RS Vfgh 1999/12/3 G102/96, G106/96

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Veröffentlicht am 03.12.1999
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Index

32 Steuerrecht
32/05 Verbrauchsteuern

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Allg
EMRK Art6 Abs2
Gasöl-SteuerbegünstigungsG §6 Abs3
FinStrG §25
VfGG §62 Abs1

Leitsatz

Keine Unsachlichkeit der im Gasöl-SteuerbegünstigungsG für den Fall einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung vorgesehenen Mindeststrafe; kein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung; keine Unsachlichkeit des Ausschlusses der Möglichkeit des Absehens von der Strafe im Fall einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung

Rechtssatz

Zulässigkeit der Anträge auf Aufhebung von Teilen des §6 Abs3 Gasöl-SteuerbegünstigungsG.

Daß der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren G106/96 statt der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung des Gasöl-SteuerbegünstigungsG die Aufhebung begehrte, berührt die Zulässigkeit dieses Antrages nicht (vgl VfSlg 8871/1980).

Keine Unsachlichkeit der in §6 Abs3 Gasöl-SteuerbegünstigungsG vorgesehenen Mindestgeldstrafe.

Dem Gesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er unter Berücksichtigung des erklärten Zieles des Gasöl-SteuerbegünstigungsG, nur "Gasöl zum Verheizen" steuerlich zu begünstigen, mit der angefochtenen Bestimmung eine Mindestgeldstrafe von 20.000 S (für andere Verwendungen steuerbegünstigten Gasöls als zum Verheizen) vorsah. Bei einer im Einzelfall vorgenommenen Hinterziehung von niedrigen Beträgen hat die Relation zwischen der Abgabenhinterziehung und dem Strafbetrag gegenüber der absoluten Höhe der Strafe zurückzutreten. Es ist durchaus nicht unsachlich, wenn sich diese absolute Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiert.

Dadurch, daß der Gesetzgeber die Verhängung der Mindestgeldstrafe ausschließlich auf vorsätzliches Handeln beschränkte, den in der Vorläuferbestimmung zwingend vorgesehenen Verfall der mit Heizöl betriebenen Fahrzeuge, Maschinen und Motoren beseitigte, die absolute Höhe der Mindestgeldstrafe mit 20.000 S festsetzte und seit der Finanzstrafgesetznovelle 1975 nicht mehr erhöhte, wurde ein Ergebnis herbeigeführt, das den Verfassungsgerichtshof zur Auffassung gelangen läßt, daß diese Strafdrohung noch keine betragsmäßige Höhe erreichte, die mit den hergebrachten, der Rechtsordnung immanenten Zwecken der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar war.

Auch das Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, §6 Abs3 Gasöl-SteuerbegünstigungsG widerspreche der Unschuldsvermutung des Art6 Abs2 EMRK, trifft nicht zu.

Die im Zusammenhang mit der Unschuldsvermutung vorgetragene Behauptung, Täter hätten weit größere verbotswidrig verwendete Mengen zu verantworten gehabt, als ihnen nachgewiesen werden konnte, ist weder dem Gesetz noch dessen Materialien zu entnehmen. Außerdem ist auch auf die anzuwendende Unschuldsvermutung gemäß §6 Abs2 FinStrG hinzuweisen.

Keine Unsachlichkeit des Ausschlusses der Anwendbarkeit des §25 FinStrG in §6 Abs3 Gasöl-SteuerbegünstigungsG.

Es war dem Gesetzgeber nicht vorzuwerfen, wenn er aus generalpräventiven Gründen bei vorsätzlichen Abgabenhinterziehungen gemäß §6 Abs1 Gasöl-SteuerbegünstigungsG, bei denen nach der Art der Tatbegehung in der Regel ein geringfügiges Verschulden ausgeschlossen war, in §6 Abs3 Gasöl-SteuerbegünstigungsG den Ausschluß des §25 FinStrG sowohl im Verwaltungsstrafverfahren als auch im gerichtlichen Strafverfahren normierte. Hätte der Gesetzgeber dies nicht getan, wäre insbesondere im Hinblick auf den im konkreten Einzelfall in der Regel geringen Abgabenhinterziehungsbetrag in der überwiegenden Zahl der Fälle von der Einleitung eines Strafverfahrens abzusehen gewesen und damit der Strafzweck unterlaufen worden.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Antrag, Finanzstrafrecht, Strafbemessung, Geldstrafen, Strafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:G102.1996

Dokumentnummer

JFR_10008797_96G00102_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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