TE Vfgh Beschluss 1980/6/18 A4/80

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Veröffentlicht am 18.06.1980
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / Bescheid
BAO §215 Abs4 idF BGBl 151/1980
BAO §239 Abs2 idF BGBl 151/1980

Leitsatz

Art137 B-VG iVm §239 BAO; Klage auf Rückerstattung einer Abgabe; Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde

Spruch

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit der auf Art137 B-VG gestützten Klage begehrt der Kläger von der Republik Österreich die Bezahlung eines Betrages von 160000 S samt Zinsen und Kosten. Zur Begründung führt er aus:

Am 31. Juli 1975 habe er die Gebührenanzeige hinsichtlich des Ankaufes von Anteilen einer Liegenschaft unter gleichzeitiger Inanspruchnahme der Grunderwerbsteuerbefreiung gem. §4 Abs1 Z3 GrEStG erstattet. Mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern Wien vom 4. Dezember 1975 sei ihm jedoch Grunderwerbsteuer im Betrage von 160000 S mit der Begründung vorgeschrieben worden, daß der geltend gemachte Befreiungstatbestand nicht vorliege. Gegen diesen Bescheid habe er Berufung an die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. erhoben, welche mit Bescheid vom 18. Oktober 1977 abgewiesen worden sei.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde habe der VwGH mit Erk. vom 27. Juni 1979, Z 2664/77, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes stattgegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben.

Nach dem VwGG sei die belangte Behörde verpflichtet, mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand unverzüglich herzustellen. Der Kläger habe am 30. Jänner 1980 an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern den Antrag auf Rückerstattung der bezahlten Grunderwerbsteuer gestellt. Da dieser unerledigt geblieben sei, sei er zur Klage gezwungen.

2. Die Klagsführung ist aus folgenden Gründen unzulässig:

Nach Art137 B-VG erkennt der VfGH ua. über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Der Kläger stützt sein Begehren auf die Rechtsfolgen, die gem. §63 VwGG aus dem aufhebenden Erk. des VwGH resultieren; er macht damit einen Anspruch geltend, über den nicht die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben, weil dieser vom Ursprung her ausschließlich dem öffentlichen Rechte zuzuordnen ist.

Die Klageberechtigung nach Art137 B-VG setzt jedoch weiters voraus, daß eine bescheidmäßige Erledigung des Anspruches durch die Verwaltungsbehörde nicht in Betracht kommt. Diese Voraussetzung des Art137 B-VG trifft im vorliegenden Fall nicht zu.

Gem. §213 Abs1 Bundesabgabenordnung, BGBl. 194/1961, idF BGBl. 151/1980 (künftig: BAO), ist, soweit im folgenden (in der BAO) nichts anderes bestimmt ist, bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben für jeden Abgabepflichtigen die Gebarung (insb. die Last- und Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefaßt zu verbuchen. Ein sich aus der Gebarung ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist gem. §215 BAO zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat (Abs1), ein verbleibendes Guthaben zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde hat (Abs2), zu verwenden. §215 Abs4 BAO bestimmt, daß Guthaben, soweit sie nicht derart zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des §239 BAO zurückzuzahlen sind, soweit nicht vom Abgabepflichtigen über das Guthaben zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen verfügt wird.

In §239 BAO wird schließlich verfügt:

"(1) Die Rückzahlung von Guthaben (§215 Abs4) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. ...

(2) Die Abgabenbehörde kann den Rückzahlungsbetrag auf jenen Teil des Guthabens beschränken, der die der Höhe nach festgesetzten Abgabenschuldigkeiten übersteigt, die der Abgabepflichtige nicht später als 3 Monate nach der Stellung des Rückzahlungsantrages zu entrichten haben wird."

Hieraus ergibt sich, daß das Rückzahlungsbegehren eines Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde nach Maßgabe des §215 BAO zwecks Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten und nach Maßgabe des §239 BAO insoweit verweigert werden kann, als das Guthaben des Abgabepflichtigen der Höhe nach festgesetzte Abgabenschuldigkeiten, die der Abgabepflichtige nicht später als drei Monate nach der Stellung des Rückzahlungsantrages zu entrichten haben wird, nicht übersteigt. Ein solches Vorgehen der Abgabenbehörde ist nur dann nicht erlaubt, wenn eine Abgabe zu Unrecht zwangsweise eingebracht wurde (§241 BAO), was auf den vorliegenden Fall nicht zutrifft. Damit aber ist der Behörde durch §239 Abs2 BAO aufgetragen, über Erstattungsansprüche bescheidmäßig abzusprechen.

Der VfGH ist daher zur Entscheidung über die Klage nicht zuständig. Die Frage, ob das im vorliegenden Fall maßgebliche aufhebende Erk. des VwGH der Abgabenbehörde bei Fällung des Ersatzbescheides für den aufgehobenen Berufungsbescheid einen Entscheidungsspielraum offen gelassen hat, ist dabei unerheblich.

Der VfGH bemerkt schließlich, daß das Erk. VfSlg. 2481/1953 diesem Ergebnis schon deshalb nicht entgegen steht, weil es aufgrund der von der nunmehrigen Regelung abweichenden Rechtslage, wie sie während des Geltungszeitraumes der Reichsabgabenordnung bestanden hat, ergangen ist.

3. Da über den mit Klage geltend gemachten Anspruch, wie dargelegt, durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist, sind die Prozeßvoraussetzungen des Art137 B-VG nicht gegeben und ist der VfGH nicht zuständig, über die Klage zu entscheiden.

Die Klage war daher zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Finanzverfahren, Rückzahlung Finanzverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:A4.1980

Dokumentnummer

JFT_10199382_80A00004_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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