diesem Fall nur zwei Semester Verlängerung gebührten, so sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber nicht für jedes Studiensemester, während dessen die Pflege und Erziehung eines Kleinkindes erfolgt sei, ein Verlängerungssemester habe gewähren wollen. Der Beschwerdeführer habe für insgesamt zwei Semester der Pflege und Erziehung eines Kleinkindes im Studienjahr 2001/02 ein Verlängerungssemester erhalten. Dies erscheine jedenfalls angemessen. Ein weiteres Verlängerungssemester für den lediglich zwei Semester dauernden Zeitraum der Pflege und Erziehung eines Kleinkindes im Studienjahr 2001/02 wäre unter diesem Aspekt gesetzwidrig. Es sei darauf hinzuweisen, dass während des ersten Lebensjahres des Kindes des Beschwerdeführers dieser ein Auslandsstudium an der Universität München absolviert habe, also für die Pflege und Erziehung des Kindes nur in einem eingeschränkten Ausmaß zur Verfügung habe stehen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§§ 18 und 19 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992, in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung durch BGBl. I Nr. 75/2003, lauten auszugsweise:

"Anspruchsdauer

§ 18. (1) Die Anspruchsdauer umfasst grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Bakkalaureatsprüfungen, Magisterprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Sofern das Studien- oder Ausbildungsjahr nicht in Semester gegliedert ist, umfasst die Anspruchsdauer die vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines halben Studien- oder Ausbildungsjahres. Sie richtet sich nach den Auszahlungsterminen des Semesters oder des Studien- oder Ausbildungsjahres (§ 47 Abs. 1). Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19).

...

Verlängerung der Anspruchsdauer aus wichtigen

Gründen

§ 19. (1) Die Anspruchsdauer ist zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, dass die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde.

(2) Wichtige Gründe im Sinne des Abs. 1 sind:

1. Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,

2.

Schwangerschaft der Studierenden und

3.

jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

(3) Die Anspruchsdauer ist ohne weiteren Nachweis über die Verursachung der Studienverzögerung in folgendem Ausmaß zu verlängern:

1.

bei Schwangerschaft um ein Semester,

2.

bei der Pflege und Erziehung eines Kindes vor Vollendung des dritten Lebensjahres, zu der ein Studierender während seines Studiums gesetzlich verpflichtet ist, um insgesamt höchstens zwei Semester je Kind,

              3.              bei Studierenden, deren Grad der Behinderung nach bundesgesetzlichen Vorschriften mit mindestens 50 % festgestellt ist, um ein Semester,

              4.              bei Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes während der Anspruchdauer um ein Semester für jeweils sechs Monate der Ableistung.

...

(6) Der Leiter der Studienbeihilfenbehörde hat auf Antrag des Studierenden

1. bei Studien im Ausland, überdurchschnittlich umfangreichen und zeitaufwendigen wissenschaftlichen Arbeiten oder ähnlichen außergewöhnlichen Studienbelastungen die Anspruchsdauer um ein weiteres Semester zu verlängern oder

...

(7) Bei gleichzeitiger Einbringung eines Antrages gemäß Abs. 6 mit einer Vorstellung oder Berufung ist zuerst über den Antrag gemäß Abs. 6 zu entscheiden."

Der Beschwerdeführer erblickt zunächst eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides in der Beurteilung der belangten Behörde hinsichtlich des geltend gemachten Verlängerungsgrundes "Auslandsstudium". In diesem Zusammenhang genügt es jedoch, auf den im Rahmen der Zuständigkeit des Leiters der Studienbeihilfenbehörde zur Entscheidung über Anträge auf Verlängerung wegen Auslandsstudien gemäß § 19 Abs. 6 Z 1 StudFG bereits ergangenen rechtskräftigen Bescheid hinzuweisen.

Der angefochtene Bescheid spricht über die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung der Vorstellung betreffend die Nichtstattgebung seiner auf § 19 Abs. 3 StudFG gestützten Anträge vom 21. Oktober 2002 und vom 20. März 2003 ab. Er hat jedoch keinen Antrag auf Verlängerung gemäß § 19 Abs. 6 Z 1 StudFG zum Gegenstand.

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrags auf Verlängerung der Anspruchsdauer der Studienbeihilfe auf die Überlegung gestützt, aus der Beschränkung der Verlängerung der Anspruchsdauer aus dem Grund der Pflege und Erziehung eines Kindes in § 19 Abs. 3 Z 2 Studienförderungsgesetz auf zwei Semester je Studienabschnitt sei zu schließen, dass der Gesetzgeber jedenfalls nicht für jedes Semester, in dem die Pflege und Erziehung des Kindes zu leisten war, auch ein volles Semester der Verlängerung anerkennen wollte. Die Bewilligung der Verlängerung um ein Semester sei daher ausreichend gewesen. Sie bezieht sich dabei auf die oben erwähnte, bereits mit einem früher erlassenen Bescheid gewährte (weitere) Verlängerung der Anspruchsdauer der Studienbeihilfe um ein Semester.

Die Beschwerde wendet sich gegen diese rechtliche Beurteilung, der Gesetzgeber habe die Verlängerung der Anspruchsdauer aus dem Grund der Kinderpflege in Relation zur vorgesehenen Studienzeit gesetzt und die Verlängerungsdauer sei "anteilsmäßig" zu berechnen.

Mit diesem Vorbringen wird jedoch im Hinblick auf die zeitliche Lagerung des im Beschwerdefall gegebenen Sachverhalts keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Wie in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, wurde dem Beschwerdeführer mit vorangehenden Bescheiden zunächst eine Verlängerung der Anspruchsdauer der Studienförderung bis zum Wintersemester 2001/2002, schließlich noch eine Verlängerung der Anspruchsdauer um ein weiteres Semester (das Sommersemester 2002) im Hinblick auf die Betreuung seines im Juli 2001 geborenen Sohnes bewilligt. Es kann der belangten Behörde somit im Ergebnis nicht entgegen getreten werden, wenn sie aus § 19 Abs. 3 Z 2 StudFG ableitete, dass bei der Lagerung des Beschwerdefalles keine weitere Verlängerung der Anspruchsdauer zu gewähren war. Dies im Hinblick darauf, dass die Verlängerung der Anspruchsdauer zwar nach § 19 Abs. 3 Z 2 StudFG (vgl. den Einleitungssatz des Abs. 3) "ohne weiteren Nachweis über die Verursachung der Studienverzögerung" bei der Pflege und Erziehung eines Kindes vor Vollendung des dritten Lebensjahres, zu der ein Studierender gesetzlich verpflichtet ist, zu bewilligen ist, die Bestimmung aber im Zusammenhalt mit der Anordnung, dass die Verlängerung "höchstens zwei Semester" je Kind betragen dürfe, nicht so verstanden werden kann, dass die Höchstdauer der Verlängerung losgelöst von den Umständen des Einzelfalles jedenfalls zu bewilligen wäre. Da die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 19 Abs. 3 Z 2 StudFG (Verpflichtung zur Betreuung eines Kindes) ab dem Wirksamwerden der pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vereinbarung über die gemeinsame Obsorge für das Kind vom 11. September 2001 eintraten, bedeutete die weitere Verlängerung der Anspruchsdauer (die ansonst mit dem Wintersemester 2001/2002 geendet hätte) für das unmittelbar anschließende Sommersemester 2002 gemäß § 19 Abs. 3 Z 2 StudFG die Anerkennung der gesamten, in die gesetzliche und bescheidmäßig verlängerte Anspruchsdauer fallenden Zeit der Behinderung durch die Betreuung. Die Nichtausschöpfung der höchstzulässigen Verlängerung um zwei Semester entsprach daher in diesem Fall dem Gesetz.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. April 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004100045.X00

Im RIS seit

04.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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