TE Vwgh Beschluss 2008/9/18 2007/21/0270

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Veröffentlicht am 18.09.2008
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Index

E1E;
E3L E02100000;
E3L E05100000;
E3L E19100000;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E234 EG Art234;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
AVG §38;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
NAG 2005 §54;
VwGG §38b;
VwGG §62 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, in der Beschwerdesache des E, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner, Mag. Christian Schweinzer und Mag. Georg Burger, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. März 2007, Zl. 148.331/2- III/4/06, betreffend Daueraufenthaltskarte, den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Vorabentscheidung des in der hg. Beschwerdesache Zl. 2007/21/0271 (EU 2007/0009) angerufenen Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ausgesetzt.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, reiste am 8. Oktober 2003 in das Bundesgebiet ein und beantragte in der Folge die Gewährung von Asyl. Dieser Antrag wurde (jedenfalls bezogen auf den hier wesentlichen Zeitpunkt) noch nicht rechtskräftig entschieden, weshalb dem Beschwerdeführer ein vorläufiges asylrechtliches Aufenthaltsrecht zukommt.

Am 5. August 2006 heiratete der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin, am 30. September 2006 brachte diese ein gemeinsames Kind zur Welt.

Am 18. Oktober 2006 beantragte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die von ihm geschlossene Ehe die Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte gemäß § 54 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG. Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 NAG ab.

Mit hg. Beschluss vom 22. November 2007, Zl. 2007/21/0271 (EU 2007/0009) wurden dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"1. a) Sind die Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 sowie Art. 7 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG - im Folgenden RL - so auszulegen, dass sie auch jene Familienangehörigen im Sinn von Art. 2 Nr. 2 der RL erfassen, die unabhängig vom Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat (Art. 2 Nr. 3 der RL) gelangt sind und erst dort die Angehörigeneigenschaft oder das Familienleben mit dem Unionsbürger begründet haben?

b) Wenn dies der Fall ist, kommt es ergänzend darauf an, dass sich der Familienangehörige im Zeitpunkt der Begründung der Angehörigeneigenschaft oder des Familienlebens rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufhält? Wenn ja, genügt es für einen rechtmäßigen Aufenthalt, dass der Familienangehörige lediglich kraft seiner Stellung als Asylwerber zum Aufenthalt berechtigt ist?

c) Wenn sich aus der Beantwortung der Fragen 1. a) und b) aus der RL kein Aufenthaltsrecht eines 'bloß' als Asylwerber zum Aufenthalt berechtigten Familienangehörigen, der unabhängig vom Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat gelangt ist und erst dort die Angehörigeneigenschaft oder das Familienleben mit dem Unionsbürger begründet hat, ergibt: Lässt sich dessen ungeachtet in einer Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Familienangehörige seit knapp vier Jahren im Aufnahmemitgliedstaat aufhält und dort ein Jahr mit einem Unionsbürger - mit dem er seit rd. dreieinhalb Jahren zusammenlebt und mit dem er ein 20 Monate altes gemeinsames Kind hat - verheiratet ist, aus den Art. 18 bzw. 39 EG im Lichte des Grundrechts auf Achtung des Familienlebens ein Recht zum Aufenthalt ableiten?

2. Stehen die Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 der RL einer nationalen Regelung entgegen, wonach Familienangehörige eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und denen kraft Gemeinschaftsrecht, insbesondere nach Art. 7 Abs. 2 der RL, ein Recht auf Aufenthalt zukommt, allein deshalb keine Aufenthaltskarte ('Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers') erhalten können, weil sie nach asylgesetzlichen Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats (vorläufig) zum Aufenthalt in diesem Staat berechtigt sind?"

Unter Bedachtnahme auf die Überlegungen in den hg. Beschlüssen vom 29. April 2008, Zl. 2007/21/0090, und vom 17. Juni 2008, Zl. 2008/22/0099, auf die in sinngemäßer Anwendung von § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird, bilden diese Fragen auch im gegenständlichen Beschwerdefall eine Vorfrage, die zufolge des Auslegungsmonopols des EuGH in Angelegenheiten des (primären oder sekundären) Gemeinschaftsrechts von diesem Gerichtshof zu entscheiden sind. Wie in den genannten Fällen konnte demnach auch hier mit einer Aussetzung des Verfahrens vorgegangen werden.

Wien, am 18. September 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007210270.X00

Im RIS seit

05.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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