RS Vfgh 1994/12/7 B1424/94, G229/94

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Veröffentlicht am 07.12.1994
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8300 Wohnbauförderung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Privatwirtschaftsakt
AVG §56 ff
VfGG §62 Abs1 erster Satz
Wr Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG 1989 §70

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen ein Schreiben des Magistrates betreffend Rückzahlung eines Wohnbauförderungsdarlehens mangels Bescheidcharakters der angefochtenen Erledigung und mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Überprüfung von Akten der Privatwirtschaftsverwaltung; Zurückweisung des Individualantrages mangels ausdrücklichen Aufhebungsbegehrens

Rechtssatz

Das angefochtene Schreiben weist nicht die äußere Form eines Bescheides auf, da es weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch und Begründung gegliedert ist; es ist auch nicht an die Beschwerdeführerin (als gemäß §70 Wr Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG 1989 Anspruchsberechtigte), sondern an den Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin (und nunmehrigen Beschwerdevertreter) persönlich adressiert.

Für die Abgrenzung der Privatwirtschaftsverwaltung von der Hoheitsverwaltung kommt es auf die Motive und den Zweck der Tätigkeit nicht an; entscheidend ist vielmehr, welche rechtstechnischen Mittel die Gesetzgebung zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgaben bereitstellt. Hat der Gesetzgeber den Verwaltungsträger nicht mit Zwangsbefugnissen ausgestattet, so liegt keine Hoheitsverwaltung, sondern Privatwirtschaftsverwaltung vor (VfSlg. 3262/1957, 6084/1969). Die Zuweisung einer Verwaltungsangelegenheit an die Hoheits- oder an die Privatwirtschaftsverwaltung ist Sache des Gesetzgebers.

Anders als bei der Wohnbeihilfe (§20 Wr Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG 1989) spricht das Gesetz bei der begünstigten Rückzahlung nicht davon, daß diese "mit Bescheid" zu gewähren wäre.

Daß dem Darlehensschuldner durch §70 Wr Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG 1989 ein "Anspruch" auf Begünstigung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eingeräumt ist und ihm auch ein entsprechendes Antragsrecht zukommt, bedeutet nicht, daß die Angelegenheit deswegen der Hoheitsverwaltung zugeordnet werden müßte.

Schließlich hätte der Gesetzgeber die Notwendigkeit einer Erlassung von Bescheiden wohl schon deswegen deutlicher zum Ausdruck gebracht, weil diese nach der alten Rechtslage bei der vorzeitigen Rückzahlung von Förderungsdarlehen nicht vorgesehen war.

Für die hier allein vorzunehmende Abgrenzung zwischen Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung kommt es nicht darauf an, ob das Gesetz lediglich eine Selbstbindung im Rahmen der Förderungsgewährung normiert oder zivilrechtliche Ansprüche einräumt. Bei der begünstigten Rückzahlung nach dem V. Hauptstück des Wr Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG 1989 handelt es sich daher jedenfalls um eine Angelegenheit der Privatwirtschaftsverwaltung.

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des Wr Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG 1989.

Eine aus Anlaß einer (im selben Schriftsatz enthaltenen) Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Anregung, ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten und bestimmte Gesetzesbestimmungen als verfassungswidrig aufzuheben, vermag ein Aufhebungsbegehren nach §62 Abs1 erster Satz VfGG nicht zu ersetzen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bescheidbegriff, Privatwirtschaftsakt, Wohnbauförderung, VfGH / Individualantrag, VfGH / Formerfordernisse, Privatwirtschaftsverwaltung, Hoheitsverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B1424.1994

Dokumentnummer

JFR_10058793_94B01424_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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