RS Vfgh 1988/6/21 G3/88

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Veröffentlicht am 21.06.1988
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art117 Abs2
B-VG Art117 Abs4
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Sbg GdO 1976 §23

Leitsatz

Individualantrag auf Aufhebung des §23 Sbg. GemeindeO 1976 betreffend die Befangenheit von Gemeinderatsmitgliedern; kein Eingriff in die Rechtssphäre eines Gemeinderatsmitgliedes - insbesondere nicht in das aus dem passiven Wahlrecht erfließende Recht auf Ausübung des Mandates - Legitimationsmangel

Rechtssatz

Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG ist, daß die angefochtene gesetzliche Bestimmung die Rechtssphäre des Antragstellers tatsächlich (also nicht bloß behauptetermaßen) berührt und diese - im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit - verletzt (VfSlg. 8187/1977, 9638/1983).

Rechtssphäre des Antragstellers als Gemeinderatsmitglied durch Befangenheitsvorschrift nicht betroffen; wegen Befangenheit wird nicht "die Ausübung des Mandates schlechthin" (VfSlg. 9683/1983) verhindert.

Zurückweisung des Antrages auf Aufhebung der Absätze 1, 2 und 4 des §23 Sbg. GdO 1976, LGBl. Nr. 56/1976 idF LGBl. Nr. 11/1978, 43/1979, 20/1984, 78/1985.

Die gesetzlichen Vorschriften über die Befangenheit von Gemeinderatsmitgliedern haben lediglich die Willensbildung im Gemeinderat zum Gegenstand, ohne die Rechtsstellung der einzelnen Gemeinderatsmitglieder als gewählte Mandatare zu verändern oder gar zu verkürzen. Durch den Ausschluß eines Mitgliedes des Gemeinderates von der Beratung und Beschlußfassung des Gemeinderates in einer konkreten Angelegenheit wegen Befangenheit wird nämlich nicht "die Ausübung des Mandates schlechthin" (so VfSlg. 9638/1983) verhindert.

Auch aus dem Homogenitätsprinzip des Art117 Abs2 zweiter Satz B-VG, wonach die Bedingungen des passiven Wahlrechtes zum Gemeinderat nicht enger gezogen werden dürfen als in der Wahlordnung zum Landtag, kann nicht abgeleitet werden, daß die Rechtssphäre eines Gemeinderatsmitgliedes durch die Befangenheitsregelung des §23 Sbg. GdO 1976 betroffen ist, mag es auch an einer solchen Regelung für Abgeordnete zum Landtag fehlen. Denn dadurch, daß der Gesetzgeber im Wege von Befangenheitsvorschriften ausschließlich die Willensbildung in der Gemeindevertretung betreffende Regelungen erlassen hat, hat er die Bedingungen des passiven Wahlrechtes nicht enger gezogen.

Zurückweisung des Individualantrages eines Gemeindevertretungsmitgliedes auf Aufhebung des §23 Abs1, 2 und 4 Sbg. GdO 1976 wegen Legitimationsmangels.

Weder das aus dem passiven Wahlrecht erfließende Recht des Antragstellers auf Ausübung seines Mandates als Mitglied der Gemeindevertretung noch ein sonstiges subjektives Recht des Antragstellers wird durch die Befangenheitsregelung des §23 der Sbg. GdO betroffen. Desgleichen kann der Antragsteller auch aus Art117 Abs4 B-VG (iVm §24 Sbg. GdO) über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen keine subjektive Rechtssphäre für sich ableiten.

Entscheidungstexte

  • G 3/88
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 21.06.1988 G 3/88

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Gemeinderecht Organe, Gemeinderat, Wahlen, Wahlrecht passives, Rechte subjektive

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:G3.1988

Dokumentnummer

JFR_10119379_88G00003_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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