TE Vwgh Beschluss 2008/6/19 2008/18/0473

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.06.2008
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §1332;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §28 Abs5;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über den Antrag des S L in W, geboren am 7. Jänner 1981, vertreten durch Dr. Marlene Klein, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Quellenstraße 137/2/31, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Mai 2007, Zl. 316.798/2-III/4/07, betreffend Versagung eines Aufenthaltstitels (hg. Zl. 2008/18/0109), den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit hg. Verfügung vom 6. Februar 2008, Zl. 2008/18/0109-2, dem Beschwerdeführer am 13. Februar 2008 zugestellt, erging an diesen im obgenannten Beschwerdeverfahren gemäß § 34 Abs. 2 VwGG unter gleichzeitiger Zurückstellung der vom Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde samt der dieser als Beilage angeschlossenen Kopie des angefochtenen Bescheides die Aufforderung, die Beschwerde gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen ab Zustellung dieser Verfügung zu verbessern, wie folgt:

"1. Es ist das Recht, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet, bestimmt zu bezeichnen (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG).

2. Es sind die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, anzuführen (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG).

3. Es ist ein der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGG entsprechendes bestimmtes Begehren zu stellen (§ 28 Abs. 1 Z. 6 VwGG).

4. Überdies ist - außer dem ergänzenden Schriftsatz - eine weitere Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde für die belangte Behörde beizubringen (§§ 24 Abs. 1 und 29 VwGG).

(...)

Soweit sich der Ergänzungsauftrag nicht in der Anforderung weiterer Ausfertigungen der ursprünglichen Beschwerde samt Abschriften der Beilagen erschöpft, ist der ergänzende Schriftsatz in zweifacher Ausfertigung vorzulegen.

Die Versäumung der Frist gilt als Zurückziehung der Beschwerde.

Die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene zurückgestellte Beschwerde (einschließlich der angeschlossen gewesenen, gesetzlich vorgeschriebenen Beilagen) ist auch dann wieder vorzulegen, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht wird."

2. Mit hg. Beschluss vom 22. April 2008, Zl. 2008/18/0109-6, wurde das Beschwerdeverfahren mit der Begründung eingestellt, dass der Beschwerdeführer die der zurückgestellten Beschwerde als Beilage angeschlossen gewesene Kopie des angefochtenen Bescheides nicht wieder vorgelegt habe, sodass er dem Mängelbehebungsauftrag nur unvollständig nachgekommen sei. Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 30. April 2008 zugestellt.

3. Mit dem vorliegenden, am 14. Mai 2008 zur Post gegebenen Schriftsatz begehrt der Beschwerdeführer unter Vorlage mehrerer Beilagen, darunter der mit der obgenannten hg. Verfügung vom 6. Februar 2008 an ihn zurückgestellten Kopie des angefochtenen Bescheides, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist mit der Begründung, dass die Fristversäumung auf einen Irrtum bzw. ein Missverständnis und somit ein Versehen der Beschwerdevertreterin zurückzuführen sei, wobei dieser bisher ein solches Versehen nicht unterlaufen sei. Aus dem Umstand, dass nach dem Wortlaut des Ergänzungsauftrages (der obgenannten Verfügung vom 6. Februar 2008) die sechswöchige Mängelbehebungsfrist lediglich auf die in der genannten Verfügung in den Punkten 1. bis 4. genannten Mängel Bezug genommen habe und ausdrücklich zur Behebung dieser Mängel eine Frist von sechs Wochen bestimmt worden sei sowie darauf hingewiesen worden sei, dass die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde gelte, habe die Beschwerdevertreterin nämlich geschlossen, dass vom Ergänzungsauftrag nur die Behebung der in diesen Punkten 1. bis 4. genannten Mängel umfasst gewesen sei. Dieser Eindruck sei dadurch verstärkt worden, dass der letzte Absatz der Verfügung ("Die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene zurückgestellte Beschwerde (einschließlich der angeschlossen gewesenen gesetzlichen Beilagen) ist auch dann wieder vorzulegen, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht wird.") nach der Rechtsfolgenbelehrung (Hinweis auf die Zurückziehung der Beschwerde "bzw. Einstellung des Verfahrens") gesetzt worden sei und ausdrücklich auf einen "neuen Schriftsatz" - im Gegensatz zu dem obgenannten ergänzenden Schriftsatz - Bezug genommen habe. Die Beschwerdevertreterin sei daher im Einklang mit dem Wortlaut des Punktes 4. der genannten Verfügung, in welchem lediglich eine Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde und nicht die "UR-Beschwerde" samt Beilagen genannt worden sei, davon ausgegangen, dass diese nur im Fall eines "neuen Schriftsatzes" und nicht bei einer Ergänzung wieder vorzulegen gewesen seien. Lediglich der Vollständigkeit halber sei die "UR-Beschwerde" wieder vorgelegt worden. Das Ereignis, welches zur Fristversäumung geführt habe, beruhe auf einem minderen Grad des Versehens und sei für die Beschwerdevertreterin unvorhersehbar gewesen, sodass der Beschwerdeführer durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Mängelbehebungsfrist gehindert gewesen sei.

II.

1. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

§ 24 Abs. 1 VwGG ordnet an, dass von jedem beim Verwaltungsgerichtshof unmittelbar einzubringenden Schriftsatz samt Beilagen so viele gleichlautende Ausfertigungen beizubringen sind, dass jeder vom Verwaltungsgerichtshof zu verständigenden Partei oder Behörde eine Ausfertigung zugestellt und überdies eine für die Akten des Gerichtshofes zurückbehalten werden kann, wobei jedoch Beilagen gemäß § 28 Abs. 5 VwGG nur in einfacher Ausfertigung beizubringen sind.

Gemäß § 28 Abs. 5 erster Satz VwGG ist Beschwerden nach Art. 131 B-VG, sofern dem Beschwerdeführer der Bescheid zugestellt worden ist, eine Ausfertigung, Gleichschrift oder Kopie des angefochtenen Bescheides anzuschließen.

Gemäß § 34 Abs. 2 VwGG sind Beschwerden, denen keiner der im § 34 Abs. 1 leg. cit. bezeichneten Umstände entgegensteht, bei denen jedoch die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29 leg. cit.) nicht eingehalten wurden, zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen, wobei die Versäumung dieser Frist als Zurückziehung gilt und es dem Beschwerdeführer freisteht, einen neuen, dem Mängelbehebungsauftrag voll Rechnung tragenden Schriftsatz unter Wiedervorlage der zurückgestellten unverbesserten Beschwerde einzubringen.

2. Im vorliegenden Fall kann von einer missverständlichen Formulierung des Mängelbehebungsauftrages, wie dies im Wiedereinsetzungsantrag behauptet wird, nicht gesprochen werden. In dieser Verfügung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die zurückgestellte Beschwerde einschließlich der angeschlossen gewesenen, gesetzlich vorgeschriebenen Beilagen auch dann wieder vorzulegen ist, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht wird - somit in jedem Fall wieder vorzulegen ist -, wobei kein Zweifel daran bestehen konnte, dass diese Wiedervorlage innerhalb der gesetzten Mängelbehebungsfrist von sechs Wochen zu erfolgen habe. Ferner wird in diesem Mängelbehebungsauftrag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Versäumung dieser Frist als Zurückziehung der Beschwerde gilt.

Bei Anlegung des bei berufsmäßigen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengeren Maßstabes hätte es die der Beschwerdevertreterin obliegende Sorgfaltspflicht erfordert, den Mängelbehebungsauftrag aufforderungsgemäß zu erfüllen bzw. sich bei allfälligen Zweifeln an dessen richtigen Deutung Klarheit zu verschaffen. Die Beschwerdevertreterin als berufsmäßige Rechtsvertreterin hätte sich nicht ohne weiteres darauf verlassen dürfen, dass - entgegen der Belehrung in dem genannten Mängelbehebungsauftrag - die als gesetzlich vorgeschriebene Beilage dem Beschwerdeschriftsatz anzuschließende Kopie des angefochtenen Bescheides nicht wieder vorgelegt werden müsse. Das behauptete Missverständnis ist daher auf das einen minderen Grad des Versehens übersteigende Verschulden der Beschwerdevertreterin zurückzuführen.

3. Im Hinblick darauf war der Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 46 Abs. 1 und 4 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. zusammengesetzten Senat - in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 19. Juni 2008

Schlagworte

Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008180473.X00

Im RIS seit

15.10.2008

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten