TE Vfgh Erkenntnis 1983/2/26 B14/80

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Veröffentlicht am 26.02.1983
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art83 Abs2
AVG §63 Abs3

Leitsatz

AVG 1950; rechtmäßige Zurückweisung einer Berufung mangels eines begründeten Berufungsantrages gemäß §63 Abs3; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

1. Die gegen Punkt I. des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die gegen Punkt II. des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid vom 3. Juli 1978 hat der Landesagrarsenat beim Amt der Ktn. Landesregierung unter Punkt I. die Berufung des J. O. gegen den Bescheid der Agrarbezirksbehörde Klagenfurt vom 25. August 1977 als unbegründet abgewiesen und unter Punkt II. die von H. und R. B. gegen den genannten erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung als unzulässig zurückgewiesen.

Der Landesagrarsenat begründete den Punkt II. seines Bescheides damit, die Berufung der Ehegatten B. bezeichnet zwar den Bescheid, gegen den sie sich richtet, erkläre aber mit keinem Wort, aus welchen Gründen der Bescheid der Agrarbezirksbehörde bekämpft werde und welche Abänderungen des angefochtenen Zusammenlegungsplanes von den Berufungswerbern beantragt würden. Gerade im vorliegenden Fall wäre aber ein Hinweis auf den Standpunkt der Berufungswerber notwendig gewesen, weil der angefochtene Bescheid - das sei der Zusammenlegungsplan Hundsdorf - ein ganzes Paket von behördlichen Entscheidungen enthalte. Schriftsätze, die sich zwar als Berufung bezeichnen, aber keinen begründeten Berufungsantrag enthalten, fehle der Charakter einer dem Gesetz entsprechenden Berufung. Solche "Berufungen" müßten daher ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückgewiesen werden.

2. Die Beschwerdeführerin H. B. bekämpft mit der vorliegenden Beschwerde den Bescheid des Landesagrarsenates "seinem gesamten Inhalt nach (insbesondere hinsichtlich des Punktes II. des Spruches)", erachtet sich in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH.

3. Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, soweit sie sich gegen den Spruchabschnitt

I. des angefochtenen Bescheides richtet, im übrigen die Beschwerde aber abzuweisen.

II. Die Beschwerde gegen jenen - sowohl im Spruch als auch in der Begründung vom übrigen Inhalt des Bescheides deutlich getrennten - Teil des Bescheides, mit welchem die Berufung einer anderen Verfahrenspartei abgewiesen wurde, ist mangels Legitimation der Beschwerdeführerin zurückzuweisen, weil die Beschwerdeführerin durch diesen Teil des Bescheides nicht in ihren Rechten verletzt worden sein kann.

Bei diesem Ergebnis ist der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den VwGH insoweit abzuweisen, weil eine Abtretung nur bei einer abweisenden Entscheidung des VfGH in Betracht kommt.

III. Hinsichtlich des die Berufung der Beschwerdeführerin betreffenden Teiles des angefochtenen Bescheides (Spruch II. samt dazugehörender Begründung) hat der VfGH erwogen:

1. Die belangte Behörde hat eine Berufung der Beschwerdeführerin zurückgewiesen und damit eine Sachentscheidung verweigert. Wäre die Verweigerung der Sachentscheidung zu Unrecht erfolgt, so wäre die Beschwerdeführerin iS der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. etwa VfSlg. 9051/1981) in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

a) Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Berufung führt die Beschwerdeführerin aus, sie habe in ihrer Eingabe vom 12. Oktober 1977 zusammen mit ihrem Gatten ausdrücklich erklärt, gegen den bestimmt bezeichneten Bescheid der Agrarbezirksbehörde Klagenfurt vom 28. August 1977 Berufung zu erheben. Mit dem von ihr gestellten Antrag auf Aufhebung des Bescheides sei dem gesetzlichen Erfordernis eines Berufungsantrages entsprochen. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als das Wort "Begründung" in dem mit Berufung bezeichneten Rechtsmittel enthalten sei und ebenso auch eine Berufungserklärung. Hiezu komme, daß die belangte Behörde durch die Vornahme der Begehung am 14. März 1978 durch Abgeordnete des Landesagrarsenates in Hundsdorf und durch Aufnahme einer Niederschrift auf Grund der Berufung bereits umfangreiche Erhebungen eingeleitet habe. Unter diesen Umständen erscheine es nicht angängig, die Berufung vom 12. Oktober 1977 nur aus formalen Gründen als unzulässig zurückzuweisen.

b) Die Eingabe der Beschwerdeführerin (und ihres Ehegatten) vom 12. Oktober 1977 hat folgenden Wortlaut:

"Ich bringe in offener Frist über die Agrarbezirksbehörde Klagenfurt die Berufung an den Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung ein. Begründung: Mein Einspruch richtet sich gegen den Bescheid 118/3/77 vom 25. 8. 1977 in seinem gesamten Umfange."

Der VfGH hat in seiner Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des VwGH zum Ausdruck gebracht, daß zwar bei der Auslegung des Merkmales des "begründeten" Berufungsantrages kein strenger Maßstab angelegt werden soll, daß es aber dann, wenn eine Eingabe nicht einmal eine Andeutung darüber enthält, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides gelegen sein soll, an einem "begründeten" Berufungsantrag fehlt (vgl. VfSlg. 5955/1969). Der VfGH hat diesen Standpunkt in der Folge wiederholt bekräftigt (vgl. zB VfSlg. 8583/1979, 8738/1980, 9051/1981, VfGH 2. 10. 1981 B162/79). Es genügt, es ist aber auch erforderlich, daß die Berufung erkennen läßt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt.

Dies ist jedoch hier nicht der Fall. Es fehlt jede Andeutung und kommt in der Berufung nicht im geringsten zum Ausdruck, worin die Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides gelegen sein soll.

Da somit kein begründeter Berufungsantrag iS des §63 Abs3 AVG vorlag, hat die belangte Behörde die Berufung zu Recht zurückgewiesen.

c) Es liegt daher kein Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter vor.

2. Da die belangte Behörde - zu Recht - in der Sache selbst nicht entschieden hat, ist es ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist (vgl. zB VfSlg. 7515/1975, 7940/1976, 8277/1978).

Bei diesem Ergebnis war auf die Ausführungen zur Sache in der Beschwerde, insbesondere auf die von der Beschwerdeführerin gegen die Verordnung der Agrarbezirksbehörde Klagenfurt vom 15. April 1970 und gegen §26 Abs1 des Ktn. Flurverfassungslandesgesetzes geäußerten Bedenken nicht einzugehen.

3. Da die Beschwerdeführerin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde, ist die Beschwerde insoweit abzuweisen und antragsgemäß dem VwGH abzutreten.

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Berufung, Berufungsantrag begründeter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B14.1980

Dokumentnummer

JFT_10169774_80B00014_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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