TE Vfgh Beschluss 1980/3/14 B498/79

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Veröffentlicht am 14.03.1980
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

AgrBehG §7 Abs2 idF BGBl 476/1974
AVG §62 Abs2
VfGG §33
ZPO §146 Abs1

Leitsatz

VerfGG 1953 §33; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unrichtiger Rechtsmittelbelehrung

Spruch

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 7. Feber 1979, Z LAS-128/9/77, wird bewilligt.

Begründung

Begründung:

I.1.a) Mit Bescheid des Amtes der Tir. Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom 18. Juni 1960 wurde das Verfahren zur Regelung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte für den Gemeindewald Imst-Oberstadt eingeleitet.

Mit Bescheid derselben Behörde vom 2. November 1978 wurde festgestellt, das im Jahre 1975 erlassene "Verzeichnis der Anteilsrechte" habe derart zu lauten, daß bestimmte Teilwaldrechte mit den dem Antragsteller gehörenden Liegenschaften EZ 184/II und 1819 II, KG I., und bestimmte Teilwaldrechte mit der Liegenschaft EZ 263 II KG I. (Eigentümer: R. F.) verbunden seien.

b) Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben.

Der Landesagrarsenat beim Amt der Tir. Landesregierung (im folgenden kurz: LAS) hat mit Bescheid vom 7. Feber 1979 wie folgt erkannt:

"Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der erstinstanzliche Bescheid dahin gehend abgeändert wird, daß bei der Liegenschaft in EZl. 263 II KG I. an Stelle des Teilwaldes Nr. 135 die Teilwaldnummer 133 zu treten hat, im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen."

Zur Begründung des den erstinstanzlichen Bescheid "abändernden"

Teiles der Berufungsentscheidung wird ausgeführt:

"Bezüglich des Berufungsvorbringens, daß es sich bei dem bei der Liegenschaft in EZ 263 II KG I. angeführten Teilwald Nr. 135 um einen Schreibfehler handeln müsse und es richtigerweise Teilwald Nr. 133 heißen müsse, kommt der Berufung Berechtigung zu. Wie sich auf Grund der am 27. September 1977 beim Gemeindewaldaufseher von I. durchgeführten Erhebungen ergibt, waren mit der Gp. 1187 (szt. noch ungeteilt) die Teilwälder Nr. 494 und 133 und nicht 135 verbunden. Daher war auch der erstinstanzliche Bescheid in diesem Sinne richtigzustellen."

Im Bescheid des LAS wird die Rechtsmittelbelehrung erteilt, daß gegen dieses Erkenntnis Berufung eingebracht werden könne.

c) Der Antragsteller hat gegen den Bescheid des LAS Berufung eingebracht und das Begehren gestellt, die dem Gutsbestand der EZ 263

II KG I. des R. F. zugeschriebenen Teilwaldrechte seinem Besitz unter EZ 184 II KG I. zuzuordnen.

Der Oberste Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (im folgenden kurz: OAS) hat mit Bescheid vom 3. Oktober 1979 die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.

Er hat dies im wesentlichen damit begründet, daß gem. §7 Abs2 Z1 Agrarbehördengesetz 1950, idF der AgrarbehördengesetzNov. 1974, BGBl. 476 (im folgenden kurz: AgrBehG), hinsichtlich der Frage, ob einer Liegenschaft ein agrargemeinschaftliches Anteilsrecht zusteht, die Berufung an den OAS nur gegen abändernde Erk. des LAS zulässig sei; fehle diese Voraussetzung, dann ende der Instanzenzug gem. §7 Abs1 leg. cit. beim LAS. Das beim OAS angefochtene Erk. des LAS habe den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Die in der Entscheidung des LAS verfügte "Abänderung" stelle in Wahrheit lediglich die Berichtigung eines Schreibfehlers iS des §62 Abs4 AVG dar. Die im Bescheid des LAS enthaltene Rechtsmittelbelehrung sei unrichtig.

2. Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des LAS vom 7. Feber 1979. Er verbindet damit die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Gem. §7 Abs1 AgrBehG endet der Instanzenzug mit den im Abs2 bezeichneten Ausnahmen beim LAS. Die Berufung an den OAS ist nach §7 Abs2 Z1 hinsichtlich der Frage, ob einer Liegenschaft oder einer Person ein agrargemeinschaftliches Anteilsrecht zusteht, nur gegen abändernde Erkenntnisse des LAS zulässig.

Im vorliegenden Fall hat der LAS mit Bescheid vom 7. Feber 1979 die Berufung des Antragstellers gegen den Bescheid der Agrarbehörde erster Instanz vom 2. November 1978 im wesentlichen als unbegründet abgewiesen. Insoweit liegt also jedenfalls kein abänderndes Erkenntnis des LAS vor. Aber auch soweit im Spruch des Bescheides von einer "Abänderung" des erstinstanzlichen Bescheides die Rede ist, wurde eine solche tatsächlich nicht verfügt: Nach §7 Abs2 AgrBehG kommt es nämlich ausschließlich darauf an, ob der materielle Inhalt der zweitinstanzlichen Entscheidung vom materiellen Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung abweicht (vgl. VfSlg. 7923/1976). Dies ist hier aber nicht der Fall. Vielmehr ist - wie der OAS im Bescheid vom 3. Oktober 1979 zutreffend ausführt - diese "Abänderung" in Wahrheit die Berichtigung eines Schreibfehlers iS des §62 Abs2 AVG; sie stellt lediglich die Bezeichnung eines Teilwaldrechtes richtig, ändert jedoch nichts am materiellen Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides. Dem Antragsteller war bekannt, daß es sich bei der im Bescheid der Agrarbehörde erster Instanz enthaltenen Bezeichnung des Teilwaldes bloß um einen Schreibfehler gehandelt hat; er hat in seiner an den LAS gerichteten Berufung begehrt, "das bei der Liegenschaft EZ 263 II angeführte Teilwaldrecht auf Gp. 4082/1. Teil 135 infolge eines Schreibfehlers in Teilwaldrecht Gp. 4082/1. Teil 133 zu berichtigen".

Der Instanzenzug war daher im vorliegenden Fall mit der Entscheidung des LAS erschöpft.

2. Die im Bescheid des LAS enthaltene Rechtsmittelbelehrung (s. o. I.1.b) war daher unzutreffend.

Der VfGH vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. zB VfGH 3. 3. 1979 B305/78 und VfGH 1. 10. 1979 B655/78) den Standpunkt, daß die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung für die Partei ein unvorhergesehenes Ereignis darstellt und das Vertrauen auf die Richtigkeit der bekanntgegebenen Rechtsmittelbelehrung der Partei nicht als Verschulden angelastet werden kann.

Erhält die Partei, die rechtzeitig Berufung ergriffen hat, erst durch den ihr Rechtsmittel als unzulässig zurückweisenden Bescheid Kenntnis von der Gesetzeslage, so ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die beantragte Wiedereinsetzung zu bewilligen.

Der rechtzeitig gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist daher begründet.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, Rechtsmittelbelehrung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B498.1979

Dokumentnummer

JFT_10199686_79B00498_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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