RS Vfgh 1992/6/17 B1167/91

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 17.06.1992
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art83 Abs2
VfGG §15 Abs2
AVG §57
VfGG §82 Abs2 idF BGBl 329/1990

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung des Antrags auf Entscheidung über eine Vorstellung gegen die Entziehung einer Lenkerberechtigung wegen entschiedener Sache; Rechtsmittelverzicht unter Druck zustandegekommen und damit ungültig; Zurückweisung der Beschwerde gegen einen weiteren Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides wegen mangelhafter Sachverhaltsdarstellung

Rechtssatz

Der Beschwerdeführer hat anläßlich der Entgegennahme seines Führerscheines (neun Tage nach dem frühestmöglichen Termin der Ausfolgung) seine Vorstellung gegen den Entziehungsbescheid in handschriftlicher Form zurückgezogen. Er hat dies aufgrund der falschen Rechtsbelehrung der Behörde gemacht, diese würde nur dann seinen Führerschein ausfolgen, wenn er zuvor seine Vorstellung zurückziehe. Unter diesen Umständen ist die Zurückziehung der Vorstellung nicht wirksam, weil sie unter Druck zustandekam.

Damit ist der Entziehungsbescheid nicht rechtskräftig geworden; die Entscheidung über die Vorstellung ist folglich noch offen. Der Entziehungsbescheid ist auch keineswegs ex lege nach Ablauf von zwei Wochen nach Erhebung der Vorstellung außer Kraft getreten. Denn das Ermittlungsverfahren ist iS des §57 Abs3 AVG rechtzeitig eingeleitet worden.

Die belangte Behörde hat demnach durch die Zurückweisung wegen entschiedener Sache zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert und den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Soweit sich die Beschwerde gegen den Spruchpunkt "Berufungsbescheid II" (Zurückweisung eines Wiederaufnahmeantrags) richtet, bleibt sie nach Sinn und Richtung ihrer Ausführungen völlig unklar und entbehrt auch gänzlich einer darauf zielenden Sachverhaltsdarstellung.

Da das Fehlen des Erfordernisses gemäß §15 Abs2 und §82 Abs2 VfGG in einer Beschwerde keinen verbesserungsfähigen Formmangel, sondern einen inhaltlichen Fehler darstellt, war die Beschwerde insoweit zurückzuweisen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Rechtsmittelverzicht, Bescheid Rechtskraft, VfGH / Formerfordernisse, Rechtskraft Bescheid, Vorstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B1167.1991

Dokumentnummer

JFR_10079383_91B01167_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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