TE Vfgh Beschluss 1984/6/14 B266/84

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Veröffentlicht am 14.06.1984
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Allg
AVG §62 Abs2
KFG 1967 §43 Abs3

Leitsatz

B-VG Art144; mangelnde Anfechtbarkeit bloßer behördlicher Unterlassung der Ausfolgung von Kennzeichentafeln

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Am 16. November 1983 meldete die Bf. ihren PKW Talbot Tagora bei der Bundespolizeidirektion Eisenstadt ab und beantragte die Freihaltung des Kennzeichens B 422 zwecks Zuweisung für ein anderes Fahrzeug iS des §43 Abs3 KraftfahrG 1967. Als sie am 2. April 1984 den PKW Rover anmelden wollte und die Zuweisung des freigehaltenen Kennzeichens begehrte, wurde ihr beides verweigert. Nach Darstellung der Beschwerde berief sich der Beamte auf eine Weisung des Polizeidirektors, an den sich die Bf. persönlich wenden möge, während der Polizeidirektor seine Haltung damit begründete, daß die Bf. ihren ordentlichen Wohnsitz in Oberwart habe und daher die Anmeldung bei der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vornehmen müsse. Bei der Vorlage der Meldezettel von Eisenstadt und Oberwart, die den ordentlichen Wohnsitz in Eisenstadt bescheinigen sollten, sei es zu wörtlichen und tätlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Ehegatten der Bf. und dem Polizeidirektor gekommen.

Die Beschwerde bekämpft die "Verweigerung der Rückgabe der Kennzeichentafeln" als einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und beantragt, der Bundespolizeidirektion Eisenstadt aufzutragen, ihr das Kennzeichen zuzuweisen und die Tafeln auszufolgen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach §43 Abs3 KraftfahrG ist bei Abmeldung eines Fahrzeuges das Kennzeichen auf Antrag des Zulassungsbesitzers längstens sechs Monate, gerechnet vom Tage der Abmeldung an, freizuhalten und dem Antragsteller für ein anderes Fahrzeug derselben Untergruppe, dessen Zulassung er vor Ablauf der Frist von sechs Monaten beantragt hat, zuzuweisen. Über den Antrag auf Zulassung hat gemäß §40 Abs1 KraftfahrG die Behörde zu entscheiden, in deren örtlichem Wirkungsbereich das Fahrzeug seinen dauernden Standort hat, wobei als dauernder Standort im Regelfall der ordentliche Wohnsitz des Antragstellers gilt.

Im vorliegenden Fall hat die Behörde weder das Kennzeichen zugewiesen noch die Zuweisung durch einen förmlichen Bescheid verweigert. Denn auch ein mündlicher Bescheid könnte nach §62 Abs2 AVG nur vorliegen, wenn Inhalt und Verkündung in einer Niederschrift beurkundet worden wären. Ist die formlose Erklärung aber kein Bescheid, so wird sie auch nicht dadurch zu einem die Rechtssphäre gestaltenden Akt, daß sie das tatsächliche Unterbleiben der Zulassung begleitet. Die Behörde ist daher der Sache nach bloß untätig geblieben (zum vergleichbaren Fall der fernmündlichen Verweigerung der Akteneinsicht VfSlg. 5329/1966 und 9508/1982).

Aus dem Erk. VfSlg. 8414/1978 kann die Bf. für ihren Standpunkt nichts gewinnen. Hier hatte der Zulassungsbesitzer bei Vorlage der Kennzeichentafeln die Erwartung zum Ausdruck gebracht, daß die Abmeldung des alten und die Anmeldung des neuen Fahrzeuges unter einem möglich wäre, wobei die allenfalls freiwillige Übergabe der Tafeln unter dem erkennbaren Vorbehalt stand, daß die neuerliche Zuteilung des Kennzeichens sofort erfolgen werde. Die Verweigerung der Rückgabe war also - wie der Gerichtshof betonte - "angesichts des engen örtlichen und zeitlichen Zusammenhanges" von Hingabe und erwarteter Rückgabe als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Zwangsgewalt zu werten. Das Vorliegen einer ähnlich unmittelbaren, die Einheit des Aktes herstellenden Nahebeziehung hatte den Gerichtshof schon in VfSlg. 6101/1969 (bei einer Zurückhaltung von überprüften Fahrzeugpapieren) und in VfSlg. 8131/1977 (bei Verweigerung der Rückgabe einer zur Besichtigung übergebenen Waffe) die Zulässigkeit der Beschwerde bejahen lassen. Von einem derartigen, der Abnahme der Kennzeichentafeln entsprechenden Vorgang kann aber im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Es bleibt vielmehr die bloße Unterlassung der (Zuweisung und) neuerlichen Ausfolgung der Kennzeichentafeln, die nicht über eine Untätigkeit der Behörde hinausgeht und daher beim VfGH nicht bekämpft werden kann (vgl. zB aus letzter Zeit zur Nichtherausgabe von Führerscheinen VfSlg. 9503/1982 und zur Unterlassung einer Entsiegelung VfSlg. 9813/1983). Der allenfalls eintretenden Säumnis muß mit den dafür vorgesehenen Mitteln begegnet werden.

Die Beschwerde ist daher wegen Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen, was zufolge der Offenkundigkeit dieses Ergebnisses ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung geschehen kann (§19 Abs3 Z2 lita VerfGG).

Schlagworte

Bescheidbegriff, Kraftfahrrecht, Kennzeichen Kfz, VfGH / Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B266.1984

Dokumentnummer

JFT_10159386_84B00266_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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