TE Vwgh Erkenntnis 2008/9/26 2007/02/0338

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Veröffentlicht am 26.09.2008
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ArbIG 1993 §23;
BauKG 1999 §10 Abs1 Z1;
BauKG 1999 §6;
BauKG 1999 §7 Abs6;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs3;
VStG §9 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde 1. des M V und 2. der E GmbH, beide in Wien und vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. September 2007, Zlen. UVS-07/S/57/5501/2007-5 und UVS-07/SV/57/5571/2007-5, betreffend Übertretung des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. September 2007 wurde der Erstbeschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der E.-GmbH (= zweitbeschwerdeführenden Partei) zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 12. Oktober 2006 als Bauherr im Sinne des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes (BauKG), BGBl. I Nr. 37/1999 i. d.g.F., auf einer näher genannten Baustelle entgegen § 7 Abs. 6 BauKG - der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan sei in der Vorbereitungs- und in der Ausführungsphase zu berücksichtigen -

den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan für die durchzuführenden Arbeiten hofseitig (Abbrucharbeiten, Dacharbeiten, Zimmererarbeiten, Mauerungsarbeiten, Schalungsarbeiten) nicht berücksichtigt habe, als im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan als Schutzmaßnahme ein Fassadengerüst, welches als Dachfanggerüst ausgebildet werde, für die durchzuführenden Arbeiten ausgewiesen gewesen sei, jedoch kein Gerüst vorhanden gewesen sei, weil der Bauherr kein Unternehmen mit der Errichtung eines hofseitigen Gerüstes beauftragt habe, obwohl für die Arbeitnehmer Absturzgefahr von ca. 20 m bestanden habe.

Der Erstbeschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 10 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 7 Abs. 6 BauKG i.V.m. § 9 VStG verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.200.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Woche, 4 Tage und 5 Stunden) verhängt wurde. Ferner wurde angeordnet, dass die Zweitbeschwerdeführerin für die verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand hafte.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, dem Erstbeschwerdeführer sei im Rahmen der Parteieneinvernahme von der belangten Behörde die Vorankündigung (gemäß § 6 BauKG) aus dem erstinstanzlichen Akt sowie die von der Arbeitsinspektorin vorgelegte Vorankündigung vorgelegt worden. Beide Vorankündigungen seien mit dem 31. Juli 2006 datiert und vom Erstbeschwerdeführer unterschrieben worden. In der im erstinstanzlichen Verfahren vom Erstbeschwerdeführer vorgelegten Vorankündigung sei DI M. B. als Baustellenkoordinator angeführt worden, in der anderen Vorankündigung, die auch dem Arbeitsinspektorat übermittelt und in der Verhandlung vor der belangten Behörde vorgelegt worden sei, sei die Bauunternehmung R. S. GmbH als Baustellenkoordinator genannt worden. Der Erstbeschwerdeführer habe dazu ausgeführt, er könne sich nicht erklären, wieso die Vorankündigung im erstinstanzlichen Akt und die Vorankündigung, die das Arbeitsinspektorat vorgelegt habe, unterschiedlich seien. Er habe es DI H. C. überlassen, diese Sachen für ihn zu erledigen; offenkundig habe er 2 verschiedene Vorankündigungen unterschrieben. Er habe DI H. C. beauftragt, alles für ihn in dieser Sache zu erledigen.

Der Erstbeschwerdeführer habe in der Berufung und bei seiner Einvernahme ausgeführt, es sei ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden, im Rahmen der Parteieneinvernahme sei dazu allerdings mitgeteilt worden, dass keine Meldung an das zuständige Arbeitsinspektorat erfolgt sei. Da für eine Übertragung der Verantwortung für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nach § 23 ArbIG eine Meldung an das zuständige Arbeitsinspektorat erforderlich und diese Meldung unstrittig nicht erfolgt sei, sei eine ordnungsgemäße Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht erfolgt. Es sei daher der Erstbeschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der E.- GmbH gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Da der Erstbeschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde selbst angegeben habe, keine Überwachung bzw. Kontrollen der Tätigkeiten des DI. H. C. vorgenommen zu haben, habe er das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems nicht dargelegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Die Beschwerdeführer wenden u.a. ein, der Erstbeschwerdeführer habe ausgeführt, dass er sich zur Erfüllung und Überwachung sämtlicher Verwaltungsvorschriften befugter und gewerberechtlich legitimierter Professionisten bedient habe, nämlich für die Bauüberwachung DI H. C. sowie als Planungs- und Baustellenkoordinator DI M. B. Der Erstbeschwerdeführer habe nachvollziehbar dargelegt, dass er mit diesen beiden genannten Personen bereits seit längerem zusammenarbeite, sowie dass diese beiden Personen bislang sämtlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachgekommen seien.

Die beiden genannten Personen wären selbstverständlich auch verpflichtet gewesen, die entsprechende Meldung gemäß § 23 ArbIG zu erstatten; den Beschwerdeführern könne auch hinsichtlich einer allfälligen Unterlassung keinerlei Vorwurf gemacht werden, weil diese Personen bereits lange vor jenem Tag, an welchem angeblich die Verwaltungsübertretung festgestellt worden sei, mit der Bauüberwachung bzw. Baustellenkoordination betraut worden seien.

§ 23 Abs. 1 ArbIG lautet:

"Die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, in der jeweils geltenden Fassung für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes wird erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Dies gilt nicht für die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten auf Verlangen der Behörde gemäß § 9 Abs. 2 VStG."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. April 2008, Zl. 2007/02/0119, im Zusammenhang mit dem BauKG dargelegt hat, kann selbst eine Vorankündigung nach § 6 BauKG bei näherer Betrachtung schon deswegen nicht als Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gewertet werden, wenn die darin genannte Person ihrer Bestellung nicht nachweislich zugestimmt hat (§ 9 Abs. 4 VStG) und auch - was in diesem Fall erforderlich gewesen wäre - keine Mitteilung im Sinne des § 23 ArbIG beim zuständigen Arbeitsinspektorat eingelangt ist.

Weder für eine Zustimmung nach § 9 Abs. 4 VStG noch für eine Mitteilung im Sinne des § 23 Abs. 1 ArbIG sind im Zuge des Ermittlungsverfahrens Anhaltspunkte hervorgekommen. Es wurde daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung dem Erstbeschwerdeführer zu Recht zur Last gelegt und eine entsprechende Haftung nach § 9 Abs. 7 VStG gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin angeordnet.

Mangels entsprechender Zustimmungserklärung bzw. Mitteilung gegenüber dem Arbeitsinspektorat bedurfte es auch keiner ergänzenden Ermittlungen betreffend das Auftragsverhältnis zwischen den beschwerdeführenden Parteien und den Zeugen DI H. C. sowie DI M. B. Ferner kam es auch nicht auf ein allfälliges Auswahlverschulden der beschwerdeführenden Parteien bezüglich der Beauftragung dieser Personen an. Es liegt daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes vor.

Darüber hinaus wies die belangte Behörde auch zutreffend darauf hin, dass seitens der beschwerdeführenden Parteien kein wirksames Kontrollsystem zur Verhinderung der Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften dargelegt wurde. Mit dem in der Beschwerde enthaltenen Hinweis auf die Ortsabwesenheit des Erstbeschwerdeführers während der Bauarbeiten und der damit verbundenen Unmöglichkeit einer Kontrolle durch ihn vermag dieser im Hinblick auf das fehlende wirksame Kontrollsystem kein mangelndes Verschulden darzulegen.

Insofern in der Beschwerde gerügt wird, die verhängte Strafe sei bei weitem überhöht, weil dem Erstbeschwerdeführer keinerlei Vorwurf an der Nichteinhaltung der bezughabenden Verwaltungsvorschriften angelastet werden könne, wird auch mit diesem Vorbringen mangels wirksamer Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, zumal mit der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung angesichts der dargelegten Absturzgefahr eine erhebliche Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Arbeitnehmern verbunden war.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der von den beschwerdeführenden Parteien beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2005, Zl. 2004/02/0347, m.w.N.).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 26. September 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007020338.X00

Im RIS seit

23.10.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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